Die Inschriften der Stadt Stralsund

3. Die Standorte der Inschriften

3.1. Die Pfarrkirchen

Im Mittelalter war die Kirche von Voigdehagen, heute ein Ortsteil wenige Kilometer südlich von Stralsund, kirchenrechtlich gesehen Mutterkirche der großen Stadtkirchen St. Nikolai, St. Marien und St. Jakobi.6) Das Patronat über die Pfarrei Voigdehagen, Sitz des herzoglichen Vogts, oblag den Landesherren, die damit auch Patrone der genannten städtischen Filialkirchen waren und mindestens bis zur Reformation blieben (vgl. Kat.-Nr. 94).7) In der Voigdehagener Kirche wurde vor wenigen Jahren die wohl älteste Grabplatte im Stralsunder Stadtgebiet freigelegt (Kat.-Nr. 2). Auf welchem Weg zwei spätmittelalterliche Kelche Erfurter Provenienz (Kat.-Nr. 105, 119) dorthin gelangt sind, ist nicht bekannt.

Die Finanzen der städtischen Pfarrgemeinden wurden von Provisoren (Kirchenpflegern) verwaltet, die mehrheitlich Ratsangehörige waren.8) Dies gilt auch für die nach der Reformation als Kirchengemeinden oder Frauenstifte weitergeführten ehemaligen Klöster. Zum Aufgabenbereich der Provisoren gehörte unter anderem die Aufsicht über Familienbegräbnisse, einzelne Grabstellen und deren Abdeckungen, die Grab- und Gruftplatten. Nach dem Erwerb waren dafür jährliche Gebühren zu entrichten.9) Die Grab- und Gruftplatten sowie Grabfliesen und -steine der verschiedenen Pfarr- und Klosterkirchen, unter denen St. Nikolai die weitaus größte Anzahl aufweist, werden zusammenhängend in Kap. 5.1.1 behandelt.

Allen drei Pfarrkirchen waren Beinhäuser angegliedert, die als Bauwerke nicht mehr existieren, deren nachmittelalterliche Inschriften aber überliefert sind (Kat.-Nr. 284, 396, 416).

3.1.1. St. Nikolai

Die Kirche St. Nikolai ist mit 190 Objekten der bei weitem bedeutendste Inschriftenstandort der Stadt. Im 14. Jahrhundert entstanden 18, im 15. Jahrhundert 41 Objekte. In 116 Fällen handelt es sich um Grabplatten, Grabfliesen, Gruftplatten und Grabsteine, unter den übrigen 74 Objekten sind 24 Epitaphien besonders zu nennen.10) Lediglich 17 Inschriftenträger des Bestandes von St. Nikolai (davon neun Epitaphien) sind ausschließlich kopial überliefert.

In einem zwischen 1272 und 1276 entstandenen Stadtbuch-Eintrag wird die im Bau befindliche Kirche erstmals erwähnt,11) im frühen 15. Jahrhundert waren die Arbeiten abgeschlossen.12) St. Nikolai, unmittelbar neben dem Rathaus am Alten Markt im Nordosten der Stadt gelegen, zeigt sich nach dem Vorbild der Lübecker Marienkirche als dreischiffige Basilika mit 5/8-Chorschluss, einem Chorumgang und zahlreichen Einsatzkapellen. Das Portal des doppeltürmigen Westbaus ist auf den Mittelgang des [Druckseite 16] Rathauses ausgerichtet. Schon dieser architektonische Bezug von politischer Führung und Kirche verbildlicht die besondere Ratsnähe von St. Nikolai.13) Im Zuge der Reformation wurde festgelegt, dass der vom Rat zu berufende und vom Herzog zu bestätigende Stadtsuperintendent das Amt des ersten Predigers an St. Nikolai bekleiden solle.14)

Zu den ältesten Inschriftenträgern der Stadt zählen zwei Steintafeln mit beschädigten Bauinschriften in gotischer Minuskel aus den Jahren 1318 und 1329, die zu beiden Seiten des Westportals der Kirche angebracht sind (Kat.-Nr. 1, 3). Im Kircheninneren fällt zunächst der intensiv-polychrome Raumeindruck auf. Dieser ist ein Resultat der seit 1890 bis ins späte 20. Jahrhundert erfolgten Freilegung und nicht immer geglückten Rekonstruktion mittelalterlicher Wandmalereien.15) Einige kurze bzw. verstümmelte Inschriften lassen sich dieser Ausgestaltung des Kirchenraums zuordnen (Kat.-Nr. 8, 9, 29, 51, 114; auch Kat.-Nr. 128, 134). Wandmalereien mit der speziellen Funktion, eine Altarstelle zu schmücken, sind daran zu erkennen, dass sie sich an Wänden und Pfeilern oberhalb der ursprünglich aufgestellten Altarmensa befinden. Nach der Reformation wurden alle Nebenaltäre aufgelöst und die Altarmensen beseitigt, lediglich die Malereien blieben erhalten. Eine Kapelle an der Südseite zeigt eine Retabelmalerei und eine möglicherweise für ihren Stifter, das Ratsmitglied Gerwin Storkow († 1338), angefertigte qualitätvolle Grabplatte – die älteste in St. Nikolai (Kat.-Nr. 5, 6).

Den ökonomischen und politischen Aufstieg Stralsunds und den damit verbundenen Repräsentationswillen der führenden Familien belegt die knapp zwanzig Jahre später entstandene, prachtvolle Messingplatte für den Bürgermeister Albert Hovener (Kat.-Nr. 23), die wie andere auf die gleiche Art und Weise gefertigte Stücke aus Flandern importiert worden war. Die nur wenig ältere Metallplatte für den Bürgermeister Arnold Voet und seine Familie ist nicht erhalten (Kat.-Nr. 22). Ein repräsentatives Spitzenprodukt zeitgenössischen Könnens stellt schließlich die 1394 hinter dem Hochchor errichtete, monumentale Uhr mit Astrolabium des Meisters Nikolaus Lilienfeld dar, die als die älteste des Ostseeraums gilt (Kat.-Nr. 35).

