Die Inschriften des Landkreises Weissenfels

Über den Band

Der Band bietet in 284 Katalognummern und einem Anhang von 30 einzeln überlieferten Jahreszahlen eine kommentierte Edition sowohl der original als auch der kopial überlieferten Inschriften des Landkreises Weißenfels. 109 Artikel des Katalogs und 16 Artikel des Anhangs enthalten Inschriften, die erstmals veröffentlicht werden. Der Anteil der abschriftlichen Überlieferung am Gesamtbestand beträgt 37 %. Die vorliegende Inschriftensammlung schließt eine Lücke in der epigraphischen Bearbeitung der an der mittleren Saale gelegenen, die Städte Jena, Naumburg und Merseburg einschließenden Region. Die im 13. Jh. allmählich einsetzende inschriftliche Überlieferung des Landkreises Weißenfels erreicht bis zur zweiten Hälfte des 15. Jh. eine hohe, bis zum Ende des Erfassungszeitraums 1650 anhaltende Dichte. Die beiden größten Gruppen von Inschriftenträgern sind die Glocken und die Denkmale des Totengedenkens, von denen 94 bzw. 68 Einzeldenkmale nachweisbar oder erhalten sind. Glocken stellen die ältesten und bis zum Ende des 15. Jh. auch die meisten Inschriftenträger; die Grabmäler hingegen stammen größtenteils aus dem 16. und der ersten Hälfte des 17. Jh. Ihre vergleichsweise umfangreiche und vielgestaltige Überlieferung in den alten Amtsstädten Weißenfels und Lützen veranschaulicht das Selbstverständnis amtsherrlicher und städtischer Führungsschichten der Frühen Neuzeit. Außerdem haben sich in der Stadt Weißenfels, dem wichtigsten Standort epigraphischer Überlieferung im Landkreis, Inschriften erhalten, die in anschaulicher Weise Landes- und Kirchengeschichte widerspiegeln. In der Mitte des 16. Jh. entstanden dort Hausinschriften, die ein Bekenntnis zur lutherischen Konfession darstellen. In ihrer auffälligen Dichte belegen sie die Intensität der religiösen Auseinandersetzungen dieser Zeit, die in Mitteldeutschland ihren Ausgang nahmen. Zahlreiche weitere Inschriften dokumentieren insbesondere Baumaßnahmen an Stadt- und Dorfkirchen sowie Stiftungen für die kirchliche Ausstattung vom 15. bis zum 17. Jh. Neben den Texten selbst bieten die Katalogartikel Übersetzungen aller lateinischen Inschriften, Beschreibungen der Inschriftenträger sowie historische, paläographische und kunsthistorische Erläuterungen. Die Einleitung führt in den historischen Zusammenhang der Inschriften ein, gibt einen Überblick über die wichtigsten Gruppen von Inschriftenträgern und bietet eine schriftgeschichtliche Auswertung. Siebzehn Register erschließen das Material unter verschiedenen Gesichtspunkten.

1. GELEITWORT, VORWORT, VORBEMERKUNG UND BENUTZUNGSHINWEISE

Geleitwort

Im Jahr 1996 wurde die vorhabenbezogene Kommission Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig eingerichtet.

Obwohl die Sächsische Akademie seit der Gründung des interakademischen Gesamtunternehmens Die Deutschen Inschriften in den meisten Bänden als Mitglied erwähnt wird, war es zur Zeit der DDR nicht möglich, auch dort eine Arbeitsstelle einzurichten. Aber die von der Berliner Akademie-Arbeitsstelle für Kunstgeschichte bearbeiteten und von der Berliner Akademie der Wissenschaften, später Akademie der Wissenschaften der DDR, herausgegebenen Bände über Naumburg und Merseburg behandelten schon Regionen im Territorium des Bezirks Halle, also im Einzugsgebiet der Sächsischen Akademie. Später kamen die Bände über die Stadt und den Landkreis Jena hinzu. Als „gesamtdeutsches Unternehmen“ für die Regierung der DDR nicht mehr tragbar, haben die Forschungen Die Deutschen Inschriften die Akademie-Reform der DDR nicht überlebt.

Nach der Wiedervereinigung konnte ein neuer Anfang gemacht werden, und es lag nahe, dort neu zu beginnen, wo man hatte aufhören müssen. Deshalb wurde beschlossen, die Inschriften der Merseburg und Naumburg benachbarten Städte und Kreise Zeitz und Weißenfels zu sammeln, zu bearbeiten und zur Publikation vorzubereiten.

Der Band Stadt Zeitz, mit dessen Bearbeitung schon in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begonnen worden war, erschien im Jahre 2001 als 7. Band der Berliner Reihe. Der erste Band der Leipziger Reihe, von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig betreut und herausgegeben, wird hiermit der Öffentlichkeit vorgelegt. Er soll und wird das in den letzten Jahren beträchtlich vorangekommene interakademische Gesamtunternehmen würdig fortsetzen.

Halle/Saale, im Januar 2004

Ernst Schubert
Vorsitzender der Inschriften-Kommission
der Sächsischen Akademie der
Wissenschaften zu Leipzig

Vorwort

Der vorliegende Band enthält die bis zum Jahr 1650 entstandenen, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Landkreises Weißenfels in seinen heutigen Grenzen. Das Bearbeitungsgebiet berührt im Süden den ehemaligen Landkreis Naumburg und nähert sich in südöstlicher bzw. nördlicher Richtung den Stadtgrenzen von Zeitz und Merseburg. Damit schließt der Band eine Lücke zwischen den bereits bearbeiteten Landkreisen und Städten an der mittleren Saale. Mit der Erfassung der einstmals in den Kirchen von Dobergast, Domsen, Grunau, Köttichau, Mutschau und Steingrimma befindlichen epigraphischen Denkmale wird auch ein kleiner Ausschnitt aus der Geschichte und Kultur jener Orte gezeigt, die dem Braunkohleabbau im Südosten des Bearbeitungsgebiets zum Opfer gefallen sind.

Die Arbeit an dem Manuskript wurde durch zahlreiche Institutionen und Personen unterstützt und gefördert. In der Kreisstadt Weißenfels gewährten mir die Stadtarchivarin, Frau Silke Künzel, und die Leiterin des Museums, Frau Dr. Astrid Fick, Zugang zu ihren Depots. Für Hinweise und vielfache Hilfeleistung gebührt ihnen, den Mitarbeitern des Weißenfelser Museums und dem Leiter des Schloßmuseums in Lützen, Herrn Maik Reichel, großer Dank. Den Pfarrern in Weißenfels, Hohenmölsen und Großkorbetha, Herrn Wolfgang Schwarzer, Herrn Thomas Wisch und Herrn Uwe Hoff, die mich bereitwillig unterstützten und den Kontakt zu den anderen Kirchengemeinden ihrer Pfarrsprengel herstellten, sei stellvertretend für alle Mitarbeiter der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, deren Hilfsbereitschaft mir die Inschriftenerfassung wesentlich erleichterte, gedankt. In den Orten selbst waren es vor allem Mitglieder der Kirchengemeinden, die ihre Kirchen aufschlossen und in jeder Weise behilflich waren.

Die Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege von Sachsen-Anhalt in Halle und der Unteren Denkmalschutzbehörde in Weißenfels gewährten mir freundlicherweise Akteneinsicht, stellten Fotografien zur Verfügung und genehmigten deren Reproduktion. Dafür ist den Mitarbeitern beider Behörden, insbesondere aber Herrn Prof. Dr. Peter Findeisen, Frau Christine Köhler und Herrn Reinhard Ulbrich zu danken.

Zahlreiche Anregungen und Verbesserungsvorschläge, die dem Manuskript unmittelbar zugute kamen, gab mein Kollege aus der Hallenser Arbeitsstelle, Dr. Hans Fuhrmann. Er und unsere gemeinsame Kollegin Marion Gronemann haben in erheblichem Maße zur Fertigstellung des Bandes beigetragen. Außer ihnen lasen auch Dr. habil. Frank-Bernhard Müller und Marc-Robert Wistuba Korrektur. Den größten Teil der fotografischen Arbeiten führte Herr Markus Scholz aus, die Zeichnungen fertigte Frau Renate Brömme an. Die Mitarbeiter der Partnerarbeitsstelle an der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, die Herren Dres. Rüdiger Fuchs und Eberhard J. Nikitsch und PD Dr. Sebastian Scholz, unterzogen den Inschriftenkatalog einer gründlichen und kritischen Durchsicht. Einige schwierige lateinische Texte übersetzte Herr Dr. Ilas Bartusch, der an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für das Forschungsvorhaben der Deutschen Inschriften tätig ist. Ihnen allen und auch jenen, die zur Fertigstellung des Bandes beigetragen haben, hier aber nicht namentlich genannt sind, möchte ich ganz herzlich danken!

Der abschließende Dank gebührt der Inschriftenkommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, insbesondere ihrem Vorsitzenden, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Schubert, für die Unterstützung meiner Arbeit und den beständigen Einsatz für die Belange der Arbeitsstelle „Die deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit“. Ernst Schubert, der vor fünf Jahrzehnten mit der Inschriftenerfassung an der mittleren Saale begann, hat am Entstehen des Bandes ganz persönlichen Anteil genommen.

Halle/Saale, im Februar 2004 Franz Jäger

Vorbemerkung und Benutzungshinweise

Die Inschriften des Landkreises Weißenfels wurden nach den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften bearbeitet. Aufgenommen wurden alle erhaltenen und zugänglichen Inschriften mit ihren Trägern sowie die nur in Abschriften, Abzeichnungen oder Fotografien erhaltenen Inschriften bzw. Inschriftenträger, sofern sie sich bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums 1650 im Bearbeitungsgebiet befanden oder bis zu diesem Zeitpunkt in das Bearbeitungsgebiet verbracht wurden. Die für dieses Inschriften-Unternehmen allgemein vorgegebene Zeitgrenze erschien auch hier sinnvoll, da mit Errichtung des Herzogtums Sachsen-Weißenfels 1657 ein Wandel der epigraphischen Überlieferung im Bearbeitungsgebiet eintritt. Die Edition beschränkt sich auf jene Inschriften, die nicht Gegenstand der Spezialdisziplinen Sphragistik und Numismatik oder der Einbandkunde sind.1) Ausgeschlossen blieben auch Inschriften aus dem jüdischen Kulturkreis sowie Runen, Steinmetz- und Meisterzeichen, Hausmarken, Goldschmiede- und Beschauzeichen sowie Monogramme, wenn sie nicht mit Inschriften in Verbindung stehen. Der Katalog ist chronologisch aufgebaut. Seine Artikel gliedern sich in der Regel nach folgendem Schema:

31 Links in der Kopfzeile steht die fortlaufend gezählte Katalognummer.
Ein Kreuz neben der laufenden Katalognummer kennzeichnet eine nichtoriginal überlieferte Inschrift.
(†) Das Kreuz ist in Klammern gesetzt, wenn der originale Inschriftenträger erhalten, die originale Inschrift oder ein erheblicher Teil derselben aber verloren ist.
†(?) Ein Fragezeichen neben dem Kreuz weist darauf hin, daß nicht bekannt ist, ob der Inschriftenträger noch vorhanden ist.
Dehlitz In der Mitte der Kopfzeile ist der letzte feststellbare Standort des Inschriftenträgers angegeben. Ein Kreuz neben dem Standort zeigt an, daß dieser verschwunden ist. Eine Kirche wird mit ihrem Patrozinium bezeichnet, wenn dieses bekannt ist.
1450 Die Datierung am rechten Rand gibt, soweit feststellbar, das Entstehungsjahr der Inschrift an. Bei Grabinschriften wird von einer Herstellung im Todesjahr ausgegangen, wenn keine Hinweise auf eine andere Datierung vorliegen. Entstanden die Inschriften eines Trägers zu unterschiedlichen Zeiten, so werden die Entstehungsjahre in chronologischer Reihenfolge und durch Kommata getrennt wiedergegeben. Die Datierung der jüngeren Inschrift wird zusätzlich mit einer nichtnummerierten Kopfzeile im Katalog vermerkt, die auf den Katalogartikel mit der Textedition verweist. Die Entstehungszeit undatierter Inschriften wurde durch paläographische Untersuchungen, durch die Heranziehung historischer Zeugnisse oder mit Hilfe stilistischer Merkmale des Trägers so genau wie möglich bestimmt. Undatierte Inschriften, für die nur ein Entstehungszeitraum von mehreren Jahren angegeben werden kann, wurden an das Ende dieses Zeitraums gesetzt.
1450(?) Unsichere Datierungen wurden mit einem Fragezeichen versehen.
(1450) Exakte Datierungen, die nicht den Inschriften selbst, sondern anderer Überlieferung entnommen wurden, sind in Klammern gesetzt.

Der auf die Kopfzeile folgende Abschnitt beginnt mit der Benennung des Inschriftenträgers. Er gibt Informationen zur Inschriftenart, zum Material, zum Erhaltungszustand, zur Ikonographie, zur Position der Inschriften auf dem Träger und zur technischen Ausführung. Die Beschreibungen erfolgen vom Blickpunkt des Betrachters aus; nur bei Wappenbeschreibungen ist der heraldische Standort ausschlaggebend. Bei nichtoriginaler Überlieferung wird die für die Edition maßgebliche Text- oder Bildquelle genannt.

Am Ende des Abschnitts stehen die Maße des Inschriftenträgers und der Buchstaben und die genaue Schriftbezeichnung. Bei mehrteiligen Inschriftenträgern sind stets die maximalen Abmessungen von [Druckseite XII] Höhe und Breite angegeben. Die Höhe der Buchstaben wurde wenn möglich am klein- oder großgeschriebenen N gemessen.

A Mehrere Inschriften an demselben Träger werden im Editionsteil durch einzelne Großbuchstaben unterschieden.
A † Ein Kreuz hinter einem Buchstaben kennzeichnet eine nichtoriginal überlieferte Inschrift innerhalb einer Katalognummer, die auch original erhaltene Inschriften enthält.
C ∙ D In der Inschrift verwendete Worttrennzeichen werden durch Punkte auf der Zeilenmitte wiedergegeben. Interpunktionszeichen werden beibehalten, Invokationskreuze als solche wiedergegeben.
/ Ein Schrägstrich markiert das reale Zeilenende auf dem Träger. Die Texte werden fortlaufend wiedergegeben, nur metrische und gereimte Inschriften sind versweise angeordnet.
// Doppelte Schrägstriche kennzeichnen den Übergang des Textes auf ein anderes Schriftfeld und die Unterbrechung eines zusammenhängenden Textes, der nicht auf einem gesonderten Schriftfeld angebracht ist.
() Abkürzungen werden unter Auslassung des Kürzungszeichens in runden Klammern aufgelöst.
HE Unter die Zeile gesetzte Striche kennzeichnen Nexus litterarum. Andere Buchstabenverbindungen sind nicht am Text gekennzeichnet; sie werden in der Schriftbeschreibung oder in den Anmerkungen erläutert.
[] Eckige Klammern machen Textverlust, nicht mehr lesbare Textstellen, Konjekturen des Bearbeiters und Ergänzungen aus nichtoriginaler Überlieferung kenntlich.
[..] Ist bei Textverlust eine Ergänzung nicht möglich, die Zahl der zu ergänzenden Buchstaben aber rekonstruierbar, dann steht in den eckigen Klammern für jeden verlorenen Buchstaben und jede verlorene Ziffer ein Punkt.
[- - -] Ist der Umfang des Textverlustes ungewiß, werden drei Striche in eckige Klammern gesetzt.
⟨. .⟩ Bei der Herstellung der Inschrift absichtlich freigelassenen Stellen – etwa für später nachzutragende Sterbedaten – sind mit spitzen Klammern gekennzeichnet, die entweder Punkte oder Striche oder den tatsächlichen Nachtrag enthalten.
= Worttrennstriche an Zeilenenden und -anfängen sind durch Doppelstriche wiedergegeben.

