Die Inschriften der Lüneburger Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode, Wienhausen

DIE INSCHRIFTEN DER LÜNEBURGER KLÖSTER BIS ZUM JAHR 1700 – EINORDNUNG IN DIE GESCHICHTE DER KLÖSTER

Die unter dem Oberbegriff ‚Lüneburger Klöster‘ zusammengefaßten sechs Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen existieren seit ihrer Gründung im Mittelalter bis heute unter geänderten Vorzeichen, aber in ungebrochener Tradition. Die norddeutschen Frauenklöster in der Zeit vor der Reformation haben in den letzten Jahren ganz besonders im Mittelpunkt der Forschung gestanden.3) Die nachreformatorische Zeit hat dagegen bislang sehr viel weniger Aufmerksamkeit erfahren und ist, soweit es die sechs Lüneburger Klöster betrifft, nur für Ebstorf und Walsrode aufgearbeitet worden.4) Es kann in dieser Einleitung nicht darum gehen, die Geschichte jedes dieser Klöster im einzelnen zu skizzieren.5) Vielmehr sollen hier nur knapp die [Druckseite 12] allen sechs Klöstern gemeinsame allgemeine Entwicklung sowie die speziellen, vor allem auch baugeschichtlichen Gegebenheiten für jedes Kloster beschrieben werden, soweit sie zur Einordnung und zum Verständnis der Inschriften notwendig sind.

Als Benediktinerinnen- oder Zisterzienserinnenklöster in der Zeit von der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts (Walsrode) bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts (Isenhagen) gegründet, nahmen die sechs Lüneburger Klöster vorwiegend die Töchter des in der Umgebung ansässigen Adels, aber auch des Lüneburger Patriziats auf. Enge Beziehungen zu der Stadt Lüneburg bestanden nicht nur über die Familien der Konventualinnen, sondern auch durch die Anteile der Klöster an der Saline und durch die Klosterhöfe in der Stadt. Was die Zusammensetzung der jeweiligen Konvente betraf, gab es aber durchaus Unterschiede. So galt Wienhausen als das vornehmste der sechs Klöster, da die Braunschweig-Lüneburgischen Herzöge hier ihre Töchter erziehen ließen, von denen einige später in den Konvent eintraten, und sich auch Witwen aus der Herzogsfamilie hierher zurückzogen. Im 14. Jahrhundert amtierten drei Töchter aus der Herzogsfamilie als Äbtissinnen, und die bedeutendste Äbtissin des 15. Jahrhunderts, Katharina von Hoya (vgl. Nr. 41), entstammte mütterlicherseits ebenfalls dem Welfenhaus. Die Sonderstellung des Klosters Wienhausen unter den Lüneburger Klöstern dokumentiert sich bis heute in der großen Anlage mit zwei Kreuzgängen.

Über das Leben in den Klöstern im 13. und 14. Jahrhundert ist kaum etwas bekannt, gesichert ist hingegen, daß in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und offensichtlich auch schon zuvor von einem streng monastischen Leben nicht die Rede sein konnte. So bestand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in allen sechs Konventen dringender Reformbedarf. Die Durchführung der Bursfelder bzw. Windesheimer Reform brachte für die Klöster und die Konvente einschneidende Veränderungen mit sich. Im Zuge der Wiedereinführung der Vita communis wurden neue Refektorien und Schlafhäuser errichtet, die Küchen für die Zubereitung der gemeinsamen Mahlzeit vergrößert und die Klosterareale mit Mauern umgeben, um die Klausur zu gewährleisten. In allen sechs Klöstern wurden die amtierenden Äbtissinnen bzw. Priorinnen abgesetzt und die Leitung einer aus einem bereits reformierten Kloster stammenden Nonne übertragen, die die Durchführung der Reform überwachte. Resultat der in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts abgeschlossenen Reform war an allen sechs Orten eine Erneuerung der Frömmigkeit und damit verbunden eine Blütezeit der Klöster, die sich auch in der Größe der Konvente widerspiegelte.6)

Angesichts dieser tiefgreifenden Veränderungen durch die Reformbewegung Ende des 15. Jahrhunderts ist es mehr als verständlich, daß die Klöster den seit Beginn der 30er Jahre des 16. Jahrhunderts von massivem Druck begleiteten Bemühungen Herzog Ernst des Bekenners um die Durchführung der Reformation großen Widerstand entgegensetzten. Zunächst gelang es dem Herzog lediglich, die Pröpste abzusetzen und die Propsteigüter einzuziehen, die Verwaltung wurde herzoglichen Amtleuten bzw. Hauptmännern übertragen. Auf die Einsetzung von evangelischen Geistlichen reagierten die am alten Glauben festhaltenden Konventualinnen zunächst mit erbittertem Widerstand. Das einzige Kloster, in dem die Einführung der Reformation einigermaßen reibungslos ablief, scheint Isenhagen zu sein, zumindest ist nichts Gegenteiliges bekannt. Erst nach und nach lassen sich in den anderen Klöstern gewisse Aufweichungserscheinungen erkennen, die natürlich auch mit dem Religionsbekenntnis der jeweiligen Familie einer Konventualin verknüpft waren. Besonders gut läßt sich das an der Haltung der aus einer Lüneburger Patrizierfamilie stammenden Medinger Äbtissin Margaretha Stöterogge demonstrieren (vgl. Nr. 125, Kommentar). Die endgültige Durchsetzung der Reformation in den Klöstern erfolgte zumeist mit dem Tod der am alten Glauben festhaltenden Äbtissinnen bzw. Priorinnen und durch die Einsetzung einer evangelischen Nachfolgerin und zog sich so insgesamt betrachtet über ein halbes Jahrhundert hin.

Am Ende dieses Prozesses standen sechs evangelische Damenstifte, deren Leben, Gottesdienste und Zeremonien nun durch die immer wieder erneuerten landesherrlichen Klosterordnungen geregelt wurden. Die erste Klosterordnung wurde im Jahr 1555 für die Frauenklöster des Fürstentums Lüneburg erlassen. An der Spitze jedes Klosters stand nun anstelle der katholischen Äbtissin oder Priorin die evangelische Domina, der auch weiterhin gelegentlich verwendete Titel ‚Äbtissin‘ wurde [Druckseite 13] offiziell erst wieder durch landesherrliche Verleihung im Jahr 1711 eingeführt.7) Die Zahl der Konventualinnen, die sich nach wie vor im wesentlichen aus dem landsässigen Adel und dem Lüneburger Patriziat, nun aber auch aus den höheren Beamtenfamilien rekrutierten, ging in nachreformatorischer Zeit in allen Klöstern um mehr als die Hälfte im Vergleich zur Blütezeit nach der Reform im 15. Jahrhundert zurück. Erhalten blieben zunächst noch monastische Strukturen wie die Klausur, das gemeinsame Chorgebet und der Chorgesang – teilweise durchaus noch in Latein – sowie die Tischlesungen. Erst 1619 verfügte der Landesherr, daß Gebete und Gesänge in lateinischer Sprache abgeschafft werden sollten. Bestehen blieb auch die Aufnahme von Klosterschülerinnen, auch wenn deren Zahl im Laufe der Zeit begrenzt wurde. Nach und nach lösten sich die Konvente jedoch von den alten monastischen Strukturen, und die Lebensform der Konventualinnen verweltlichte zusehends, obwohl von landesherrlicher Seite immer wieder angemahnt wurde, daß sie sich ihrem geistlichen Stand gemäß betragen und kleiden sollten. Die zunehmende Individualisierung fand ihren Niederschlag in den veränderten Wohnformen der Konventualinnen, deren nach eigenem Geschmack ausgemalte und oft auch mit Inschriften versehene Zellen (vgl. u. a. Nr. 153, 343) den veränderten Bedürfnissen Rechnung trugen. Während sich nach der Mitte des 17. Jahrhunderts noch eine Erneuerung der Frömmigkeit feststellen läßt, die sich besonders in den Lüner Inschriften dokumentiert (vgl. Kap. 3. 3.), wurden die Klöster im 18. Jahrhundert mehr und mehr zu Versorgungsinstitutionen für Töchter aus gutem Hause, in denen das gemeinsame religiöse Leben nur noch eine nachgeordnete Rolle spielte.