St. Nikolai verfügte vor der Reformation über 56 Altarstellen.16) Zwar belegen auch die bereits erwähnten Retabelmalereien, dass man nicht in jedem Fall von einem aufwändigen, hölzernen Flügelretabel als Altarschmuck ausgehen darf. Jedoch bezeugen bis heute die noch in der Kirche erhaltenen oder an andere Orte verbrachten sieben Retabel und Bestandteile von bis zu vier weiteren Altaraufsätzen ihren einstigen Reichtum.17) Besonders das Junge-Retabel (Kat.-Nr. 63, M. 15. Jh.) und das Antwerpener Schnitzretabel (Kat.-Nr. 138, um 1510-1520), heute in Waase (Insel Rügen), haben von kunsthistorischer Seite viel Aufmerksamkeit erfahren. In geringerem Maße gilt dies für die übrigen Altaraufsätze, die Namensbeischriften, Gewandsauminschriften oder kurze lateinische Spruchbänder zeigen. Die niederdeutschen Bildbeischriften des Riemer-Beutler-Retabels nehmen eine Sonderstellung ein.18) Da für den Inschriftenkatalog nicht die Datierung eines Objektes, sondern die Entstehungszeit der ältesten darauf angebrachten Inschrift(en) maßgeblich war, sind einige bekannte [Druckseite 17] Ausstattungsstücke der Nikolaikirche aus paläografischen Gründen zeitlich später eingeordnet, als man vielleicht zunächst erwarten würde, so die berühmten Holztafeln vom Gestühl der Rigafahrer und die Chorschranken (Kat.-Nr. 108, 109, beide 2. H. 15. Jh.). Zwei aufwändig dekorierte und beschriftete Kelche aus den Jahren 1487 und 1503, die in St. Nikolai aufbewahrt werden, ihren Inschriften zufolge aber für andere Eigentümer bzw. Standorte angefertigt wurden (Kat.-Nr. 101, 127), werden weiter unten in den Kap. 3.1.3 und 3.2.1 behandelt.

Während Umfang und Qualität der erhaltenen mittelalterlichen Ausstattung von St. Nikolai immer wieder hervorgehoben und behandelt wurden,19) fand das neuzeitliche Inventar der Kirche bislang keine wissenschaftliche Beachtung. Aus der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind Inschriften auf 24 Epitaphien, zwei Totenschilden, der 1611 fertiggestellten Kanzel, dem Kramergestühl (1574) sowie neun Leuchtern im Original oder in erneuerter Form erhalten bzw. abschriftlich oder fotografisch überliefert. Chronologisch am Anfang dieser Reihe stehen die aus derselben Werkstatt stammenden Totenschilde für die im Jahr 1555 verstorbenenen Bürgermeister Nikolaus Steven und Christoph Lorbeer (Kat.-Nr. 172, 173).

Neun Bildepitaphien für Superintendenten, Pfarrer und Kirchenbedienstete gehören zu einer ehemals nahezu sechzig Gemälde umfassenden Galerie Stralsunder Geistlicher;20) vier Objekte sind erhalten, fünf ausschließlich abschriftlich oder fotografisch überliefert. Einigen Jahres- und Altersangaben zufolge wurden einzelne Porträts bereits zu Lebzeiten angefertigt (Kat.-Nr. 235, 282, 313, 358, möglicherweise auch Kat.-Nr. 367, 380). In Kombination mit lateinischen Sterbe- und Gedenkinschriften, die auf separaten Tafeln ergänzt wurden, entstanden daraus Epitaphien. Die Porträtgalerie hatte wohl im Versammlungsraum der lutherischen Prediger (Geistliches Ministerium) ebenso wie im Kirchenraum selbst ihren historischen Platz.21) Diesen typischen Bestandteilen der Kirchenausstattung lutherischer Konfessionskultur kam in der Stadt Stralsund sicher auch die besondere Aufgabe zu, die religiöse Autonomie gegenüber den Herzögen zu betonen, deren politische Agenda hingegen die Durchsetzung des landesherrlichen Kirchenregiments einschloss.22) Der Befund, dass man sich bemühte, die Bildnisse und zugehörigen Inschriften bei Bedarf zu erneuern, zeigt, dass sie auch nach dem Aussterben der pommerschen Herzöge (1637) ihre Funktion nicht verloren hatten: Sie standen ihren Nachfolgern als nachahmenswerte Vorbilder vor Augen und verwiesen auf die lutherische Lehrtradition der Stadt.23) Als ikonografischer Typus dominieren Halbfiguren in schwarzem Talar und Halskrause mit einem Buch. Eine Ausnahme stellt das posthum angefertigte ganzfigurige Bildnis des Stralsunder Reformators Christian Ketelhodt († 1546) dar (Kat.-Nr. 177, 1565). Eine niederdeutsche Inschrift (B) berichtet von den ersten reformatorischen Predigten in der Stadt, eine (nicht erhaltene) ausführliche lateinische Versinschrift, verfasst von Zacharias Orth, feierte die Reformation und den Reformator (E). Diesen für Geistliche angefertigten Porträt-Epitaphien ist dasjenige für den Stadthauptmann Hinrick Swerin (Kat.-Nr. 223, 1591 u. 1602) an die Seite zu stellen, das eine niederdeutsche Inschrift aufweist.

