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Grabplatten des Klosters Eldena

Rubrik: Inschrift im Fokus

Nächtliche Erd- und Fotoarbeiten am 23. Mai 2006.

Der mittelalterliche Mensch suchte stets die Nähe zu heiligen Orten – im Leben und erst recht im Tod. Daher waren Klöster beliebte Bestattungsorte für Geistliche wie für Laien. Auch in Mecklenburg-Vorpommern haben sich bemerkenswerte Zeugnisse der klösterlichen Sepulkralkultur aus dieser Zeit erhalten.

Aus dem berühmten Zisterzienserkloster Eldena bei Greifswald kennen wir 16 mittelalterliche Grabplatten bzw. Fragmente von solchen. Davon befinden sich elf in der Klosterruine selbst, eine im Pommerschen Landesmuseum und je zwei in der Nikolaikirche und im Hauptgebäude der Universität (Domstr. 11, darunter eine der ältesten Grabplatten in Vorpommern überhaupt aus dem Jahr 1295 für Johannes von Kiel). Eine Grabinschrift ist nur als schriftliche Aufzeichnung (‘kopial’) überliefert. Als wichtige epigrafische Denkmäler werden die Eldenaer Grabplatten im Rahmen der Bearbeitung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften der Stadt Greifswald von unserer Arbeitsstelle erfasst und dokumentiert.Die Mehrzahl der erhaltenen Eldenaer Platten ist zwar noch auf dem Gelände des Klosters zu finden, jedoch nicht mehr an ihren ursprünglichen Standorten: Die Grabplatten wurden im Jahr 1843 in die Wände der Chorsüdseite und der ehemaligen Sakristei, die jetzt als Theater- und Konzertbühne dient, eingemauert, so etwa die für Nikolaus Friso und seine Ehefrau (um 1290, oben links) und für Albert Schinkel aus dem Jahr 1397 (rechts).Die unteren Bereiche der Grabplatten im Chor liegen heute teilweise unterhalb der Grasnarbe. Um die Platten mit ihren meist entlang den Rändern umlaufenden Inschriften vollständig dokumentieren zu können, war es erforderlich, auch die im Erdreich befindlichen Teile freizulegen. Daher griffen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Inschriften-Arbeitsstelle (mit Genehmigung der zuständigen Stellen) zum Spaten – ein schweißtreibendes, aber lohnendes Unterfangen, denn es zeigte sich, dass die seit über 150 Jahren vom Erdreich verdeckten und daher vor Umwelteinflüssen geschützten Teile der Grabplatten deutlich besser erhalten sind als die ‘überirdischen’ (unten).Warum geschah dies bei Nacht? Manche Inschriften kann man tatsächlich bei Dunkelheit besser fotografieren als am Tage. Konturen von figürlichen Darstellungen und Inschriften auf Grabplatten treten nämlich wesentlich deutlicher hervor, wenn sie durch künstliches Schräglicht beleuchtet werden. Um diesen Effekt auszunutzen und Störungen durch Tageslicht und Sonnenschein zu vermeiden, wurde die Fotodokumentation erst nach Einbruch der Dunkelheit durchgeführt. Das Ergebnis rechtfertigte die Mühen, denn die Arbeiten haben unsere Kenntnisse der Eldenaer Grabdenkmäler erheblich erweitert. Selbstverständlich haben wir die Platten nach Beendigung der Arbeit wieder ‘eingegraben’ und somit den Ort des nächtlichen Geschehens in den Zustand zurückversetzt, in dem wir ihn vorgefunden hatten.