Die Inschriften werden soweit wie möglich buchstabengetreu wiedergegeben. Kürzungen werden bis auf eine Ausnahme grundsätzlich aufgelöst, sofern eine Lesart gefunden wurde. Die Ausnahme betrifft die inschriftlich angegebenen Bibelstellen, deren intendierte Schreibung insbesondere bei deutschsprachigen Inschriften kaum erkennbar ist. Die Auflösung des im Kreuztitulus enthaltenen Namens Jesu ist vereinheitlicht, da in der Mehrzahl aller Fälle, in denen das Nomen sacrum ausgeschrieben wurde, IHESVS steht. Ferner wurden die Kürzungen der Wappenbeischrift D V (NN) immer mit DER VON (NN) aufgelöst, so wie es an mehreren Inschriftenträgern zu lesen ist. Andere intendierte Schreibweisen können aber nicht ausgeschlossen werden.

Dem Text der Inschrift folgen gegebenenfalls eine Übersetzung, die Angabe des Versmaßes oder des Reimes, die Auflösung des Datums und die Nennung der am Inschriftenträger befindlichen Wappen. Eine Übersetzung der einzeln auftretenden lateinischen Worte sanctus, heilig, und anno domini, im Jahr des Herrn, erschien wegen ihrer Häufigkeit und Geläufigkeit nicht notwendig. In der sogenannten Wappenzeile wurden die Wappenträger näherungsweise ihrer Anordnung am Inschriftenträger entsprechend angeordnet. In der Literatur nicht nachweisbare Wappen werden in den Anmerkungen blasoniert.

Der Kommentarteil enthält Erläuterungen zum paläographischen Befund, zu philologischen Besonderheiten, zum prosopographischen und historischen Hintergrund und zur kunsthistorischen Einordnung des Inschriftenträgers. Die Schriftbeschreibung orientiert sich an der „Terminologie der Schriftbeschreibung“.2)

Der Anmerkungsapparat ist in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen unterteilt. Die Buchstabenanmerkungen enthalten textkritische Angaben wie etwa Textvarianten der Parallelüberlieferung, orthographische Besonderheiten und Hinweise auf unsichere Lesarten. Die betreffenden Textstellen sind stets angegeben. Fehlen sie, dann beziehen sich die Anmerkungen auf den gesamten, jeweils voranstehenden Inschrifttext. Die Ziffernanmerkungen umfassen Zitat- und Literaturnachweise sowie ergänzende Bemerkungen zum Kommentar.

Das Literatur- und Quellenverzeichnis am Ende der Katalognummer nennt die wichtigsten Überlieferungen des Inschrifttextes in chronologischer Reihenfolge.

2. Historischer Überblick

Der Landkreis Weißenfels liegt im Südosten des Bundeslandes Sachsen-Anhalt, im gemeinsamen Grenzgebiet der mitteldeutschen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Er umschließt eine wellige, nach Norden abflachende Ebene, in die sich sowohl kleine Wasserläufe (Greißelbach, Rippach) als auch die Saale tief eingesenkt haben. Die Saale durchzieht den Landkreis von Südwesten nach Norden und trennt das im Westen gelegene Fünftel des Kreisgebiets ab. Die Ebene wird seit Jahrhunderten intensiv landwirtschaftlich genutzt; von der ursprünglichen Bewaldung sind nur noch geringe Reste zumeist in Hanglagen erhalten.

Der Landkreis Weißenfels war seit der Herausbildung des meißnisch-obersächsischen Kulturraumes in diesen eingeschlossen und teilte dessen Geschichte. Er wurde erst 1815 aus dem Königreich Sachsen herausgelöst und der preußischen Provinz Sachsen zugeschlagen, die 1947 größtenteils im Land Sachsen-Anhalt aufging. Die Darstellung der Kreisgeschichte bis 1650 gibt deshalb einen Ausschnitt der sächsischen Geschichte und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, der Geschichte Sachsen-Anhalts wieder. Der folgende kurze landesgeschichtliche Abriß verfolgt die wichtigsten Entwicklungslinien und setzt dort Schwerpunkte, wo die Kenntnis der Regional- und Lokalgeschichte, der Verfassungs- oder Verwaltungsgeschichte zum Verständnis der epigraphischen Überlieferung notwendig ist.

Die Entstehung der mitteldeutschen Marken und Bistümer im Zuge der Ostkolonisation

Die mehrtausendjährige Siedlungsgeschichte des Landkreises Weißenfels gewinnt für die vorliegende Inschriftenedition erst im frühen Mittelalter an Bedeutung.3) Die Kolonisation, Christianisierung und Germanisierung der ehemals slawischen Siedlungsgebiete östlich der Saale prägte die Landschaft in einer Weise, die zwar nicht vordergründig hervortritt, aber doch mittelbar über den ganzen Bearbeitungszeitraum wirksam war.

Nach der Zerschlagung des westlich der Saale gelegenen Thüringer Reiches 531 und der Niederwerfung der östlich der Saale lebenden germanischen Warnen durch die Franken 595 zogen seit der zweiten Hälfte bzw. seit Ende des 6. Jh. slawische (sorbische) Stämme von Osten her in die Gebiete rechts der Saale. Obwohl sie auch den Fluß überschritten und sich in den anliegenden germanischen Altsiedelgebieten niederließen, wurde doch die Saale für Jahrhunderte zur Grenze zwischen den bald durchgängig slawisch besiedelten Gebieten östlich und den überwiegend germanisch bzw. deutsch besiedelten Gebieten westlich des Flusses.4)

Nach der Herausbildung eines deutschen Königreiches und der Übernahme der Königsherrschaft durch das sächsische Fürstengeschlecht der Liudolfinger 919, deren Besitzungen die slawischen Siedlungsgebiete berührten, wurde das Land östlich der Saale erneut zum Zielgebiet territorialer Expansion. Durch mehrere militärische Vorstöße gelang es bis zum Ende des 10. Jh., die slawischen (sorbischen) Stämme östlich der Saale dauerhaft an das deutsche Reich zu binden. Die slawischen Gaue – durch natürliche Grenzen gegliederte Siedlungslandschaften unterschiedlicher Größe5) – wurden in Marken zusammengefaßt und Markgrafen unterstellt. Die Markgrafen amtierten als Vertreter des Königs, der Eigentümer des Markenlandes war.6) Die 968 erstmals erwähnten Markgrafschaften Merseburg, Zeitz und Meißen7) waren jedoch keine feststrukturierten Gebilde, sondern wurden mehrmals nach politischen Erfordernissen neu aufgeteilt. Das heutige Kreisgebiet nördlich von *Treben8) und *Taucha gehörte einschließlich dieser Orte zu dem großen slawischen Gau Chutizi, der in der Mark Merseburg aufging. Der Südteil des Landkreises mit *Teuchern und *Krössuln gehörte größtenteils zum Gau Ducharin (oder Tucharin). Dieser grenzte im Südwesten an den Weta-Gau und im Osten an den Gau Pounzowa, in dem *Grunau lag, und kam mit diesen beiden Gauen zur Mark Zeitz.9) Unter Markgraf Gunther wurden 981/82 die Marken Zeitz und Merseburg mit der Mark Meißen vereinigt. Trotz zeitweiliger Ausgliederung einzelner Gebiete blieb es auch unter den nachfolgenden Markgrafen dabei, so daß die Eigenständigkeit der Marken [Druckseite XIV] Zeitz und Merseburg schon vor Ende des 10. Jh. wieder verlorenging. Sie standen fortan unter der Herrschaft der Markgrafen von Meißen.10)

Die Untergliederung der Marken in Burgwardbezirke hatte längeren Bestand.11) Die im 10. Jh. errichtete, beide Ufer der Saale einbeziehende deutsche Burgwardordnung knüpfte im Altsiedelgebiet an alte fränkisch-deutsche Burgbezirke wie *Burgwerben und *Goseck und im Slawenland an slawische Siedlungszentren an. Slawische Burgen wie *Treben oder *Teuchern (Mittelpunkt des Gaues Tucharin) wurden zu Zentren neuer Burgwardbezirke; in der Nähe alter slawischer Burgen wie Bosau (Mittelpunkt des Gaues Puonzowa) entstanden neue Burgwardzentren (Zeitz im Gau Puonzowa).12) Die politische Herrschaft lag in den Händen deutscher Adliger und Ministerialen, die auch den Landausbau betrieben.13)

Bald nach Beginn der Missionierung der ostsaalischen Gebiete durch den Regensburger Mönch Boso (gestorben 970)14) stiftete Kaiser Otto der Große 968 Missionsbistümer an den Orten Merseburg, Zeitz und Meißen und ordnete die Bistumsterritorien den gleichnamigen Marken zu, wohl um den jungen kirchlichen Institutionen den nötigen militärischen und verwaltungsmäßigen Rückhalt zu geben.15) Die unsicheren Verhältnisse im Slawengebiet mögen hinreichend Anlaß gewesen sein, den Bischofssitz von Zeitz schon 1028 nach Naumburg an der Saale, d. h. an die Grenze des Altsiedelgebiets zu verlegen. 1285 kehrte der Bischof nach Zeitz zurück, wobei Naumburg aber sein offizieller Sitz und der Sitz des Domkapitels blieb. Seither wurde das Bistum mal nach Naumburg, mal nach Zeitz benannt oder trug den Doppelnamen Naumburg-Zeitz.16)

Entsprechend der alten Markengliederung kam der Norden des heutigen Kreises Weißenfels bis zur Linie *Dehlitz–*Großgöhren–*Muschwitz–*Grunau zur Diözese Merseburg und der Süden zur Diözese Zeitz. Bei der Restituierung des 981 aufgelösten Bistums Merseburg im Jahre 1004 – ein Vorgang, auf den hier nicht näher eingegangen werden kann – erhielt dieses vom Bistum Zeitz noch die Sprengel *Treben, Pörsten und *Poserna.

Das heutige Kreisgebiet westlich der Saale lag bis auf die Pfarreien *Großkorbetha und *Wengelsdorf, die zum Bistum Merseburg gehörten, in der schon zu Anfang des 9. Jh. gegründeten Diözese Halberstadt.17) Zu den ältesten, oft mehr als ein Dutzend Dörfer umfassenden Pfarrsprengeln gehörten außer *Großkorbetha (schon Ende des 9. Jh. nachweisbar) und *Teuchern (976 genannt)18) auch *Hohenmölsen (oder das benachbarte *Wählitz) und *Treben. Letztere konnten als Urpfarreien erschlossen werden.19)

Trotz stabiler staats- und kirchenrechtlicher Verhältnisse hatten die Erschließung und Christianisierung des Slawenlandes wohl nur geringe Fortschritte gemacht, bis um 1100 eine neue Kolonisierungsbewegung das Land östlich der Saale erfaßte. Ein starker Zuzug sächsischer, fränkischer, schwäbischer und flämischer Siedler festigte die deutsche Herrschaft und ließ den deutschen Bevölkerungsanteil rasch anwachsen.20) Im 12. Jh. kam es zur ethnischen Durchmischung von Deutschen und Slawen unter zunehmender Dominanz der deutschen Sprache, wie an der Übernahme deutscher Personennamen durch Slawen ersichtlich ist.21) Die Slawen selbst finden bei Einsetzen der epigraphischen Überlieferung in der 2. Hälfte des 12. Jh. nur einmal in einer lateinischen Inschrift Erwähnung, die des ersten Zeitzer Bischofs Hugo als Slawenmissionars gedenkt (DI 52, Zeitz, Nr. 3). Ein bleibendes Zeugnis slawischer Siedlungstätigkeit sind aber die slawisch-sorbischen Ortsnamen sowohl im links- als auch – und dort überwiegend – im rechtssaalischen Teil des Kreises. Sie wurden von den deutschen [Druckseite XV] Herren als Geschlechternamen angenommen und sind auch in Inschriften anzutreffen (z. B. Görschen, d. i. *Groß- oder *Kleingörschen; Posern, d. i. *Poserna; Röhlitz, heute *Markröhlitz).22) Außer Orts-, Flur- und Gewässernamen sind fast keine (alt-)sorbischen Sprachzeugnisse im mittleren Saalegebiet überliefert.23) Infolge eines stetig wachsenden, durch Verbote verstärkten Assimilierungsdrucks ist die sorbische Sprache und Kultur in den Gebieten unmittelbar östlich der Saale schon im späten Mittelalter untergegangen.24)

Die Geschichte der Klöster zu Goseck, Beuditz, Langendorf und Weißenfels

Für die Missionierung und den Aufbau der regionalen Kirchenorganisation hatten die ersten, allesamt dem Benediktinerorden angehörenden Klöster an der mittleren Saale nur eine geringe Bedeutung.25) Diese Klöster waren St. Peter bei Merseburg, gegründet unter dem Merseburger Bischof Werner (1063–1093), St. Georg bei Naumburg, gegründet wohl noch von den Markgrafen von Meißen aus der 1046 ausgestorbenen Familie der Ekkehardinger,26) und das Kloster der Heiligen Maria und Michael in *Goseck am linken Ufer der Saale. Dieses innerhalb des heutigen Kreisgebiets liegende Kloster wurde 1041 von den sächsischen Pfalzgrafen aus dem Hause Goseck bei ihrer Stammburg gegründet und von Benediktinern besiedelt. Die ersten Äbte von Goseck waren vornehmlich süddeutscher Herkunft. Einige von ihnen amtierten zuvor oder zugleich als Äbte des Georgsklosters bei Naumburg, zu dem offenbar engere Beziehungen bestanden. 1134 schloß sich das Kloster Goseck der Hirsauer Reformbewegung an. Die Klostervogtei lag zuerst in den Händen der Klostergründer, der Pfalzgrafen von Sachsen, kam im 12. Jh. an die Landgrafen von Thüringen27) und ging vermutlich im Erbgang 1247 an die Markgrafen von Meißen über. Nach der Mitte des 13. Jh. hatte das Kloster wohl seinen Höhepunkt überschritten;28) aus der Klosterzeit sind nur kleinere Inschriften des 15. und 16. Jh. erhalten (Nr. 39, 104, 120).

Im Zuge einer großen, das ganze Reich durchdringenden Frömmmigkeitsbewegung der Frauen, die sich in zahlreichen Klostergründungen niederschlug, wurden im 13. Jh. auch in *Weißenfels sowie in den nahegelegenen Dörfern Beuditz (heute ein Stadtteil von *Weißenfels) und *(Ober-)Greißlau bzw. *Langendorf Nonnenklöster gegründet. Alle drei Klöster wurden nicht nur von ministerialischen und edelfreien Familien, sondern auch – freilich in unterschiedlichem Maße – von den Bischöfen von Naumburg und Merseburg und den Markgrafen aus wettinischem Hause begünstigt. Für *Weißenfels und *Langendorf sind epigraphische Zeugnisse des mittelalterlichen Klosterlebens überliefert (Nr. 2, 8, 9, 11, 43, 74, 83, 107).

