Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 32: Stadt Aachen (1993)
Nr. 84† Burtscheid, † Gerichtshaus 1589
Beschreibung
Kamin in der Gerichtsstube. Die doppelstöckige, rechteckige Kaminhaube zeigt im oberen Teil das Wappen des Hl. Röm. Reiches. Im unteren Teil rechteckige Schriftfelder mit den Inschriften (B) bis (D), darüber, ebenfalls in rechteckigen Feldern, die zugehörigen Wappen. In der Rollwerkrahmung der Haube die Inschrift (A) aufjeweils ein Medaillon links und rechts verteilt. Über den Sims verteilt die Inschriften (E) bis (M) um Rundmedaillons mit dem jeweiligen Wappen umlaufend; am rechten Simsrand, oberhalb der Seitenwange, ein ovales Medaillon mit dem Wappen Noppeney und der Umschrift (N). Dem entspricht die Form des Wappens Ringmans mit Umschrift (O), das separat gezeichnet ist und sich ursprünglich wohl am linken Simsende befand. Beide Wappen sind wohl um 1592 nachträglich hinzugefügt worden.1) Das Haus am Driesch war 1586 vom Vogt, Meier und den Schöffen als Gerichtshaus angekauft worden.2) 1823 wurde es durch einen Neubau ersetzt und dabei vermutlich der Kamin abgerissen.
Inschriften nach StA Aachen, Slg. Pläne E 6b.3)
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO / 1589
- B
PETRONELLA FOS VON GOTTES GNA/DE ABDIS VND GRONTFRAV DER / KAY(SERLICHEN) ABDIEN VND HERLICHKEIT / BVRSCET VND VYLEN
- C
EIN ERBAR RATH DES KONIGLICHEN / STVLTZ VND FREYEN DES HEILIGEN / REICHS S[..]T ACH DER HERLICH/KEIT BVRSCHET ERBMEIER
- D
IOHANN VON MERODE VON V (ND) ZV HOF=/FALIS4) HER ZV FRANCKENBERG5) / LOERSDAL6) VNDE ERBVOGT AL=/HIE ZV BVRSCHET
- E
BONIFACIVS · COLYN · BVRGERM(EISTER) · VND · SCHEFFEN · ZV · ACH · MEIR · ALHIE ·a)
- F
HER · DIONYS · KVYPER · SCHEFFENMEISTER · ALHIE ·
- G
H(ER) · ANTHON · SCHLEBVSCH · HAVPTMAN · ZO · ACH · VND · SCHEFFEN · ALHIE ·
- H
H(ER) · IOHAN · RVLANT · SCHEFFEN · ALHIE · VND · BVRGER · ZO · ACH ·
- I
H(ER) · IOHAN · BERTOLF · SCHEFFEN · ALHIE ·
- K
H(ER) · IOHAN · WIL(HELM) · VON · TEVFFEN · SCHEFFEN · VND · SECRETARY · ALHEI ·
- L
H(ER) · LEONARD · KVRSGENS · SCHEFFEN · ALHEI · VND · BVRGER · ZO · ACH ·
- M
H(ER) · WILHELM · BRVIN · VON · WOLFS · SIEFFEN · SCHEFFEN · ALHEI ·
- N
H(ER) · IOHANNES · NOPPENEY · SCHEFFEN · ALHEI ·
- O
H(ER) · HERMAN · RINGMANS · SCHEFFEN · ALHEI ·
7) Reichsadler (mit habsburgischem Bindenschild), Voss-Schwartzenberg, Stadt Aachen, Merode, Colyn (geteilter Schild, von doppelschweifigem Löwen überdeckt), Kuyper (Hausmarke, von 4 Sternen begleitet), Schlebusch (zwei Schrägbalken), Rulant (Hausmarke), Bertolf (Einhorn), Teuffen (Querbalken, von 3 (2, 1) Blumen begleitet), Kursgen (Hausmarke), Braun von Wolfssieffen (Hausmarke), Noppeney (drei aufeinander zeigende Pfeilspitzen), Ringmans (Hausmarke) |
Textkritischer Apparat
- Kürzungszeichen fehlen in (E) bis (O).
Anmerkungen
- Johann Noppeney und Hermann Ringmans wurden erst am 18. August 1592 als Schöffen vereidigt (M. Scheins, Das Gerichtswesen zu Burtscheid im 16. Jh., ZAGV 2, 1880, S. 85).
- Quix, Burtscheid, S. 64.
- Ausgeheftet aus RKG P. III f. 495.
- Seit Mitte des 15. Jh. war die Familie im Besitz der Herrschaft Houffalize (Prov. Luxemburg/Belgien), die vom Herzog von Luxemburg zu Lehen ging. Vgl. Domsta, Merode II, S. 143ff.
- Johann von Merode wurde 1583 durch den Herzog von Jülich mit der Frankenburg belehnt (von Coels, Schöffen, S. 344).
