Inschriftenkatalog: Aachen (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 32: Stadt Aachen (1993)

Nr. 82 Museum Burg Frankenberg 1587

Beschreibung

Innungstafel des Kesslerambachts.1) Mitteltafel und zwei Seitenflügel. Holz. Auf der Mitteltafel ist ein Pergament befestigt, das den Zunftbrief vom 27. November 1578 sowie zwei Ratsdekrete vom 7. April 1579 und 9. Juni 1580 betr. den Verkauf von Schroden überliefert.2) Auf beiden Flügelinnenseiten Ambachtsbeschlüsse aus den Jahren 1578 bis 1587 (A), auf den Außenseiten eine Liste mit den Namen der Angehörigen des Ambachts (B). Inschriften in Goldfarbe auf schwarzem Grund.

Maße: H. 70, B. 46 (Mitteltafel), 22,5 (Flügel), Bu. 0,8–1,3 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. A

    [....]emen und eins. A(nn)o. 78. den [.....] / Item is des Kesseler handtwerck und meiste[r / .ll]erkoemen und endtlich beschlossen disse / [...fo]lgende pu(n)cten innen auch furgelese(n) / [..]ben bestediget und [.on]t[en]s. Nufort hinfast / [..d]t und unverbruchlich gehalden haben auff solche / [..] wie hernae geschreven / [..]neben auch sij sem(m)entlich gekoren haben die / ersamen und froemen meister Jan van scheell / und meister Jacop smit van durwiss als greffen /Neben dem Meister lenhart Krung und meister / Arnolt van Raet Als ambachts meister disse[.] / hernae geschrevene punten ins werck stellen va[.] / [d]es gantzen Ambachts und ire meister und gre[ven/sc]hafft derende biss so lang ander meister und / [g]reven in Ire platz van der gemeinden des Kessele[r] / [ha]ndtwercks gekoren und erweldt werden und d[.. / .....] alzeit ire tzeit durende den selbegen befel[... /...] gewaldt haben sollen /[G]leichfals sollen die greffen und meister so Inne[. / ..]tt vurfallen wurdt und die Ambachts broede[r / e]inander gebieten mosten und welcher des gebo[.. / ....]htlich oder vergesslich aussbleve und nicht / [.]e[...]ndt so ir bescheiden were queme sall verfallen / [...]uff anderhalb unser stedt marck und so die greffe(n) / [...] meister aussbleiven sollen drey marck zer boisa) gebe /[...]n so Innich Meister oder Ambachts Broede[r / i]n [G]ott verstorben wordt Sal man das handtwerck / [..] geborlich tzer lich bidden laessen und welcher / [..]h[..]sch und nicht kranck were und auss bleve so[ll / di]e vurss bossa) tzu erlegen schuldich sein /Wen die greven Meister mit den handtwerck bey / einander weren, und einer oder mehr sich anders dan / geburlich halden wurdt sollen die greffen meister den / oder die straffen mog oder macht haben nae solcher / missdaet als sij dan begangen haben mochten und / mit der warheit dar gedaen werden nach sunder emantz / Inreden / Auch so Innich Meister Inniche klanttenb) hetten / die [b]ey Imme eine tzeitlanck gegulden hette / Soen [.]ll gein meister denselbigen mit Inniche(n) / [w]orten an [si]ch locken. Nemlich kom bey mich / [...] wil[.] dich [..sser......] machen oder besser / [..........]ergleichen so Inicher daruber befun-/[..........] sall sunder nach [b]eschehe einen goldt / [.........] erwirck habe //[......]s Wercks halben mach einer verkauffen so / de[....] khan oder mach dar nae das werck is mit der / besch[aff]enheit das man einem Iederen sein gewicht / gebe[n] soll und so Inicher mit unauffrechtigen ge-/[wi]cht befunden wurde sal Zum ersten uff Zwien / goldt gulden gestrafft sein so er zum Zweiden be-/funden wurdt sall auff vier goldt gulden gestrafft / werden, so er aber tzum dritten auff sulchen dieffstal / befunden wurde sal er auss dem handtwerck ge-/worffen werden und nicht mehr tzum Meister an-/genomen werden moegen /It en sall gein Meister noch Meisters son oder / frembden off lehr knecht werck gelden noch ver-/kauffen er en haff dan dem Ambacht gn ge-/dain Nae laudt unser Ambachts Rollen /Welcher nu van der gemeinden zum greven oder / meister gekoren werden Sullen die Gemeind / Ambachts broeder gehoerig geben nae laudt der rol-/len und gleich ander greven und meister gehalden / werden auff ander gaffelen Ire greffen und meister z[u] / durende /Den 26 decembris. A(nn)o. 78. sindt die ambachts broederc) / nochmals uberkoemen und einheltlich untslossen wie / v[u]rss(reven) Neben dem das eder meister den greven 4 / A[c]her gulden verrichten und erlegen sullen darvor / d[i] greven und meister ein stoetlich kleid vor dat / gantze ambacht machen und alle unkoste(n) betzale(n) / dergleichen dem ambacht alle Jars gudde rechnung / doen sullen und alle meister so nu nach komen sullen / dessgleichen tzum kleidt geven /Und so ehemantz van unseren Kesselern In(n)iche / gutter ain anderen untfrempt sein mochten ain / sich guldt und nicht nae laudt unseres Bochs oder / Rollen den greven tzerstondt anzeigen, sall ver-/fallen sein auff drey goldt gulden, und so er Zum / Zweitten daruber befunden wurdt, sals umb sess / golt guldten sein, und so er tzum dritten befunden / sal aussgedain und nummer mehr Zum meister / aengenoemen werden moegen /A(nn)o. 1587. ist das gantze Ambacht uberkompst / das nu fortan keiner auß unser Statt Ach / nicht Arbeiten sal er sey in meisterstatt oder / knechtstatt inwendig vier meilen wegs int / rondt upverließ seines Ambachts ist der / einer der sich daruber vergreift der sall / schultig sein das Ambacht widerumb Zu / gelden Nach laut unser Rollen.