Die Besonderheit der bis heute bestehenden Lüneburger Klöster liegt darin, daß das Propsteivermögen im Zuge der Reformation eingezogen wurde, der Landesherr aber in den folgenden Jahrhunderten für die Unterhaltung der Lüneburger Klöster zu sorgen hatte. Das Land Niedersachsen als Rechtsnachfolger der Braunschweig-Lüneburgischen Herzöge und des Hannoverschen Kurfürsten übertrug diese Aufgabe im Jahr 1963 der bereits 1818 zur Verwaltung der Hannoverschen Klostervermögen gegründeten Klosterkammer Hannover. Die staatliche Aufsicht über die Klöster war dem Präsidenten der Klosterkammer bereits 1937 übertragen worden. Ihre juristische Selbständigkeit haben die sechs Lüneburger Klöster bis heute bewahrt. Die Konventualinnen wählen wie seit Jahrhunderten die Äbtissin, der die Leitung des Klosters obliegt. Heute bestehen die Konvente der Lüneburger Klöster aus ca. acht bis fünfzehn alleinstehenden Damen, die in separaten Wohnungen innerhalb der Klosteranlage untergebracht sind. Als ihre spezifische Aufgabe betrachten es die Konventualinnen, den zahlreichen Besuchern die Kunstschätze ihrer Klöster zu präsentieren, die Lebensformen ihrer Vorgängerinnen anschaulich zu machen und dabei ein Gefühl dafür zu vermitteln, daß an diesen Orten trotz aller Umbrüche Tradition in ganz eigener Weise fortlebt.

Diese hier nur sehr allgemein skizzierte Entwicklung soll im folgenden für jedes Kloster einzeln in knapper Form beschrieben und in Verbindung zu seinem jeweils sehr spezifischen Inschriftenbestand gesetzt werden. Denn die Sammlung hat gezeigt, daß die sechs Klöster ganz unterschiedlich geprägte Inschriftenbestände aufweisen, deren Besonderheiten hier herausgearbeitet werden sollen. Der Katalog umfaßt insgesamt 345 Inschriften aus den sechs Klöstern bis zum Jahr 1700, von denen 306 Inschriften ganz oder teilweise im Original erhalten sind. Die kopiale Überlieferung spielt mit 39 Nummern eine sehr untergeordnete Rolle und entfällt zum allergrößten Teil auf das Kloster Medingen, für die anderen fünf Klöster liegt keine nennenswerte kopiale Überlieferung heute verlorener Inschriften vor. Zur zeitlichen Verteilung des Gesamtbestands: Eine Inschrift auf einer Glocke aus der Gründungszeit des Klosters Wienhausen (Nr. 1) stammt aus dem 13. Jahrhundert, eine dichtere Überlieferung mit 30 Nummern setzt im 14. Jahrhundert ein, auf das 15. Jahrhundert entfallen 56 Katalognummern, auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts 34, auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts 52, auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts 75 und auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts 97 Katalognummern.

2. 1. Kloster Ebstorf

Die erste urkundlich gesicherte Erwähnung des Benediktinerinnenklosters Ebstorf stammt aus dem Jahr 1197, seine Gründung durch Walsroder Benediktinerinnen wird kurz zuvor angesetzt und erfolgte an der Stelle eines von den Prämonstratensern aufgegebenen, dem heiligen Mauritius geweihten Klosters aus der Zeit um 1160.8) Den zum Bistum Verden gehörenden Benediktinerinnenkonvent leitete eine Priorin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren einem Propst übertragen. Mit der Übernahme der Schutzvogtei durch die Welfen zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann für das Kloster eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs, die auch im Neubau der zweischiffigen Backsteinkirche und des Kreuzgangs (vgl. die Schlußsteine und Konsolen Nr. 29) im Laufe des 14. Jahrhunderts Ausdruck fand.9) Die Nonnenempore, die sich heute über die vier westlichen Joche erstreckt, war ursprünglich um ein Joch länger. Am Schluß der Baumaßnahmen am Kreuzgang steht der Einbau der Fenster mit dem großen Glasmalereiprogramm, die auf die Zeit um 1400 datiert werden (Nr. 27). Der Glockenturm wurde im 15. Jahrhundert an die Kirche angebaut. Größere bauliche Veränderungen wurden an der Klosteranlage in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Zuge der Reformbestrebungen unter dem Propst Matthias von dem Knesebeck unternommen (Bauinschrift Nr. 55). Um den Abschluß der Klausur zu gewährleisten, wurde die Klosteranlage mit einer Mauer umgeben, zur Wiederherstellung der Vita communis wurden die Küche und das Refektorium erneuert. Matthias von dem Knesebeck ließ laut Inschrift im Jahr 1480 auch das Lavatorium im Kreuzgang anbringen (Nr. 53). Spätere bauliche Maßnahmen veränderten das Gesicht der im 14. und 15. Jahrhundert entstandenen Klosteranlage nicht wesentlich.

Der Ebstorfer Konvent setzte sich zusammen aus den Töchtern des landsässigen Adels, überwiegend aus dem Fürstentum Lüneburg, sowie in geringerer Zahl aus den Töchtern des Lüneburger Patriziats. Dies gilt für die Zeit vor der Reformation ebenso wie für die evangelische Zeit.10) In der Blütezeit Ebstorfs nach der Durchführung der Bursfelder Reform lebten ca. 50 Konventualinnen im Kloster, ihre Zahl ging nach der Einführung der Reformation, die hier erst 1565 abgeschlossen war, auf etwa die Hälfte zurück und belief sich im 17. Jahrhundert auf ca. 20 Konventualinnen. In der Klosterordnung von 1697 wurde für Ebstorf endgültig eine Zahl von 18 Konventualinnen festgesetzt.11)

Auf das Kloster Ebstorf entfallen insgesamt 76 Katalognummern, acht Inschriften liegen nur noch in kopialer Überlieferung vor. Knapp ein Drittel der Ebstorfer Inschriften stammt aus der vorreformatorischen Zeit, gut zwei Drittel aus der zweiten Hälfte des 16. und dem 17. Jahrhundert. Das zentrale Ebstorfer Inschriftenprogramm aus vorreformatorischer Zeit findet sich in den Fenstern des Kreuzgangs mit Darstellungen aus dem Speculum Humanae Salvationis aus der Zeit um 1400 (Nr. 27). Darüber hinaus weist der Ebstorfer Bestand noch einige bedeutende Einzelstücke aus dem Bereich der mittelalterlichen Kirchenausstattung auf wie das Taufbecken aus dem Jahr 1310 (Nr. 2), den auf das zweite Viertel des 14. Jahrhunderts zu datierenden Kelch mit einer außergewöhnlich gestalteten Inschrift (Nr. 10), die Banklaken mit Szenen aus der Mosesvita aus derselben Zeit (Nr. 9) und den großen Standleuchter im Nonnenchor aus dem letzten Viertel des 14. oder ersten Viertel des 15. Jahrhunderts (Nr. 38).