Das 1232 in Beuditz bezeugte, vielleicht älteste, aber auch kleinste der drei Klöster war aus einem 1218 in Prittitz (bei *Plennschütz) gestifteten Hospital hervorgegangen. Es diente auch als Hauskloster der Stifterfamilie, der edelfreien Herren von (Burg-)Werben. Die Geschichte des Klosters und seines Konvents, der wohl nach den Zisterziensergewohnheiten lebte, ist kaum erforscht.29) Die bekannteste, im Kloster tätige Persönlichkeit war sicherlich der 1519/20 zeitweilig angestellte Seelsorger Thomas Müntzer, der als radikaler Kirchenreformer und Führer eines thüringischen Bauernheeres 1525 hingerichtet wurde.30) Unter dem Einfluß reformatorischer Ideen verließen schon 1523 acht Nonnen das Kloster;31) die übrigen wurden bei Reformierung der Klöster im Herzogtum Sachsen 1540 nach *Langendorf umgesiedelt. Die aufgegebene Klosteranlage hat man 1544 verkauft.

[Druckseite XVI]

Die Gründer des 1230 erstmals bezeugten, erst in *Obergreißlau und wohl seit den achtziger Jahren des 13. Jh. im benachbarten *Langendorf ansässigen Nonnenklosters sind unbekannt. Der Konvent wurde sowohl dem Zisterzienserorden als auch dem Benediktinerorden zugerechnet und befolgte wahrscheinlich wie andere Nonnenklöster „die Benediktinerregel in Verbindung mit Zisterziensergewohnheiten“ (Walter Schlesinger). Aus den letzten Jahrzehnten des Konvents ist ein Klosterstatut überliefert.32) 1540 lebten in *Langendorf 15 Nonnen und 5 Laienschwestern, darunter auffällig viele dem Leipziger Bürgertum entstammende Frauen. 1559 war das Kloster verlassen.33)

Sehr gut bezeugt sind Gründung und frühe Geschichte des Klarissenkonvents in *Weißenfels, über die eine in der Mitte des 14. Jh. verfaßte Klosterchronik berichtet. Das Kloster wurde 1284 von Markgraf Dietrich von Landsberg auf Betreiben seiner Tochter Sophia gestiftet, 1285 an der vorstädtischen Nikolaikirche eingerichtet und 1301 in eine neue, in der Stadt erbaute Klosteranlage verlegt. Zur Festigung der Ordensgewohnheiten siedelten Nonnen aus dem älteren Klarissenkloster in Seußlitz an der Elbe (heute Diesbar-Seußlitz) nach *Weißenfels über. Das Kloster in *Weißenfels wurde in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens von der Gründerfamilie und deren Verwandten gefördert und von mehreren Töchtern hochadliger Familien, u. a. von Sophia von Landsberg und Margaretha, der Tochter des Markgrafen Heinrich von Brandenburg, bezogen. Es war offensichtlich auch als fürstliche Grablege vorgesehen, denn schon in der Nikolaikirche wurden Angehörige verschiedener wettinischer Linien beigesetzt (Nr. 2, 200). 1304 wurden die Gebeine des Sohnes des Klostergründers, des ebenfalls als Fundator verehrten Markgrafen Friedrich Tuta, in die neue Klosterkirche umgebettet, wo schon Friedrichs Mutter Helena ihre Ruhestätte gefunden hatte. Wenige Jahrzehnte nach dem frühzeitigen Erlöschen der Gründerfamilie 1291 verlor das Kloster seine herausragende Stellung. Klosterstatuten sind aus dem Jahr 1513 überliefert. Bei der evangelischen Visitation 1540 lebten in *Weißenfels 19 überwiegend dem westsächsisch-thüringischen Landadel entstammende Nonnen und eine Laienschwester.34) Nach der Herkunft der Nonnen zu urteilen, hatte das Kloster in *Weißenfels einen vornehmeren Status als das in *Langendorf. Die Zahl der Klosterinsassen entsprach etwa der mittelgroßer meißnischer Nonnenklöster wie Seußlitz.35) Mit dem Tod der letzten Äbtissin Margaretha von Watzdorf 1570 erlosch die Klostergemeinschaft endgültig.

Entstehung und Ausbau der wettinischen Landesherrschaft an der mittleren Saale

Die Herrschaftsverhältnisse und die Kirchenorganisation des frühen Mittelalters haben in den epigraphischen Zeugnissen des Bearbeitungsgebietes keinen unmittelbaren Niederschlag gefunden. Viel stärkere und nachhaltige Wirkung auf die epigraphische Überlieferung im Landkreis Weißenfels hatte die wettinische Territorialherrschaft, die Ende des 11. Jh. begründet und über den gesamten Bearbeitungszeitraum ausgebaut wurde. 1089 hat Kaiser Heinrich IV. den aus dem Haus Wettin stammenden Markgrafen der Ostmark, Heinrich von Eilenburg, mit der Mark Meißen belehnt. Heinrich begründete die Herrschaft der Wettiner in den mitteldeutschen Marken, die trotz mehrmaligen Lehnsentzugs (1123, 1195, 1291) immer wieder in den Besitz der Familie zurückgeführt werden konnten.36)

Wettinisches Eigengut konzentrierte sich u. a. in dem Gebiet zwischen *Weißenfels und den in Nordthüringen gelegenen Burgplätzen Camburg und Eisenberg und bildete die wichtigste Grundlage der wettinischen Territorialherrschaft an der mittleren Saale. Die Konzentration wettinischer Güter um *Weißenfels ergibt sich aus dem gehäuften Nachweis wettinischer Vasallen in der Umgebung von Weißenfels (u. a. in *Ober- oder *Untergreißlau, *Ober- oder *Unternessa und in *Weißenfels [Druckseite XVII] selbst),37) aus der kurzzeitigen Existenz einer Grafschaft Weißenfels gegen Ende des 12. Jh. und später noch aus reichen Schenkungen der Wettiner an das Klarissenkloster in *Weißenfels.38) Leider sind aber Zeitpunkt und Umstände der Erwerbung der Burg Weißenfels, die nach vorherrschender Annahme in den achtziger Jahren des 12. Jh. von Markgraf Otto dem Reichen in Besitz genommen wurde, bislang nicht hinreichend geklärt.39)

Als 1190 Otto der Reiche starb, hinterließ er seinem älteren Sohn Albrecht die Mark und seinem jüngeren Sohn Dietrich ein Gebiet um *Weißenfels, in dem dieser zwischen 1195 und 1197 als Graf in Erscheinung trat.40) Aus heute nicht mehr ersichtlichen Gründen versuchte Albrecht, seinen Bruder aus diesem Gebiet zu verdrängen, und führte während seiner kurzen Herrschaft zwei Heerzüge gegen Dietrich. Dieser konnte sich zunächst nur mit Hilfe des thüringischen Landgrafen Hermann (I.) behaupten,41) gewann aber nach dem Tod seines Bruders 1195 und dem Tod Kaiser Heinrichs VI. 1197 die gesamte Mark Meißen (Belehnung 1199).

Der wettinische Familienkonflikt gab Landgraf Hermann Gelegenheit, Einfluß auf die Machtverhältnisse an der mittleren Saale zu nehmen, wie es schon sein Bruder und Vorgänger, Landgraf Ludwig III., in den Jahrzehnten zuvor versucht hatte.42) Der älteste Sohn Hermanns, Ludwig IV., schien sogar eine große Erweiterung der landgräflichen Territorialherrschaft in Aussicht zu haben, als er beim Tode des Markgrafen Dietrich 1221 zum Vormund für dessen minderjährigen Sohn Heinrich bestellt wurde und schließlich sogar die Lehnsanwartschaft auf die Mark Meißen erhielt.43) Doch das Schicksal begünstigte die Wettiner: Die landgräfliche Familie der Ludowinger erlosch 1247, und Dietrichs Sohn Heinrich, genannt der Erlauchte, erbte deren thüringische Eigengüter und Lehen und vereinigte sie mit seinen Besitzungen zu dem größten Herrschaftskomplex, der bis dahin in Mitteldeutschland geschaffen worden war.44)

Die Ausbildung und Festigung der wettinischen Landesherrschaft im Gebiet der mittleren Saale war durch das frühe Aussterben anderer hier ansässiger oder begüterter hochadliger Geschlechter bis Mitte des 13. Jh. offensichtlich begünstigt worden. Die im Gebiet der mittleren Saale liegenden Güter der Ekkehardinger (der Vorgänger der Wettiner als Markgrafen von Meißen), der sächsischen Pfalzgrafen von Goseck und der Landgrafen von Thüringen waren – sofern sie nicht der Kirche übereignet wurden – größtenteils in wettinischen Besitz übergegangen, so daß sie keinem mit den Wettinern konkurrierenden Herrschaftsträger zugute kamen.45) Leider hat aber auch keine der früh erloschenen Familien epigraphische Zeugnisse im Bearbeitungsgebiet hinterlassen.

Als nun wiederum Heinrich der Erlauchte daranging, seinen Herrschaftsbereich zwischen sich und seinen Söhnen und Enkeln aufzuteilen,46) übereignete er 1261/62 dem mittleren seiner drei Söhne, Dietrich, genannt der Weise, ein relativ großes und einträgliches Herrschaftsgebiet, das außer der Mark Landsberg47) mit Burg und Stadt Landsberg und anderen, zwischen Saale und Weißer Elster gelegenen Gütern die Städte Delitzsch, Leipzig, Groitzsch, *Weißenfels und *Hohenmölsen umfaßte.48) Der bevorzugte Aufenthaltsort Dietrichs des Weisen, der 1261 erstmals auf einem Siegel als Markgraf von Landsberg erscheint,49) war *Weißenfels. 1285 beerbte ihn sein noch junger Sohn Friedrich Tuta, dem es in der kurzen Regierungszeit, die ihm beschieden war, gelang, den größten Teil der Mark Meißen mit den Städten Dresden und Meißen zu erwerben.50) Mit seinem frühen erbenlosen Tod [Druckseite XVIII] 1291 erlosch die Familie der Markgrafen von Landsberg wieder; die Hinterlassenschaft Friedrich Tutas teilten dessen wettinische Verwandte untereinander auf.

Die Herrschaftsverhältnisse in den beiden folgenden, politisch bewegten Jahrzehnten sind schwer zu durchschauen, da durch Interventionen der deutschen Könige und Vorstöße benachbarter Fürsten große Teile des wettinischen Herrschaftsgebietes zeitweilig in andere Hände gelangten. König Adolf von Nassau (1292–1298) zog die Mark Meißen, die vom Reich zu Lehen ging, an sich und setzte einen Statthalter ein, der wohl auch im Weißenfelser Gebiet Herrschaftsrechte ausübte.51) Nach der Niederlage eines königlichen Heeres bei dem östlich von Zeitz gelegenen Marktflecken Lucka 1307 und dem Tod König Albrechts von Habsburg 1308 gelang es schließlich Friedrich dem Freidigen, einem Vetter Friedrich Tutas und Erben aller wettinischen Allode und Lehen, den jahrzehntelangen Kampf um dieses Erbe zu seinen Gunsten zu entscheiden.52) Er vereinigte fast alle ehemals wettinischen Herrschaftsgebiete in seiner Hand und leitete eine lange Phase territorialpolitischer Konsolidierung ein, in der die wettinischen Herrschaftsansprüche in Mitteldeutschland weder vom deutschen König noch von einem anderen Territorialherren mehr angefochten wurden.

Landesherrliche Gerechtsame unterschiedlichster Art werden durch landesherrliche Wappen an Grenzsteinen, Stadttoren, öffentlichen und auch privaten Gebäuden (Nr. 136, 139, 140, 178, 184; Anhang I, Nr. 12, 27, 28) angezeigt; die Verwaltungsstruktur der wettinischen Landesherrschaft wird in Grabschriften und anderen Inschriften landesherrlicher Amtsträger (Nr. 186, 187, 215, 226, 238, 244, 245, 262, 270, 272) sichtbar. Deshalb gehört zur geschichtlichen Darstellung ein kurzer Abriß der Amtsverwaltung, wie sie sich vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges ausbildete.

Die Grundlage landesherrlicher Gewalt waren Lehnsrechte, die schon 1349/50 in „districtus“ genannten Gerichts- oder Amtsbezirken zusammengefaßt wurden.53) Der „districtus“ Weißenfels war eines der größten und – wie zumindest für die Jahre zwischen 1488 und 1537 erwiesen ist – ertragreichsten Ämter im Herzogtum Sachsen.54) 1378 gliederte sich das „Wizzinvels castrum cum attinenciis“ in die „sedes“ (Gerichtsbezirke), *Burgwerben, *Großkorbetha, *Hohenmölsen, *Markwerben, *Poserna und Stößen (heute im Burgenlandkreis), von denen unmittelbar vor der Reformation noch die Gerichtsstühle *Burgwerben, *Hohenmölsen und Stößen bestanden.55) Es ist erkennbar, daß Orte, die als Burgwarde (*Burgwerben) oder Urpfarreien (*Großkorbetha, *Hohenmölsen/ *Wählitz) schon früh in die Geschichte eingetreten waren, bis in das späte Mittelalter eine Vorrangstellung behielten und sich auch in der frühen Neuzeit durch Wirtschaftskraft und Größe von anderen Orten abhoben.

Das im nordöstlichen Teil des Bearbeitungsgebiets eingeschlossene Amt Lützen war nicht wettinisch, sondern Eigentum des Merseburger Domstifts. Im letzten Drittel des 13. Jh. gebildet, umfaßte es im wesentlichen die Gerichtsstühle zu Eisdorf, Lützen und Markranstädt sowie Stadt und Burg Zwenkau – Orte, die bis auf *Lützen heute alle im Freistaat Sachsen liegen.56) Teile des Amtes Lützen wurden nach dem Wiener Kongreß 1815 dem Kreis Merseburg einverleibt und 1952 zum Landkreis Weißenfels gezogen.57) Der Weißenfelser Kreis umfaßte außerdem bis zur Umbildung der Kreise 1952 noch Orte, die heute im Burgenlandkreis (Osterfeld, Stößen) oder gar im Freistaat Thüringen liegen (Schkölen).

Im Amtsbezirk vertrat ein Amtmann, später Amtshauptmann genannt, den Landesherrn als Grund- und Gerichtsherrn.58) Namen von Weißenfelser Amtsleuten sind seit dem frühen 14. Jh. überliefert; seit etwa 1420/30 sind die Amtsleute bzw. Amtshauptleute zu Weißenfels mit zunehmender Häufigkeit bezeugt. Sie gehörten durchweg dem Adel an.59) Schon seit Ende des 15. Jh. wurden aber die [Druckseite XIX] Amtsgeschäfte tatsächlich kaum noch von den Amtsinhabern wahrgenommen. Denn es handelte sich zumeist um Adlige wie den Weißenfelser Amtshauptmann Johann von Wolffersdorff auf *Dehlitz (1549–1610), die in unterschiedlichen und gelegentlich mehreren Funktionen häufig oder ständig am Hof des Landesherrn tätig waren und die das Amt bzw. die Amtseinnahmen wohl als Teil ihrer Besoldung vom Landesherrn zugesprochen bekamen (vgl. Nr. 238). Sie nahmen seit der Mitte des 16. Jh. nur noch Aufsichtsfunktionen in einem Amt oder auch in mehreren Ämtern wahr. Die Amtsverwaltung selbst ging an die seit dem 15. Jh. nachweisbaren Amtsschösser über, die anfänglich nur als Finanzverwalter eingesetzt wurden. Die Amtsschösser, meist bürgerliche Juristen wie der unter Johann von Wolffersdorff in *Weißenfels tätige Johann Repscher (1557–1609), nannten sich auch Amtsverweser oder Amtsvögte (vgl. Nr. 226). Neben ihnen sind seit der Mitte des 16. Jh. bürgerliche Amtsschreiber belegbar. Diese übernahmen allmählich die Finanzverwaltung der Ämter und rückten damit an die Stelle in der Amtsverwaltung, die durch den Aufstieg der Amtsschösser freigeworden war.60) Zu den unteren Amtsleuten, die gelegentlich auch Ämter leiteten, gehörte im Bearbeitungszeitraum noch der Geleitsmann, der hauptsächlich für die Sicherheit der Straßen verantwortlich war.61) Diese Personalstruktur der Amtsverwaltung ist bis zum Ende des Bearbeitungszeitraumes im wesentlichen unverändert geblieben.