  2. B

    Wilhelm Speillemeched) / Dederich Knewerdt / Johannes Finckenberg / Jacob von Asten / Wilhelm Klocker / Hindrich Weisweiler / Deodorus Sieben / Johannes Klocker / Cornelliuse) Herpertsf) / Jacob von Eschweillerg) / Leonardt von Ercklentz / Philips Wilberdts / Anthon Koch / Hinderich Nacken / Ferdinandus Gade / Dederich Knewerdt / Leonardt Keullertz / Jacobus von der Gracht / Wilhelm Hoilß / Michael Drimans / Nicolaus Bohllen / Philippus Jacobus von Asten / Johannes Klokerh) / Cornelius Duppengeser / Johannes [...ber.....] / Weinandus [...]ch[.....] / [..]be[..........] / H[...be.....] / Wilhelm [..........] / Adrian [..........] //Jacobus Duppengeisser / Leonardt von Ercklentz den iünger / Johannes Seimmensi) / Johannes Seipsk) / Dioneisius von Sitterdt / Leonardt von Geleg / Anthon Drimans / Jacobus Herperts / Peter Aldenhoffen / Matheis Drimans / Jacobus Thielen / Mathias Schervier / Leonardt Knewerdt / Jacobus von Weiller / Bartholomäus von Weiler / Bernardus Fielen / Weinandus Bertram / Johannes Leonardus Ortman[s] / Henricus von der Grachtl) / Bernardus Heymich / Johan Henricus Pe[......] / Peter von der Gracht / Nicolaus Hannodt / Math(ias) Joseph Merckelb[ach] / Wilhelmus von Herff / Michaell Drimans

Kommentar

Die Kessler haben demnach folgende Beschlüsse gefaßt:

Im Jahre 1578 werden Jan van Scheell und Jakob Schmidt neben den Meistern Lenhart Krung und Arnolt von Raet zu Greven gewählt, die bis zur Wahl neuer Greven im Amt verbleiben sollen und gegenüber den Ambachtsbrüdern Befehlsgewalt haben. Erscheint ein Ambachtsbruder nicht zu einer Versammlung, muß er 1 1/2 Aachener Mark Strafe zahlen; bleibt ein Meister oder Greve aus, beträgt die Strafe das Doppelte. Dieselben Bußsätze sind zu entrichten, wenn ein Ambachtsmitglied ohne triftigen Grund der Beerdigung eines Ambachtsbruders fernbleibt. Ungebührliches Verhalten bei den Ambachtsversammlungen wird durch die Greven geahndet. Den Zunftgenossen wird untersagt, sich gegenseitig Kunden abzuwerben. Zu den unlauteren Methoden gehört auch die Angabe eines falschen Gewichtes, die beim ersten Vergehen mit 2 Goldgulden, beim zweitenmal mit 4 Goldgulden Bußgeld und beim drittenmal mit Ausschluß aus dem Ambacht bestraft wird. Ansässige wie zugereiste Kessler dürfen ihr Gewerbe erst nach der Entrichtung des vorgeschriebenen Betrages an das Ambacht aufnehmen. Am 26. Dezember 1578 wird die Summe, die dem Ambacht zu bezahlen ist, auf 4 Aachener Gulden festgelegt. Das Geld wird von den Greven verwaltet, die davon für alle Ambachtsmitglieder ein Kleid anfertigen lassen und über die Verwendung des Geldes jährlich Rechnung ablegen müssen. Der Sinn der folgenden Strafbestimmung ist dunkel. 1587 beschließen die Zunftgenossen, daß im Umkreis von vier Meilen um Aachen herum niemand das Kesslerhandwerk ausüben soll, ohne dem Ambacht zuvor Genüge getan zu haben.

Die Kessler hatten sich 1578 von den Kupferschlägern abgespalten und ein eigenes, von zwei gewählten Greven geführtes Ambacht begründet, das im Unterschied zur Kupferschlägerzunft nicht ratsfähig war. Die Kessler verarbeiteten die Zwischenerzeugnisse der Kupferschläger zu Kesseln, Pfannen und anderen Endprodukten. Ihre handwerkliche Arbeitsweise unterschied sich deutlich von den aufwendigen und kapitalintensiven Produktionsmethoden der Kupferschläger.3) Während die Kupferschläger aufgrund ihrer Ratsfähigkeit und ihrer Finanzkraft häufig zu den politisch führenden Persönlichkeiten der Stadt zählten und dementsprechend quellenmäßig gut bezeugt sind, lassen sich nur wenige Kessler nachweisen. Viele von ihnen gehören bekannten Kupferschlägerfamilien an, sind aber selbst nicht anderweitig belegt, so daß sich die genauen Verwandtschaftsbeziehungen nur erahnen lassen. Wie die Kupferschläger, so bekannten sich auch die Kessler in ihrer Mehrheit zum lutherischen oder reformierten Glauben und sind daher in den katholischen Kirchenbüchern nur selten verzeichnet. Auch in den spärlichen Quellen für die Frühzeit der protestantischen Gemeinde gibt es kaum Belege für die 1587 genannten Kessler. Möglicherweise haben viele von ihnen, ebenso wie zahlreiche Kupfermeisterfamilien, Aachen zu Beginn des 17. Jh. verlassen und sich in Holland niedergelassen.