Für das Kloster Ebstorf ist aus vorreformatorischer Zeit kein einziges Grabdenkmal überliefert, die beiden frühesten, allerdings nur fragmentarisch erhaltenen Epitaphien stammen aus dem Jahr 1595 und waren für die Dominae Maria von Wettberge und Magdalena von dem Werder bestimmt (Nr. 156, 157), wohl aus dem Jahr 1596 stammt das Epitaph der Domina Lucia von Appel, das zu ihren Lebzeiten angefertigt wurde (Nr. 162). Grabplatten für Angehörige des Konvents sind in [Druckseite 15] Ebstorf aus der Zeit bis zum Jahr 1700 nicht überliefert, stattdessen stehen auf dem Klosterfriedhof steinerne Grabkreuze, deren frühestes aus dem Jahr 1660 stammt (Nr. 264). Im Jahr 1688 wurden auf Veranlassung der Domina Katharina von Appel fünf einheitlich gestaltete Grabkreuze für ihre Vorgängerinnen in Auftrag gegeben (Nr. 316320). Ein einheitliches Bild geben auch vier im Nonnenchor aufgehängte große Epitaphien für Dominae aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von denen jeweils zwei als Gegenstücke gearbeitet sind (Nr. 276/277, Nr. 325/326). Die absolute Ausnahme unter den Grabdenkmälern, die sonst offensichtlich nur den Würdenträgerinnen unter den Konventualinnen vorbehalten blieben, ist die Grabstele für die Klostermagd Sophia Dorothea Coler aus dem Jahr 1665 (Nr. 271). Insgesamt entfallen 20 Ebstorfer Inschriften auf den allgemeinen Bereich des Totengedenkens, darunter auch die Beschläge für den Sarg der Domina Barbara von Wittorf (Nr. 308), die sich als einzige Domina des 17. Jahrhunderts in der von ihr eingerichteten Gruft bestatten ließ (vgl. Nr. 281).

Den übrigen Ebstorfer Inschriftenbestand kennzeichnet eine Mischung der verschiedensten Inschriftenträger aus dem Bereich der Kirchenausstattung wie Glocken, Vasa Sacra und Textilien, aber auch aus dem eher persönlichen Bereich der Konventualinnen wie Porträts der Dominae, Schränke und Truhen aus dem Besitz der Konventualinnen oder mit Inschriften versehene Zellen.

2. 2. Kloster Isenhagen

Das Zisterzienserinnenkloster Isenhagen wurde kurz nach der Mitte des 13. Jahrhunderts als letztes der sechs Lüneburger Klöster anstelle eines 1243 von der Markgräfin Agnes von Landsberg gegründeten, aber schon bald wieder aufgegebenen Zisterzienserklosters ins Leben gerufen. 1327 wurde das Kloster, das unter dem Patronat der Gottesmutter stand, nach Hankensbüttel verlegt, das sich jedoch nicht als der geeignete Platz erwies.12) Schon zehn Jahre darauf wurde das Kloster Isenhagen an seinen heutigen Standort umgesiedelt. Aus dieser Zeit stammen die als einschiffiger Backsteinbau errichtete und ohne Gewölbe gebliebene Klosterkirche mit eingebauter Nonnenempore sowie der nördliche und der östliche Flügel des Kreuzgangs, der erst 1518 eingewölbt wurde. Die beiden anderen Kreuzgangflügel wurden nach einem Brand im Jahr 1721 als zweigeschossige Fachwerkbauten wieder aufgerichtet.

An der Spitze des zur Diözese Hildesheim gehörenden Klosters stand bis zur Reformation eine Äbtissin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren einem Propst übertragen. Der Konvent setzte sich aus den Töchtern des Landadels und des Lüneburger Patriziats zusammen. Unter den sechs Lüneburger Klöstern ist Isenhagen dasjenige, zu dessen Geschichte die wenigsten Untersuchungen vorliegen und über das demzufolge am wenigsten bekannt ist. Das gilt sowohl für die Durchführung der Klosterreform, die mit der Einsetzung der Äbtissin Barbara Antoni 1488 begann (vgl. Nr. 92), als auch für die Einführung der Reformation, die mit der Einsetzung der ersten evangelischen Domina Judith von Bülow (vgl. Nr. 133) bereits im Jahr 1541 abgeschlossen war. Erst aus der Zeit ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts erfährt man etwas mehr über das Leben im Kloster aus der gedruckt vorliegenden Klosterchronik.13)

Im Gegensatz zu dem ‚Schattendasein‘, das das Kloster Isenhagen bis heute unter den sechs Lüneburger Klöstern führt, steht ein reicher Bestand von 63 Inschriften vom zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts bis zum Jahr 1700, von denen nur eine kopial überliefert ist. 16 Inschriften stammen aus vorreformatorischer Zeit, der größte Teil fällt in die Zeit nach der Reformation. Unter den Inschriftenträgern aus katholischer Zeit besonders hervorzuheben sind die Grabplatte für den Propst Johannes Gerdener aus dem Jahr 1471 (Nr. 50) und das kleine Bronzeepitaph für die Reformäbtissin Barbara Antoni (Nr. 92), die sich beide durch besondere Qualität auszeichnen. Abgesehen von Kloster Lüne, das noch vier im Original erhaltene, allerdings sehr einfach gestaltete [Druckseite 16] Grabplatten für Pröpste aufzuweisen hat,14) ist die aufwendig gestaltete Isenhagener Grabplatte die einzige weitere Grabplatte für einen Propst, die noch in den übrigen fünf Klöstern existiert.

Der Schwerpunkt der Isenhagener Inschriften liegt mit 42 Nummern im 17. Jahrhundert. Diese Inschriften verteilen sich auf die unterschiedlichsten Inschriftenträger aus den Bereichen Kirchenausstattung, Möbel und Grabdenkmäler. Unter der Kirchenausstattung ist das Gestühl auf der Nonnenempore von 1610/11 mit seinem großen Bildprogramm und dem umfangreichen, teilweise allerdings nicht mehr rekonstruierbaren Inschriftenprogramm hervorzuheben (Nr. 187), das Bezüge zwischen dem Alten und Neuen Bund herstellen will, dies aber auf eine – im Vergleich zu den großen mittelalterlichen Bild- und Inschriftenprogrammen – sehr verflachte Weise tut (vgl. dazu Kap. 3. 2.). Weniger vom Inhalt ihrer Inschriften her, bei denen es sich zumeist um Besitzvermerke handelt, als vielmehr aufgrund ihrer Menge bemerkenswert ist die Zahl von Schränken und Truhen aus dem Besitz der Konventualinnen, die sich in Isenhagen erhalten haben. Elf dieser Möbel sind mit Inschriften versehen. Als eher ungewöhnlicher Inschriftenträger ist auch noch eine durch die Jahresangabe 1664 datierte Wäschemangel (Anhang) zu erwähnen.

Grabplatten und Epitaphien machen mit 21 Nummern immerhin ein Drittel des Isenhagener Inschriftenbestands aus, darunter sind acht Grabplatten nicht für Konventualinnen, sondern für dem Kloster in unterschiedlicher Weise nahestehende Personen wie z. B. für den Amtmann Balthasar von Eltz (Nr. 192) oder dessen frühverstorbenen Sohn Gregor (Nr. 165) bestimmt und stammen zumindest teilweise aus der Gemeindekirche. Anders als in Ebstorf liegen auf dem vom Kreuzgang umschlossenen Isenhagener Klosterfriedhof Grabplatten über den Gräbern der hier beigesetzten Konventualinnen. Allerdings handelt es sich bei den hier Beigesetzten nicht um die Dominae wie auf dem Friedhof in Ebstorf, da diese in Isenhagen im 17. Jahrhundert in der Gruft unter der Totenkapelle bestattet worden sind. Die Grabplatten für drei der Dominae des 17. Jahrhunderts sind heute an der Wand der Totenkapelle aufgerichtet, vermutlich lagen sie dort früher im Fußboden (Nr. 204, 1618; Nr. 249, 1651; Nr. 273, 1665).

