Inschrift im Fokus

Rhein-Hunsrück-Kreis: Martinsglocke

Aus der Inschrift auf der großen Glocke geht eindeutig hervor, dass sie von dem Frankfurter Glockengießermeister Martin Moller erschaffen und mit dem Namen Martinus betitel wurde. Die einzeilige Umschrift zwischen Kordelstegen ist in deutscher Sprache gereimt, Quadrangel dienen als Worttrenner. Der Turm der Pfarrkirche St. Martin, in dessen Glockenstuhl sich die Glocke befand, wurde während des Konfliktes der Stadt Oberwesel mit dem Erzbischof von Trier, Werner von Falkenstein, zum Wehrturm ausgebaut und in die Bestigung miteinbezogen.

Mehr über die Glocke und Ihren Inschrift in der folgenden Katalognummer:

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 93 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche St. Martin

Beschreibung

Glocke des Frankfurter Meisters Martin Moller. 1942 zu Kriegszwecken abgeliefert1), heute wieder im Glockenstuhl, südliche Glocke. Große, schmucklose Glocke mit einzeiliger Umschrift zwischen Kordelstegen. Gewicht2) 2600 kg, Ton c'.

Maße: H. 135 (o. Kr.), Dm. 164, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. martinvs · heissen · ich · mertin · mvller · von · franckfort · goisz · mich · anno · d(omi)ni · mo · cccco · lxxvii ·

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die exakt ausgeführte Schrift zeigt mit den oben gespaltenen Hastenenden bei h und l verhältnismäßig späte Formen der gotischen Minuskel. Als Worttrenner dienen Quadrangeln.

Seit 14633) als festangestellter Büchsenmeister der Stadt Frankfurt und seit 1467 auch als dortiger Glockengießer nachweisbar, können dem aus Salza in Thüringen stammenden Moller bis 1489 im Rhein-Main-Gebiet insgesamt 20 Glocken zugeschrieben werden. Während die ältere, von Tilmann von Hachenburg hergestellte Glocke von 1458 in Verantwortung der Stiftsherren gegossen wurde, dürfte die jüngere, dem Kirchenpatron geweihte Glocke auf Veranlassung und Rechnung der Stadt hergestellt worden sein - dafür spricht die 1479 von Moller ausdrücklich an die Stadt Oberwesel gerichtete Aufforderung, die noch ausstehende Summe für den 1477 erfolgten Glockenguß zu entrichten. Dieser Vorgang könnte ein weiterer Hinweis für die Funktion des während des Weseler Krieges 1390/91 in die Stadtbefestigung einbezogenen und in der Folgezeit zum Wehrturm ausgebauten Kirchturmes4) sein.

Anmerkungen

  1. So Kdm. 578. - Aus dieser Zeit stammen der aufgemalte Verweis auf die Schwesterglocke von 1458 und die Herkunftsbezeichnung auf dem Mantel.
  2. Angaben nach Bund, Glockengießer 168.
  3. Vgl. zum Folgenden ebd. 166-170.
  4. Vgl. dazu Kdm. 441 und 866.

Nachweise

  1. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 620.
  2. NN., Glockensprüche 7.
  3. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 582 mit Abb. 411.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 93 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0009305.