Die Familie Duppengiesser stellte zahlreiche Aachener Ratsmitglieder und Bürgermeister4), die allerdings alle der Zunft der Kupfermeister, nicht der der Kessler angehörten. Cornelius und Jakob lassen sich genealogisch nicht sicher einordnen. Eine Tochter des Cornelius Duppengiesser und seiner Frau Catharina wurde 1579 lutherisch getauft.5) 1595 ließ ein Johann von Erckelentz seinen Sohn auf den Namen Leonard taufen.6) Bei dem Täufling könnte es sich um einen Enkel des Kesslers Leonard von Erckelentz bzw. einen Neffen Leonards d. J. handeln. Ein Jakob von Eschweiler wurde 1581 aus der Kupferschlägerzunft in den Rat gewählt7) und ist 1592 als Teilnehmer an der Frankfurter Messe bezeugt.8) Da die Belege in die Zeit nach der Abspaltung der Kessler von den Kupfermeistern fallen, ist er mit dem Kessler gleichen Namens aber wohl nicht identisch. Ferdinand Gathe (Gade?) ließ am 23. Januar 1605 in St. Foillan einen Sohn taufen.9) Ebenfalls in St. Foillan wurde am 24. Dezember 1615 der Sohn eines Leonardt von Geleyen getauft.10) Möglicherweise handelt es sich bei dem Vater des Täuflings um den Kessler Leonardt von Geleg bzw. dessen Sohn. Ein Dederich Knewerdt ist zum Mai 1643 im Sterberegister von St. Peter verzeichnet.11) Aufgrund des großen zeitlichen Abstands muß man vermuten, daß es sich nicht um den 1587 genannten Kessler, sondern vielleicht um einen Sohn handelt. Ein Heinrich Nacken ließ 1599 mit seiner Frau Maria eine Tochter taufen.12) 1609 sind ein Heinrich Nacken und seine Frau Anna als Eltern eines Täuflings im Kirchenbuch von St. Foillan verzeichnet.13) Ob es sich um eine zweite Ehe des Heinrich Nacken oder um zwei Personen gleichen Namens handelt und welche von ihnen mit dem Kessler Heinrich Nacken identisch ist, ist unbekannt. Ein Wilhelm Lacken gen. Spillemecher ist als Vater der Katharina Spillemecher belegt14), die 1611 in zweiter Ehe den Tuch- und Weinhändler Gerhard Schoerer heiratete. Ein Wilhelm Spillemecher ist auch als Trauzeuge sowie als Pate des 1614 geborenen Sohnes aus dieser Ehe bezeugt.15) Mehrere Angehörige der Familie Thielen sind als Aachener Kupferschläger belegt, unter ihnen ein Johann, Sohn des Philipp Thielen und der Maria Ruland. Er war 1589 Ratsherr und wanderte 1598, als Lutheraner von der Acht betroffen, nach Augsburg aus.16) Er dürfte der Generation des Jakob Thielen angehört haben, vielleicht handelte es sich um einen Bruder. Auch der als Wein- und Kupferhändler belegte Hindrich Weisweiler ist wohl nicht mit einem der beiden Kessler gleichen Namens identisch, stammte aber aus der gleichen Familie.17)

Textkritischer Apparat

  1. Mnd. bois = ‚Buße'.
  2. Nld. klant = Kunde, Abnehmer.
  3. r hochgestellt wegen Platzmangels.
  4. Spillenmecher Peltzer.
  5. Cornelius Peltzer.
  6. Herwerts Peltzer.
  7. Eschweiler Peltzer.
  8. Klocker Peltzer.
  9. Heimmens Peltzer.
  10. Heips Peltzer.
  11. Kruch Peltzer.

Anmerkungen

  1. Ambacht = ‚Amt, Zunft'.
  2. Abgedruckt bei Peltzer, Messingindustrie, S. 446–448.
  3. Peltzer, Messingindustrie, S. 309ff.
  4. Von Coels, Bürgermeister S. 61; Macco, Reformatorische Bewegungen, S. 21.
  5. A. Lüttger, Neu entdeckte Bruchstücke eines ältesten Kirchenbuches von Aachen-Burtscheid, Sonderdruck aus: Genealogie (Familie und Volk), S. 17.
  6. Macco, Wappen I, S. 120.
  7. Macco, Wappen I, S. 122; J. Hansen, Die Aachener Ratswahlen in den Jahren 1581 und 1582, ZAGV 10, 1888, S. 226.
  8. Von Asten, Religiöse Spaltung, S. 89.
  9. StA KB Bd. 3, S. 49.
  10. StA KB Bd. 3, S. 327.
  11. StA KB Bd. 71I, S. 113.
  12. Macco, Wappen II, S. 23.
  13. StA KB Bd. 3, S. 162.
  14. Macco, Wappen I, S. 200.
  15. Macco, Wappen II, S. 135.
  16. Macco, Wappen II, S. 187.
  17. Macco, Wappen II, S. 226; Veltmann, Reichskammergericht, S. 32.

Nachweise

  1. Peltzer, Messingindustrie, S. 449 (B).

Zitierhinweis:
DI 32, Stadt Aachen, Nr. 82 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di032d002k0008207.