[Druckseite 18] Die übrigen Epitaphien sind so gestaltet, dass biblische Szenen das ikonografische Zentrum bilden. Sie weisen keine oder nur die üblichen kleinen Darstellungen der knienden Verstorbenen unterhalb einer Bibelszene auf.24) Das Denkmal für Margarete Schermer (Kat.-Nr. 180, 1567), Schwiegertochter des Bürgermeisters Nikolaus Steven, zeichnet sich durch eine lange lateinische Verseulogie auf die jung Verstorbene aus. Für den 1629 an der Pest verstorbenen Bürgermeister Lambert Steinwich wurde in Prosa eine ähnlich ausführliche inschriftliche Vita verfasst, die seine weit über die Grenzen Stralsunds hinaus bekannte politische Begabung und Bedeutung herausstreicht (Kat.-Nr. 366). Ein niederdeutsches Bibelzitat sowie eine niederdeutsche Sterbeinschrift mit Gebeten wurden auf den Epitaphien für Johannes Staneke (Kat.-Nr. 179, 1566) und Cord Middelborch (Kat.-Nr. 185, 1572) angebracht.25)

Schon durch ihre materielle Beschaffenheit zeichnen sich schließlich drei steinerne Epitaphien des 17. Jahrhunderts aus. Diese Denkmäler aus Sandstein, noch repräsentativer und kostspieliger als solche aus Holz, gedenken des Bürgermeisters Joachim Klinkow (Kat.-Nr. 263, 1601–1602), der Margarete Lüdeke, Ehefrau eines Arztes (Kat.-Nr. 325, 1630), und des Ehepaars Jakob Mack Duwall, General in schwedischen Diensten, und Anna von Berg (Kat.-Nr. 350, 1634?). Die Familien Klinkow und Mack Duwall konnten sich darüber hinaus einen Grabstein und eine Gruftplatte für ihr Erbbegräbnis in einer Familienkapelle leisten (Kat.-Nr. 264, 352) und diese sogar aufwändig ausstatten (Kat.-Nr. 345).

Auch das Ehepaar Nikolaus Brahme und Margareta Stappenbeck besaß eine eigene Kapelle mit einer Grabplatte und einem nicht erhaltenen Epitaph (Kat.-Nr. 326, 355). Der große Kronleuchter, den Jakob Mack Duwall der Kirche überließ (Kat.-Nr. 337), und der Wandleuchter vor der Brahme-Kapelle (Kat.-Nr. 357) sind damit Bestandteile umfangreicher Anschaffungen und Stiftungen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die die Erinnerung an Mitglieder der Stralsunder politischen, militärischen und ökonomischen Elite wachhalten sollten.

Von acht Wandleuchtern und einem Kronleuchter in der Nikolaikirche, die zwischen 1571 und 1635(?) angefertigt wurden, waren vier für die Beleuchtung der Gestühle von Kaufmanns- und Handwerkskorporationen bestimmt (Kat.-Nr. 182, 289, 310, 336), drei nennen die Namen einzelner Personen (Kat.-Nr. 192, 196, 357). Der große Kronleuchter mit zwei ausführlichen Inschriften steht im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Grabkapelle durch den General Jakob Mack Duwall (Kat.-Nr. 337).

Die im Jahr 1611 von einem unbekannten Meister fertiggestellte Kanzel (Kat.-Nr. 280) und der später hinzugefügte Schalldeckel wurden mit zwanzig Inschriften geschmückt, bei denen es sich um lehrhafte Verse und Bibelzitate handelt.

3.1.2. St. Marien

Der Kirche St. Marien als Standort sind 68 Objekte, davon 31 Grabplatten und Grabfliesen, zuzuordnen. Im 14. Jahrhundert entstanden sechs, im 15. Jahrhundert neun Objekte. Ausschließlich kopial überliefert sind 16 Inschriftenträger.

Der 1298 erstmals erwähnte Vorgängerbau der in der Neustadt gelegenen Marienkirche wurde seit 1384 (oder 1382) durch den heutigen Bau, eine Basilika mit Chorumgang und dreischiffigem Querhaus, ersetzt. Dieser stellt in seiner Größe – die Gesamtlänge beträgt 99 Meter – und architektonischen Geschlossenheit ein spätes Hauptwerk der Backsteingotik dar.26)

Die Gewölbemalereien in den Seitenschiffen und im südlichen Querhaus sowie in der Sakristei entstanden zu Beginn des 15. Jahrhunderts, sind aber nur in einem stark überformten Zustand erhalten, der keine Deutung des Inschriftenprogramms zulässt (Kat.-Nr. 42, 43). In die frühe Zeit des Kirchenneubaus gehört der von Engelke Nygestat bereits im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts [Druckseite 19] gestiftete, mit aufwändigem Dekor versehene Kelch, bei dem es sich um den ältesten im gesamten Stralsunder Inschriftenbestand handelt (Kat.-Nr. 36).

Zwei vorreformatorischen Kelchen mit einem lateinischen Eigentumsvermerk des Priesters Peter Rade alias Clensmid und einer Diebstahlswarnung (Kat.-Nr. 96, 1473) sowie einer niederdeutschen Stifterinschrift des Hans Virow (Kat.-Nr. 126, 1503) sind die jüngeren, vom Bürgermeister und Kirchenprovisor Franz Wessel 1558 und 1559 mitfinanzierten Vasa sacra an die Seite zu stellen. Auf dem verlorenen Kelch (Kat.-Nr. 176) war in lateinischer Sprache eine lutherisch-christologische Versinschrift angebracht, die Oblatendose (Kat.-Nr. 175) zeigt die Initialen und das Wappen Wessels.

