Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 32: Stadt Aachen (1993)

Nr. 205† St. Adalbert vor 1656?

Beschreibung

Inschrift auf unbekanntem Träger, vermutlich auf einer Tafel oder auf der Wand selbst angebracht. Sie soll sich zu beiden Seiten des Chors befunden haben, wobei unklar ist, ob der Text auf beide Seiten verteilt oder zweifach ausgeführt war.

Text nach Haagen.

  1. Psallite, devoti, divina cantica laudis,psallite distincte, servatis psallite pausis,detruncate nihil nec psallite precipitanter,psallite sed graviter, concorditer et peramanter.Inter psallendum caveatur gloria inanis,colloquium vanum, risus distractio quaevis.Versus posterior numquam prius incipiatur,quam suus anterior perfecto fine fruatur.

Übersetzung:

Psalmodiert, ihr Frommen, die göttlichen Lobgesänge,

psalmodiert deutlich, psalmodiert unter Beachtung der Pausen,

verstümmelt nichts und psalmodiert nicht überhastet,

psalmodiert ernsthaft, einträchtig und voller Liebe.

Beim Psalmodieren soll eitle Prahlerei gemieden werden,

leeres Geplauder, Gelächter, jegliche Zerstreuung.

Der folgende Vers soll niemals früher begonnen werden,

als der ihm vorangehende sich des ausgeführten Schlusses erfreut.

Versmaß: Hexameter mit Endreim (Caudati), in Vers 1/2 zweisilbig, in Vers 5/6 einsilbig assonierend, sonst zweisilbig rein.

Kommentar

Der schlechte Chorgesang am Adalbertstift stand mehrfach im Mittelpunkt von Reformbemühungen, die unter dem Dechanten Neumann (vgl. Nr. 94) einsetzten und bis zum Ende des 17. Jh. fortdauerten.1) Bestimmungen, die den als Inschrift ausgeführten Anweisungen zur Durchführung des Gesangs entsprechen, wurden 1658 in die Statuten des Stifts aufgenommen.2) Auch im Kölner Gereonstift ermahnte eine Inschrift auf einer Tafel im Chor die Kanoniker zu sorgfältigem Gesang.3)

Anmerkungen

  1. Brecher, Kirchliche Reform, S. 347 f.
  2. Brecher, a.a.O., S. 348; Gatzweiler, Adalbertstift, S. 177.
  3. HAStK, Chron. u. Darst. 181, S. 172: „Psalmodiam non nimium protraham, in medio versus punctum faciamus, post punctum bonam pausam teneamus. Versum ab uno choro, donec ab alterosit finitum, non incipiamus; simul incipientes, simul pausemus ac finiamus, ut sit rotunde una voce, pariter concinnamus.“

Nachweise

  1. Haagen, Topographie, S. 49.
  2. KDM 10,2, S. 23.

Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 205† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0020500.