Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 32: Stadt Aachen (1993)

Nr. 187† †Klarissenkloster 1650

Beschreibung

Glasfenster der Klosterkapelle. Es soll außer der Inschrift das Wappen des Stifters getragen haben.1)

Text nach Thenen.

  1. Fabi(us) Chisi(us) Deia) apostolicae sedis gratia episcopus Neritonensis, ac domin(us) feudoru(m) s(anct)oru(m)b) Nicolai et Venerdiae necnon Locugnani Tabellae et Cassopi, s(anctissi)mic) d(omini) n(ostri) d(omi)ni Innocentii, divina providentia papae X. ac praedictae sedis ad tractum Rheni alias(que) inferioris Germaniae partes cu(m) potestate legati de latere nunti(us) a(nn)o 1650

Übersetzung:

Fabio Chigi, durch die Gnade Gottes [und] des Apostolischen Stuhles Bischof von Nardò2) und Herr der Lehen [Sanctorum Nicolai et Venerdiae necnon Locugnani, Tabellae et Cassopi], unseres allerheiligsten Herrn, des Herrn Innozenz X., durch göttliche Vorsehung Papst, und des vorgenannten Stuhles Nuntius im Rheinland und in den anderen Teilen Niederdeutschlands mit der Vollmacht eines Legatus de Latere3) im Jahre 1650.

Wappen:
Chigi4)

Kommentar

Fabio Chigi, 1599 in Siena geboren, erhielt 1639 die Kölnische Nuntiatur übertragen und nahm als außerordentlicher Nuntius an den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück teil.5) Im Dezember 1649 reiste er von Münster nach Aachen, wo er sich bis zum Oktober 1651 aufhielt.6) Während seines Aufenthalts in Aachen feierte Chigi mehrmals im Klarissenkloster die Messe und unterstützte es finanziell.7) 1652 wurde er zum Kardinal ernannt, 1655 zum Papst (Alexander VII.) gewählt. Nach dem großen Brand in Aachen ließ er der Stadt 4000 Scudi zukommen. An diese Schenkung erinnerte bis zum Jahre 1849 ein mit einer Inschrift versehenes Porträt des Papstes im Rathaus.8) Bei den in der Inschrift genannten Orten, deren genaue geographische Lage und heutige Namen nicht ausfindig zu machen waren,9) handelt es sich wohl um Lehnsbesitz, den Chigi in Verbindung mit seinem Bistum Nardò erhalten hatte.10) Seine Erwähnung ist äußerst ungewöhnlich, zumal die Besitzungen in keinerlei Verbindung zu Chigis Funktion als Nuntius stehen.

Textkritischer Apparat

  1. Es fehlt et.
  2. SSorum.
  3. SSmi.

Anmerkungen

  1. StA, KK Klarissen 1, p. 33.
  2. Provinz Lecce, Apulien.
  3. Die Legati de latere waren als besondere Gesandte des Papstes mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet. Vgl. K. Walf, Die Entwicklung des päpstlichen Gesandtschaftswesens in dem Zeitabschnitt zwischen Dekretalenrecht und Wiener Kongress (1159–1815), München 1966, S. 192–196.
  4. Das quadrierte Wappen zeigt im ersten und vierten Feld als Wappenbild Papst Julius' II. (della Rovere) eine goldene Eiche auf blauem Grund, im zweiten und dritten Feld sechs von einem goldenen Stern überragte goldene Bergspitzen auf rotem Grund (vgl. A. Eszer, Prinzessinnen Chigi als Nonnen in den Klöstern S. Girolamo in Campansi zu Siena und SS. Domenico e sisto zu Rom, in: E. Gatz (Hg.), Röm. Kurie. Kirchl. Finanzen. Vatikanisches Archiv. Studien zu Ehren von H. Hoberg, Bd. 1, Rom 1979, S. 172). Die Erlaubnis zur Vereinigung des Familienwappens der Chigi mit dem Wappen della Rovere hatte Julius II. dem Urgroßonkel Fabio Chigis, dem Bankier Agostino Chigi, erteilt. Vgl. M. Albert, Nuntius Fabio Chigi und die Anfänge des Jansenismus 1639–1651 (Röm. Quartalschrift für christl. Altertumskunde u. Kirchengeschichte, 44. Suppl.-Heft), Rom/Freiburg/Wien 1988, S. 10.
  5. Vgl. F. Dickmann, Der Westfälische Friede, 5. Aufl. hg. von K. Repgen, Münster 1985, S. 193f., 456–458 und passim.
  6. Zum Aachener Aufenthalt vgl. Diarium Chigi 1639–1651, 1. Teil: Text, bearb. v. K. Repgen (Acta Pacis Westphalicae, Serie III Abt. C Bd. 1), Münster 1984, S. 458–523; M. Albert (wie Anm. 4), S. 219 und passim.
  7. StA, KK Klarissen 1, p. 33: „hat uns zu unterschiedliche Male gutte Allmussen barmherzichlich mitgetheilt, wie imgleichen in unsere kirch ein grosse glaßfinster (darauff sein hochw. nahm und wapffen) geschenckt.“
  8. Alexandro VII., pontifici maximo, quod nuntii apostolici olim munere hic diffungens regalem hanc sedem couit, dilexit, eandem mox summo admotus fastigio anno 1656 secunda maii fatali incendio penitus ferme consumptam misereque afflictam eximia liberalitate sua erexit, recreavit, senatus populusque Aquensis in perpetuam tanti beneficii memoriam hoc monumentum erigi curavit anno 1657.“ Laurent, Stadtrechnungen, S. 45.
  9. Selbst in der umfassenden Chigi-Biographie Pallavicinos finden sie keine Erwähnung (S. Pallavicino, Della vita di Alessandro VII libri quinque, vol. 1–2, Prato 1839–40).
  10. Vgl. F. Ughello, Italia sacra sive de episcopis italiae..., T. I, Venetii 21717, p. 1042–1045.

Nachweise

  1. StA, Thenen, Aquisgranum, fol. 622r.

Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 187† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0018707.