Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 31: Aachen (Dom) (1992)
Nr. 60 Dom, Schatzkammer um 1432
Beschreibung
Kreismedaillon, eingefügt in ein Ostensorium des 16. Jh. (vgl. Nr. 89). Silber vergoldet. Italienische Arbeit. Die Vorderseite zeigt in Reliefarbeit ein Agnus Dei mit der Siegesfahne und der umlaufenden Inschrift (A), die Rückseite den auferstehenden Heiland mit Engeln und Umschrift (B). Die Inschriften sind eingraviert. Im Medaillon befindet sich ein wächsernes Agnus Dei mit einer Beischrift, die es als Teil der 1432 von Papst Eugen IV. geweihten Osterkerze ausweist.1)
Maße: Dm. 11, Bu. 0,5 (A), 0,4 (B) cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
+ · AGNE · DEI · MISERERE · MEI · QVI · CRIMINA · TOLLIS ·2)
- B
· DOMINE · (IESV)a) · (CHRISTE)b) · REX · GLORIEc) · DA · NOBIS · PACEM · ET · LETITIAMd) · SENPITERNAMe) ·
Übersetzung:
Lamm Gottes, das du die Sünden hinwegnimmst, erbarme dich meiner.
Herr Jesus Christus, Ruhmeskönig, gib uns Frieden und ewige Freude.
Versmaß: Hexameter mit Binnenreim (Trithemimeres – Hephthemimeres) (A).
Textkritischer Apparat
- IHS Grimme.
- XPE. PE Grimme.
- GLORIA Grimme.
- LAETITIAM Grimme.
- SEMPITERNAM KDM, Grimme.
Anmerkungen
- „Consecratus per Eugenium quartum anno secundo. A(nn)o Dei 1432“. Kessel, Geschichtliche Mittheilungen, S. 87.
- Der Text rezipiert die Bittrufe aus der Liturgie des Meßopfers nach dem Ordo missae („Agnus Dei qui tollis peccata mundi, miserere nobis“). Vgl. J. A. Jungmann, Missarum Sollemnia Bd. 2, Wien 51962, S. 414.
- Vgl. Kloos, Einführung, S. 153.
- Vgl. Jungmann, a. a. O., S. 420.
Nachweise
- Bock, Reliquienschatz, S. 14.
- Kessel, Geschichtliche Mittheilungen, S. 86.
- KDM 10, 1, S. 237.
- Grimme, Große Jahrhunderte, S. 134 u. Abb. S. 134f.
- Ders., Domschatz, Nr. 117 u. Tf. 147.
Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 60 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0006006.
Kommentar
Die Schrift ist eine sehr gleichmäßige Kapitalis, in die ein unziales H und einige unziale E eingestreut sind. Die Verwendung der Kapitalis in einer Inschrift zu diesem frühen Zeitpunkt erklärt sich sicherlich aus der italienischen Herkunft des Medaillons.3) Für Aachen sind Kapitalis-Inschriften (mit Ausnahme von Kreuztituli) erst seit dem 16. Jh. belegt. Die Verwendung des Vocativs bei der Anrufung des Gotteslammes ist ungewöhnlich. Die meisten liturgischen Quellen benutzen, wie auch bei einigen anderen religiösen Namen und Begriffen, den Nominativ.4)