2. 3. Kloster Lüne

Das zur Diözese Verden gehörende Benediktinerinnenkloster Lüne ging aus einer um 1171 gegründeten geistlichen Gemeinschaft von Frauen hervor, die sich bei der Jacobikapelle in Lüne ansiedelten.15) Für das Jahr 1272 ist belegt, daß diese Gemeinschaft, die unter dem Patronat des heiligen Bartholomäus stand, nach der Benediktinerregel lebte. Offenbar nahm die Zahl der Nonnen stetig zu, so daß der Verdener Bischof sie 1284 auf sechzig Konventualinnen begrenzte. Diese kamen aus dem landsässigen Adel, in diesem Fall naheliegend aber in besonders großer Zahl aus den Familien der Lüneburger Oberschicht. An der Spitze des Konvents stand die Priorin, die Vertretung des Klosters nach außen und die Wirtschaftsführung waren auch hier dem Propst übertragen. Um die Beteiligung des Konvents an der Wahl des Propstes kam es 1373 zu einer Auseinandersetzung mit Papst Urban V., der das Kloster vorübergehend mit dem Kirchenbann belegte; sein Nachfolger Gregor XI. gestand dem Konvent jedoch die freie Wahl des Propstes zu.

Kurz zuvor war im Jahr 1372 ein großer Teil des Klosters schwer durch einen Brand beschädigt worden, der auch drei Todesopfer forderte. Bis ca. 1420 wurde – zum Teil unter Verwendung erhaltener Mauerreste – die Anlage der Klausur beginnend im Osten mit Chor und Sakristei, der heutigen Barbarakapelle, neu errichtet, und das Kloster erlebte in der Folgezeit eine Blüteperiode. Die Klosterreform, die in Lüne im Jahr 1481 mit Hilfe von Nonnen aus dem Kloster Ebstorf durchgeführt wurde, hatte auch hier eine Reihe von Baumaßnahmen wie den Umbau der Küche und die Vergrößerung des Refektoriums zur Folge, aber auch der aus der Reform resultierende Aufschwung des Klosters führte zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu baulichen Veränderungen wie dem Neubau der Propstei, der Vergrößerung des Kapitelsaals und der Einrichtung eines neuen [Druckseite 17] Schlafhauses im Obergeschoß des Westflügels. Mehr noch als diese Baumaßnahmen belegen jedoch die großen um 1500 in Lüne hergestellten Teppiche und Banklaken den Erfolg der Klosterreform des 15. Jahrhunderts (vgl. DI 24, Nr. 45, 5560, 64).

Daher ist es auch im Fall von Lüne nicht verwunderlich, daß die Versuche Herzog Ernsts, im Kloster die Reformation durchzuführen, auf heftigen Protest stießen. Der letzte Propst Johannes Lorbeer wurde im Juli 1529 seines Amtes enthoben, die endgültige Durchsetzung der Reformation ließ aber in Lüne noch auf sich warten, auch wenn die Haltung des Konvents nach dem Tod der Priorin Mechthild Wilde im Jahr 1535 und der Wahl ihrer Nachfolgerin Elisabeth Schneverding zunehmend aufweichte. Trotzdem dauerte es noch bis zum Jahr 1573, bis auch die letzte Konventualin das Abendmahl in beiderlei Gestalt nahm.

Der Lüner Inschriftenbestand bis zum Jahr 1700 ist mit 79 Inschriften in diesem Band, zu denen noch weitere 32 Inschriften aus der Zeit bis 1550 in dem Band DI 24 hinzuzuzählen sind, der mit Abstand größte der sechs Lüneburger Klöster. Von den hier edierten 79 Inschriften sind lediglich fünf kopial überliefert, darunter allerdings ein großes Inschriftenprogramm in der Barbarakapelle aus dem Jahr 1662 (Nr. 266), von dessen besonderer Bedeutung noch die Rede sein wird (vgl. Kap. 3. 3.). Der überwiegende Teil der nachreformatorischen Inschriften entfällt auf verschiedene Ausstattungsgegenstände in Kirche und Kloster, zwanzig Inschriften sind dem Bereich des Totengedenkens zuzurechnen, darunter elf Grabplatten. Von diesen sind nur drei für Dominae des Klosters bestimmt (Nr. 140, 260, 284), die noch heute im Fußboden der Barbarakapelle an ihrem ursprünglichen Platz über der Gruft liegen. Die übrigen acht heute im Kreuzgang befindlichen Platten sind mit Ausnahme einer Kindergrabplatte für Amtleute und ihre Familienangehörigen gesetzt. Das einzige in der Kirche befindliche Epitaph ist ebenfalls für einen Amtmann und seine Ehefrau, Albert Roefsack und Ursula Papendorf, bestimmt (Nr. 134). Auffallend ist, daß es in Lüne anders als in Ebstorf, Isenhagen und ehemals auch in Medingen kein einziges Epitaph für eine Domina gibt und wohl auch nicht gegeben hat.

Der Schwerpunkt der Lüner Inschriften in der Zeit vor der Reformation, die in diesem Band nicht mehr behandelt wird, liegt natürlich auf den um 1500 im Kloster gestickten Teppichen und Banklaken. In der nachreformatorischen Zeit lassen sich drei größere Bereiche von Inschriftenträgern abgrenzen, die in dieser Weise nur im Kloster Lüne zu finden sind. Das Kloster verfügt zum einen über eine geschlossene Reihe von mit Inschriften versehenen Domina-Porträts, von denen sechs in die Zeit vor 1700 fallen. Eine weitere Besonderheit bilden die insgesamt acht sehr unterschiedlichen Inschriftenträger – von einem Schrank aus dem persönlichen Besitz über Gemälde und die Ausmalung der Barbarakapelle bis hin zu Grabplatte und Sarg –, die alle mit der Domina Dorothea von Meding (1580–1634) in Verbindung stehen, darunter das älteste und zugleich bedeutendste Domina-Porträt des Klosters aus dem Jahr 1590 (Nr. 145). Daß verschiedene Inschriften und Inschriftenträger ein so lebendiges Bild einer Persönlichkeit entstehen lassen wie im Fall der Dorothea von Meding, ist die Ausnahme. Die aus dem Umkreis der Äbtissin Katharina von Hoya für das Kloster Wienhausen überlieferten Inschriften (vgl. Einleitung, S. 22) lassen dagegen die dahinterstehende Persönlichkeit kaum erkennen. Dorothea von Meding tritt dem Betrachter in ihrem Porträt, der einzigen ganzfigurigen Darstellung unter den Domina-Porträts, sehr selbstbewußt und klug, aber zugleich auch gütig und warmherzig entgegen. Die in lateinischen Distichen formulierte Inschrift betont die inneren Werte der Domina ebenso wie die Lebensechtheit der Darstellung. Dem von ihr verkörperten Typ der Renaissance-Äbtissin entspricht auch die erst vor kurzem freigelegte Wandmalerei in der Barbarakapelle (Nr. 141), die im Zuge der Einrichtung der Grablege unter der Kapelle von Dorothea von Meding um 1587 veranlaßt worden sein dürfte. Die als Frauengestalten dargestellten, inschriftlich bezeichneten Gaben des Heiligen Geistes Sapientia, Scientia, Artificium und ehemals wohl noch Pietas sind in hellen Farben dargestellt und verleihen der Kapelle über dem Grabgewölbe heute wieder ein heiteres, freundliches Aussehen, ganz im Gegensatz zu der düsteren Barockausmalung, mit der die Nichte Dorotheas, Dorothea Elisabeth von Meding, die Kapellenwände bedecken ließ (Nr. 266). Wohl erst nach dem Tod der Dorothea von Meding entstand ein Gemälde, das die spätere Domina im Alter von fast dreizehn Jahren zeigt, als sie eine Kreuzeserscheinung hatte (Nr. 221). Die unter die Darstellung gesetzten erbaulichen Verse verweisen in ihrem Duktus schon auf die Versinschriften aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wie sie sich auch an anderen Stellen im Kloster finden, beispielsweise auf den Särgen [Druckseite 18] der Dominae. In den Versen wird die Kreuzesvision Dorotheas als himmlische Bestätigung der im Kloster durchgeführten Reformation gedeutet.

