Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 36† Schwarzach (Gde. Rheinmünster), Abteikirche St. Peter u. Paul 1359, 1360

Beschreibung

Grabplatte für Konrad von Windeck und seine Frau Junta, geb. Riese von Ullenburg. Erstmals 1575 in der Abteikirche bezeugt; damals bereits durch einen Riß beschädigt.1 Im Jahre 1670 von Gallus Wagner vor dem Altar der Heiligen Katharina, Barbara und Ottilia an der Nordwand des Kirchenschiffs wiederentdeckt.2 Die Umstände des offenbar noch vor 1857 eingetretenen Verlustes sind unbekannt. In diesem Jahr beschreibt Carl von Beust die Platte bereits nach einer angeblich aus dem 15. Jahrhundert stammenden „Urkunde“.3 In der Mitte der Platte befand sich ein Vollwappen, am Rand die Sterbevermerke für beide Eheleute (A, B).4

Inschrift nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch.

Maße: H. ca. 300, B. 240 cm.5

  1. A

    Anno D(omi)nj M · CCC · L.a) Viiii · iii · k(a)l(endas) · Sept(embris) · O(biit) Cunradusb) Miles de Windeckc), aduocat(us) huius monasterij,

  2. B

    Jtad) O(biit)e) Junta Vxor eius Anno D(omi)nj · M · CCC · LX ·f)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1359 am dritten Tag vor den Kalenden des September starb Ritter Konrad von Windeck, Vogt dieses Klosters. Ferner starb im Jahr des Herrn 1360 dessen Frau Junta.

Datum: 30. August 1359 (A).

Wappen:
Windeck.6

Kommentar

Konrad war der Sohn Burkhards von Alt-Windeck und der Bruder des 1357 verstorbenen Schwarzacher Abtes Reinhard.7 Urkundlich wird er erstmals im Jahre 1336 als Edelknecht erwähnt.8 Vor dem 9. März 1347 erhielt er den Ritterschlag.8 Am 3. Mai 1357 (?) vermählte er sich mit Junta, einer Tochter Konrad Rieses von Ullenburg.9 Nach Konrads von Windeck Tod richtete die Witwe am 19. Dezember 1359 für sich, ihren Ehemann, ihre Eltern, ihren Bruder und ihre Kinder im Kloster Schwarzach ein Anniversarium ein.10 Da nun überliefert ist, daß Junta die entsprechenden Vertragsunterlagen erst im Jahre 1361 bei ihrer Schwester Katharina, einer Nonne im Kloster Lichtenthal, hinterlegte, kann das Todesjahr 1360 in der überlieferten Inschrift (B) nicht stimmen.11 Allerdings scheint kein Lesefehler vorzuliegen, denn dieser Widerspruch wurde bereits durch den Kopisten Gallus Wagner diskutiert.11 Offenbar hat man das Todesjahr zunächst nur teilweise ausgeführt, um es nach dem Ableben Juntas ohne Aufwand ergänzen zu können. Dafür sprechen auch die ungewöhnliche Stellung am Ende des Sterbevermerks und der fehlende Todestag. Anscheinend unterblieb der beabsichtigte Nachtrag, so daß die Jahreszahl 1360 lediglich die Ausführung der Grabschrift Juntas datiert. Da ihr eigenes Wappen fehlt, ist anzunehmen, daß die Grabplatte vorerst nur für Konrad von Windeck angefertigt worden war. Aufgrund Juntas bedeutender Stiftung wird man ihr jedoch die Bestattung neben ihrem Gemahl eingeräumt haben. Um dieses Recht abzusichern, hat sie vielleicht auf der sofortigen – wenngleich ergänzungsbedürftigen – Ausführung ihrer Grabschrift bestanden.

Die Vogteirechte des Klosters Schwarzach lagen seit 1283 bei den Burggrafen von Nürnberg, die sie bis zum Ende des 15. Jahrhunderts an die Herren von Windeck als Untervögte weitergaben.12

Textkritischer Apparat

  1. CCC · L.] Nach CCC · die Anmerkung des Kopisten: „volgenndts hat der Stein ein Riss, aber vnden noch ein strich, alsz were noch ein L. da gestannden, darnach volgt weithers (…).“
  2. Conrad(us) Wagner; Conrat Beust.
  3. Windek Beust.
  4. Item Wagner; ibique Beust, Albert.
  5. sepulta Beust.
  6. M · CCC · LX ·] Lies M · CCC · LX · ⟨– – –⟩, vgl. Kommentar.