Dreizehn Leuchter aus den Jahren 1557 bis 1649, davon fünf nicht mehr erhalten, bezeugen, dass neben Einzelpersonen auch Korporationen, so die Provisoren des Gasthauses (Armenhauses, Kat.-Nr. 204), die Zimmerleute (Kat.-Nr. 268, 269), die Gewandschneider (Kat.-Nr. 413) und die Schuhknechte (Kat.-Nr. 415) sich als Stifter betätigten.

Für St. Marien sind die Inschriften von nur einem Epitaph für einen Geistlichen und einem Grabmal unbekannter Gestalt für Margareta Michael bekannt (Kat.-Nr. 197, 1580; Kat.-Nr. 373, 1638). Für diese magere Überlieferung ist sicherlich der Brand verantwortlich zu machen, der im August 1647 mehrere Gebäudeteile samt Ausstattung erfasste. Danach mussten beispielsweise eine Glocke und ein Kohlebecken neu angeschafft werden (Kat.-Nr. 404, 417). Den Schrecken der Anwohner und Gemeindemitglieder ebenso wie den Stolz der Verantwortlichen über den zügigen Wiederaufbau der Kirche hält eine ausführliche chronikähnliche Inschrift fest, die die Ereignisse von 1647 im Kontext der Geschichte der Stadt Stralsund schildert (Kat.-Nr. 405).

3.1.3. St. Jakobi

Die Kirche St. Jakobi war und ist Standort von 55 Objekten mit Inschriften, darunter 31 Grabplatten. Im 14. Jahrhundert entstanden mindestens sieben, im 15. Jahrhundert zwei bis sieben Objekte. Die Inschriften von zwölf Objekten wurden nach der kopialen Überlieferung ediert.

Die Jakobikirche südlich des Alten Markts, 1303 erstmals erwähnt, ist eine Basilika mit gerade abgeschlossenem, vom Langhaus nicht abgesetztem Chor. Zwei Weiheinschriften (Kat.-Nr. 20, 111) belegen, dass der Bau in der Mitte des 14. Jahrhunderts weit fortgeschritten war. Bereits gut fünfzehn Jahre vorher hatte eine Bestattung stattgefunden; bei der dafür angefertigten Grabplatte handelt es sich um eine der ältesten in der Stadt Stralsund (Kat.-Nr. 4, 1333). Um die Erweiterung des Westteils der Kirche im späten 15. Jahrhundert finanzieren zu können, wurde auf einer Steintafel um Spenden gebeten (Kat.-Nr. 106).27) Drei aufwändig verzierte Kelche, die für Altäre in St. Jakobi bestimmt waren, werden mittlerweile andernorts aufbewahrt. Sie tragen zwei ausführliche niederdeutsche Stiftervermerke (Kat.-Nr. 127, 1503, Kat.-Nr. 129, 1506) und eine ebenfalls niederdeutsche lutherisch-christologische Inschrift (Kat.-Nr. 246, 2. H. 16. Jh.).

Zur Standardausstattung protestantischer Kirchen gehörten Reformatorenporträts. In St. Jakobi befand sich ein Gemäldepaar mit Halbfiguren Martin Luthers und Philipp Melanchthons aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. J. (Kat.-Nr. 202, 203, beide um 1570–1580). Das Porträt Melanchthons weist eine in der Schriftart (humanistische Minuskel) sowie hinsichtlich ihrer Quelle, der Bibelübersetzung des Erasmus von Rotterdam, sehr ungewöhnliche Inschrift auf. In den 1620er Jahren wurde unter den Meistern Hans Lucht und Zacharias Maus damit begonnen, eine neue Kanzel zu errichten (Kat.-Nr. 315) – ein weiteres zentrales Ausstattungsstück lutherischer Kirchen. Sie trägt zahlreiche Inschriften in Form von Bibelstellenverweisen, lateinischen und deutschen Bibelzitaten, Bildbeischriften sowie einer lateinischen Anweisung für den Pfarrer, mit welcher inneren Einstellung zu predigen sei (A).

Das Inventar von St. Jakobi litt durch die Auslagerungen während des Zweiten Weltkriegs, aber auch in den folgenden Jahrzehnten in besonderem Maße. Die Kirche wird seit 1993 saniert, umgebaut und mittlerweile als Kulturkirche für Veranstaltungen genutzt. Im Fußboden liegende Grabplatten wurden in den Jahren 2006 und 2009 gehoben und eingelagert. Dank des Entgegenkommens der [Druckseite 20] Verantwortlichen konnten alle Steine im August 2006 und November 2009 fotografisch dokumentiert werden. Die Neugestaltung des Kirchenraums, zu der insbesondere die Wiederaufstellung der Kanzel (Kat.-Nr. 315) gehört, ist noch nicht abgeschlossen. Im Kunstgutlager werden zahlreiche Ausstattungsstücke der frühen Neuzeit (oder Teile davon) verwahrt, darunter Epitaphien und Gemälde sowie wohl einige zerlegte Leuchter.28) Sie können ohne assistierende Sicherungsmaßnahmen nicht bewegt werden. Weil die dafür erforderliche konservatorisch-restauratorische Begleitung im Rahmen des Inschriftenprojekts nicht zu leisten war, erfolgte die Bearbeitung dieser Ausstattungsstücke aus der Literatur oder auf der Grundlage von Fotografien. Der Verlust von Epitaphien muss bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt haben, da auch aus der älteren kopialen Überlieferung die Inschriften von nur vier solcher Grabmäler bekannt sind (Kat.-Nr. 194, 237, 287, 335).

