Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 32: Stadt Aachen (1993)

Nr. 118 Marktplatz 1620

Beschreibung

Brunnenschale. Bronze.1) Von der Mitte ausgehend, führen zungenförmige Buckel nach oben bis zu einem breiten Schmuckfries unterhalb des mehrfach profilierten Randes. Das Band zeigt zwischen Blumengirlanden mit Meerwesen, dem Reichsadler und dem Aachener Stadtwappen abwechselnd sechs wasserspeiende Löwenköpfe und ebensoviele aufgelegte Wappenschilde. Inschrift (B) oberhalb, Wappenbeischriften unterhalb des Ornamentbandes erhaben zwischen Profilleisten. Inschrift (A) auf einem Ornamentfries am unteren Schalenrand. Rosetten als Worttrenner.

Maße: H. 100, Dm. 360, Bu. 4,5–5,5 (A), 3,5 (B), 2,5 (Wappenbeischriften) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/3]

  1. A

    + DVRCH · DAS · FEVER · BIN · ICH · GEFLOSSEN · FRANS · VON · TRIER · PETER · VON · TRIER · VND · DANIEL · LANER · HABEN · MICH · GEGOSSEN · ANNO · DOMINI · 1620

  2. B

    + HIC AQVIS PER GRANVM PRINCIPEM QVENDAM ROMANVM NERONIS (ET)a) AGRIPPAE FRATREMb) CALIDORVM FONTIVM THERMAE A PRINCIPIO CONSTRVCTAE · POSTEA VERO PER D(IVVM) CAROLVM MAGNVMc) IMP(ERATOREM) CONSTITVTO VT LOCVSd) HIC SIT CAPVT (ET)a) REGNI SEDES TRANS ALPES RENOVATAE SVNT QVIBVS THERMIS HIC GELIDVS FONS INFLVXIT OLIM QVEMe) NVNC DEMVM HOC AENEOf) VASEg) ILLVSTRAVIT S(ENATVS) P(OPVLVS)Q(VE) AQISGRANIh) · ANNO DOMINI · M·DC·XX·i)

Übersetzung:

Hier in Aachen sind durch einen gewissen römischen Princeps Granus, einen Bruder Neros und der Agrippa, die Thermen der heißen Quellen von Grund auf erbaut worden. Später aber, nachdem durch den heiligen Kaiser Karl den Großen festgesetzt worden war, daß dieser Ort Haupt und Sitz des Reiches diesseits der Alpen sei, sind sie wiederhergestellt worden; in welche Thermen einst diese kalte Quelle hineingeflossen ist, die Senat und Volk von Aachen nun gerade durch dieses eherne Gefäß dargestellt haben.

Versmaß:

Deutscher Reimvers (A).

 
Wappen
Reichsadler, Stadt Aachen
 
Wappen mit Beischriften:
BERCHEM, SPECKHEVWER, SCHRICK, SCHORER, BLIENHEVFT, BRVNNENSTEIN VND SAVELSBERG

Die legendäre Gründung des römischen Aachens und seiner Thermen durch einen Granus wird auch in à Beecks 1620 erschienenem Aquisgranum überliefert, der allerdings bereits in Zweifel zieht, daß es sich bei dem fiktiven Stadtgründer um einen Bruder Neros gehandelt haben könnte.2) Fünf der sechs Wappen wurden von katholischen Aachener Bürgermeistern des beginnenden 17. Jh. geführt. Joachim Berchem ist zwischen 1601 und 1644 achtzehnmal als Bürgermeister3), zudem von 1599 bis zu seinem Tode 1648 als Schöffe belegt4). Er vertrat die Stadt Aachen beim Westfälischen Frieden. Albrecht Schrick (II.) amtierte zwischen 1616 und 1634 zehnmal als Bürgermeister5), von 1601 bis 1640 als Schöffe und 1598 bis 1605 als Meier von Burtscheid6). Dietrich Speckheuer hatte in den Jahren zwischen 1619 und 1650 neunmal das Amt des Bürgermeisters inne und ist 1640 als Schöffe belegt.7) Johann Schörer war zwischen 1618 und 1631 achtmal Bürgermeister.8) Ägidius Bleyenheuft ist nur in den Jahren 1617 und 1620 in diesem Amt nachgewiesen9), bevor er im Jahre 1622 auf tragische Weise ums Leben kam (vgl. Nr. 128). Lediglich das Wappen Brunnenstein-Savelsberg läßt sich keinem Bürgermeister oder Schöffen zuordnen. Peter Brunnenstein gehörte zu einer Gruppe von vier Aachener Bürgern, die 1613 für ein Darlehen des Adalbertstifts an die Katholiken bürgten.10) Vermutlich entstammte seine Mutter der Familie Savelsberg.11) Gießer der Schale waren die Brüder Franz (I.) und Peter (II.) von Trier.12) Daniel Laner, der dritte Gießer, ist vermutlich mit dem Daniel Lonner identisch, der für die Kirchen im westfälischen Methler (1631) und in Neviges (1646) Glocken goß.13)

Textkritischer Apparat

  1. Tachygraphisch.
  2. add. INVENTIS Ray. Der Engländer John Ray bietet in seinem Bericht über seine Festlandreise von 1663 bis 1666 die früheste Überlieferung der Brunneninschrift (ed. Giesen, a. a. O.).
  3. om. Ray.
  4. om. Ray.
  5. QVAM Ray.
  6. AENES Ray.
  7. VASVM Ray.
  8. Sic!
  9. Anschließend Gießerzeichen.

Anmerkungen

  1. Sockel und Säule des Brunnens bestehen aus Stein. Die Säule wird von einer Bronzefigur Karls d. Gr. bekrönt.
  2. à Beeck, p. 1ff.
  3. Von Coels, Bürgermeister, S. 65–69.
  4. Von Coels, Schöffen, S. 351–356.
  5. Von Coels, Bürgermeister, S. 67f.
  6. Von Coels, Schöffen, S. 361–363.
  7. Von Coels, Bürgermeister, S. 67–69.
  8. Ebd., S. 67f.
  9. Ebd., S. 67.
  10. Gatzweiler, Adalbertstift, S. 94 Anm. 1.
  11. Macco, Wappen II, S. 107.
  12. Vgl. die Einleitung S. XXIX.
  13. Walter, Glockenkunde, S. 815; Renard, Rhein. Glocken, S. 71.

Nachweise

  1. Lersch, Glockengießer, S. 340.
  2. C. Rhoen, Der Markt-Brunnen zu Aachen, Aachen 1896.
  3. Schmid, Geschichte, S. 148. – Boeckeler, Beiträge, S. 24.
  4. Peltzer, Messingindustrie, S. 363.
  5. Von Coels, Schöffen, S. 363.
  6. F. W. Bredt, Brunnen und Denkmäler Aachens, MRhVD 7, 1913, S. 223.
  7. KDM 10,3, S. 229.
  8. J. Giesen, Aachen im Spiegel älterer Reisebücher, ZAGV 59, 1938, S. 202.
  9. Schmitz-Cliever, AKB 47, 1976/77, S. 242.

Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 118 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0011802.