Die Reformation im albertinischen Sachsen und im Gebiet des Hochstifts Merseburg und der Aufbau einer neuen Kirchenverwaltung

Die politische Geschichte des Spätmittelalters ist durch epigraphische Denkmale nicht unmittelbar bezeugt. Auch die älteste, historische Ereignisse betreffende Inschrift – sie berichtet von den Judenverfolgungen und den Geißlerzügen 1349/50 (Nr. 45) – ist wohl erst ein Jahrhundert später entstanden. Deshalb sollen Ereignisse des 15. und frühen 16. Jh., die ohnehin keine nachhaltigen Auswirkungen auf das Bearbeitungsgebiet und dessen epigraphische Überlieferung hatten, nur gestreift werden. Vom Hussiteneinfall 1429/30 berichten nur jüngere Autoren;62) der Sächsische Bruderkrieg verwüstete 1447 das Weißenfelser Umland;63) der Bauernkrieg versetzte die Bauern 1525 in der Umgebung von Droyßig (heute Burgenlandkreis) in Aufruhr, berührte aber kaum das übrige Amtsgebiet.64) Die stärksten und nachhaltigsten Auswirkungen auf Geschichte und Kultur – mithin auch auf die epigraphische Überlieferung – des Bearbeitungsgebiets hatten die sogenannte Leipziger Teilung der wettinischen Erblande zwischen den Brüdern Ernst und Albrecht 1485, die das Amt Weißenfels dauerhaft der albertinischen Linie verband, und die kirchliche Reformation 1539/40. Ließen die politischen Ereignisse des 15. Jh. die religiösen Überzeugungen und kirchlichen Institutionen noch weitgehend unberührt, so führte hingegen die Reformation zu einer über den kirchlichen Bereich hinauswirkenden Umwälzung. Es kam zu einer so engen Verknüpfung von Landes- und Kirchenpolitik, daß in der weiteren Darstellung die Kirchengeschichte als politische Geschichte behandelt werden kann. Die Reformation veränderte nicht nur die Liturgie und das kirchliche Brauchtum, sondern auch die kirchlichen Institutionen und die Kirchenorganisation.

Die Klöster und Stifte waren zunächst am stärksten betroffen. Das Benediktinerkloster Goseck und die Nonnenklöster Beuditz, Langendorf und Weißenfels dienten wie viele andere Klöster und Stifte im ausgehenden Mittelalter der lebenslangen Versorgung adliger und zunehmend auch bürgerlicher Nachkommen. Die Äbtissinnen, Äbte und Pröpste der Klöster kamen im späten Mittelalter zumeist aus dem einheimischen Niederadel (u. a. aus den Familien von Bünau, Burkersroda, Posern, Schenk von Wiedebach).65) Die Domkapitel zu Merseburg und Naumburg hingegen waren nichtadligen Klerikern nur eingeschränkt zugänglich. Sie besaßen nur wenige Präbenden, die sich seit dem 15. Jh. ein vergleichsweise kleiner Kreis adliger Familien vorzubehalten wußte. Unter diesen nahm wiederum die Familie von Bünau mit ihren verschiedenen Linien (darunter die auf *Teuchern) eine herausragende Stellung ein (vgl. Nr. 132).66)

[Druckseite XX]

Die Klöster und Stifte waren in unterschiedlichem Umfang mit Grundbesitz67) und Einkünften aller Art ausgestattet. Zu den Einkünften der Klöster und Stifte gehörten auch die Einnahmen inkorporierter Pfarrkirchen, so z. B. die von *Weißenfels, die dem Weißenfelser Klarissenkloster, oder die von *Burgwerben, die dem Georgsstift in Altenburg (Thüringen), die von *Hohenmölsen, die dem Naumburger Moritzstift, oder die von *Zorbau, die dem Benediktinerkloster St. Georg bei Naumburg zukamen. Meßdienst und Seelsorge waren oft Stifts- oder Klostergeistlichen übertragen, die zudem – üblicherweise – mehrere Präbenden dieser Art in Besitz hatten.68) Einzelne Mess- oder Altarstiftungen dienten oft auch der Versorgung von Angehörigen der Stifterfamilien wie die der Herren von Könneritz in der Klosterkirche zu *Langendorf. Ein Nutznießer dieser Stiftung, der inschriftlich mehrfach bezeugte Naumburger Domherr und Langendorfer Klosterverwalter Andreas von Könneritz (gestorben 1493), gibt ein typisches Beispiel für die Pfründenkumulation in der Hand eines einzelnen Klerikers (Nr. 43).

Aus der Häufung von Präbenden erwuchsen vielfältige Verpflichtungen zu Messdienst und Seelsorge, denen die Pfründeninhaber oft nicht mehr in dem geforderten Umfang nachkommen konnten. Diese und andere kirchliche Mißstände, die hier nicht näher dargestellt werden sollen, versuchte Herzog Georg, seit 1500 Herr des albertinischen Sachsen, durch eine reformorientierte Kirchenpolitik und eine Klostervisitation von 1535 bis 1538 abzustellen, er scheiterte aber an vielfältigen Widerständen. Der lutherischen Reformation, wie sie im ernestinischen Sachsen durchgeführt wurde, widersetzte er sich jedoch mit Nachdruck.69) Nach seinem Tod 1539 übernahm sein Bruder Heinrich der Fromme (gestorben 1541) die Herrschaft und führte die Reformation nach dem Vorbild seiner ernestinischen Vettern durch,70) wobei das Merseburger Stiftsgebiet um *Lützen ausgenommen blieb.

Visitatoren und Sequestratoren besuchten 1539/40 alle Klöster und Stifte im albertinischen Sachsen, untersagten ihnen Neuaufnahmen und stellten das Kloster- bzw. Stiftsvermögen unter treuhänderische Verwaltung. Die Klosterinsassen, die das Kloster verlassen wollten, erhielten eine Entschädigung, den übrigen – wie z. B. den letzten Mönchen in *Goseck 154471) – wurden das Wohnrecht und eine Versorgung im Kloster auf Lebenszeit zugestanden.72) Widerstand leisteten die Nonnenklöster, die als Versorgungsanstalten adliger Töchter eine nicht zu unterschätzende Bedeutung besaßen.73) Die Domstifte zu Merseburg und Naumburg blieben als privilegierte Adelskollegien erhalten, wenn sich auch die Zahl ihrer Präbenden im Lauf der folgenden Jahrzehnte ständig verkleinerte.74) 1543 begannen aber auch Verkauf und Verpachtung von Klostervermögen und Klosteranlagen zugunsten des Fiskus.75) Ein erheblicher Teil der Verkaufserlöse und bei der Sequestrierung angefallene überschüssige Vermögenswerte wurden der Neueinstellung und Besoldung von Pfarrern und Lehrern und der Armenversorgung zur Verfügung gestellt.

Das Schulwesen der städtischen Lateinschulen und der deutschen Schulen in Städten und Dörfern wurde umgestaltet, erheblich vermehrt und vereinheitlicht und generell der Aufsicht kirchlicher Amtsträger unterstellt. Stadt- und Dorfgemeinden wurden in unterschiedlicher Weise verpflichtet, für die Unterhaltung der Schulen zu sorgen.76)

Zeitweilig wurde das sequestrierte Kirchenvermögen auch zur Versorgung von Angehörigen der landesherrlichen Familie herangezogen, wie die Einrichtung der Merseburger Bistumsadministratur 1544, die allein der standesgemäßen und haushaltsschonenden Versorgung des jüngeren Bruders des Kurfürsten Moritz dienen sollte, und die Übertragung des ehemaligen Weißenfelser Klarissenklosters zum Nießbrauch an Moritz' Schwester Sidonie (1573–1575) zeigen (Nr. 165).

Im Merseburger Stiftsgebiet konnte die Reformation wegen des Widerstands der Bischöfe erst in den 40er Jahren durchgeführt werden. Seit 1519 versuchte der Merseburger Bischof Adolf von Anhalt (1514–1526) den Einfluß der Wittenberger Reformatoren in seinem Bistum zurückzudrängen und die herkömmliche Kirchenordnung aufrechtzuerhalten. Seine Amtsnachfolger Vinzenz von Schleinitz (1526–1535) und Sigismund von Lindenau (1535–1544) führten seine antireformatorische Politik [Druckseite XXI] fort, vermochten den katholischen Ritus aber nur in Teilen des Stiftsgebiets zu erhalten.77) Nach dem Tod Sigismunds setzte der seit 1541 regierende Herzog Moritz von Sachsen, ein bekennender Lutheraner, die Wahl seines Bruders August zum weltlichen Administrator des Bistums durch. Während der Administratur Herzog Augusts wurde nun auch das Merseburger Stiftsgebiet reformiert.78) 1548 mußte August jedoch das Amt wieder aufgeben und seine Hofhaltung nach *Weißenfels verlegen. Die zeitweilige Wiedereinsetzung eines katholischen Bischofs in Merseburg vermochte das evangelische Bekenntnis der Stiftsuntertanen aber nicht mehr zu erschüttern, obwohl mit Michael Helding (Bischof von 1549/50 bis 1561) einer der engagiertesten Vertreter der vortridentinischen katholischen Kirchenreform berufen wurde.79) Nach dem Tod Heldings stellte der seit 1553 als Kurfürst regierende August die Administratur des Hochstifts Merseburg als Apanage für die albertinischen Erbprinzen wieder her und gewährte sie seinem ältesten Sohn Alexander (1561–1565).80) Es blieb fortan bei dieser Einrichtung, bis der Stiftsbesitz 1657 schließlich sogar zur Ausstattung des albertinischen Sekundogenitur-Herzogtums von Sachsen-Merseburg verwendet wurde.

Die Reformation bewirkte nicht nur tiefgreifende, hier nicht näher darzustellende Veränderungen im Kultus,81) sondern brachte auch eine neue kirchliche Organisation hervor. Diese knüpfte im albertinischen Sachsen nicht an die vorreformatorische, in die frühe Zeit der Christianisierung zurückreichende Kirchenorganisation (Archidiakonate, Dekanate) an. Hat man die alte Parochialgliederung insgesamt nur wenig verändert, so wurden doch die mittlere und die obere Ebene der Kirchenhierarchie völlig neugestaltet. Die Pfarreien wurden in Superintendenturen zusammengefaßt, deren Umfang sich an den Amtsbezirken orientierte. Wie im Fall von *Weißenfels war die Amtsstadt oft auch Sitz des Superintendenten. Zwischen 1543 und 1546 wurde mit den Kirchenkonsistorien von Merseburg, Leipzig und Meißen die obere Ebene der Hierarchie geschaffen, die sich zwar an den vorreformatorischen Bistumsgrenzen orientierte, aber eine neue Form der Kirchenführung darstellte. Das später nach Dresden verlegte Meißner Konsistorium wurde allen anderen kursächsischen Konsistorien übergeordnet.82) Die Ausbildung der evangelischen Landeskirche fand unter dem Herzog bzw. Kurfürsten Moritz von Sachsen (1541–1553) ihren vorläufigen Abschluß.

Die Anordnung der Reformation nach landesherrlichem Beschluß, ihre Durchführung durch landesherrliche Beauftragte, die enge Verflechtung von Kirchenorganisation und Landesverwaltung und die Kontrolle des Landesherrn über die sequestrierten Kirchengüter oder gar deren Aneignung führten zu einer außerordentlichen Stärkung des albertinischen Staatswesens,83) gaben aber auch der jungen evangelischen Kirche politischen Rückhalt.

Landesherrschaft und Landeskirche im albertinischen Sachsen vom Schmalkaldischen Krieg 1546/47 bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges

Obwohl sich Herzog Moritz beständig zur evangelischen Konfession bekannte, stellte er sich doch aus erbrechtlichen und machtpolitischen Erwägungen in den Dienst der Reichspolitik Kaiser Karls V.84) Im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 stand Moritz an der Seite des Kaisers und kämpfte gegen seine protestantischen Verwandten aus ernestinischer Linie. Nach dem Sieg der kaiserlichen Partei erhielt er als Entlohnung einen Teil der 1485 den Ernestinern zugefallenen Gebiete mit dem Kurkreis und der Stadt Wittenberg und damit schließlich die sächsische Kurwürde (offizielle Belehnung 1548).85) Obwohl Moritz 1551 in das protestantische Lager wechselte und als Führer des erfolgreichen Fürstenaufstands 1552 den Fortbestand des Protestantismus in Deutschland sicherte, verweigerte er doch die Rückgabe der ihm aus ernestinischem Besitz übereigneten Besitzungen und Standesprivilegien. Der Gebietszuwachs veranlaßte Moritz zu einer verwaltungsmäßigen Neugliederung seiner Territorien, die das neue Kurfürstentum Sachsen für Jahrhunderte prägen sollte. 1547 wurden alle albertinischen [Druckseite XXII] Ämter fünf Kreisen zugeteilt, denen Oberhauptleute vorstanden.86) Das Amt Weißenfels gehörte fortan zum Thüringischen Kreis.

Moritz' Bruder und Nachfolger, Kurfürst August (1553–1586), übernahm dessen Führungsposition unter den protestantischen Fürsten, war aber außenpolitisch weniger aktiv als Moritz. Der Augsburger Reichstag 1555 verkündete einen allgemeinen Landfrieden, gewährte die endgültige reichsrechtliche Anerkennung der Reformation und förderte so eine jahrzehntelange friedliche Entwicklung des albertinischen Sachsen. August bemühte sich mit Erfolg um die wirtschaftliche Konsolidierung, den inneren Ausbau seines Landes und die Modernisierung des Rechts- und Finanzwesens. Als 1564 der letzte katholische Bischof von Naumburg, Julius von Pflug, gestorben war, erhielt Augusts Sohn Alexander auch die neugeschaffene Administratur des Hochstifts Naumburg.87)

Die unter August gefestigte evangelische Landeskirche des albertinischen Sachsen wurde unter Christian I. (1586–1591) einer schweren Prüfung ausgesetzt, als der Kurfürst in der sogenannten Zweiten Reformation versuchte, die letzten Reste der katholischen Liturgie und den Exorzismus bei der Taufe mit landesherrlicher Gewalt abzuschaffen. Das setzte ihn und seine Räte dem Verdacht aus, heimliche Anhänger des Calvinismus zu sein, und führte zu scharfen Konflikten mit der evangelischen Geistlichkeit (vgl. Nr. 194) und dem Adel.88) Doch brach nach Christians frühem Tod die Zweite Reformation schnell zusammen.