3.2. Die Klöster

Nur 26 Inschriftenträger lassen sich mit Sicherheit oder wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit den Gebäuden und dem Inventar der Stralsunder Klöster oder ihrer geistlichen Nachfolgeeinrichtungen zuordnen. Die Inschriften von fünf Objekten sind ausschließlich kopial überliefert, bei sieben oder acht handelt es sich um Grabplatten(-fragmente). Ein entscheidender Einschnitt für alle Stralsunder Klöster waren die reformatorischen Unruhen und Plünderungen im April 1525. Diese Ereignisse zogen für fast alle Häuser die institutionelle Auflösung und den Übergang des Besitzes und Inventars an den Magistrat nach sich.29)

3.2.1. Dominikanerkloster St. Katharinen

Bei den wenigen für das Katharinenkloster noch nachweisbaren Inschriften handelt es sich um zwei Grabplatten, drei teils fragmentarische Wandmalereien und einen Kelch unsicherer Provenienz; eine Inschrift ist lediglich kopial überliefert.

Das Kloster wurde 1251 nahe der westlichen Stadtmauer gegründet;30) 1287 fand eine Weihe statt. An die dreischiffige Hallenkirche schließen sich die Klausurgebäude mit einem östlichen und einem westlichen Kreuzgang an. Die weitgehend intakte Architektur bezeugt die einstige Größe und Bedeutung dieses Klosters, in dem zwischen der Mitte des 14. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts mehrere Provinzialkapitel stattfanden. Im Zuge der Reformation wurde es aufgelöst, in den Räumlichkeiten wurden bis zur Gründung des Ratsgymnasiums und Waisenhauses 1560 die Birgittinerinnen untergebracht. Die Klosterkirche diente als Arsenal und Zeughaus; sie wird heute vom Meeresmuseum, die Konventsgebäude werden vom Stralsund Museum (ehem. Kulturhistorisches Museum) genutzt.

Die beiden erhaltenen Grabplatten Kat.-Nr. 44 (1415) und Kat.-Nr. 46 (1420) wurden für einen Ordensbruder und einen Laien angefertigt. Ob Ludwig Grever, Besitzer des in St. Nikolai aufbewahrten Kelches Kat.-Nr. 101, dem Stralsunder Dominikanerkonvent angehörte, lässt sich aufgrund der schlechten Quellenlage31) nicht klären. Das in Middelhagen (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) aufgestellte Margaretenretabel, das möglicherweise aus dem Katharinenkloster stammt, wurde bereits 2002 im Kontext der ‚Inschriften des Landkreises Rügen‘ bearbeitet.32) Die Gewölbemalereien im sog. Remter (Kat.-Nr. 107, 2. H. 15. Jh.) sind mit einiger Sicherheit in der Zeit der Dominikaner [Druckseite 21] entstanden. Die niederdeutschen Inschriften werden ebenso wie diejenigen des Margaretenretabels im Kontext von Überlegungen zur Sprachwahl genauer behandelt; s. unten, Kap. 6, Exkurs.

3.2.2. Franziskanerkloster St. Johannis und Pfarrkirche St. Johannis

Ähnlich wie das Dominikanerkloster ist auch das Franziskanerkloster St. Johannis mit acht Inschriftenträgern ein vergleichsweise unbedeutender Inschriftenstandort. Es handelt sich um vier Grabplattenfragmente, davon zwei verloren, eine nicht erhaltene Glocke mit dem verbreiteten Spruch O rex glorie veni cum pace (Kat.-Nr. 99, 1485) und geringen Resten von Wandmalereien in den Klausurgebäuden (Kat.-Nr. 110). Ein großes Retabel mit Szenen der Franziskus-Vita, das im Stralsund Museum aufgestellt ist, wurde nur wenige Jahre vor der Reformation möglicherweise für den Stralsunder Konvent angefertigt (Kat.-Nr. 140). Zu den niederdeutschen Bildbeischriften dieses Retabels vgl. unten, Kap. 6, Exkurs.

Das Kloster wurde 1254 am Nordrand der Stadt in unmittelbarer Hafennähe gegründet.33) Nach der Reformation34) dienten die Klausurgebäude bis 1895 als Armenhaus, Kinderheim und Taubstummenanstalt, der aus drei Jochen bestehende Chor der Klosterkirche wurde als Pfarrkirche genutzt. Ein Brand im Jahr 1624 führte zu großen Beschädigungen, die Kirche wurde jedoch soweit wie nötig wieder aufgebaut. Aus der Zeit der evangelischen Gemeinde St. Johannis stammen sieben Objekte, darunter das von Joachim Dade 1638 gestiftete Abendmahlsgeschirr (Kat.-Nr. 116, 376), ein kopial überliefertes Epitaph für einen Pfarrer (Kat.-Nr. 372) sowie Fragmente von drei Glasmalereien (Kat.-Nr. 150, 340, 449). Seit 1944 stehen nur noch die Umfassungsmauern der Konvents- und Pfarrkirche.

3.2.3. St. Annenhaus, Birgittenkloster Marienkron, St. Annen und Birgitten

Aus dem St. Annenhaus der Schwestern vom gemeinsamen Leben, gegründet um 1480 in der heutigen Schillstraße,35) ist eine Steinplatte (Kat.-Nr. 136, 1519 o. später) für den ersten Rektor und Beichtvater Engelbert Therne erhalten.

Die Nonnen des seit 1421 bestehenden Birgittenklosters Marienkron,36) aus dem ein gegen Ende des 15. Jahrhunderts angefertigtes Antependium stammt (Kat.-Nr. 104), zogen nach der Reformation für einige Jahrzehnte in das aufgegebene Dominikanerkloster. Beide Häuser wurden seit 1560 als städtisches Frauenstift fortgeführt;37) zu dessen Inventar gehören ein 1641 umgearbeiteter Kelch und ein Kelchtuch oder Korporale (Kat.-Nr. 117, 446).

