Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 32: Stadt Aachen (1993)

Nr. 106† Marktplatz 1616

Beschreibung

Steinerne sog. Schandsäule. Der rechteckige Pfeiler endet in einem Würfelkapitell. Auf dem Abakus ein spitzes architektonisches Zierelement mit aufgelegtem Reichsadler. In die Kapitellfläche eingeschnitten die Darstellung eines unbekleideten Mannes auf der Folterbank, dessen abgeschlagener Kopf auf den Boden gefallen ist. Ein Scharfrichter trennt die Gliedmaßen ab, die an den vier Stadttoren aufgehängt werden, während der Kopf am Giebel des Rathauses befestigt wird. Auf der gegenüberliegenden Seite Darstellung der Iustitia. Inschriften am Schaft, (B) unterhalb von (A). Der Text ist nicht nur bei den Chronisten überliefert, sondern auch auf einem zeitgenössischen Kupferstich abgebildet.1)

Wortlaut nach à Beeck.

Reproduktion nach: H. F. Macco, Die reformatorischen Bewegungen während des 16. Jh. in der Reichsstadt Aachen, Leipzig o. J., Abb. S. 73 [1/1]

  1. A

    Sic pereant / Qui hanc Rempublicama) / Et Sedem Regalem / Spretis Sacraeb) Caesareaec) Maiestatis / edictis / Evertere moliuntur

  2. B

    Ad / damnandam memoriam / Ioannis Kalckbernerd) / In ultimo tumultu Anno MDCXIe) / Hic excitato / Inter perduelles / Antesignani / Columna haec ex decreto / D(ominorum)f) Subdelegatorumg) Sac(rae)h) Caes(areae) Maiest(atis) / Erigi iussa / III. Nonas Decembris anno MDCXVIi)

Übersetzung:

So kommen diejenigen um, die es anstreben, dieses Gemeinwesen und diesen königlichen Sitz umzustürzen, indem sie die Verordnungen der Heiligen Kaiserlichen Majestät verachtet haben. Zur verdammenswerten Erinnerung an Johann Kalckberner, den Anführer im letzten Tumult, der hier im Jahre 1611 zwischen den Feinden heraufbeschworen worden war, wurde angeordnet, diese Säule gemäß dem Erlaß der Herren Abgesandten der Heiligen Kaiserlichen Majestät zu errichten am 3. Tag vor den Nonen des Dezembers 1616.

Datum: 3. Dezember

Wappen:
Reichsadler

Kommentar

Bei dem Dargestellten handelt es sich um Johann Kalckberner, Aachener Kupfermeister und Bürgermeister in den Jahren 1612 und 1614.2) Als einer der Führer der Lutheraner war er maßgeblich am Aufstand der Protestanten gegen den katholischen Rat der Stadt im Jahre 1611 beteiligt.3) Als die spanischen Truppen unter Spinola 1614 in Aachen einzogen, um den katholischen Rat zu restituieren, floh Kalckberner nach Jülich, wo er wenig später starb. Im Jahre 1616 wurde er posthum zum Tode verurteilt. Die Schandsäule wurde im Jahre 1792 bei der Ankunft der Franzosen umgestürzt und zerschlagen.4)

Textkritischer Apparat

  1. remp. Chasteau, Käntzeler.
  2. S. Käntzeler.
  3. Caesar. Käntzeler.
  4. Kalckberners Chasteau; Kalckberneri Käntzeler.
  5. a(nn)o 1615 Chasteau, Käntzeler.
  6. DD.
  7. subdel. Käntzeler.
  8. S. Käntzeler.
  9. tertio nonas decembris 1616 Chasteau; 3. non. dec. a(nn)o 1616 Käntzeler.

Anmerkungen

  1. Abgedruckt bei Macco, Reformatorische Bewegungen, S. 73.
  2. Von Coels, Bürgermeister, S. 66f.
  3. Vgl. Schmitz, Verfassung und Bekenntnis, S. 261f.
  4. Von Asten, Religiöse Spaltung, S. 110, 116; vgl. dazu ausführlich Classen, Bewegung, S. 323–442.

Nachweise

  1. à Beeck, p. 334.
  2. HAStK, Chasteau, Historia, f. 85r.
  3. StA, Hs. 213 (Chronik Fell), f. 10v.
  4. Käntzeler, Chronik, S. 94f. - Schmitz, Verfassung und Bekenntnis, S. 347 Anm. 1.

Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 106† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0010602.