Die größte Gefährdung für Kirche und Staat brachte der Dreißigjährige Krieg mit sich. Kurfürst Johann Georg I. (1611–1656) verhielt sich zunächst neutral, sah sich aber nach dem kaiserlichen Restitutionsedikt von 1629, das die Wiederherstellung der katholischen Bistümer und die Rückgabe der Kloster- und Stiftsvermögen vorsah, zu politischer Stellungnahme gezwungen. Die Umsetzung dieses Edikts hätte ihn u. a. der merseburgischen und naumburgischen Stiftsgüter beraubt. Deshalb koalierte Johann Georg 1631 mit dem protestantischen König von Schweden, Gustav II. Adolf, und setzte damit das Kurfürstentum, vor allem dessen westliche Landesteile mit dem Amt Weißenfels, den Angriffen des kaiserlichen Heeres aus (1632 Schlacht bei *Lützen). 1635 schloß er mit dem Kaiser einen Friedensvertrag, der u. a. eine Aussetzung des Restitutionsedikts für vierzig Jahre vorsah – und machte sich damit seine ehemaligen Verbündeten zu Gegnern. Die folgenden anhaltenden Auseinandersetzungen mit den Schweden beendete erst ein 1645 abgeschlossener Waffenstillstand. Bei Kriegsende 1648 waren große Teile des Kurfürstentums verheert, der Status quo von 1618 jedoch gefestigt. Der Friedensschluß zu Münster brachte den protestantischen Stiftskapiteln, darunter denen von Merseburg und Naumburg, auch die dauerhafte reichsrechtliche Anerkennung.

Die Städte im Landkreis Weißenfels

Außer einigen Dorfkirchen mit einem vergleichsweise großen, zum Teil aber aus verschiedenen Kirchen zusammengetragenen Inschriftenbestand (*Goseck, *Kistritz, *Markröhlitz, *Untergreißlau, *Wengelsdorf) bewahrten vor allem die Stadt *Weißenfels und die Kirchen der anderen Städte des Landkreises zahlreiche Inschriftenträger. Deshalb sei die Geschichte der Städte gesondert behandelt.

Zum heutigen Landkreis Weißenfels gehören die Städte *Weißenfels, *Hohenmölsen, *Lützen und *Teuchern. Ihre mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte ist in ganz unterschiedlichem Maße erforscht und dokumentiert. Die für den Zeitraum bis Anfang bzw. Mitte des 14. Jh. stadtgeschichtlich ergiebigen Quellen sind vergleichsweise gut publiziert, während die Quellen für die nachfolgenden anderthalb Jahrhunderte bisher nur partiell erschlossen wurden. Deshalb bleibt die Stadtgeschichtsschreibung für das 14. und das 15. Jh. auch auf die ältere, in unterschiedlichem Maße verläßliche lokalgeschichtliche Literatur angewiesen. Zur Stadtgeschichte der Frühen Neuzeit vermag die weitverzweigte reformationsgeschichtliche Forschung manches beizutragen.

Die besten Voraussetzungen für eine stadtgeschichtliche Darstellung bietet die Literatur zu *Weißenfels. Erste lokalhistorische Druckschriften liegen hier schon aus dem 17. Jh. vor. Deren älteste, die „SINGULARIA WEISSENFELSENSIA“ des Simon Erfurth, gibt jedoch lediglich eine stark schematisierte topographisch-statistische Beschreibung der Stadt. Dagegen bemüht sich Johannes Vulpius in seinen 1674 erschienenen „Sonderbahren Nützlichen Gedächtnissen“, einen sowohl auf ungeprüft [Druckseite XXIII] tradierten als auch auf belegbaren Fakten basierenden chronologischen Geschichtsabriß zu geben.89) Beide Werke enthalten immerhin so viele Informationen sowohl zur Stadtgeschichte als auch zum historiographischen Horizont ihrer Entstehungszeit, daß das Fehlen vergleichbarer Werke über die anderen Städte des Bearbeitungsgebiets nur zu bedauern ist.

Eine wichtige Hilfe bei der prosopographischen Bearbeitung der Inschriften sind die von Lokalforschern des 20. Jh. zusammengestellten Listen der Ratsverwandten und Amtsleute von *Weißenfels. Es handelt sich um die Exzerpte von Paul Frenzel, Max und Siegfried Thielitz – auszugsweise publiziert 1935 bzw. 1988 – und Gustav Thierbach. Die Autoren benutzten erklärtermaßen unterschiedliche Quellen, doch erwähnt Thierbach als eine seiner Quellen eine von dem (auch inschriftlich bezeugten) Weißenfelser Bürgermeister Peter Horn (vgl. Nr. 213) im Jahr 1616 erstellte Liste der Bürgermeister, die möglicherweise auch den anderen Autoren vorgelegen hat.90) Sie ist leider z. Z. im Stadtarchiv nicht auffindbar. Ein Vergleich der Personallisten untereinander und mit der epigraphischen Überlieferung macht erfreulicherweise deutlich, daß die Autoren weitgehend übereinstimmende Daten erhoben und daß diese nur selten von den inschriftlich bezeugten Fakten abweichen. Deshalb konnten insbesondere die umfangreichen Aufzeichnungen von Thielitz als verläßliche Arbeitsgrundlagen genutzt werden.

*Weißenfels ist die größte Stadt im Bearbeitungsgebiet.91) Aus dem mittelalterlichen Weißenfels und seinen Vorstädten stammt etwa ein Viertel der edierten Inschriften. Die Burg auf dem weißen Felsen an der Saale, die der Stadt den Namen gab, war wohl eine slawische Gründung, die nach Errichtung der deutschen Herrschaft östlich der Saale mehrere Besitzerwechsel erlebte, bis sie von Markgraf Otto von Meißen (1156–1190), genannt der Reiche, erworben wurde.92) Die Burg war umgeben von slawischen Siedlungen, deren (eingedeutschte) Ortsnamen überliefert sind. Es handelt sich um Tauchlitz, einst im Bereich der Naumburger Straße gelegen, um Horklitz, das wohl mit der Siedlung auf dem Georgenberg identifiziert werden kann, und um Klengow, das dem Klingentor und der Klingenvorstadt (Leipziger Straße, Hohe Straße) die Namen gegeben hat.93) Über die Ansiedlung der Deutschen und die planmäßige Anlegung einer Stadt zwischen den älteren Siedlungen liegen keine verläßlichen Zeugnisse vor.94) Nach heutigem Kenntnisstand erscheint der Name der zukünftigen Stadt erstmals 1192 als Herrschaftstitel eines „Theodoricus de Wizenvels“. Das ist der spätere Markgraf von Meißen, Dietrich der Bedrängte (1197–1221), ein Sohn Ottos des Reichen, der sich zeitweilig auch Graf von Weißenfels nannte.95) Dietrich gilt als bedeutender Förderer des sächsisch-meißnischen Städtewesens, der Stadtgründungen als Mittel zum Ausbau der markgräflichen Herrschaft nutzte. Vielleicht ist die regelmäßige Stadtanlage mit der Pfarrkirche St. Mariae auf ihn zurückzuführen.96)

Wichtigste Voraussetzung für die Stadtgründung war außer der Nähe der Burg die verkehrsgünstige Lage an der Via regia, Königsstraße, die Frankfurt am Main und Leipzig verband und von Leipzig aus über Breslau weiter nach Osteuropa führte. Im künftigen Stadtgebiet kreuzte die Königsstraße oder Hohe Straße einen wichtigen, von Halle an der Saale ausgehenden, die Saale überquerenden und weiter durch Mitteldeutschland nach Böhmen führenden Handelsweg.97) Die nachweislich hohen Geleiteinnahmen im späten Mittelalter belegen die wirtschaftliche Bedeutung dieser Straßen.98)

Die älteste Niederlassung der Deutschen ist vermutlich in oder bei der Siedlung Tauchlitz zu suchen, die noch im 19. Jh. als „Altstadt“ bezeichnet wurde. In der „Altstadt“ gab es eine 1268 erstmals erwähnte St.-Nicolai-Kirche, die wahrscheinlich die erste Pfarrkirche im heutigen Stadtgebiet gewesen [Druckseite XXIV] war, bis 1301 aber die Parochialrechte verloren hatte.99) Sie war vermutlich eine Stiftung deutscher Kaufleute, die sich wohl in der ersten Hälfte des 12. Jh. in Tauchlitz niedergelassen und die Kirche dem Schutzheiligen ihres Standes geweiht hatten. Mit der Entstehung einer Kaufmannssiedlung konstituierte sich eine eigenständige Gemeinde freier Personen, deren Rechtsstatus auch bei der folgenden Stadtgründung Geltung behalten sollte. Als dann die Stadt *Weißenfels angelegt und mit eigenem Recht privilegiert wurde, verließen die Kaufleute die „Altstadt“ (später auch Nikolaivorstadt genannt) und siedelten in die neue Stadt über. Dieser Vorgang ist durch Schriftquellen nicht belegbar, läßt sich aber anhand der gesicherten Fakten – die Existenz einer „Altstadt“ mit einer ehemaligen Pfarrkirche St. Nicolai, die bei der planmäßigen Stadtgründung ausgegrenzt wurde – und in Analogie zu ähnlichen Stadtgründungen rekonstruieren.100)

Den rechtlichen Status der Neugründung „Wizenvelz“ bestätigt die erstmalige Erwähnung eines „civis de Wizenvelzensi“ 1233.101) Pfarrkirche der neuen Stadt und der alten Siedlungen Tauchlitz, Horklitz und Klengow wurde nun die neue, erstmals 1268 erwähnte Marienkirche am Markt.102) Als frühester Beleg für die Weißenfelser Marienkirche galt lange Zeit irrtümlich eine Urkunde Friedrichs I. Barbarossa von 1158,103) die als Insert eines Weißenfelser Diploms aus dem 15. Jh. überliefert ist, tatsächlich aber für die Kirche der Hll. Maria und Michael in Lissa bei Delitzsch (Sachsen) ausgestellt wurde. Durch die Übereignung des Patronats der Lissaer Kirche an das Klarissenkloster zu *Weißenfels Anfang des 14. Jh. gelangte diese Urkunde in die Weißenfelser Tradition.104) Ob der erste nachweisbare Pfarrer von *Weißenfels, der zwischen 1212/15 und 1232 mehrfach als Zeuge genannte „Hermannus plebanus de Wizenuels“, schon der neuen Pfarrkirche vorstand, ist ungewiß.105)

Der Ausbau der Stadt und ihres Marktes machten wohl, insbesondere gegen Ende des 13. Jh., rasche Fortschritte. „Villicus“ (1250), Schultheiß (1290) und „advocatus“ (1297) regierten in Vertretung des markgräflichen Stadtherrn;106) sie wurden vielleicht schon im 13., spätestens aber im 14. Jh. wie in anderen mitteldeutschen Städten durch die 1290 erstmals erwähnten „consules“,107) Bürgermeister oder Stadträte, abgelöst. 1255 wird ein Weißenfelser Getreidemaß erwähnt,108) das auf einen umfangreichen und geregelten Warenumschlag am Ort schließen läßt. Die wirtschaftliche Bedeutung der in *Weißenfels ansässigen Kaufleute beweisen Privilegien Albrechts des Entarteten und Friedrichs des Freidigen, die diesen 1291 die Zoll- und Geleitsfreiheit in allen wettinischen Landen zusicherten. Dieses Privileg ist bis in die Neuzeit hinein immer wieder erneuert worden.109)

Die Vorteile eines wichtigen Verkehrsknotens und die schon erörterte, zentrale Lage inmitten wettinischer Besitzungen110) machten *Weißenfels seit dem frühen 13. Jh. zu einem bevorzugten Aufenthalts- und Beurkundungsort der Markgrafen von Meißen.111) So nimmt es nicht wunder, daß die 1238 erstmals urkundlich erwähnte Burg112) zum Hauptsitz des seit 1261/62 selbständig herrschenden Markgrafen von Landsberg, Dietrichs des Weisen, gewählt wurde und bald darauf auch auf der Burg und in der Stadt die Ämter und Institutionen urkundlich in Erscheinung treten, die zu einer zeitgemäßen landesherrlichen Hofhaltung gehörten.113) Markgraf Dietrich forcierte den Ausbau der Stadt als Herrschaftssitz und Vorort der Region, indem er bis 1272 (Ersterwähnung) eine Münzstätte einrichtete114) und das erste in (bzw. bei) *Weißenfels nachweisbare Hospital stiftete.

Das St.-Mariae-Hospital wurde 1269/74 durch den Markgrafen Dietrich und seine Gemahlin Helena vor der Saalebrücke, am linken Ufer der Saale, gegründet und 1310 durch Friedrich den Freidigen von allen Abgaben befreit. 1404 soll es einen Ablaßbrief vom Merseburger Bischof Otto von Honstein [Druckseite XXV] erhalten haben.115) 1571–1574 wurde das Hospital um- oder neugebaut, 1877/78 verkauft, schließlich abgebrochen und durch einen Neubau an anderer Stelle ersetzt.116) Unbekannt ist aber, seit wann es dem hl. Laurentius geweiht war, der spätestens seit Einführung der Reformation als Patron erscheint. Daß es sich aber um eine kirchliche Einrichtung in der Nachfolge des im 13. Jh. gegründeten Marienspitals handelt, steht allein schon wegen ihres historischen Standorts außer Frage.

Wohl durch Alter und Tradition begünstigt, war das Hospital St. Mariae bzw. St. Laurentii das reichste der drei Weißenfelser Hospitäler, wie es sich schon in seinem volkstümlichen Namen „Reiches Spittel“ ausdrückt. Daneben gab es die jüngeren Hospitäler St. Nicolai an der Naumburger Straße und St. Jacobi, vor dem Nikolaitor am Greißelbach gelegen. Das Patrozinium läßt vermuten, daß das Jakobihospital als Pilgerhospiz gegründet worden war. Noch in der frühen Neuzeit stand es – wohl in ursprünglicher Tradition – Fremden offen. Das Jacobihospital, dessen beschränkte Vermögensverhältnisse ihm den Namen „Armes Spittel“ eintrugen, wurde 1669 geschlossen und ein Jahr später abgerissen.117)

Das Nikolaihospital nutzte wahrscheinlich die Gebäude des zuerst an der Nikolaikirche angesiedelten und 1301 verlegten Klarissenklosters und ist schon 1328 bezeugt. Nach mehrmaliger baulicher und institutioneller Umgestaltung wurde es 1839 in ein Krankenhaus umgewandelt und in einen Neubau an anderer Stelle verlegt.118)

Große Bedeutung für das religiöse Leben der Stadt hatte das 1284 gestiftete und seit 1301 in der befestigten Stadt ansässige Klarissenkloster, dem schon seit 1285 die Stadtpfarrkirche St. Mariae inkorporiert war.119) Außerdem existierten in Weißenfels eine Terminei der Leipziger Dominikaner, eine Kalandbruderschaft sowie andere geistliche Einrichtungen, Kapellen und Bruderschaften, deren Geschichte aber zumeist noch der wissenschaftlichen Aufarbeitung bedarf.120)

Nach dem Tod Friedrich Tutas und der Auflösung der Markgrafschaft Landsberg 1291 wurde *Weißenfels Objekt widerstreitender Herrschaftsansprüche. Wohl stellten noch Onkel und Vetter Friedrich Tutas, Albrecht der Entartete und dessen Sohn Friedrich der Freidige, für und in *Weißenfels Urkunden aus, doch fand ihre Herrschaft über die Stadt und den zugehörigen Gerichtsbezirk mit den Feldzügen König Adolfs von Nassau (1292–1298) ein vorläufiges Ende. Überliefert ist ein Besuch Adolfs im Klarissenkloster,121) der vermutlich während eines Feldzugs (1294/95 oder 1295/96) stattfand. Die Stadt (und die Burg?) *Weißenfels soll von Adolfs Nachfolger, König Albrecht von Habsburg (1298–1308), den Bischöfen von Merseburg verpfändet und durch Diezmann, einem anderen Sohn Albrechts des Entarteten und Markgrafen der Ostmark, 1303 gegen *Burgwerben eingetauscht worden sein.122)

Wegen ihrer verkehrsgünstigen Lage im Grenzgebiet alter Kulturlandschaften war die Stadt *Weißenfels zumeist auch von Kriegszügen,123) Pestepidemien und anderen Unglücksfällen betroffen, die Mitteldeutschland im 14. und 15. Jh. heimsuchten. Deren langfristige Auswirkungen lassen sich beim gegenwärtigen Stand der lokalhistorischen Forschung kaum abschätzen. Am allgemeinen Aufschwung der mitteldeutschen Städte im 15. Jh. hatte *Weißenfels durch die Weichbildverleihung 1454 und die Verleihung fast aller Gerichte 1483 Anteil.124) Am Ausgang des Mittelalters war *Weißenfels schriftsässig und besaß Sitz und Stimme im albertinischen Landtag.125) Bauliche Zeugnisse städtischer Prosperität waren die Erneuerung der Stadtbefestigung in der zweiten Hälfte des 15. Jh.126) und der in mehreren Phasen um 1430 bzw. ab 1465 errichtete Neubau der Stadtpfarrkirche (Nr. 32, 44, 108).