3.3. Die Hospitäler

3.3.1. Heiliggeisthospital und -kirche

Von 22 erfassten Inschriftenträgern, die zum Heilgeisthospital und zu dessen Kirche gehören, handelt es sich in acht Fällen um Grabplatten(-fragmente); sechs davon entstanden vor 1500. Bemerkenswert sind vor allem zwei Kelche, ein dreiteiliges Abendmahlsgeschirr sowie fünf Bauinschriften, die zwischen 1616 und 1647 an Portalen und auf Steintafeln angebracht wurden.

Kirche und Hospital werden im Jahr 1325 am heutigen Standort im Osten der Stadt erwähnt, das Hospital als Institution ist jedoch älter.38) An die dreischiffige, vierjochige Hallenkirche schließt sich [Druckseite 22] nach Osten das im 18. Jahrhundert umgebaute Hospitalgebäude, der sog. Kirchgang, an, wiederum östlich steht das sog. Elendenhaus. Da das Hospital außerhalb der schützenden Stadtmauern lag, wurde es 1628 während der Belagerung durch die kaiserlich-katholischen Truppen das erste Mal schwer beschädigt, danach aber auch dank des inschriftlich festgehaltenen Amtseifers seiner Provisoren seit 1637 wieder aufgebaut (Kat.-Nr. 361, 392, 393, 403). Dass 1637 auch neue Vasa sacra erforderlich waren, zeigt die Stiftung der Eheleute Hans Frile und Margarete Zarneke (Kat.-Nr. 362, 364, 365), die durch eine von dem Goldschmied Marten Diederich angefertigte Oblatendose vervollständigt wurde (Kat.-Nr. 363). Zuvor waren Kelche auch von den Provisoren Martin Woele und Michel Dannenfeld gestiftet worden (Kat.-Nr. 209, 283).

3.3.2. St. Jürgen am Strande

Aus dem Hospital St. Jürgen am Strande (Georgshospital) stammen vier Objekte des 16. und 17. Jahrhunderts, die im Stralsund Museum aufbewahrt werden. Das für Leprakranke errichtete Hospital wurde 1278 erstmals erwähnt. Es lag vor dem Kniepertor, also außerhalb der Stadtmauer, am Strelasund.39) Im Jahr 1523 fanden hier die ersten reformatorischen Predigten statt (Kat.-Nr. 177, B). Zwei Kelche des späten 16. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 187, 207) sind die einzigen epigrafischen Zeugnisse der Hospitalgeschichte, bevor es 1628 abgerissen und in die Mönchstraße innerhalb der Stadt verlegt wurde. Zwei Kelchtücher können nur grob ins 17. Jahrhundert datiert werden (Kat.-Nr. 434, 447).

3.4. Das Rathaus

Dem Rathaus am Alten Markt lassen sich 18 oder 19 Inschriftenträger zuordnen, die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Inschriften von fünf Objekten sind lediglich kopial überliefert.

Das Rathaus, um 1310 noch im Bau, aber teilweise schon als kophus an Händler vermietet, stellt neben den bereits behandelten sakralen Bauwerken St. Nikolai und St. Marien eines der beeindruckendsten profanen Gebäude des Ostseeraums dar. Seine nördliche Schaufassade ist im Wesentlichen ein Resultat der seit 1881 durchgeführten Rekonstruktion des mittelalterlichen Zustands unter dem Stadtbaumeister Ernst von Haselberg.40) Zahlreiche schon seit dem 14. Jahrhundert vollzogene Erweiterungen und Umbauten sowie Feuerschäden und nachfolgende Reparaturmaßnahmen sind wohl dafür verantwortlich, dass die bekannten 18 oder 19 Objekte und Inschriften nicht vor der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden.41) In neun Fällen handelt es sich um Personendarstellungen auf Gemälden und im Relief, in sieben um Wappendarstellungen und Stadt- oder Gebäudeansichten. Eine Reihe vor allem kopial überlieferter lateinischer Inschriften, die diese Bilder erläutern, greift im historischen Bewusstsein der Stadt verankerte Ereignisse (Kat.-Nr. 308, 384, 448) und gängige Vorstellungen vom guten Regiment (Kat.-Nr. 307) auf. Es zeigt sich, dass das Rathaus nicht nur als Bauwerk, sondern auch in Gestalt seiner Ausstattung zentraler Ausdrucksort des historisch-politischen Selbstbewusstseins der Hansestadt Stralsund war. Eine Sonderstellung nimmt dabei die gegenwärtig im Johanniskloster untergebrachte, 1566 auf Holzbohlen gemalte, lünettenförmige Wappentafel ein, die in lateinischen Versen neben städtischem Selbstbewusstsein auch die Bindung an den bereits sechs Jahre zuvor verstorbenen Herzog Philipp von Pommern zum Ausdruck bringt (Kat.-Nr. 178)

Sieben frühneuzeitliche Porträts von Stralsunder Bürgermeistern und Ratsherren wurden – ebenso wie die Porträts der lutherischen Geistlichen – vielfach auch im Bereich der Inschriften erneuert42) und waren im 18. und 19. Jahrhundert vor allem in den Räumlichkeiten der Ratsbibliothek zu sehen.43) Im Jahr 1902 bestand diese Galerie aus insgesamt 69 Porträts; das verlorene älteste zeigte Franz [Druckseite 23] Wessel.44) Die erhaltenen Gemälde bieten kurze Angaben zum Lebensalter des Dargestellten, gelegentlich ergänzt um das Entstehungsjahr des Porträts. Die Namen der Würdenträger fehlen, zur Identifizierung dienen lediglich Wappen. Auch die Darstellung Philipp Melanchthons, wohl von der Hand Herzog Barnims XI., und eines dänischen Königspaares, später als Mitglieder des pommerschen Herzogshauses gedeutet, waren einst Bestandteile der repräsentativen Bildergalerie in der Ratsbibliothek (Kat.-Nr. 188, 242).

