Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 9 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle um 1311

Beschreibung

Grabplatte für Markgraf Hermann VII. von Baden. Im Kapellenschiff nördlich des südlichen Seitenaltars vor dem Chor im Boden. Rötlicher Sandstein. Im Zentrum ein kleiner, eingetieft reliefierter und entgegengesetzt zur Inschrift ausgerichteter badischer Wappenschild, der offenbar erst um 1829/32 auf Veranlassung Franz Josef Herrs gemeinsam mit der darunter eingemeißelten und ebenfalls auf dem Kopf stehenden Nummer II. ausgeführt wurde.1 Am Rand zwischen zwei parallelen Ritzlinien der unten rechts einsetzende und umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk, der am Ende die rechte Rahmenleiste nur zu einem Viertel ausfüllt. Die Kanten und Ecken der Platte stellenweise beschädigt.

Maße: H. 271, B. 130, Bu. 9–10 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/2]

  1. +a) ANNOb) · D(OMI)NI · M° · C · C° · / X · C · Ic) · O(BIIT) · HERMA(N)NVSd) · MARCHIO · DE BADEN / · IN DIVISIONE / · AP(OSTO)LOR(VM)e)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1291 verstarb Hermann Markgraf von Baden an Apostel Scheidung.

Datum: 15. Juli 1291.

Kommentar

Die Buchstabenformen sind mit jenen der Grabplatten für die Markgrafen Rudolf I. und Rudolf II. von Baden sowie für Markgräfin Gutha von Baden, geb. von Straßberg, nah verwandt.2 Innerhalb dieser Gruppe stellt jedoch eine Reihe von paläographischen Merkwürdigkeiten die Originalität der entsprechenden Inschriften durchaus in Frage. Doch läßt sich aufgrund mangelnder Quellen bisher keine eindeutige Entscheidung treffen, weshalb die schriftkundliche Auswertung hier dennoch erfolgt. An unzialen bzw. runden Formen erscheinen das H, das N, das links geschlossene M sowie das E mit Abschlußstrich. Das A ist stets flachgedeckt und hat einen beiderseits überstehenden Deckbalken. Der Mittelbalken ist bis auf eine Ausnahme in AP(OSTO)LOR(VM) gebrochen. Freie Bogenenden auf der Grundlinie sind regelmäßig nach oben umgebogen. Der Bogen und die geschwungene Cauda des R verschmelzen miteinander, ohne danach den Schaft zu berühren. Der linke Schrägschaft des X ist geschwungen. Die Kürzungsstriche liegen stets oberhalb der Rahmenritzlinie. Als Worttrenner dienen kleine Punkte in Zeilenmitte.

Hermann VII. von Baden, genannt der Wecker, war der Sohn Markgraf Rudolfs I. von Baden und Kundigundes von Eberstein.3 Vor dem 6. Oktober 1278 hatte er die Ehe mit Agnes von Truhendingen geschlossen, die ebenfalls im Kloster Lichtenthal begraben liegt.4 Hermanns inschriftlich überlieferter Todestag wird durch einen entsprechenden Eintrag im Nekrolog des Klosters bestätigt.5 Da aber die sog. Fürstenkapelle erst um 1312 (Altarweihe) fertiggestellt wurde,6 ist eine deutlich frühere Entstehung der Grabplatte kaum anzunehmen. Dafür spricht vor allem das nachweislich nicht vor 1311 geschlagene Grabmal für den 1295 verstorbenen Markgrafen Rudolf II. von Baden.7

Textkritischer Apparat

  1. Das griechische Invokationskreuz schräggestellt, vgl. dazu nr. 42.
  2. Der rechte Schrägschaft des trapezförmigen A geschwungen und mit Bogenschwellung.
  3. Die Ablativendungen der Zahlzeichen mittig über den dazugehörigen Buchstaben und oberhalb der Rahmenritzlinie. Das Binnenfeld des letzten C durch eine kreisrunde Vertiefung beschädigt.
  4. HEREMANVS BLB Karlsruhe K 526, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores. Nach dem Namen die später senkrecht in den Text eingefügte Numerierung VII. Die Ziffern liegen innerhalb des schmalen Spatiums, das diesen Einschub nicht vorsieht, und überdecken den Worttrenner.
  5. Suspensionskürzung durch einen langen Haken, der am Bogen des R ansetzt und bis über die obere Rahmenritzlinie zurückgeführt ist. Danach die Rahmenleiste in einer Länge von ca. 180 cm leer.

Anmerkungen

  1. Zu F. J. Herrs Numerierung der Lichtenthaler Grabmäler 1803/04 vgl. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 5. Nach Herrs Beschreibung war die Grabplatte noch 1820 ohne Wappen, vgl. vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 13r. Zur Baugeschichte der Fürstenkapelle vgl. Kdm. Baden-Baden 427f.; Krimm, Fürstenkapelle 147–158; Stober, Denkmalpflege 116–138.
  2. Vgl. nrr. 8, 10, 11; vgl. dazu Einl. Kap. 5.1, LXXV.
  3. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 266. Zum Beinamen „der Wecker” vgl. Loeser, Geschichte 133 Anm. 1. Zur Biographie vgl. Schwarzmaier, Baden (2005) 94f.; Schwarzmaier, Baden 182, 184f.; Sütterlin, Geschichte 256; Weech, Badische Geschichte 27f.; Preuschen, Badische Geschichte 494; Viton de Saint-Allais, Histoire 152–154; Sachs, Einleitung, T. 2, 30–40; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 13–16.
  4. Vgl. Schwennicke (wie Anm. 3). Agnes’ Bestattung im Kloster ist nur noch durch einen jüngeren Ersatzgrabstein bezeugt, der im südwestlichen Bodenbereich der Fürstenkapelle liegt, vgl. Kdm. Baden-Baden 516 nr. XXI; s. a. Einl. Kap. 6 nr. *64.
  5. Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 13v; GLA Karlsruhe 64/19, Nekrolog Lichtenthal I, fol. 116r; Necrologium 168.
  6. Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1984) 61.
  7. Vgl. nr. 10.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 526, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores, fol. 33r.
  2. BLB Karlsruhe D 162, Fehnle, Austriacorum (…) familia, fol. 268r.
  3. GLA Karlsruhe 65/10, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores, fol. 113v.
  4. KA Lichtenthal o. Sig., Glyckher, Chronik 92.
  5. Schoepflinus, Historia, tom. 2, 16.
  6. Sachs, Einleitung, T. 2, 35f.
  7. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 23 nr. II.
  8. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 13r.
  9. GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 2, Grundriß Fürstenkapelle nr. II., abgedr. in Kdm. Baden-Baden 515 (Abb. 421).
  10. Herr, Lichtenthal 1833, 40.
  11. Gutgesell, Kloster Lichtenthal 64.
  12. RMB, Bd. 1, nr. 598 (erw.).
  13. Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 309.
  14. Stoesser, Grabstätten 58.
  15. Deodata, Frauenkloster Lichtental 200.
  16. Kdm. Baden-Baden 508 nr. II.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 9 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0000902.