[Druckseite XXVI]

Voraussetzung für die umfangreiche Bautätigkeit war eine wirtschaftliche Entwicklung, die *Weißenfels zwischen 1485 und 1539 zu einer der ertragreichsten Städte des Herzogtums Sachsen machte.127) Große und bis in die Neuzeit anhaltende Bedeutung besaß das Schuhmacherhandwerk, dessen Gesellen 1486 eine Innung gründeten.128) Die herausragende Stellung der Schuhmacher im städtischen Wirtschaftsleben äußerte sich vor der Reformation auch in kirchlichen Stiftungen (Nr. 61, 108) und nach der Reformation (zumindest von 1567 bis 1607) in der zeitweiligen Bestellung der Kirchen- und Schulkustodie. In welcher Beziehung die Schuhmacher zu dem mit einem aufwendigen, auf 1554 datierten Portal versehenen Haus Jüdenstraße 19 standen, ist nicht bekannt. Das Portal zieren Schilde mit dem Gewerkezeichen der Schuhmacher und dem Wappen des Herzogtums Sachsen (Nr. 140). Außerdem spielte die wirtschaftliche Nutzung der Saale, d. h. die durch weitreichende Privilegien begünstigte Flußfischerei und seit Mitte des 16. Jh. auch die Flößerei, eine bedeutende Rolle.129) Im 15. und 16. Jh. erwarb die Stadt mehrere Rittergüter in der Umgebung von *Weißenfels (*Markwerben, *Uichteritz)130) und die ehemaligen Klostergüter zu Beuditz (1556) und *Langendorf (1570).131) Die hohen Einkünfte der Stadt und des Amtes ließen die Burg bzw. das Schloß zu *Weißenfels zwischen dem 13. und dem 16. Jh. mehrfach als Leibgedinge und Wittum wettinischer Fürstinnen geeignet erscheinen.132)

Wann sich Juden in *Weißenfels niederließen, ist bislang nicht bekannt. Sollte sich aber die an der Kirche angebrachte Inschrift, die von einem Judenpogrom im Jahre 1350 berichtet, auf *Weißenfels beziehen, gäbe sie den terminus ante quem (Nr. 45). In der zweiten Hälfte des 14. Jh. ist jedenfalls jüdisches Leben in *Weißenfels mehrfach bezeugt. 1384 soll hier sogar ein „Judenturnier“ stattgefunden haben, vermutlich eine Versammlung von Vertretern verschiedener jüdischer Gemeinden. In der Nähe des Marktes, an der Südseite der Leipziger Straße, befanden sich die Häuser der Juden und die 1402 bezeugte Synagoge. Nach der endgültigen Vertreibung der Juden 1425 wurde das ehemalige jüdische Quartier verkauft und gänzlich umgestaltet.133) Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jh. war als letztes Zeugnis der mittelalterlichen Judengemeinde ein Stein mit einer hebräischen Inschrift erhalten, der vermutlich aus der untergegangenen Synagoge stammte.134)

Bis zum Ausgang des Mittelalters hatte sich die Struktur der Stadtverwaltung ausgebildet, wie sie noch mehr als ein Jahrhundert fortbestehen sollte. 1485 (?) werden erstmals der Bürgermeister, der Stadtrichter, zwei Kämmerer und vier Ratsherren als amtierender Stadtrat bezeugt.135) Sie stellten ein Drittel der Ratsverwandten, die nach einem Jahr von dem nächsten Drittel abgelöst wurden. Nachdem das dritte Drittel wiederum ein Jahr amtiert hatte, gingen die Amtsgeschäfte an diejenigen Ratsverwandten über, die sie letztmals drei Jahre zuvor übernommen hatten. Nach Aufnahme in den Rat konnten die „Ratsverwandten“ in alle Ämter gewählt werden, mußten aber i. d. R. erst ein niederes Amt versehen haben (Kämmerer bzw. Stadtrichter), um das nächsthöhere wahrnehmen zu können (Stadtrichter bzw. Bürgermeister). In allen Ämtern war offensichtlich eine Wiederwahl in unbegrenzter Häufigkeit möglich. Der Ratswechsel fand im Laufe des Kalenderjahres statt,136) so daß sich eine Verschiebung der Amtsjahre gegenüber den Kalenderjahren ergab. Daraus lassen sich die immer wieder feststellbaren, um ein Jahr differierenden Angaben der historisch überlieferten Amtszeiten der Ratsverwandten erklären. Den Rat unterstützten angestellte Ratsschreiber, die in Zusammenhang mit vorliegender Arbeit erst in der zweiten Hälfte des 16. Jh. in Erscheinung treten (Nr. 179).

1619 trat eine neue Ratsverfassung in Kraft, die die Zahl der Kämmerer auf einen reduzierte. Das Amt [Druckseite XXVII] des Stadtrichters sollte vom jährlichen Ratswechsel ausgenommen und über einen längeren Zeitraum mit derselben Person besetzt werden.137) Landesherrliche Eingriffe in die städtische Selbstverwaltung waren selten, aber keineswegs ungewöhnlich, blieb doch die kommunale Autonomie der landesherrlichen Stadt *Weißenfels stets herrscherlicher Willkür unterworfen. In Vertretung des Landesherrn konnte auch, wie mitunter geschehen, der Amtshauptmann in die Stadtverwaltung eingreifen (Nr. 139).

Hatte die Stadt *Weißenfels schon vor der Reformation die wirtschaftliche und politische Struktur entwickelt, die bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums Bestand haben sollte, so führte die Reformation eine Umwälzung herbei, deren Auswirkungen noch über Jahrzehnte hinaus zu spüren waren. Am 3. Juni 1539 hielt der Vikar Thomas Hoffmann in der Marienkirche die erste evangelische Predigt und reichte das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Die ersten, auf Befehl Herzog Heinrichs von Sachsen im September 1539 tätigen Visitatoren schafften die Privatmessen ab und schlossen alle Kapellen, sofern sie nicht mit Hospitälern verbunden waren.138) Die fortan ungenutzten Nebenaltäre der Pfarrkirche St. Mariae wurden erst 1583 abgebrochen, die Altarretabel aber weiterhin in der Kirche belassen (vgl. Nr. 102, 126).139) Sie gingen erst in den folgenden Jahrhunderten verloren.

Die Kirche des 1540 geschlossenen Klarissenklosters wurde 1546 teilweise abgebrochen, 1560/61 auf Betreiben der noch im ehemaligen Klostergebäude lebenden letzten Äbtissin Margaretha von Watzdorf wiederhergestellt und fortan bis zum Ende des 18. Jh. als Predigtkirche und Grabstätte für hochgestellte Persönlichkeiten der Stadt und des Amtes genutzt.140) 1632 wurden hier die Innereien (ohne das Herz) des auf dem Schlachtfeld bei *Lützen gefallenen schwedischen Königs Gustav Adolf beigesetzt. Sie waren entnommen worden, als ein Weißenfelser Arzt den Leichnam für die Überführung nach Schweden präparierte.141) Drei auf der Nonnenempore aufbewahrte Altarretabel hat man 1592, 1593 und 1619 verkauft bzw. verschenkt.142)

Bei Einführung der Reformation wurde außer der gottesdienstlichen Ordnung auch das öffentliche Schulwesen reformiert und 1540 eine Lateinschule für Knaben eingerichtet. Zu den Schulbediensteten gehörten u. a. der Schulmeister (Rektor), ein Kantor und ein Organist, der mitunter auch das Amt des Küsters (Kustos) versah.143) Die Schulämter genossen offensichtlich ein hohes Ansehen, denn sie ermöglichten einigen Bürgern den Aufstieg in den Stadtrat: so den ersten drei Rektoren Johannes Meiner, Peter Horn und Johannes Caesar und den Organisten und Küstern Heinrich Colander und Blasius Theuring (Nr. 179, 189, 213, 232). Im Jahre 1540 wurden auch die Aufgaben der Hospitäler enger gefaßt: das Nicolaihospital sollte allein Frauen und das Jacobihospital Fremden und Sterbenskranken vorbehalten sein.144)

Während des Schmalkaldischen Krieges, zu Anfang des Jahres 1547, besetzten die Truppen Kurfürst Johann Friedrichs die zum albertinischen Sachsen gehörende Stadt *Weißenfels und andere Orte der Umgebung. Sie wurden aber bald darauf von dem albertinischen Amtshauptmann Christoph von Ebeleben und dem Feldhauptmann Georg von Altensee genannt Wachtmeister für Herzog Moritz von Sachsen zurückgewonnen.145) Für seine vielfältigen militärischen Verdienste erhielt Georg von Altensee 1548 von Moritz das Klostergut *Goseck als Entgelt übereignet (vgl. Nr. 149).

Im Zuge der politischen Neugestaltung des mitteldeutschen Raumes nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde *Weißenfels zeitweilig wieder wettinische Residenz. Herzog August, Moritz' Bruder, beschloß, seinen eigenen Hofstaat auf dem Schloß einzurichten, das ihm sein Bruder mit Stadt und Amt 1548 überlassen hatte. Moritz entschädigte August damit für den Verlust der Administratur des Bistums Merseburg. Bedrängt von Kaiser Karl V., der Merseburg als katholischen Bischofssitz zu erhalten wünschte, und vom altgläubigen Merseburger Stiftskapitel, das wegen Augusts bevorstehender Verehelichung mit Anna von Dänemark dessen Amtsverzicht forderte, mußte August 1548 die Administratur aufgeben. Sofern er nicht in politischem Auftrage seines Bruders unterwegs war, residierte er bis zum Tode Moritz' 1553 in *Weißenfels.146) In diesen wenigen Jahren begann in der Stadt eine rege [Druckseite XXVIII] Bautätigkeit, die noch heute am Denkmalsbestand ablesbar ist. Die Errichtung neuer, massiver Gebäude wurde gefördert durch einen Erlaß Augusts von 1550 (oder 1551), der anordnete, daß die Häuser mit steinernen Giebeln und Brandmauern zu versehen, mit Ziegeln zu decken und Gewölben auszustatten seien, daß die feuergefährdeten Scheunen aus der Stadt verlegt und eine Feuerordnung eingeführt werden müsse.147) Hofbeamte errichteten anspruchsvolle, mit Inschriften ausgezeichnete Bauten, von denen einige gänzlich, andere nur noch teilweise erhalten sind. So ließ der herzogliche Kanzler Hieronymus von Kiesewetter das spätere Geleitshaus (Große Burgstraße 22; vgl. Nr. 136) und der herzogliche Kammersekretär Simon Rost das heutige „Schütz-Haus“ (Nikolaistraße 13; vgl. Nr. 137) erbauen.148) August selbst veranlaßte 1551 den Neubau der Brückenmühle am linken Saaleufer, des zwischen Saale und Stadtmauer gelegenen Kuttel- oder Schlachthofs und der durch die Stadtmauer dahin führenden Kuttelpforte149) und unterstützte wohl auch die Errichtung der 1553 vollendeten Stadtschule (Nr. 139).150)

Der Regierungsantritt Augusts als Kurfürst von Sachsen im Jahre 1553 eröffnete eine lange Periode politischer Stabilität und kontinuierlicher wirtschaftlicher Entwicklung, die erst mit dem wirtschaftlichen Niedergang am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges endete. Vor allem die Jahre zwischen 1590 und 1610 zeichneten sich durch verstärkte, auch epigraphisch belegbare Bautätigkeit aus (Nr. 187, 189, 213, 225). Zwischen 1616 und 1621 jedoch sah sich die Stadt schuldenhalber zum Verkauf zweier Mühlen, der in städtischem Besitz befindlichen Güter in *Uichteritz und *Langendorf u. a. m. gezwungen.151) Die durch Hochwasser 1622 schwer beschädigte Saalebrücke mußte die Stadt an den Kurfürsten übereignen, da ihr die Mittel zu deren Wiederherstellung fehlten.152) Nach dem Kriegseintritt des Kurfürstentums Sachsen wurde auch *Weißenfels von den Kriegsfolgen getroffen. Von 1631 bis 1647 erlitt die Stadt fast jährlich – mitunter sogar mehrmals im Jahr – Truppendurchmärsche, Plünderungen, Einquartierungen, Requirierungen und Kontributionsforderungen kaiserlicher, schwedischer und kursächsischer Truppen.153) Nichts veranschaulicht das Elend jener Jahre mehr als die durch schwedische Truppen 1636 zerstörte Saalebrücke, die trotz ihres hohen wirtschaftlichen Wertes erst Jahre nach Kriegsende (1654–1657) wiederhergestellt werden konnte.154) Das Schloß wurde 1632 durch kaiserliche Söldner in Brand gesteckt und von Dezember 1644 bis Januar 1645 durch die Schweden demoliert, teilweise entfestigt und gesprengt.155) In Anbetracht der desolaten Verhältnisse resignierte der Amtshauptmann von Weißenfels, Rudolf von Dieskau, 1640. Nach seinem Rücktritt blieb das Amt zwölf Jahre vakant.156)

Das „oppidum“ *Hohenmölsen liegt am Rand einer Hochfläche östlich des Rippach. Der 1236 erstmals urkundlich erwähnte Marktflecken ist vermutlich aus einer frühmittelalterlichen Siedlung hervorgegangen. Stadtherren waren die Wettiner, die den Ort 1284 dem Klarissenkloster in *Weißenfels übereigneten. Die Schenkung vollzog Markgraf Dietrich von Landsberg, der aber eine Nutzung der Gerechtsame seiner Gemahlin Helena (gestorben 1304) auf Lebenszeit vorbehielt. Obwohl das Kloster mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich die Stadtherrschaft übernommen hatte, trat es als Stadtherr kaum in Erscheinung.157) 1457 erwarb der Stadtrat das Niedergericht und 1611 (oder 1619) pachtweise das Obergericht.158) Der amtierende Stadtrat bestand aus Bürgermeister, Stadtrichter, Kämmerer und zwei weiteren Ratsverwandten.159) Das seit dem 14. Jh. bezeugte Landgericht (der [Druckseite XXIX] „Stuhl“) zu *Hohenmölsen verlor in der Neuzeit mehr und mehr zugunsten des Weißenfelser Gerichts an Bedeutung.160)