Die Inschriften des von Melchior Prütze nach seiner Ernennung zum Bürgermeister 1572 gestifteten silbernen Pokals stellen den einzigen Überrest des historischen Ratssilbers der Stadt dar (Kat.-Nr. 183). Zwei lateinische Distichen verbinden auf originelle Weise individuelle und städtische Selbstdarstellung.

3.5. Wohnhäuser

Ein nicht unwesentlicher Teil der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bausubstanz der Altstadt wurde durch Kriegsgeschehen und Brände beschädigt oder zerstört.45) Daher wird das Stadtbild Stralsunds heute auch durch barocke Hausfassaden geprägt. Bei etwa zwanzig Inschriften, die sich Wohnhäusern zuordnen lassen, handelt es sich vor allem um (ehemals) neun Wangensteine (Beischlagwangen), an der Fassade angebrachte Steintafeln (etwa Kat.-Nr. 261, 275), ein Portal sowie (Reste von) Glasmalereien, die abgesehen von Personennamen kaum aussagekräftige Inschriften bieten.

Stelenförmige Wangensteine schlossen Sitzbänke ab, die seitlich der Haustür aufgestellt waren.46) Sie trugen am oberen, oft scheibenförmigen Abschluss das Wappen des jeweiligen Hausbesitzers und dessen Initialen oder Namen (vgl. etwa Kat.-Nr. 147, 226). Neben einem juristischen Zitat, das die Bildung des Eigentümers Zutfeld Wardenberg betont (vgl. Kat.-Nr. 139), stechen lateinische Verse hervor, die an dem Wangenstein Kat.-Nr. 205 angebracht waren und seine Gestalt und Funktion umschreiben. Das 1568 errichtete Renaissance-Portal am Haus des Kaufmanns Peter Bavemann (Kat.-Nr. 181) dokumentiert mit den Deviseninitialen V(ERBUM) D(OMINI) M(ANET) I(N) E(TERNUM) T(EMPUS) die protestantische Gesinnung des Bauherrn.

Zitationshinweis:

DI 102, Stralsund, Einleitung, 3. Die Standorte der Inschriften (Christine Magin), in: inschriften.net, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di102g018e009.

