Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 31: Aachen (Dom) (1992)

Nr. 121† Dom, Turmkapelle 16. Jh.?

Beschreibung

Inschrifttafel (?) am Eingang der Turmkapelle an der Westseite.

Text nach à Beeck.

  1. Indulta terris pretia coelorum hic vides,hic sceptrum et orbis tota maiestas meicollecta in unum haec russa sanguine esta) dei,haec tincta syndon, caede Baptistae: Deumhominem illa texit: illa matrem virginem.Tot sacra mente et oculo obeas licetviolare Olympi iura mortali manu, etefferre sanctob) sancta non est fas loco.Divina cultorem volunt, nolunt herum;tegunt colentem sacra, tollentem premunt.Nil posce, possidere Deus et ius vetat.

Übersetzung:

Hier siehst du die der Erde geschenkten Kostbarkeiten des Himmels, hier sind das Zepter und die ganze Würde meines Reiches zusammengetragen: Dies ist das durch Gottes Blut rotgefärbte Tuch; dies ist das durch die Ermordung des Täufers gefärbte Tuch; jenes hat Gott als Menschen bedeckt, jenes die Jungfrau als Mutter. Gestattet ist es, daß du mit Geist und Auge so vielen Heiligtümern begegnest; es ist gegen göttliches Gebot, die Gesetze des Olymps zu verletzen mit sterblicher Hand und die Heiligtümer vom heiligen Ort wegzutragen. Das Göttliche verlangt nach einem Verehrer, nicht nach einem Herrn. Die Heiligtümer schützen den, der sie verehrt, den, der sie hinfortträgt, bedrängen sie. Fordere nichts, Gott und Rechtssatzung verbieten, [sie] zu besitzen.

Versmaß: Jambischer Trimeter.

Kommentar

Der antikisierende Sprachgebrauch und das Versmaß verweisen den Text in das 16. Jh. Ein Teil der älteren Literatur führt das Verbot, Reliquien zu entfernen, auf Karl d. Gr. zurück.1) Diese Zuweisung geht wohl darauf zurück, daß die bedeutendsten Reliquien durch ihn nach Aachen gelangten. Er ist es vermutlich, den der Verfasser der Inschrift als Sprecher auftreten läßt. Gott, der der zweiten Zeile nach zu urteilen ebenfalls als Sprechender in Frage käme, scheidet aufgrund der letzten Zeile als solcher aus. Für einen Bezug der Inschrift auf eine bildliche Darstellung Karls d. Gr. gibt es in den Quellen keinen Hinweis.

Textkritischer Apparat

  1. sanguine est] est sanguine Thenen, Chron. man.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Thenen, Schatz-Kammer, S. 35. Auch à Beeck berichtet: „Sunt, qui volunt Magni Karoli et Divi Imperatoris hanc Regalem legem fuisse.“ (p. 170).

Nachweise

  1. à Beeck, p. 170.
  2. Thenen, Aacher Schatz-Kammer, S. 35f.
  3. StA, Chronica manuscripta, p. 55f.
  4. Kraus II 495.
  5. Thyssen, S. 309.

Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 121† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0012104.