Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 31: Aachen (Dom) (1992)
Nr. 17 Dom, Schatzkammer Anf. 11. Jh.
Beschreibung
Scheide des sog. Jagdmessers Karls d. Gr. Leder. Die Form der Scheide entspricht der eines Messers mit Heft und Klinge. Sie ist aus einem Stück Leder gearbeitet, das an der unteren Längsseite von Kupfernieten zusammengehalten wird. Die Nieten werden auf der Vorderseite durch reich verzierte Goldbeschläge verdeckt. Die ornamentale Verzierung des Leders mit verschlungenem Bandwerk, Ringketten- und Tiermotiven hat typisch angelsächsischen Charakter. Die kräftig erhabenen Motive der Vorderseite wiederholen sich auf der Rückseite in flacher Ausführung. Dort trägt ein 19 cm langes und 1 cm hohes Schriftband am oberen Teil der Scheide die in Tiefrelief geprägte Inschrift.
Maße: L. 46,7, B. 7,5, Bu. 0,7 cm.
Schriftart(en): Angelsächsische Majuskel.
+ BYRHTSIGEa) MEC FECIDb)
Übersetzung:
Glänzender Sieger1) hat mich gefertigt.
Textkritischer Apparat
- BVRHTZIGE KDM, Kraus; BVRHTSIGE Bock.
- FECIT Brenner, Korrespondenzblatt.
Anmerkungen
- Der westsächsische Eigenname Byrhtsige setzt sich aus den Bestandteilen sige = ‚Sieg‘ und byrht = ‚glänzend‘ zusammen (Brenner, AKB 1911, S. 25).
- S in dieser Form findet sich auch am Stab des hl. Heribert im Kölner Domschatz (ebenfalls England, 1. Hälfte 11. Jh.; vgl. OE 2, E 93).
- Paulsen, S. 130.
- Gall, S. 16.
- Datierung durch Prof. Bernhard Bischoff, zit. nach Grimme, Domschatz.
- Brenner, AKB 1911, S. 25f. und Korrespondenzblatt, S. 468.
Nachweise
- Bock, Pfalzkapelle I, S. 46.
- Kraus II, Nr. 477.
- E. Brenner, Die Inschrift auf der Scheide des sog. Jagdmessers Karls d. Gr., Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- u. Altertumsvereine 58, 1910, Sp. 468–470 (468).
- Ders., Die Inschrift auf der Scheide des Jagdmessers Karls d. Gr., AKB 4–6, 1911, S. 25–27 (25).
- KDM 10,1, S. 201.
- P. Paulsen, Das sog. Jagdmesser Karls d. Gr., BJbb. 145, 1940, S. 126–144 (131).
- G. Gall, Leder im europäischen Kunsthandwerk, Braunschweig 1965, S. 16.
- Grimme, Domschatz, Nr. 12 u. Tf. 10.
Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 17 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0001705.
Kommentar
Die Buchstaben sind durchweg sehr eckig ausgeführt, selbst beim S, das in Form eines seitenverkehrten Z gestaltet ist, wurden Rundungen vermieden.2) H hat einen doppelten Querbalken, das Y ist aus zwei spitz zusammenlaufenden, zur gleichen Seite gebogenen Schäften gebildet. Die Datierung ergibt sich aus einer Kombination des kunsthistorischen mit dem philologischen und schriftgeschichtlichen Befund. Die Ornamentik weist in die 1. Hälfte des 11. Jh.3), das Filigran der Goldschmiedearbeiten in das 11., spätestens den Beginn des 12. Jh.4). Das stimmt mit der schriftgeschichtlichen Einordnung ins 11. Jh. überein.5) Die grammatische Form mec wurde bereits bis etwa zur Jahrtausendwende durch me verdrängt.6) Daher wird die Inschrift nicht lange nach dem Beginn des 11. Jh. entstanden sein.