Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 31: Aachen (Dom) (1992)

Nr. 122 Dom, oberer Umgang 1600/1616

Beschreibung

Königsstuhl auf einem 1,28 m hohen Steinsockel, über sechs Stufen zugänglich. Der Thron besteht aus fünf weißen, durch Metallscharniere verbundenen Marmorplatten in Zweitverwendung. Sitzfläche aus Holz. Oberkante der Rückenlehne halbrund. Aus der vorderen Hälfte der Seitenwangen ist ein Viertelkreis als Armstütze ausgespart. Graffiti auf der Außenseite der südlichen Wange und auf der Rückseite der Rückenlehne. Ein Mühlespiel auf der südlichen Wange1) und ein waagerecht liegender Baum2) an der rechten oberen Ecke der Rückseite wurden sicher vor der Verwendung der Platten als Thron eingeritzt3), während ein primitiv gezeichneter Kopf in der oberen westlichen Ecke der Südwange erst danach angebracht wurde. Die Inschriften wurden auf der Rückwand kurz unterhalb des oberen Abschlusses und wenig rechts von der Mitte eingeritzt. Der Umstand, daß die Buchstaben einer der Eintragungen am oberen Ende abgeschnitten sind, läßt auf eine nachträgliche Abflachung der Rückenlehne schließen.4) Dies wird durch Quellen bestätigt, die die ursprüngliche Trapezform der Rückwand belegen.5) Die Abarbeitung des oberen Randes ging einher mit einer Höhersetzung der Rückwand. 1899 wurde im Zuge einer Restaurierung eine Steinplatte entfernt, die 1829 statt eines Eichenholzbrettes als Sitzfläche angebracht worden war.

Maße: H. 110 (Rückenlehne), 91 (Seitenwangen), B. 81,5, Bu. 0,5–1,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. A

    ANN[O]a)

  2. B

    VP[.]AI 1[..]5 [...]Nb)

  3. C

    ANNO 1600

  4. D

    ANNO 1616

Kommentar

Der Königsstuhl findet erstmals bei Widukind in Zusammenhang mit der Krönung Ottos I. 936 Erwähnung.6) Die Besteigung des in den Quellen als sedes Karoli, sedes regalis o. ä. bezeichneten Thrones bildete bis zur Krönung Ferdinands I. im Jahre 1531 einen festen Bestandteil der Krönungszeremonie.7) Die Ausführung der Schrift ist dem Charakter der Graffiti entsprechend flüchtig und unbeholfen. A zweimal mit gebrochenem (A und B), einmal mit schrägem Querbalken (D), in (C) mit gebogener linker Haste.

Textkritischer Apparat

  1. Buchstaben nur schwach erkennbar.
  2. Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Eine Ecke des Spiels ist durch die Aussparung an der Armlehne abgeschnitten.
  2. Appuhn deutet die Ritzung als primitive Darstellung des gekreuzigten Christus (H. Appuhn, Zum Thron Karls d. Gr., AKB 24/25, 1962/63, S. 127–136 [127]).
  3. Vgl. Kreusch, S. 86.
  4. Ebd. S. 87ff.
  5. Appuhn, a. a. O., S. 127.
  6. MGH SS rer. Germ., S. 66.
  7. Vgl. Kaemmerer, Quellentexte, S. 99–189.

Nachweise

  1. Kreusch, Beiträge IV, S. 87.

Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 122 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0012201.