Dorothea von Meding steht quasi als Initiatorin auch mit der dritten hier zu nennenden Lüner Inschriftengruppe in Verbindung, da sie 1587 das Grabgewölbe unter der Barbarakapelle für sich und ihre Nachfolgerinnen einrichten ließ (vgl. Nr. 140). Die Bewahrung des Grabgewölbes und die erst kürzlich erfolgte Restaurierung der in dem Gewölbe aufgestellten, mit zahlreichen Inschriften bedeckten Särge, von denen fünf in die Zeit vor 1700 fallen, ist insofern ein Glücksfall, als diese gut erhaltene Äbtissinnengrablege für die Lüneburger Klöster und darüber hinaus singulär ist. Die Inschriften für den stark verfallenen Sarg der Dorothea von Meding liegen nur noch in einer kopialen Überlieferung vor (Nr. 220).

An den Inschriften, die mit den Särgen wie mit der Grabkapelle und dem Grabgewölbe in Verbindung stehen, aber auch an den Inschriften verschiedener Ausstattungsgegenstände des 17. Jahrhunderts lassen sich in Lüne viel mehr als in den anderen Lüneburger Klöstern Anzeichen einer neuen protestantisch geprägten Frömmigkeit erkennen. Die frühbarocke Phase der protestantischen Lüner Inschriften beginnt um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Die Entscheidung, die Bearbeitungsgrenze bis zum Jahr 1700 auszudehnen, hat sich gerade hier als äußerst sinnvoll erwiesen, weil sich die Übernahme von erbaulichen Texten in die Inschriften an dem reichhaltigen Lüner Inschriftenmaterial besonders gut demonstrieren läßt (vgl. Kap. 3. 3.). Auf der Grenze zwischen Renaissance und Barock steht das exzeptionelle Bild- und Inschriftenprogramm der 1645 errichteten Lüner Orgel (Nr. 234), die den Raum der Gemeindekirche dominiert. Was hier an einschlägigen Texten aus Kirchenliedern, Liturgie und Bibelzitaten für die Orgel ausgesucht wurde, ist in seiner Gesamtheit ein einziger großer Lobgesang Gottes.

2. 4. Kloster Medingen

Alles, was man über die Gründung des Klosters Medingen weiß, ist den kopial überlieferten Inschriften entnommen, die auf fünfzehn im Jahr 1499 für das Kloster angefertigten Tafeln standen und die Geschichte des Klosters von den Anfängen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in Bild und Text erzählten (Nr. 58). Da die Inschriften hier wiedergegeben und ausführlich kommentiert sind, soll die Entwicklung Medingens nur kurz angedeutet werden.16) Als Zisterzienserinnenkloster um 1230 in der Diözese Verden gegründet, vollzog der Konvent mehrere Ortswechsel, bevor er 1336 an den heutigen Standort des Klosters übersiedelte. Spätestens seit dieser Zeit war der heilige Mauritius der Hauptpatron des Klosters, das auch unter dem Schutz der Gottesmutter stand. Der genaue Abgleich der Darstellungen auf den Tafeln mit dem vor kurzem erschienenen Medinger Urkundenbuch17) hat gezeigt, daß das Kloster von ca. 1265 bis zur Durchführung der Reform in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Benediktinerinnenkloster existierte und erst mit Durchführung der Reform unter der aus dem Kloster Wienhausen kommenden Priorin/Äbtissin Margaretha Puffen wieder unter die Zisterzienserregel zurückkehrte (vgl. Nr. 58, Kommentar). In der Reformzeit Ende des 15. Jahrhunderts wohnten im Kloster Medingen 109 weibliche Personen, darunter 73 eingekleidete Konventualinnen.18) Um die Einführung der Reformation im Kloster Medingen kam es zwischen dem Konvent und dem Landesherrn bzw. dessen Stellvertretern vor Ort zu heftigen Konfrontationen, die mit gewalttätigen Übergriffen auf das Kloster verbunden waren. Dabei wurden Glocken entfernt und ein Teil der Klosteranlage niedergerissen. Dies änderte aber nichts an der ablehnenden Haltung des Konvents. Erst als sich die aus einer Lüneburger Familie stammende Äbtissin Margaretha Stöterogge durch ihren Bruder beeinflußt um 1554 langsam der lutherischen Lehre zuneigte (vgl. Nr. 125), folgten ihr auch die übrigen Konventualinnen. Ihre Nachfolgerin Gertrud Töbing (Nr. 143) wurde 1567 offiziell als evangelische Domina durch den Landesherrn in ihr Amt eingeführt. [Druckseite 19]

Prägend für den Medinger Inschriftenbestand ist der Umstand, daß die Klosteranlage im Jahr 1781 durch einen Großbrand schwer beschädigt wurde. Zwar stand die Klosterkirche nach dem Brand noch, und die von Gebhardi danach durchgeführte Bestandsaufnahme19) der in der Kirche vorhandenen Grabdenkmäler vermittelt den Eindruck, als ob der Kirchenraum kaum durch das Feuer in Mitleidenschaft gezogen wurde, aber offensichtlich nutzte der Konvent die Gelegenheit, sich einer als altertümlich empfundenen und wohl auch baufälligen Kirche zu entledigen und sie durch eine in die neue Klosteranlage eingefügte Barockkirche zu ersetzen. Da die alten Ausstattungsgegenstände nicht mehr dem Stil der neuen Kirche entsprachen, wurden sie bis auf ganz wenige Stücke beseitigt. Es ist davon auszugehen, daß die Grabplatten, die Gebhardi 1782 in den von ihm angelegten Lageplan der Kirche als im Kirchenfußboden liegend einzeichnete, kurz nach Gebhardis Bestandsaufnahme als Baumaterial verkauft oder wiederverwendet wurden.20)

Demzufolge sind nur noch 12 Inschriften des Klosters Medingen aus der Zeit bis 1700 ganz oder teilweise im Original erhalten. Dieser sehr kleine Bestand kann jedoch durch die einzige für die sechs Klöster vorliegende systematische kopiale Überlieferung um immerhin 32 Inschriften ergänzt werden, so daß sich ein Gesamtbestand von 44 Inschriften für Medingen ergibt. Die systematische kopiale Überlieferung findet sich sowohl in der gedruckten Medinger Chronik von Lyßmann aus dem Jahr 1772,21) der als einziger auch die fünfzehn Tafeln in Text und Bild wiedergibt, als auch in einer um 1730 entstandenen Handschrift Büttners22) und bezieht sich auf die Epitaphien und Grabplatten für die Pröpste, Priorinnen, Äbtissinnen und Dominae des Klosters. Ergänzt wurde sie – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die schon bei Lyßmann wiedergegebenen Inschriften – 1782 durch Gebhardi, der den Abriß der Kirche und die drohende Vernichtung der Inschriften kommen sah. Was die Qualität der Überlieferungen von Büttner und Lyßmann angeht, so bleibt Büttner bei der Wiedergabe näher am Original, indem er anscheinend die in den Inschriften vorhandenen Kürzungen wiedergibt, während Lyßmann sie auflöst. Allerdings sind die Lesungen Büttners nicht ganz fehlerfrei.

Aus der skizzierten Überlieferungssituation ergibt sich bereits, daß den größten Teil des Medinger Bestands Inschriften aus dem Bereich des Totengedenkens ausmachen. Bei den insgesamt 44 Nummern handelt es sich um die Inschriften von 22 Grabplatten, darunter die im Original erhaltene Grabplatte für die 1513 verstorbene Reformäbtissin Margaretha Puffen (Nr. 93), und um sieben Epitaphien, darunter fünf für evangelische Dominae des Klosters. Unter den elf mit Inschriften versehenen Ausstattungsstücken sind abgesehen von den bereits erwähnten fünfzehn Tafeln das heute im Museum August Kestner Hannover befindliche Wichmannsburger Antependium aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts (Nr. 62) und die Figur des Klosterpatrons Mauritius aus dem Jahr 1506 (Nr. 90) hervorzuheben, das Wichmannsburger Antependium wegen der reichen Textauswahl zum Thema Kreuzestod Christi, die Mauritiusstatue als Meisterwerk spätgotischer Goldschmiedekunst. Letztere zeigt zusammen mit dem inschriftenlosen prunkvollen Medinger Äbtissinnenstab, welchen Wert die Reformäbtissin Margaretha Puffen – im Grunde gegen die erklärten Ziele der von ihr durchgeführten Reform – auf Repräsentation und Außenwirkung legte.

