Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 12 Schwarzach (Gde. Rheinmünster), kath. Pfarrkirche St. Peter u. Paul (ehem. Abteikirche) 1317
Beschreibung
Grabplatte für Heinrich von Riegel. Ursprünglich „neben der vierten Säule (von hinten) im rechten Seitenschiff“ im Boden.1 Während der 1888 einsetzenden Sanierung des Gebäudes unter Josef Durm gehoben2 und 1896 „beim Eingang in die Kirche rechts in einer Nische der Wand“ neben der Grabplatte für Hieronymus Sparbrot bezeugt.3 Heute aufrecht an der inneren Westwand südlich des Eingangs. Sandstein. Hochrechteckige, sich nach unten verjüngende Platte. Im Binnenfeld ein in Ritzzeichnung ausgeführtes und teilweise vertieft reliefiertes Vollwappen. Die Konturen des Kübelhelms anscheinend nachgearbeitet. Am Rand zwischen zwei begleitenden Ritzlinien der umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk. Die Plattenoberfläche stark abgetreten, weshalb vor allem auf der linken Seite keinerlei Schriftspuren mehr erkennbar sind. Die rechte untere Ecke abgebrochen und unter Zusammenfügung von mindestens drei Teilstücken wieder angesetzt. Hier die Buchstaben besser erhalten. Die Plattenränder stark bestoßen.
Maße: H. 250, B. 106, Bu. 8,5–9 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
[+ A]N(N)Oa) D(OMI)NI · M°CCC[°]/XVII[° ·]b) P(RI)DIE · IDUS · APRILIS · O(BIIT) [·] ḤENRICUSc) [· MI]ḶES / ḌE · RIGOL[– – – / – – –]
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1317 am Tag vor den Iden des April starb Ritter Heinrich von Riegel (…).
Datum: 12. April 1317.
Riegel.4 |
Textkritischer Apparat
- Kürzungsstrich über dem N und oberhalb der oberen Rahmenritzlinie nur noch schwach zu erkennen.
- M°CCC[°]/XVII[° ·]] Die noch erkennbare Ablativendung genau über der Achse des M; die übrigen erschlossen.
- Das H durch die Bruchstelle der unteren rechten Ecke fast gänzlich zerstört.
Anmerkungen
- Vgl. Sernatinger (wie unten).
- Vgl. zur Bausanierung unter Josef Durm Rüsch, Restaurierungen 25–39; Rüsch, Barockumbau 413–419; Marzolff, Baugeschichte 31f.; Göricke, Restaurierungsarbeiten 72, 75; Josef Durm, Die Abteikirche in Schwarzach, in: Deutsche Bauzeitung 33 (1899) nr. 72, 449–455, nr. 74, 461f.
- Vgl. Sernatinger (wie unten) und nr. 270 (Sparbrot).
- Schräggeviert. Helmzier: ein mit dem Schildbild bezeichnetes und ringsum mit Hahnenfedern bestecktes Schirmbrett. Die Blasonierung in Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 3, 532 („Gevierter Schild“) falsch.
- Vgl. nrr. 18, 23, 25. Zur Bezugnahme auf Straßburg vgl. Einl. Kap. 5.1, LXXVIf.
- Vgl. nrr. 23, 24, 29.
- Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Suso Gartner, Altschweier; s. a. Land Baden-Württemberg, Bd. 5, 151; Topogr. Wb., Bd. 2, Sp. 616.
- Vgl. wie auch zu sämtlichen folgenden Angaben Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 3, 531f.; Topogr. Wb., Bd. 2, Sp. 620.
- Nach Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 3, 532, ist ein anderer (?) Henricus de Riegel im Predigerkloster zu Freiburg i. Br. Nachgewiesen.
Nachweise
- Sernatinger, Ehemalige Benediktinerabtei 21 (erw.).
- Sauer, Abteikirche Schwarzach (1905) 357 (erw.).
- Marzolff, Baugeschichte 34 mit Anm. 9 (erw.).
- Marzolff, Abteikirche Schwarzach 15 (erw.).
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 109.
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 1.
- Gartner, Auswertung Zinsverzeichnisse 84 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 12 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0001202.
Kommentar
Die Buchstaben weisen deutliche Bogenschwellungen auf. Die geradlinigen Schaft- und die zur Zeilenmitte weisenden freien Bogenenden sind keilförmig verbreitert und teilweise mit hakenförmigen Sporen ausgestattet. Die übrigen freien Bogenenden münden in dünne, eingerollte Zierlinien. An unzialen bzw. runden Formen wurden das geschlossene E, das G, das symmetrische M und das N verwendet. Das flachgedeckte A hat einen geschwungenen linken Schrägschaft und einen stärker nach links überstehenden Deckbalken. Das C ist geschlossen, der Balken des L gebogen und der Schaft des I in der Mitte mit einem Nodus versehen. Das obere Ende der geschwungenen R-Cauda verschmilzt mit dem Bogenende, das als Haarlinie nach innen eingerollt ist. Als Worttrenner dienen Punkte auf halber Zeilenhöhe.
Die offenbar Straßburger Einfluß reflektierenden Buchstabenformen sind nah verwandt mit jenen einiger Grabmäler im Kloster Lichtenthal.5 Die markanten eingerollten Zierlinien finden sich insbesondere in den Grabschriften für Markgräfin Irmengard von Baden und Konrad von Fürstenberg sowie auf einer Wappentafel der Burgruine Alteberstein.6
Der Verstorbene entstammte einem Rittergeschlecht, das in einem kleinen Ort Riegel auf der Gemarkung von Kappelwindeck (Stadt Bühl) ansässig war.7 Insofern ist nicht sicher, ob er mit jenem Edelknecht identisch ist, der gemeinsam mit anderen Familienangehörigen am 30. Mai 1293 seine Rechte zu Blapotzheim (?) den Johannitern zu Dorlisheim (Elsaß, dép. Bas-Rhin) abtrat.8 Im Jahre 1312 erscheinen dieser und sein Bruder Fritschmann in einem Vergleich mit der Stadt Straßburg wegen eines Brandes zu Lampertheim (Elsaß, dép. Bas-Rhin). Die Tochter Engeltrud ist für das Jahr 1341 als Gattin des Johann Gire zu Ullenburg nachgewiesen. Außerdem ist der Name „Heinricus miles de Riegel“ ohne Jahresangabe unter dem 11. April im Schenkungsbuch der Münsterfabrik zu Straßburg verzeichnet. Als das Grab während der Renovierung der Schwarzacher Abteikirche zwischen 1888 und 1897 geöffnet wurde, fand man darin Reste eines Habits und eine Sandale.1 Vielleicht war Heinrich von Riegel in fortgeschrittenem Alter in das Kloster eingetreten.9