Die Stadtpfarrkirche St. Petri wurde 1236 dem Augustinerchorherrenstift St. Moritz in Naumburg inkorporiert.161) Seit der evangelischen Visitation 1540 war die Hohenmölsener Kirche nachweislich eine Filialkirche der Pfarrei im benachbarten *Wählitz.162) Ein Unterstellungsverhältnis hatte vielleicht schon – zumindest zeitweilig – vor der Reformation bestanden, denn die Kirche von *Wählitz war um 1300 ebenfalls unter das Patronat des Naumburger Moritzstifts gekommen und beschäftigte drei (!) Priester, was auf eine sehr große Parochie schließen läßt.163) 1612 bekam *Hohenmölsen wieder einen eigenen Pfarrer, mußte aber das Kirchenpatronat, das vermutlich nach der Reformation der Stadt zugefallen war, an den Kurfürsten abgeben (vgl. Nr. 185).164)

Die Stadt blieb von Kriegszügen, Seuchen und Bränden nicht verschont, wurde aber besonders nachhaltig durch den bei Plünderungen ausgelösten, großen Stadtbrand von 1639 geschädigt.165)

Die in einer fruchtbaren Ebene liegende Stadt *Lützen wurde planmäßig in einer ursprünglich dichter besiedelten Landschaft angelegt. In unmittelbarer Umgebung der heutigen Stadt gab es mehrere Dörfer, die aber wüst fielen und deren Fluren in der Lützener Stadtflur aufgingen.166) Die namensgebende Vorgängersiedlung *Lützens war slawischen Ursprungs;167) der Stadtgründer ist unbekannt. *Lützen war offenbar Königsgut, bis es 1282 im Tausch den Bischöfen von Merseburg übereignet wurde, die aber schon eher, nachweislich 1269, den Ort besaßen.168) Ansprüche der Wettiner auf den Markt *Lützen und das territorialpolitisch bedeutende Landgericht zu *Lützen, die nach dem Aussterben des Landsberger Zweiges der Familie 1291 erhoben wurden, konnte Bischof Heinrich von Ammendorf (1284–1301) wohl nur mit großem diplomatischem Geschick abwehren.169) 1290 erscheint *Lützen als „villa forensis“, Marktflecken, und 1297 als „oppidum“.170) Die Entwicklung der Stadt und ihres Marktes, der allerdings nie überregionale Bedeutung gewann, wurde durch die Lage an der von Frankfurt (Main) nach Leipzig führenden Hohen Straße begünstigt. Das hier ansässige Geleit brachte dem bischöflichen Geleitsherrn hohe Einnahmen.171) Die wirtschaftliche Bedeutung des Ortes, aber auch die Gefährdung des mühsam verteidigten Besitzes mag Heinrich von Ammendorf veranlaßt haben, die Stadt mit einer Burg zu sichern, wie die Merseburger Bischofschronik überliefert.172) Seit der zweiten Hälfte des 13. Jh. wurden verstärkt Beamte zu Sicherung und Ausbau des bischöflichen Territoriums eingesetzt.173) In der ersten Hälfte des 14. Jh. erscheinen bischöfliche Vögte („advocati in Lutzin“),174) die sicherlich als Vorgänger der frühneuzeitlichen Amtshauptleute anzusehen sind.

1330 sah sich der Merseburger Bischof Gebhard von Schraplau gezwungen, Landgericht, Amt, Burg, Stadt und Marktzoll von *Lützen („castrum Lutzin et oppidum ibidem ecclesie nostre cum thelonio et ducatu ac iurisdicione ibidem“) an den Naumburger Bischof zu verpfänden.175) Die Nennung der einzelnen Gerechtsame bzw. Rechtsbezirke (Amt, Burg, Stadt) erweist eine differenzierte Herrschaftsstruktur im Gebiet des Hochstifts Merseburg. All das war sicherlich in den Besitz der Bischöfe [Druckseite XXX] von Merseburg zurückgekehrt, als *Lützen 1355 von Bischof Heinrich von Stolberg wieder „oppidum nostrum“ genannt wurde.176)

In derselben Urkunde wird auch erstmals eine Stadtbefestigung erwähnt. Sie war an Nord- und Südende der Hauptstraße mit zwei großen Toren (Leipziger und Hospitaltor) und daneben mit drei kleineren Toren bzw. Pforten versehen. Ihre frühneuzeitliche Gestalt ging vermutlich auf den Merseburger Bischof Vinzenz von Schleinitz (1526–1535) zurück, der wie sein Amtsnachfolger Sigismund von Lindenau (1535–1544) hier und an anderen Orten und Schlössern des Stiftsgebiets Bauarbeiten ausführen ließ (Nr. 113, 114, 184).177)

Stadt und Markt behielten im wesentlichen die Größe bei, die ihnen bei ihrer Anlegung im 13. Jh. (oder früher?) gegeben worden war. Diese bot bis weit in die Neuzeit hinein der Stadt genügend Ausbaufläche. *Lützen besaß zwar eher noch als *Hohenmölsen und *Teuchern urbanen Charakter, konnte sich aber ebensowenig wie die anderen Städte neben dem günstiger gelegenen Markt von *Weißenfels oder gar neben den Messestädten Naumburg und Leipzig entfalten. Ein Stadtrat mit Bürgermeister, Stadtrichter, Kämmerer und Stadtschreiber ist seit dem frühen 16. Jh. bezeugt, hat aber sicherlich schon eher bestanden.178) Die Ausübung von Hoch- und Niedergericht in der frühen Neuzeit war eine der Grundlagen städtischer Autonomie.179)

Mit dem Tod Sigismunds von Lindenau, der schon seit 1542 lutherischen Gottesdienst in *Lützen dulden mußte,180) und der Einführung der Reformation 1544 erlosch de facto die Herrschaft des Merseburger Hochstifts über *Lützen. Die von 1544 bis 1548 und von 1561 bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums herrschenden evangelischen Stiftsadministratoren aus wettinisch-albertinischem Haus nahmen auch die stadtherrlichen Rechte wahr.181)

Höhepunkte in der ruhig verlaufenden Stadtgeschichte waren wohl die Einsetzungen neuer Administratoren, die auch bauliche Veränderungen am alten Wasserschloß vornahmen. Das Schloß, das die Bischöfe nach chronikalischen und inschriftlichen Zeugnissen zwischen dem 13. und dem 16. Jh. mehrfach umbauten (Nr. 184), wurde offensichtlich trotz seiner geringen Größe auch von den Administratoren, ja sogar noch von den 1657 inthronisierten Herzögen von Sachsen-Merseburg häufig aufgesucht und den sich verändernden Bedürfnissen angepaßt. Der über lange Zeit prägende Umbau des 16. Jh. mit Eckerkern, hohen Zwerchhäusern und repräsentativen Inschriften über dem Tor ist leider im 19. Jh. größtenteils beseitigt worden.182)

Einen großen Einschnitt in die Stadtgeschichte brachte der Dreißigjährige Krieg mit sich, der besonders in den dreißiger Jahren die Stadt schwer zeichnete. *Lützen wurde 1630 von der Pest heimgesucht, 1631 durch kaiserliche Truppen geplündert und 1632 während der Schlacht des schwedischen Königs Gustav Adolf gegen die Kaiserlichen unter Wallenstein durch letztere in Brand gesetzt. Nach einer neuerlichen Pestepidemie 1636 war die Einwohnerschaft schließlich auf die Hälfte reduziert.183)

Die Stadt *Teuchern besteht aus einem unregelmäßigen Straßennetz, das sich – den Markt und ein Rittergut einschließend – teils in einer Senke südlich des Rippachs, teils am flachen Nordhang des Rippachtals erstreckt. Von Südosten her schiebt sich ein steiler Bergsporn in die Stadt hinein, der die Stadtpfarrkirche St. Georgii und eine wüste Burgstatt trägt. Die Namensgleichheit des Ortes mit dem frühmittelalterlichen slawischen Gau läßt vermuten, daß hier das Gauzentrum lag. Die „in pago Ducharin“ gelegene „basilica“, deren Pfarrgut 4 Dörfer und deren Parochie noch bei Einführung der Reformation 16 (!) Dörfer umfaßte, ist zweifellos als Urpfarrei des Gaues anzusehen. Die Kirche wurde 976 dem Hochstift Zeitz übereignet.184) Die zu einem unbekannten Zeitpunkt vollzogene Übertragung des 1042 erstmals erwähnten „burcwardus Thvchorin“ an den Bischof von Naumburg begründete vermutlich dessen Herrschaftsrechte an dem Ort,185) die erst in der frühen Neuzeit auf den ortsansässigen Adel übergingen. Die zentrale Stellung *Teucherns innerhalb einer alten Siedlungslandschaft [Druckseite XXXI] und die günstige Verkehrslage am Schnittpunkt alter, die Märkte Zeitz, Naumburg und *Weißenfels verbindender Straßen wird wohl den Bischof von Naumburg bewogen haben, auch hier einen Markt anzulegen oder zu privilegieren. Die Existenz und die herausgehobene Stellung des Marktes bezeugt eine Urkunde von 1135, die dem Neuwerksstift bei Halle (Saale) die Zollfreiheit auf den namentlich genannten Märkten von Naumburg, Zeitz und *Teuchern sowie auf allen übrigen in bischöflich-naumburgischem Besitz befindlichen, aber nicht namentlich genannten Märkten gewährt.186) Der Markt von *Teuchern war im 12. Jh. offensichtlich bedeutender als die Märkte von *Weißenfels und *Lützen, die erst im 13. Jh. faßbar sind.

Es ist aber ungewiß, ob die Marktsiedlung mit der „villa Tucherin“, deren Vogtei 1140 dem Markgrafen von Meißen und Vogt des Naumburger Hochstifts, Konrad dem Großen, zugesprochen wurde,187) identisch ist, denn der Ort war seit jeher, d. h. vermutlich schon seit der Marktgründung vor 1135, und über den gesamten Bearbeitungszeitraum in zwei Rechtsbezirke geteilt. 22 Höfe am Markt und an den zum Markt führenden Straßen bildeten zusammen die sogenannte Kapitelsgemeinde mit eigenem Schultheißen (später Bürgermeister), dem in der Neuzeit ein Kämmerer zur Seite stand, und eigenem Gericht. Gerichtsherr der Kapitelsgemeinde war in der frühen Neuzeit das Naumburger Domkapitel, das vermutlich nach der Reformation die Rechtsnachfolge des Bischofs angetreten hatte. Die Kapitelsgemeinde war dem Domkapitel zinspflichtig, ansonsten aber von Fron und Abgaben befreit.188) Die Rechtsform der Kapitelsgemeinde ist noch nicht wissenschaftlich untersucht, doch kann allein aufgrund der bisher bekannt gewordenen Schriftquellen angenommen werden, daß sie eine weit in das Mittelalter zurückreichende Tradition hat. Der andere Rechtsbezirk umfaßte den nördlichen, jenseits des Rippachs gelegenen Teil der Stadt, die Propstei- oder Gassenvorstadt, auch Kleinteuchern genannt. Er hatte keine kommunale Selbstverwaltung und unterstand 1553 der Gerichtsbarkeit des Zeitzer Stiftspropstes. Beide Ortsteile wurden erst 1834 vereinigt.189)

Die erstaunlich lange Geltungsdauer einer vielleicht schon im Hochmittelalter geschaffenen Gemeindeverfassung zeigt an, daß die Triebkräfte einer städtischen Entwicklung in *Teuchern nicht zu voller Entfaltung kamen. Anders als die Marktsiedlungen von Naumburg und Zeitz hat die Markt- oder Kapitelsgemeinde sich nicht aus der unmittelbaren Abhängigkeit vom bischöflichen Stadtherren lösen und zu einer rechtlich eigenständigen und räumlich geschlossenen Kommune heranwachsen können. Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges bewirkten sogar, daß die ohnehin schwach entwickelte Selbstverwaltung der Kapitelsgemeinde gänzlich aussetzte. Zwischen 1639 und 1648 fanden keine Gemeindeversammlungen mehr statt.190)

Es ist wohl der nachgeordneten Stellung des Marktfleckens geschuldet, daß die Stadtgemeinde in keiner und die Kirchgemeinde nur in einer Inschrift Erwähnung findet. Die epigraphischen Denkmale Teucherns sind beinahe ausschließlich historische Zeugnisse des ortsansässigen Adels der frühen Neuzeit. Die erstmals in einer vor 1171 ausgestellten Urkunde bezeugten bischöflichen Vasallen von Teuchern und ihre Nachkommen, die sich nach dem einst bei *Teuchern gelegenen und heute wüsten Ort Lichtenhayn nannten, haben noch keine Inschriften hinterlassen. In der Mitte des 14. Jh. ließen sich die Herren von Bünau auf dem im Rippachtal zwischen Markt und Kleinteuchern gelegenen Rittergut nieder und saßen hier bis 1588.191) Die seit 1598 auf *Teuchern ansässige Familie von Berlepsch erwarb 1609 das Kirchenpatronat. Die von Bünau und die von Berlepsch haben die jüngere Stadtgeschichte und die inschriftliche Überlieferung in besonderem Maße geprägt.

3. Die Inschriftenträger

Die edierten Inschriften sind nur ein Teil des ursprünglich im Bearbeitungsgebiet vorhandenen Bestandes, wie bei der Darstellung der einzelnen Gruppen von Inschriftenträgern sowie der kopial überlieferten und der nicht aufgenommenen Inschriften gezeigt werden kann. Selbst die kopiale Überlieferung vermag nicht die großen Lücken im originalen Bestand abzudecken, die die stetigen, alle [Druckseite XXXII] Gruppen von Inschriftenträgern zwangsläufig oder willkürlich einbeziehenden Veränderungen über die Jahrhunderte verursachten. Dabei wurden im kirchlichen Umfeld häufiger als anderswo epigraphische Denkmale bewahrt. Bis auf die Inschriftenträger an Profanbauten, darunter auch die Pfarr- und Schulgebäude (10,2% der Gesamtüberlieferung), zwei Gemälde (Nr. 96, 263) und vier Schmuckstücke (Nr. 6, 12, 13, 14) stammen alle Inschriftenträger aus kirchlichem Kontext: Inschriften an Sakralbauten einschließlich Kirchhofs- bzw. Friedhofsmauern und Klostergebäuden (18,1%), Kirchenausstattung im weitesten Sinne (17,5%), Kirchenglocken (29,6%), Grabmälern (20,6%). In Anbetracht der höheren Zahl monastischer Niederlassungen im Bearbeitungsgebiet ist der geringe Anteil aus der Klosterzeit stammender Inschriften erstaunlich. Für Beuditz sind keine, für Goseck und Langendorf je drei und für Weißenfels vier bzw. fünf vorreformatorische Inschriften überliefert. Etwa 37% aller Inschriften sind nur abschriftlich tradiert.