2. 5. Kloster Walsrode

Das mit Abstand älteste der sechs Lüneburger Klöster hat mit 15 Nummern den mit Abstand kleinsten Inschriftenbestand aufzuweisen. Das schon Ende des 10. Jahrhunderts wohl als Kanonissenstift gegründete spätere Benediktinerinnenkloster gehörte zur Diözese Minden.23) Der Konvent [Druckseite 20] setzte sich im späten Mittelalter wie in den meisten anderen Lüneburger Klöstern etwa zur Hälfte aus Adligen und zur anderen Hälfte aus Töchtern der städtischen Oberschichten, hier aus Lüneburg, Verden, Lübeck und Neustadt am Rübenberge,24) zusammen. Im Vergleich zu den anderen Lüneburger Klöstern war der Konvent mit 24 Mitgliedern in der Zeit vor der Kirchenreform des 15. Jahrhunderts vergleichsweise klein, nach der Reform vermehrte sich die Zahl der Konventualinnen, im Jahr 1518 belief sie sich auf 32 Nonnen.25) Daß für das Kloster Walsrode nur noch sehr wenige Inschriftenträger wie auch Ausstattungsstücke allgemein aus der Zeit vor 1700 erhalten sind, erklärt sich daraus, daß das Kloster zunächst 1482 durch einen Großbrand zerstört und unter schwierigen wirtschaftlichen Umständen wiederaufgebaut wurde. Nach der endgültigen Durchsetzung der Reformation, die sich auch in Walsrode über Jahrzehnte hinzog, verfielen die Gebäude der alten Klosteranlage nach und nach, im 17. Jahrhundert wurden für die Konventualinnen auf dem Klosterareal Privathäuser errichtet. Während des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene alte Bauten abgerissen und durch neue ersetzt. Soweit sich überhaupt noch alte Ausstattungsstücke erhalten hatten, wurden diese 1812 zum größten Teil nach der vorübergehenden Aufhebung des Klosters unter napoleonischem Regiment verkauft. Die Pfarr- und Klosterkirche wurde 1847–1850 neu errichtet, der an die Kirche nach Süden angrenzende ältere Klosterchor enthält in seiner Bausubstanz noch Reste aus der Zeit vor dem Brand von 1482.26) Das Innere des Klosterchors wurde im 18. Jahrhundert grundlegend umgestaltet. Erhalten haben sich aber noch die bedeutenden, nach dem Brand 1482 entstandenen Glasmalereien in den Chorfenstern (Nr. 54).

Die wenigen Walsroder Inschriften bis 1700 verteilen sich auf sieben Grabdenkmäler, die mit Ausnahme eines spätmittelalterlichen Grabplattenfragments (Nr. 83) aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen, sowie auf einen Kelch (Nr. 239), eine Oblatendose (Nr. 327), eine Gedenktafel für drei aus einer Familie stammende Pastoren (Nr. 263), weitere Glasgemälde (Nr. 121), einen Schwellbalken (Nr. 172) sowie zwei Glocken (Nr. 40 u. 229). Die ältere der beiden Glocken, die im Turm der Gemeindekirche hängende „Maria“, wurde 1437 von dem bedeutenden norddeutschen Glockengießer Gerd Klinge gegossen und zeigt die große Qualität seiner Werke in der Ausführung der Inschriften wie in der Gestaltung der Glockenzier.

2. 6. Kloster Wienhausen

Das zur Diözese Hildesheim gehörende Zisterzienserinnenkloster Wienhausen wurde 1221 durch die Herzogin Agnes von Meißen in Nienhagen gegründet und schon wenige Jahre später an seinen heutigen Platz verlegt.27) Eine intensive Bautätigkeit und die reiche Ausstattung des von den Welfenherzögen geförderten Klosters vom Ende des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts lassen auf eine wirtschaftliche Blütezeit schließen. Eine weitere Blüteperiode erlebte das Kloster unter der Äbtissin Katharina von Hoya (vgl. u. a. Nr. 41) im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts. Die von Hause aus vermögende Äbtissin veranlaßte verschiedene Neubauten, und die in der Klosterchronik enthaltene Liste ihrer Stiftungen für das Kloster ist lang.28) Die von ihr gestifteten Inschriftenträger sollen im folgenden noch näher behandelt werden. Allerdings weigerte sich Katharina von Hoya beharrlich, die von Herzog Otto II. und den Visitatoren geforderte Klosterreform durchzuführen. Sie wurde daraufhin 1469 ungeachtet ihrer Verdienste um das Kloster ihres Amtes enthoben und mußte Wienhausen trotz ihres hohen Alters vorübergehend verlassen. Die Reform in Wienhausen wurde durch die Derneburger Äbtissin Sophia durchgeführt, als Reformäbtissin wurde in Wienhausen die ebenfalls aus dem Kloster Derneburg stammende Susanna Potstock gewählt. Die Durchsetzung [Druckseite 21] der Reformation im Kloster Wienhausen war ähnlich wie in Medingen mit gewalttätigen Übergriffen durch den Landesherrn verbunden, der nicht davor zurückschreckte, die Äbtissin Katharina Remstede vorübergehend festzusetzen, um die Herausgabe der in Sicherheit gebrachten Archivalien und Kleinodien zu erpressen. Nachdem dies ohne Erfolg blieb, ließ Herzog Ernst 1531 etwa ein Viertel der gesamten Klosteranlage abreißen, darunter den östlichen Kreuzgang, in dem sich der Kapitelsaal und ein Dormitorium befanden. Außerdem ließ er alle Kapellen zerstören und die Nebenaltäre aus der Kirche entfernen. An der Haltung des Konvents änderte dies nichts. Auch die 1565 zur Äbtissin gewählte Anna von Langlingen ließ sich ihre Wahl noch durch den Abt von Riddagshausen bestätigen, und erst 1587 wurde mit Katharina von Langlingen die erste evangelische Domina in ihr Amt eingeführt. Wie in den anderen Klöstern auch wurde die Größe des Konvents durch die Reformation stark verringert, die Zahl der Konventualinnen wurde auf 26 beschränkt.

Für das Kloster Wienhausen sind insgesamt 68 Inschriften überliefert, davon lediglich drei nur kopial. Im Vergleich zu den anderen Lüneburger Klöstern ist es außerordentlich bemerkenswert, daß 49 Nummern in die vorreformatorische Zeit bis 1550 fallen, jedoch nur 19 Nummern in die Zeit nach 1550, von denen zudem noch sieben in den Bereich der Gemeindekirche gehören. 13 Wienhäuser Inschriften stammen aus der Zeit vor 1400, 26 Inschriften aus dem 15. Jahrhundert, und wenn hier von einer Inschrift im Sinne einer Katalognummer die Rede ist, so verbirgt sich dahinter teilweise ein großes Programm wie die Wandmalereien im Nonnenchor (Nr. 8). Die Besonderheit Wienhausens liegt darin, daß man hier die mittelalterliche Ausstattung in einer Weise konserviert hat, wie dies in keinem der anderen Klöster der Fall ist, und das zu einer Zeit, als der Denkmal- und Bestandsschutzgedanke noch in weiter Ferne lag. In nachreformatorischer Zeit verzichtete man offenbar bewußt auf die Anschaffung neuer zeitgemäßerer Ausstattungsstücke wie große Epitaphien für die Dominae, obwohl für deren Anbringung z. B. in den Kreuzgängen durchaus Platz gewesen wäre. Lediglich von einem Epitaph für die Domina Christina von Havickhorst haben sich Fragmente erhalten (Nr. 231), über dessen ursprünglichen Platz ist nichts bekannt. Es findet sich in den Quellen jedoch keinerlei Hinweis auf das Vorhandensein weiterer Epitaphien oder deren Entfernung. Ein auf die Legung von Grabplatten bezogener Schriftwechsel von 1720/21 könnte vielleicht auch das Nichtvorhandensein von Epitaphien erklären. Nach dem Tod einer Konventualin beantragten deren Geschwister die Legung einer Grabplatte auf dem Kirchhof, erhielten jedoch einen abschlägigen Bescheid des Klosters mit der Begründung, daß man den Kirchhof nicht mit immer neuen Grabplatten zupflastern und einer Konkurrenz um immer schönere Grabplatten vorbeugen wolle.29)