Anmerkungen

  1. Vgl. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 19r; zur Beschädigung vgl. Anm. a.
  2. Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 177: „Cum Anno 1670. 13. Januarii perviderem antiqua sepulchra templi, et incisas terra oppletas litteras perpurgarem, vt agnosci possent, incidi in Sepulchrum Conradi et Juntae conjugem proxime murum ad Septemtrionem, ante altare Sanctarum Virginum Martirum Catharinae, Barbarae, ac Sanctae Ottiliae.“ Übereinstimmend wird der benannte Altar in einer undatierten Schrift aus dem Nachlaß des Abtes Placidus Rauber lokalisiert: „Jn angulo dextri lateris posita est ara Sanctarum Virginum Martirum Catharinae, Barbarae, ac Othiliae“, vgl. ebd. 840 und Reinfried, Geschichte Schwarzach 1892, 57.
  3. Vgl. Beust (wie unten).
  4. Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, Bd. 1, 177: „Inscriptio in limbo est (…). Medium lapidis occupant insignia.“
  5. Maßangaben errechnet aus der Angabe „10 Fuß lang, 8 Fuß breit“ in Reinfried (wie unten) und Beust (wie unten); allerdings ist den eingesehenen älteren Überlieferungen diese Information nicht zu entnehmen.
  6. Nach Wappenskizze in FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 19r. Helmzier: Jungfrauenkopf zwischen zwei Büffelhörnern; der Raum für die in der Skizze offenbar vorgesehene Krone blieb leer. Die Blasonierung in GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 177, lautet: „Jn scuto in latus inclinato sinistrum angulum (si illud propendas vt tentum a milite) occupat quadratum per lineas ductum, a dextro angulo trabs secat aequor scuti intra inferiorem angulum et quadratum. Jn angulo, qui habet quadratum, est imago pectoralis (puto virginis, ex imberbi facie) in qua tamen non apparent mammae, sed quasi velatae costae. Jnferius versus dextram fluit aliquid veli quasi à tergo descensus. Loco brachiorum erigit supra caput duo cornua obtusa sine digitis.”
  7. Vgl. Gartner, Die Windecker, o. S. (hinterer Klappeinband, Stammtafel von Windeck); Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 3, 534. Zum Abt Reinhard von Windeck vgl. nr. 33.
  8. Vgl. die Zusammenstellung der urkundlichen Belege in Gartner, Auswertung Zinsverzeichnisse 97.
  9. Vgl. Regesten von Windeck 35 nr. 118.
  10. Vgl. ebd. In GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 175 ist als Stiftungsjahr 1360 angegeben.
  11. Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 177.
  12. Vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 447; Andermann, Lehnwesen 196; s. a. allg. zur Vogtei des Klosters Suso Gartner, Vogtei, Dinghöfe und Weistümer des Klosters Schwarzach, in: Die Ortenau 71 (1991) 126–137.

Nachweise

  1. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 19r.
  2. GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch, fol. 22r.
  3. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 177.
  4. Beust, Ritter 38 (nach einer nicht überlieferten Urkunde „wahrscheinlich“ aus der Mitte des 15. Jh.).
  5. PfA Kappelwindeck o. Sig., Albert, Notabilienbuch Kappelwindeck 75 (nach Beust).– GLA Karlsruhe N Mone 111, Mone, Aufzeichnungen Büllot, fol. 141r.
  6. Reinfried, Grablegen 258 (nach Beust).
  7. Reinfried, Geschichte Schwarzach 1892, 60 (nach Wagner).
  8. Harbrecht, Schwarzacher Klostervögte 61 (nach Wagner).
  9. Harbrecht, Reichsabtei Schwarzach (1951) 177 (erw.).
  10. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 114 (nach Reinfried).
  11. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 2 (nach Reinfried).
  12. Regesten von Windeck 34f. nr. 117 (nach Wagner).
  13. Gartner, Auswertung Zinsverzeichnisse 101 Anm. 11 (nach Wagner).
  14. Gartner, Die Windecker 9 (Abb. aus GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 36† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0003602.