Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 32: Stadt Aachen (1993)
Nr. 160† Burtscheid, St. Johann Baptist 1639
Beschreibung
Epitaph der Anna Raitz von Frentz im Chor. Messing.
Text und acht Ahnenwappen überliefert bei Abry.
O christiane, quisquis es, lege pie, precare beatam aeternitatem, hic quiescis, qui est, semper quievit. Anna Raitz de Freintz fuit, quod es vel numquam eris, admodum R.ARDDaa) abbatissa D(omina) fondi Borselti et in Vyllen, humilis, pia, religiob), prudens, humana, hujus templi restauratrxc), abbatad) aedificatrix est. Quod certo eris: putredo, pulvis, sumus: umbra, vanitas et, verbo ut absolvam, nihil. Rexit annis 24, vixit 71, evixit 1639.
Übersetzung:
O Christ, wer immer du bist, lies fromm, erbitte die glückselige Ewigkeit. Hier ruhst du; der, der ist, hat immer geruht. Anna Raitz von Frentz war, was du bist oder nie sein wirst: Die allerehrwürdigste Frau Äbtissin, Grundherrin Burtscheids und in Vijlen, demütig, fromm, von geistlichem Stande, klug, von feiner Bildung, sie ist die Wiederherstellerin dieses Tempels und Erbauerin der Abtei. Was du sicher sein wirst: Fäulnis, Staub, sind wir: Schatten, leerer Schein und – daß ich es mit einem Wort sage – nichts! Sie regierte 24 Jahre, lebte 71, schied aus dem Leben 1639.
Raitz von Frentz | Anstel |
Wambach | Eller |
Ilem | Droift |
Randenrath | Schilling |
Textkritischer Apparat
- Steht vermutlich für Reverendissima Domina.
- In der überlieferten Form unverständlich, vielleicht als religiosa zu lesen.
- Zu lesen restauratrix.
- Zwei Lesarten der verderbten Textstelle bieten sich an: abbatissa aedificatrix (‚als Äbtissin ist sie Erbauerin‘) oder abbatiae aedificatrix (‚Erbauerin der Abtei‘). Die letztgenannte Möglichkeit liegt insofern näher, als sie der zuvor gemachten Angabe templi restauratrix entspricht.
Anmerkungen
- Gregor d. Gr., Moralium lib. XIV, 55, 57: „... a carne solvitur, quod caro in putredinem vertitur, quod putredo in pulverem redigitur, quod pulvis ita in elementis solvitur“.
- Horaz, carm. 4,7, 14–16: „pulvis et umbra sumus.“ Zu dieser weitverbreiteten Sentenz vgl. Walther, Nr. 22889, 39827.
- StA, KB 90, S. 235. Zur Person vgl. Nr. 135.
Nachweise
- StA, Abry Nr. 22.
- Huyskens, Verschwundene Grabsteine, S. 135.
Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 160† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0016006.
Kommentar
Der Text ist an mehreren Stellen – vermutlich aufgrund von Überlieferungsfehlern – verderbt und daher schwer verständlich. Die Gedanken zur Vergänglichkeit der körperlichen Hülle des Menschen knüpfen wohl an Gregor d. Gr. an,1) finden sich aber auch schon bei Horaz2). Die Bestattung der Anna Raitz von Frentz fand am 25. August 1639 statt3), sie muß also wenige Tage zuvor verstorben sein.