Auch wenn ebenfalls keine Quellen vorliegen, die eine bewußte Konservierung zumindest von Teilen der vorreformatorischen Ausstattung belegen, so läßt sich immerhin vermuten, daß hierfür die zu allen Zeiten als besonders empfundene Ausmalung des Nonnenchors ausschlaggebend war. Eine Rolle könnte auch die Auswahl des Bildprogramms mit der Zentrierung auf die Bibel gespielt haben, die ebenso wie die auf dem Heiligen Grab (Nr. 44) dargestellte Christusvita auch nach der Reformation noch zeitgemäß blieb. Dies bedeutete jedoch nicht, daß der Konvent grundsätzlich alles bewahrte, was im Kloster aus der Zeit vor der Reformation vorhanden war. So bat die Domina 1733 um Erlaubnis, Gegenstände aus papistischer Zeit veräußern zu dürfen, darunter Meßgewänder, drei Triumphfahnen, reich besetzte Kreuze sowie drei kleine und drei große Kronen, die an Feiertagen Figuren der Gottesmutter und des Christuskindes aufgesetzt wurden.30) Der reiche noch vorhandene Bestand an mittelalterlichen Ausstattungsgegenständen – wie z. B. die insgesamt 21 bemalten Leuchterstangen, von denen drei heute noch lesbare Inschriften tragen (Nr. 3537) – läßt jedoch darauf schließen, daß es sich bei den veräußerten Dingen um weniger hochwertige Ausstattungsstücke handelte.

Die Wienhäuser Inschriften der vorreformatorischen Zeit sind – anders als in den fünf anderen Klöstern – sehr eng mit der Baugeschichte der Anlage verknüpft, die sich schon durch ihre Größe und den doppelten Kreuzgang von den anderen Klöstern unterscheidet. Der älteste Inschriftenträger des Klosters Wienhausen, das an die schon seit dem 11. Jahrhundert an dieser Stelle vorhandene [Druckseite 22] Archidiakonatskirche angebaut wurde, ist die erst kürzlich aufgefundene Glocke (Nr. 1) aus der Gründungszeit. Ihre geringe Größe legt die Vermutung nahe, daß sie eher in einem kleinen Dachreiter als im Turm der Kirche aufgehängt war. In der Zeit um 1300 wurden die Klostergebäude grundlegend neugestaltet. Ältester heute noch erhaltener Bestandteil der in Backstein errichteten gotischen Anlage ist die Allerheiligenkapelle an dem die beiden Kreuzhöfe voneinander trennenden Gang, die auf das späte 13. Jahrhundert datiert wird.31) Deren ursprüngliche, mit Inschriften versehene Ausmalung aus der Zeit um 1300 (Nr. 7), die im 15. Jahrhundert übermalt wurde, ist heute wieder freigelegt. Ebenfalls direkt nach der Erbauung der entsprechenden Gebäudeteile ausgeführt sind die Wandmalereien im oberen westlichen Kreuzgang (Nr. 3) und im Nonnenchor (Nr. 8). Westlicher Kreuzgang wie Nonnenchor wurden im Zuge der wohl Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Neuerrichtung der Klosteranlage erbaut; über den ursprünglichen, 1531 zerstörten östlichen Kreuzgang, der mit Kapitelsaal und Dormitorium wesentliche Teile der Klausur enthielt und damit zu dem ältesten Baubestand gehört haben dürfte, läßt sich nichts sagen.

Die Datierung des Westflügels auf die Zeit von 1309 bis 1316 ergibt sich aus einem Abgleich der Ende des 15. Jahrhunderts im oberen Kreuzgang angebrachten Inschriften, die eine auf den Anfang des 14. Jahrhunderts datierte Stiftungsdarstellung des Westflügels erläutern (Nr. 3), mit dem Inhalt der Klosterchronik sowie dendrochronologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen. Zusammen mit dem Stiftungsbild wurden auch die großen mit Tituli versehenen Heiligendarstellungen im Obergeschoß des Kreuzgangs ausgeführt. An den westlichen und östlichen Kreuzgang angrenzend wurde etwa gleichzeitig die neue Gemeindekirche mit dem großen erhöhten Nonnenchor im Obergeschoß angebaut, der vom Obergeschoß des Kreuzgangs her zugänglich ist. Die um 1335 erfolgte flächendeckende Ausmalung des gesamten Nonnenchors, die zwar im 15. Jahrhundert mit inzwischen wieder entfernten Übermalungen versehen, aber niemals übertüncht oder durch ein anderes Bildprogramm überdeckt wurde, gilt heute als eines der bedeutendsten erhaltenen mittelalterlichen Bildprogramme Europas. Einzigartig ist auch das hier umgesetzte Inschriftenprogramm, das die dargestellten Figuren zum Sprechen bringt (Nr. 8, vgl. a. Kap. 3. 2.).

Ebenfalls eng an die Baugeschichte – in diesem Fall an die Errichtung der heute nicht mehr erhaltenen Annenkapelle (vgl. Nr. 41) – gekoppelt sind die Ausstattungsgegenstände und ihre Inschriften, die in direkte Verbindung mit der Wienhäuser Äbtissin Katharina von Hoya (vgl. Nr. 41) zu bringen sind. In ihrer langen Amtszeit, die mit einer kurzen Unterbrechung von 1422 bis zu ihrer Amtsenthebung 1469 reichte, stiftete die Äbtissin zahlreiche, in der Klosterchronik32) aufgezählte Ausstattungsgegenstände für die von ihr begründete Kapelle, unter denen der bedeutendste das mit einem großen Bild- und Inschriftenprogramm versehene Heilige Grab ist (Nr. 44). Außerdem gehen auf Katharina von Hoya zwei Kelche (Nr. 41 u. 42) und wohl auch der große Heilsspiegel-Teppich (Nr. 39) zurück. Möglicherweise entstanden in ihrer Amtszeit auch der Anna- und der Elisabeth-Teppich (Nr. 78 u. 79).

Damit ist eine Gruppe von Inschriftenträgern angesprochen, die sich in so großer Zahl wie in Wienhausen sonst nur noch in Lüne findet. Die insgesamt neun großen im Klosterstich gestickten Wollteppiche aus dem 14. und 15. Jahrhundert, von denen einer nur noch fragmentarisch erhalten ist, sind heute im Textilmuseum des Klosters ausgestellt. Die auf ihnen dargestellten Motive entstammen dem weltlichen Bereich – Tristanepos (Nr. 5, 16, 21) und Jagd (Nr. 45) – ebenso wie dem geistlichen Bereich – Propheten (Nr. 23), Heilsspiegel (Nr. 39), die Heiligen Thomas (Nr. 28), Anna (Nr. 78) und Elisabeth (Nr. 79). Ihre Inschriften werden im Zusammenhang der allgemeinen Behandlung der Bildbeischriften näher erläutert (vgl. Kap. 3. 2.). Eine weitere Besonderheit des Wienhäuser Bestands ist die große Zahl von kleinen Gegenständen aus dem persönlichen Besitz der Nonnen bzw. aus dem Alltagsleben des Klosters, die zum größten Teil unter dem Gestühl des Nonnenchors gefunden wurden.33) Hierzu gehören Schreibtäfelchen (Nr. 46) und mit Initialen ihrer Besitzerinnen versehene Messer (Anhang) ebenso wie ein kleiner Anhänger in Kreuzform (Nr. 84). Einen Einblick in die Organisation der Gottesdienste oder Chorgebete geben die ehemals zu einer [Druckseite 23] Tafel mit Dienstplan gehörenden Steckschildchen mit Namen der Konventualinnen und der Bezeichnung der Feiertage (Nr. 77). In den Privatbereich einer Konventualin der nachreformatorischen Zeit fällt die komplett erhaltene Ausmalung der Zelle der Engel Wennes von 1593 (Nr. 153), deren Inschriftenprogramm ein besonders schönes Beispiel lutherischer Frömmigkeit bietet. Den großen Kreis der dem Kloster nahestehenden Personen und Familien, aus denen auch die Konventualinnen stammten, repräsentieren die hier in großer Zahl erhaltenen Wappenglasscheiben aus der Zeit ab dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts (Nr. 111).