- Leefdaal (Prov. Brabant/Belgien). Vgl. dazu Domsta, Merode II, S. 245ff.
- Die Darstellung der Wappen mit Hausmarke weicht leicht von den Zeichnungen im Wappenbuch des Gerichts Burtscheid (StA, Hs. 73) ab. Vgl. Anhang Nr. 4–8.
- Scheins (wie Anm. 1), S. 83.
- Lac. III 504.
- Die von der Stadt Aachen eingeführte Bezeichnung „Erbmeier“ wurde 1601 von der Burtscheider Äbtissin anerkannt (Wurzel S. 93).
- Von Coels, Schöffen, S. 303ff.
- StA, Hs. 73.
- Vgl. dazu ausführlich W. Schmitz, Möglichkeiten und Grenzen der Toleranz im späten 16. Jh. Bonifacius Colin als katholischer Bürgermeister im protestantischen Rat der Reichsstadt Aachen, ZAGV 91/92, 1983/84, S. 149–164.
- Haagen, Geschichte II, S. 184ff. ohne Quellenangabe.
- Schwartzenberg, S. 46.
- Wurzel, S. 64f.
- Wisplinghoff, Rheinisches UB Nr. 110.
- Wurzel, S. 97.
- Von Coels, Schöffen, S. 344.
- Wurzel, S. 86. Noch am 23.11.1610 bezeugt er in seiner Eigenschaft als Vogt eine vom Burtscheider Gericht ausgestellte Urkunde (HStAD Burtscheid, U. 567).
- Von Coels, Schöffen, S. 347.
- Ebd. S. 348.
- Keussen, Sechs Urkunden, S. 352.
- Macco, Wappen II, S. 123.
- Ebd.
- Graß, Schöffenstuhl, S. 134; von Coels, Schöffen, S. 324; Schmitz, Verfassung und Bekenntnis, S. 142ff.
- Macco, Wappen II, S. 123. Die Gesellschaft vom Bock, der Schlebusch angehörte, verzeichnet sein Begräbnis zum 25. Juni 1593 (Macco, Beiträge II, S. 160).
- Das Wappenbild des Burtscheider Schöffen weist keine Ähnlichkeit mit dem der Bürgermeisterfamilie auf. Vgl. Macco, Wappen II, S. 103.
- Macco, Beiträge II, S. 29; ders., Wappen II, S. 133.
- StA KB 90, S. 206.
- Scheins (wie Anm. 1), S. 85.
- Macco, Hergenrader Lehen, S. 232, 235.
- Macco, Wappen II, S. 185; Quix, Burtscheid, S. 188.
- Als „MitMan“ war er einer von drei Mehenen oder Forstmeistern des sog. Oberbuschs, des Burtscheider Gemeindewaldes.
- StA, Hs. 73.
- Quix, Burtscheid, S. 194.
- Macco, Wappen II, S. 185.
- StA KB 90, S. 208 zum 20 August 1617: „Sepultus praeclarus dominus Joannes Teuffen Senior Scabinus et Scriba Alti Iudicii porcetensis Insignis Imperialis Abbatiae Sancti Johannis Baptistae.“
- StA, Hs. 73: „Rats Verwandter“.
- Scheins (wie Anm. 1), S. 85.
- StA KB 90, S. 218. Schmitz-Cliever, Pest, S. 150f.
- StA, Hs. 73.
- HStAD Burtscheid, U. 567.
- Macco, Wappen II, S. 31. Macco überliefert als Wappen der Familie ein Zackenkreuz mit Vogelfuß im rechten Obereck (Wappen II, S. 30).
- HStAD Burtscheid, U. 567.
- Schué, S. 369.
- Scheins (wie Anm. 1), S. 114.
- StA KB 90, S. 67.
Nachweise
- StA, Slg. Pläne, E 6b.
Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 84† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0008401.