  1. Zur St. Johanniskirche s. unten, Kap. 3.2.2; zur Heilgeistkirche vgl. unten, Kap. 3.3.1»
  2. Dazu Weitzel, St. Nikolai, S. 232f.; Schoebel, Pfarrorganisaton, S. 56f.; Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 30–32. »
  3. Dazu Schroeder, Bürgerschaft, S. 284–286. »
  4. Im Folgenden werden die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grabplatten der Pfarrkirchen nur in Einzelfällen unter ihrem speziellen Standort, d. h. in den unmittelbar folgenden Kapiteln behandelt. Vgl. dazu allgemein unten, Kap. 5.1.1»
  5. Diese Zahlenangabe schließt die Bildepitaphien für Geistliche (siehe unten) ein. »
  6. Vgl. dazu Huyer, Nikolaikirche, S. 31 (Nr. 1). »
  7. Eine Zusammenfassung der Baugeschichte bietet Huyer, Nikolaikirche, S. 303f.; zu Restaurierungsmaßnahmen und Beschädigungen seit dem 16. Jh. bis 1998/99 vgl. ebd., S. 396–398. »
  8. In der Literatur ist St. Nikolai wiederholt als Ratskirche bezeichnet worden. In kirchenrechtlicher Hinsicht mag dies gerade für das Mittelalter zweifelhaft sein, da wie bereits erwähnt das Patronatsrecht nicht dem Rat, sondern über die Kirche von Voigdehagen dem pommerschen Herzog zustand. Dennoch sei St. Nikolai für die Ratsherrschaft von zentraler Bedeutung gewesen (so Weitzel, St. Nikolai, S. 232f.; vgl. auch Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 30–32). Seit der Reformation beanspruchte „der Stralsunder Rat die vollständige Kirchenhoheit und wehrte sich im 16. und 17. Jahrhundert erfolgreich gegen die Patronatsansprüche des Landesherrn“ (Bugenhagen, Musikgeschichte, S. 36; sinngemäß auch Berwinkel, Weltliche Macht, S. 45). Vgl. dazu Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 200–209. »
  9. Vgl. Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 165. »
  10. Zur mittelalterlichen Ausmalung vgl. grundsätzlich Huyer, Nikolaikirche, S. 302f.; Weitzel, St. Nikolai, S. 59–61, 115f. »
  11. Vgl. Kunkel, Werk, S. 187. »
  12. Um Retabel handelt es sich bei Kat.-Nr. 56, 63, 64, 102, 103, 123 und beim Importstück Kat.-Nr. 138; um eine Retabel-Schnitzfigur bei Kat.-Nr. 133, um eine Skulptur aus einem Heiligenschrein bei Kat.-Nr. 132. Nicht eindeutig geklärt ist die Gebrauchsfunktion von Kat.-Nr. 47 und Kat.-Nr. 61»
  13. Vgl. dazu unten, Kap. 5.2.1 und Kap. 6, Exkurs»
  14. Vgl. dazu Weitzel, St. Nikolai, passim, mit besonderer Berücksichtigung liturgischer und frömmigkeitsgeschichtlicher Kontexte. Auch Kunkel, Werk, bes. S. 317–386, behandelt zahlreiche Stücke in und aus St. Nikolai. »
  15. Vgl. dazu Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 518f. »
  16. Auch von den Geistlichen der Marien- und der Jakobikirche wurden Porträts angefertigt; vgl. Kat.-Nr. 335, 390, 445»
  17. Vgl. dazu die prinzipiellen Ausführungen bei Slenczka, Predigerbild, bes. S. 464. – Auch nach der Reformation war die in kirchlicher Hinsicht größtmögliche Unabhängigkeit vom Herzog eines der wichtigsten politischen Ziele des Stralsunder Magistrats (Berwinkel, Weltliche Macht, S. 37–39). Die Stadtsuperintendenten, auch erste Prediger an St. Nikolai, wurden nicht vom pommerschen General-Superintendenten, sondern vom Stralsunder Rat ernannt (Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 203f.). »
  18. Die Spezifika der Superintendentengalerie treten noch deutlicher zutage, wenn man sie mit den Porträts der Stralsunder Magistratsmitglieder vergleicht (siehe unten, Kap. 3.2). In beiden Fällen handelt es sich um städtische Repräsentationsmedien, die Einzelpersonen als Vertreter einer generationenübergreifenden geistlichen bzw. weltlichen Institution darstellen. Jedoch fehlen im Fall der Magistratsporträts ausformulierte Texte zur Amtstätigkeit der Dargestellten. »
  19. Der Seitenhang des Epitaphs für Lambert Steinwich, der seine Familie im Bild zeigte, ist verloren (Kat.-Nr. 366). Kleine Personendarstellungen weisen die Denkmäler Kat.-Nr. 185, 222, 245 sowie Kat.-Nr. 350 auf. »
  20. Vgl. dazu unten, Kap. 5.1.2»
  21. Zur Baugeschichte vgl. Kossmann, Marienkirche, passim. »
  22. Vgl. Markfort, Baugeschichte, passim. »
  23. In welcher Relation das noch Vorhandene zu 17 Leuchtern steht, die 1955 aus St. Jakobi ins Kulturhistorische Museum gelangt sein sollen, ist ungewiss. Diese Leuchter sollen während des Zweiten Weltkriegs vergraben und später vom Museum übernommen worden sein (Inv.-Nr. 1946:185–201 laut Stralsund Museum, Inventarbücher und -karten). Dort sind sie nicht mehr aufzufinden; wann und wohin sie abgegeben wurden, ist nicht bekannt. »
  24. Vgl. dazu Hoffmann, Stralsund, passim. »
  25. Vgl. allgemein Hoogeweg, Klöster 2, S. 718–728; auch Möller, Topographie, S. 91f. »
  26. Das Archiv des Dominikanerklosters ist bis auf wenige Urkunden nicht erhalten (Hoogeweg, Klöster 2, S. 718). »
  27. Vgl. dazu DI 55 (Rügen), Nr. 41. »
  28. Zum Franziskanerkloster vgl. grundsätzlich Hoogeweg, Klöster 2, S. 709–717; Pieper/Einhorn, Franziskaner, S. 39–45; Möller, Topographie, S. 92–95. »
  29. Dazu Hoffmann, Stralsund, S. 110f. »
  30. Vgl. allgemein Hoogeweg, Klöster 2, S. 728–732; Lusiardi, Stiftung, S. 88f. »
  31. Zum Birgittenkloster s. Hoogeweg, Klöster 2, S. 732–757; Möller, Topographie, S. 95; Hoffmann, Stralsund, S. 107f.; Kunkel, Werk, S. 270f. Zur Datierung der Gewölbemalereien mit niederdeutschen Versinschriften im sog. Remter des Dominikanerklosters vgl. oben, Kap. 3.2.1»
  32. Hoogeweg, Klöster 2, S. 732, 739; Hoffmann, Stralsund, S. 108. »
  33. Dazu Rimpel, Heilgeisthospital; auch Baier/Ende/Draeger, Vorpommersche Küstenregion, S. 162–165. »
  34. Nach Kunkel, Werk, S. 274f. »
  35. Eine umfassende Studie zum Stralsunder Rathaus auf der Basis der seit den frühen 1990er Jahren gewonnenen bauhistorischen Erkenntnisse ist ein Desiderat. Vgl. vorerst Ansorge, Archäologie und Bauforschung; zum 16. Jh. siehe Hoffmann, Von welschen Giebeln, S. 16–21. »
  36. Es ist unsicher, ob die vermutlich ältere Stadtansicht Kat.-Nr. 208 (1583?) aus dem Rathaus stammt. »
  37. Einzelne Gemälde der Bürgermeistergalerie (Kat.-Nr. 200, 353, 356) lassen unter den auf den ersten Blick sichtbaren Inschriften noch Reste des ursprünglichen, wahrscheinlich identischen Wortlauts erkennen, ohne dass dieser sich jedoch in Gänze rekonstruieren ließe. Auch wenn in mehreren Fällen die verwendeten Schriftarten (neben Kapitalis vor allem Versalschrift und/oder lateinische Schreibschrift) der gegenwärtigen Beischriften darauf hindeuten, dass sie das Resultat einer deutlich nach 1650 erfolgten Erneuerung sind (Kat.-Nr. 190, 200, 227), werden alle wohl vor 1650 entstandenen Amtsträgerporträts im vorliegenden Katalog behandelt und es wird davon ausgegangen, dass die erneuerten den Wortlaut der ursprünglichen Inschriften wiedergeben. – Zur Superintendentengalerie vgl. oben, Kap. 3.1.1»
  38. Vgl. dazu Zober, Rathhaus, S. 258; auch Kat.-Nr. 190»
  39. Angaben nach Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 534. »
  40. Dazu Grabinsky, Doppelkatastrophe (2006), Grabinsky, Doppelkatastrophe (2010). »
  41. Zur rekonstruierten Verwendungssituation vgl. Hauke, Bürgerhaus, S. 66 (Abb. 62). »