Unter den insgesamt zehn Wienhäuser Grabdenkmälern aus Kloster und Gemeindekirche sind nur vier für Mitglieder des Konvents bestimmt, neben dem bereits genannten Epitaph für eine Domina handelt es sich um drei im Boden der Allerheiligenkapelle, dem Begräbnisplatz der Äbtissinnen, liegende Grabplatten, von denen die für Katharina von Hoya bestimmte Platte wegen der Zweitverwendung des Steins und der Nennung eines unbekannten Herzogs von Bayern Rätsel aufgibt (vgl. Nr. 51). Die beiden anderen Grabplatten sind für in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts amtierende Dominae gesetzt (Nr. 296 u. 313). Ein besonderes Grabdenkmal stellt die kleine Platte dar, die über dem Herzbegräbnis der Herzogin Magdalena von Brandenburg ebenfalls in der Allerheiligenkapelle in den Boden gelegt wurde (Nr. 47).

Zitationshinweis:

DI 76, Lüneburger Klöster, Einleitung, 2. Die Inschriften der Lüneburger Klöster bis zum Jahr 1700 – Einordnung in die Geschichte der Klöster (Sabine Wehking), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di076g013e004.

  1. Zu allen sechs Lüneburger Klöstern: Ida-Christine Riggert, Die Lüneburger Frauenklöster. Hannover 1996 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 37, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens im Mittelalter 19). Außerdem u. a.: Eva Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter, mit einer Edition des „Konventstagebuchs“ einer Zisterzienserin von Heilig-Kreuz bei Braunschweig (1484–1507). Tübingen 2004 (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe 24). Studien und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter. Ergebnisse eines Arbeitsgesprächs in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 24. – 26. März 1999, hg. v. Falk Eisermann, Eva Schlotheuber u. Volker Honemann. Leiden/Boston 2004 (Studies in Medieval and Reformation Thought 99). Krone und Schleier, Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern, hg. v. der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn u. dem Ruhrlandmuseum Essen. München/Bonn/Essen 2005. Frauen – Kloster – Kunst, Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters, hg. v. Jeffrey F. Hamburger u. a. Oostkamp 2007. »
  2. Hanna Dose, Evangelischer Klosteralltag. Leben in Lüneburger Frauenkonventen 1590–1710 untersucht am Beispiel Ebstorf. Hannover 1994 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXV, Quellen und Untersuchungen zur allgemeinen Geschichte Niedersachsens in der Neuzeit 12). Renate Oldermann, Kloster Walsrode – vom Kanonissenstift zum evangelischen Damenkloster. Bremen 2004. »
  3. Grundlegend zur Geschichte jedes Klosters die Artikel in: Germania Benedictina, Bd. XI: Norddeutschland, Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen, bearb. v. Ulrich Faust OSB. St. Ottilien 1984. Germania Benedictina. Bd. XII: Norddeutschland, Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, bearb. v. Ulrich Faust OSB. St. Ottilien 1994. »
  4. Zur Klosterreform und Reformation in den sechs Klöstern im Überblick: Riggert, Frauenklöster, S. 308–360. »
  5. Leichenpredigt für die 1713 verstorbene Lüner Äbtissin Barbara von Wittorf, HAB Wolfenbüttel, Alv. Nh 227 (8), S. 37f. »
  6. Allgemein zur Geschichte des Klosters Ebstorf vgl. Klaus Jaitner, Ebstorf. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 165–192; Dose, Klosteralltag, S. 37–77; Riggert, Frauenklöster, S. 23–26. »
  7. Zur Baugeschichte der Klöster besonders die einleitenden Kapitel in: Rüdiger Becksmann u. Ulf-Dietrich Korn, Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern. Berlin 1992 (Corpus Vitrearum Medii Aevi, Deutschland, Bd. VII,2). »
  8. Dose, Klosteralltag, S. 218–221. »
  9. Ebd., S. 220. »
  10. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Isenhagen: Heinz J. Schulze, Isenhagen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 228–267; Riggert, Frauenklöster, S. 27–29. »
  11. Chronik des Klosters Isenhagen 1578–1720, bearb. v. Wolfgang Brandis unter Mitarb. v. Eva Grusdt. Gifhorn 2005 (Materialien zur Archivarbeit 8). »
  12. DI 24 (Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne), Nr. 15, 28, 29, 46»
  13. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Lüne: Uta Reinhardt, Lüne. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 377–402; Riggert, Frauenklöster, S. 30–32. »
  14. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Medingen: Uta Reinhardt, Medingen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 518–547; Riggert, Frauenklöster, S. 33–37.  »
  15. Urkundenbuch des Klosters Medingen, bearb. v. Joachim Homeyer. Hannover 2006 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 233, Lüneburger Urkundenbuch, 10. Abt.). »
  16. Dose, Klosteralltag, S. 220, Anm. 15. »
  17. Ludwig Albrecht Gebhardi, Collectanea. 15 Bde., 1762–1798. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, MS XXIII, 848–862, hier Bd. 7 (MS XXIII, 855), p. 619–632. »
  18. Ebd., p. 626. »
  19. Johann Ludolph Lyßmann, Historische Nachricht von dem Ursprunge, Anwachs und Schicksalen des im Lüneburgischen Herzogthum belegenen Closters Meding, dessen Pröbsten, Priorinnen und Abbatißinnen. Halle 1772. »
  20. Johann Heinrich Büttner, Diplomatarium Medingense, nach 1730. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, MS XXIII, 975.  »
  21. Das Kloster Walsrode ist das einzige unter den Lüneburger Klöstern, für das die Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart in einer Monographie aufgearbeitet wurde: Renate Oldermann, Kloster Walsrode – vom Kanonissenstift zum evangelischen Damenkloster. Bremen 2004. Außerdem: Dieter Brosius, Walsrode. In: Germania Benedictina. Bd. XI, S. 534–541. »
  22. Riggert, Frauenklöster, S. 39. »
  23. Oldermann, Kloster Walsrode, S. 51. »
  24. Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 192. »
  25. Allgemein zur Entwicklung des Klosters Wienhausen: Heiko Leerhoff, Wienhausen. In: Germania Benedictina. Bd. XII, S. 756–796; Riggert, Frauenklöster, S. 41–44. Für das Kloster Wienhausen liegt ein ausführlicher Kunstdenkmälerband vor, in dem auch die Inschriften erfaßt sind: Joachim Bühring u. Konrad Maier, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle, Text- und Bildband, Teil II Wienhausen, Kloster und Gemeinde. Hannover 1970 (Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Bd. 34). »
  26. Chronik und Totenbuch des Klosters Wienhausen, hg. v. Horst Appuhn. Wienhausen 1986, p. 16f. »
  27. HSTA Hannover, Hann. 113 III, Nr. 13802. »
  28. HSTA Hannover, Hann. 133 III, Nr. 13792. »
  29. Zur Baugeschichte Maier, Kunstdenkmale, passim, sowie Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 205f. »
  30. Chronik und Totenbuch, p. 16f. »
  31. Horst Appuhn, Kloster Wienhausen. Der Fund im Nonnenchor. Wienhausen 1973 (Führer Kloster Wienhausen IV). »