Kommentar
Das Burtscheider Gericht bestand aus dem Vogt bzw. seinem Statthalter, dem Meier, sieben Schöffen und dem Gerichtsschreiber, der zugleich Schöffe sein konnte. Die Schöffen wurden abwechselnd von Vogt und Meier auf Lebenszeit ernannt.8) 1351 hatte die Abtei Burtscheid das Meieramt der Stadt Aachen verkauft9), die es seitdem meist an Aachener Schöffen vergeben hatte.10) So ist auch der 1589 amtierende Meier Bonifacius Colyn seit 1571 als Aachener Schöffe und zudem von 1582 bis 1598 jedes zweite Jahr insgesamt neunmal als Bürgermeister belegt.11) Das Burtscheider Meieramt hatte er seit 1580 inne. Das Wappenbuch des Burtscheider Gerichts (1588) weist ihn zudem als Obervogt zu Vijlen aus.12) Bonifacius Colyn unterstützte trotz seiner Zugehörigkeit zum katholischen Bekenntnis die Aachener Protestanten im Kampf um freie Religionsausübung.13) Er wurde deshalb 1598 geächtet und verließ die Stadt, kehrte jedoch 1602 zumindest vorübergehend zurück. 1608 soll er gestorben und in der Jakobskirche beigesetzt worden sein.14)
Petronella II. von Voss war eine Tochter des Frank von Voss zu Aperschlag und der Margaretha von Schwartzenberg.15) Sie wurde 1579 zur Äbtissin gewählt und bekleidete dieses Amt bis zu ihrem Tode im Jahre 1614.16) Wie die Grabschrift der Äbtissin Anna Raitz von Frentz (vgl. Nr. 160), so hebt auch diese Wappenbeischrift die Rechte der Äbtissin in Vijlen (Prov. Limburg/NL) hervor, wo die Abtei bereits seit 1016 über Besitzungen verfügte17) und die Äbtissin seit dem 14. Jh. die Grundgerichtsbarkeit besaß.18)
Johann von Merode-Houffalize hatte die Vogtei Burtscheid 1581 durch Kauf erworben, als das Lehen durch Aussterben der lehnstragenden Linie der Familie an das Herzogtum Limburg zurückgefallen war.19) 1610 verlor er die Vogtei jedoch im Prozeß gegen ein Mitglied der Seitenlinie der Merode zu Frankenberg.20) Seit 1598 ist Johann auch in Aachen als Schöffe belegt.21) Er starb 1628.22)
Ein Dionys Kuyper ist bereits 1548 als Burtscheider Schöffe belegt.23) Trotz des großen zeitlichen Abstands könnte er mit dem 1589 genannten gleichnamigen Schöffenmeister identisch sein; dieses Amt hebt ihn aus der Gruppe der Schöffen heraus und läßt auf ein fortgeschrittenes Alter und lange Amtserfahrung schließen. Vermutlich rückte für ihn einer der beiden 1592 vereidigten Schöffen nach.
Anton Schlebusch kam aus Luzern nach Aachen, wo er bereits 1570 als Bürgerhauptmann bezeugt ist.24) Seine Schöffentätigkeit in Burtscheid begann 1571.25) 1586 setzte der Rat der Stadt Aachen ihn als Meier und damit als Vertreter des aus der Stadt ausgewiesenen katholischen Vogtmeiers von Thenen ein.26) Schlebusch selbst nahm 1592 am lutherischen Abendmahl teil. Er starb 1593.27)
Johann Ruland steht in keiner erkennbaren verwandtschaftlichen Beziehung zu dem 1579 verstorbenen Aachener Bürgermeister gleichen Namens (vgl. Nr. 78).28) 1601 heiratete er Elisabeth von Eys.29) Das Sterberegister von St. Michael/Burtscheid nennt ihn unter den zwischen 1596 und 1613 Verstorbenen: „Dominus Joannes Ruhlant Senior Scabinus porcetensis mortuus et sepultus Aquisgrani“.30)
Johann Bertolf ist von 1579 bis 1598 als Burtscheider Schöffe belegt.31) Er besaß in Aachen das Hergenrather Lehen im Bereich Krämerstraße – Am Hof – Eiergäßchen.32)
Johann Wilhelm von Teuffen, geb. 1551, bekleidete seit 1578 das Amt des Schöffensekretärs und war seit 1579 zugleich Schöffe.33) Das Wappenbuch des Burtscheider Gerichts bezeichnet ihn als „Martmeister der Herligkeit Bortschiedt, MitMan auf dem Bortschieder Waldt 34) und Meier der Paländer Gütter zu Teuven“35), zudem ist er 1588 als Schützenmeister der Sebastianus-Schützengesellschaft nachgewiesen.36) 1608 war er Sekretär der Äbtissin und Vogt der Herrlichkeit Vijlen.37) Er starb 1617 zu Burtscheid.38) Leonard Kursgen, 1588 Mitglied des Aachener Rats39), übte das Schöffenamt von 1586 bis zu seinem Tode im Jahre 1629 aus.40) Er starb am Fleckfieber, das sich in der Folge einer Heiligtumsfahrt in Burtscheid ausgebreitet hatte.41)
Wilhelm Braun von Wolfssieffen war 1588 Mehen des Oberbuschs.42) Er ist noch 1610 als Schöffe belegt.43)
Johannes Noppeney gehörte der wohl aus der Grafschaft Valkenburg stammenden Familie gleichen Namens an, die sich in Aachen und Umgebung niederließ.44) Sein Schöffenamt übte er mindestens bis 1610 aus.45)
Hermann Ringmans wurde 1592 als Schöffe vereidigt und ist in diesem Amt noch 1624 bezeugt.46) 1609 war er gemeinsam mit Johann Teuffen Mehen des Oberbuschs.47) 1620 wird ein Sohn der Gertrud Ringmans und Enkel „Domini Hermanni Scabini“ als Täufling im Burtscheider Kirchenbuch genannt.48)