In den folgenden Abschnitten über die Inschriften an Sakral- und Profanbauten, an kirchlichen Ausstattungsgegenständen, an Glocken und auf Grabmälern werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Inschriftenträger herausgestellt und ihre zeitliche und örtliche Verteilung, ihre materielle und technische Ausführung, die Eigenarten ihrer Texte und – wenn möglich – ihre Provenienz beschrieben. Durch Einteilung in Gruppen wird ihren spezifischen Überlieferungsbedingungen Rechnung getragen, die die Inschriftenträger deutlich voneinander absetzen. Alle Aussagen beziehen sich auf die Gesamtheit der original erhaltenen und kopial tradierten Inschriftenträger des Bearbeitungsgebietes, deren lückenhafte Überlieferung stets zu bedenken ist.

3. 1. Die Inschriften an Sakral- und Profanbauten

Während Inschriften an Sakralbauten seit 1351 belegt sind, treten Inschriften an Profanbauten erst seit 1500 auf. Ihr Anteil an der Gesamtüberlieferung baugebundener Inschriften beträgt in der ersten Hälfte des 16. Jh. 47% und sinkt bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums auf 40%. Der Anteil der kopial überlieferten Inschriften beträgt 39,7%. Die Inschriften sind auf Wandflächen, Fenstern und Portalen, an Bauteilen des Gebäudes wie Eckquadern und Konsolen oder an Teilen der Bedachung (Turmknäufe, Wetterfahnen) verzeichnet. Wenn sie nicht unmittelbar auf den Wandputz oder den Werkstein aufgebracht wurden, dann stehen sie auf eigenen Inschriftenträgern (Steinquader oder -platten), die in das Bauwerk eingelassen sind. Dem Trägermaterial entsprechend sind sie eingehauen oder auf eingetiefter Schriftzeile ausgehauen, graviert oder aufgemalt. Es überwiegen bei weitem die in Stein gearbeiteten Inschriften, die in der Regel während des Bau- oder eines Umbauvorganges angefertigt oder eingebaut wurden. Durch Renovierung, Umbau oder Abbruch trat ein hoher Bestandsverlust ein, der in der Überlieferung für das Dorf Tagewerben besonders gut erkennbar wird. Ein Autor des 19. Jh. erwähnt mehrere ähnliche oder gleichartige Inschriften an den Gehöften des Ortes, von denen er eine als Beispiel wiedergibt (Nr. 212). Sie ist heute wie alle anderen, deren Wortlaut nirgendwo bezeugt ist, verloren.

Die Inschriften wurden zumeist an der Außenwand angebracht; der bevorzugte Anbringungsort sowohl an Sakral- als auch an Profanbauten war aber die Tür oder das Tor, der Türbalken oder der Scheitelstein im Torbogen, die Wandfläche unmittelbar daneben oder darüber. Hier war gewährleistet, daß die Inschrift von möglichst vielen wahrgenommen und ihre Botschaft stets von neuem in Erinnerung gerufen wurde. So finden sich Inschriften unterschiedlichen Inhalts und unterschiedlicher Funktion an den Stadttoren von Hohenmölsen, Lützen und Weißenfels, an den Kirchenportalen von Goseck, Hohenmölsen, Teuchern, Weißenfels und Wengelsdorf, an den Friedhofstoren von Plennschütz, Reichardswerben und Schkortleben und an den Portalen der Bürgerhäuser in Weißenfels.

Etwa zwei Drittel aller an Gebäuden angebrachten Inschriften betreffen die Erbauung, Instandsetzung, Bewidmung, Einweihung oder die Geschichte des Gebäudes, an dem sie angebracht sind. Eingerechnet sind auch alle Namen oder Initialen mit Jahreszahl und alle Wappen mit Wappenbeischrift und Jahreszahl, weil sie vermutlich Anfang oder Ende von Baumaßnahmen bezeichnen, ohne daß dieser Sachverhalt unmittelbar angesprochen wird. Es sind in der Regel wohl die Namen und Initialen der Bauherren, Bauverantwortlichen oder kirchlichen Patronatsherren wiedergegeben; in zwei Fällen aber handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Stifter (Nr. 160, 214).

Die Inschriften enthalten i. d. R. die Jahresangabe, der nur selten eine Monats- und Tagesangabe hinzugefügt ist. Bis zum Ende des 15. Jh. steht fast ausschließlich das anno-domini-Formular mit römischer Jahreszahl,192) danach dominiert bis zum Anfang des 17. Jh. die einfache Jahresangabe in arabischen Ziffern. Vereinzelt wird anno, anno domini oder anno christi vorangestellt. Nach 1600 erscheint anno [Druckseite XXXIII] häufig in Verbindung mit einer arabischen Jahreszahl, während die römischen Jahreszahlen im 16. wie im 17. Jh. nur noch selten zu finden sind.

Die Mitteilungen über den eigentlichen Bauvorgang waren zu allen Zeiten kurz und auf die Fakten beschränkt. Die Kirchen werden vor der Reformation zumeist als opus bezeichnet, andere Gebäude (bzw. Gebäudeteile) werden bis auf eine Ausnahme (Nr. 94: Beinhus) nicht direkt angesprochen. In nachreformatorischer Zeit werden die Gebäude i. d. R. mit deutschen Begriffen bezeichnet und nur selten mit lateinischen umschrieben (aedes, aedificium). Man erfährt, das Gebäude sei inceptum (est) oder angefangen zu bawen, renovatum (est) oder renofiert worden; die Bauherren exstruere (= exstruerunt) oder haben gebavet. Die Wendungen confirmatum est hoc opus (Nr. 52) und aedificium curavit (Nr. 213) zur Umschreibung von Bauvorgängen kommen im Bearbeitungsgebiet nur einmal vor. Das auf den spätgotischen Kirchenchor von Großkorbetha bezogene confirmare läßt sich ohne eingehende Bauuntersuchung nicht schlüssig deuten. Die Namen der Bauverantwortlichen des Stadtrats (aedilis, PAHVMEISTER) oder der Kirchengemeinde (vitrici, Altarleute) oder der Amtsleute und auch die Namen der Baumeister (magister) stehen nur an kirchlichen oder öffentlichen Gebäuden, an denen Bauarbeiten im Auftrag der Kirchen- oder Stadtgemeinde oder des landesherrlichen Amtes durchgeführt wurden.

Außer den baubezogenen Inschriften erscheinen häufig bekenntnishafte Texte und Segenswünsche für die Gäste des Hauses bzw. Besucher des Kirche. Als Hausinschrift fand vor allem das als protestantische Devise höchst populäre Petruszitat Verbum Domini manet in aeternum oder (nach Jesaja) Gottes Wort bleibt ewig große Verbreitung. Es erscheint im Bearbeitungsgebiet erstmals 1537 auf einer Glocke in Lützen (Nr. 118) und tritt zwischen 1552 und 1554 in auffälliger Häufung als Inschrift an den Häusern von Bürgern und Hofbeamten in Weißenfels auf (Nr. 137, 138, 139, 140, 141). In einer der Hausinschriften wird die deutsche Version dieses Bibelzitats ausdrücklich als Glaubensbekenntnis bezeichnet (Nr. 136). Das gehäufte Auftreten der Devise hängt zweifellos mit der Konsolidierung der Reformation und dem politischen Erfolg der Wettiner albertinischer Linie zusammen, die die Führung der protestantischen Stände übernahmen. Zudem war Weißenfels unter Herzog August, dem Bruder des erfolgreichen Kurfürsten Moritz, zeitweilig Residenz, d. h. ein Stützpunkt der Reformation im mitteldeutschen Raum.

Die vermutlich als Rückübersetzungen ins Lateinische verbreiteten Zitate aus dem Deuteronomium Soli Deo gloria und dem Lukasevangelium Gloria in excelsis Deo erfreuten sich als protestantische Devisen ebenfalls gewisser Beliebtheit. Sie sind dreimal an kirchlichen Gebäuden zu finden. Als allgemeiner Segenswunsch an öffentlichen Gebäuden wurde der Psalmvers Dominus custodiat introitum et exitum tuum ex hoc nunc et usque in saeculum bevorzugt.

Drei Inschriften sind an Wandnischen in Kirchenchören angebracht. Zwei von ihnen (in Markwerben und Treben) sind durch Nomina sacra bzw. die Inschrift habitacio christi als Sakramentsnischen gekennzeichnet (Nr. 79, 115). Die dritte (in Langendorf) trägt die Namen von Stiftern und diente wohl zur Aufbewahrung des liturgischen Geräts einer vorreformatorischen Messtiftung (Nr. 43).

Historische Nachrichten wurden vorzugsweise an gut zugänglichen öffentlichen Gebäuden angebracht, wo ihre auf Öffentlichkeit zielende memorative Funktion am besten wirksam werden konnte. Deshalb müssen historische Nachrichten keinen unmittelbaren Bezug zu dem Bauwerk aufweisen, an dem sie angebracht sind. Sie sollten aufsehenerregende Ereignisse wie das Auftreten der Geißler, ein Judenpogrom (Nr. 45) oder ein verheerendes Hochwasser (Nr. 177) im Gedächtnis der Öffentlichkeit bewahren. Andere erinnern an die Geschichte der kirchlichen Institutionen und ihrer Amtsträger oder verweisen auf einen (fiktiven) Gründungsakt, um eine möglichst weit zurückreichende Herrschaftstradition zu begründen (Nr. 276).

In der zweiten Hälfte des 15. und im ersten Drittel des 16. Jh. überwiegen lateinische Inschriften bei weitem. Seit der Mitte des 16. Jh. jedoch ist die Mehrzahl der Inschriften an Sakral- und Profanbauten in Deutsch verfaßt (62,1%). Darunter sind auch die lateinisch-deutschen Mischtexte von 1574 (Nr. 165), 1587 (Nr. 179) und 1613 (Nr. 235 B) gezählt. Die lateinischen Inschriften sind nie metrisch; drei deutsche und eine lateinische (!) sind gereimt. Die Texte sind i. d. R. kurz; längere finden sich vorzugsweise an und in Kirchen (Nr. 44, 185, 229, 283).

3. 2. Kirchliche Ausstattungsgegenstände und Geräte (außer Glocken)

Der größte Teil aller übrigen, nicht unter Bauinschriften, Glocken und Grabmälern erfaßten Inschriften findet sich auf Inschriftenträgern, die zur Kirchenausstattung im weitesten Sinne gehören: Altarretabel und Altarkreuze, Vasa sacra, Taufsteine und Taufschalen, Kanzeln, Paramente, Orgeln, Andachtsbilder, Stifterporträts sowie die Glas- und Wandmalereien der Kirchen. Dieser Bestand ist noch stärker als die anderen Gruppen von Inschriftenträgern dezimiert worden, weil er einem seit [Druckseite XXXIV] dem Mittelalter andauernden Erneuerungsprozess unterlag. Zu einem großen Verlust führte die Reformation, die zuerst die große Menge der liturgischen Geräte drastisch reduzierte und über einen längeren Zeitraum auch die meisten Altarretabel ihrer Funktion beraubte. War vor der Reformation jeder Altar – in jeder größeren Kirche standen mehrere Altäre193) – und wohl auch jede Meßstiftung mit eigenem Gerät ausgestattet,194) verschwanden mit der Reformation die Nebenaltäre und deren Vasa sacra und Retabel. Für den Gottesdienst einer protestantischen Kirche genügten ein Altar, ein Kelch, eine Patene und eine Hostiendose (Pyxis); die nicht mehr benötigten Gefäße wurden nach Materialwert taxiert und zugunsten des Fiskus oder zum Nutzen der Kirchen und Schulen eingezogen und verkauft.195) Die verbliebenen Gefäße wurden wie alle übrigen genannten Ausstattungsstücke dem sich wandelnden Geschmack bzw. dem durch Abnutzung oder Diebstahl bedingten Erneuerungsbedarf entsprechend ersetzt.196) Viele Objekte, insbesondere Altarretabel, sind im 19. und frühen 20. Jh. verkauft oder an Museen abgegeben worden.197) Andere sakrale Inschriftenträger wurden transloziert, weil die Kirchen in Vorbereitung des Braunkohleabbaus abgerissen werden sollten (z. B. Nr. 167, 192, 217).

Auffälligerweise ist in der größten Gruppe von Inschriftenträgern innerhalb der Kirchenausstattung, den liturgischen Gefäßen, zwischen Reformation und 17. Jh. keine Neuanschaffung epigraphisch dokumentiert. Von der zweitgrößten Gruppe, den 15 beschrifteten Altarretabeln und Andachtsbildern, sind 10 erst im ersten Drittel des 16. Jh., d. h. unmittelbar vor der Reformation, und 4 nach der Reformation entstanden. Ein weiteres vorreformatorisches Retabel ist wohl erst nach der Reformation beschriftet worden (Nr. 128). Von der Mitte des 16. Jh. bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums bilden das Taufgerät, d. s. Taufsteine sowie (metallene) Taufkannen und Taufbecken, die größte Einzelgruppe beschrifteter Ausstattungsgegenstände. Die Erhaltung der übrigen, hier der Kirchenausstattung zugerechneten Inschriftenträger ist eher zufällig. Ihre örtliche und zeitliche Streuung hat ohne Berücksichtigung der erhaltenen gleichartigen, aber unbeschrifteten Objekte (wie z. B. der Taufsteine) keinen Aussagewert. Hervorhebenswert sind noch drei Orgelinschriften, die älteste von 1576 (Nr. 168), und zwei beschriftete Textilien von 1646 und 1650 (Nr. 277, 281).

Die Inschriften an den Metallgegenständen des Bearbeitungsgebietes (Vasa sacra, Taufbecken, Schmuckstücke) sind durchweg graviert und an fast allen Teilen der Inschriftenträger zu finden. Die Inschriften auf Tafel-, Leinwand-, Glas- und Wandgemälden sind materialgemäß aufgemalt; nur die Heiligennamen auf dem Goldgrund einiger Altarretabel wurden trassiert. Dem Material entsprechend sind die Inschriften auf den Taufsteinen ein- bzw. ausgehauen und die auf den Textilien gestickt.

Die am häufigsten vorkommende Textsorte ist die Bildbeischrift in unterschiedlichen Formen. Es sind vor allem die Namen der Heiligen auf Retabeln, Glas- und Wandbildern, die den Nimben eingeschrieben oder auf Schriftbändern verzeichnet wurden. Außerdem erscheinen kurze Texte, seit dem 16. Jh. auch Bibelzitate, die szenische Darstellungen erläutern. Das meistbeschriftete Ausstattungsstück ist eines der nachreformatorischen Retabel, datiert 1585, auf dem ein umfangreiches biblisches Text-Bild-Programm entwickelt wurde (Nr. 175). Zwei Taufsteine tragen Bibelzitate, die unmittelbar auf die (Kinder-)Taufe Bezug nehmen (Nr. 167, 207). Ob es sich bei den Nomina sacra und den Heiligennamen, die auf Kelche geschrieben sind, um die bewidmeten Heiligen oder Anrufungen oder gar um beides handelt, ist zumeist nicht zu entscheiden.198)

Seit 1571 werden die Ausstattungsstücke – es handelt sich vor allem um Vasa sacra – zunehmend mit Stifterinschriften versehen. Selten ist jedoch ein Formular so vollständig wie auf dem schon 1488 gestifteten Kelch in Weißenfels, das den Stifter, den Stiftungsgegenstand und den Bewidmeten nennt (Nr. 61). Daher können Inschriften, die nur Namen oder Namensinitialen beinhalten, oft nur mit Vorbehalt als Stifterinschriften gelesen werden. Einige der Genannten werden eher die Patronatsherren oder Altarleute gewesen sein, die bei Anschaffung der Ausstattungsstücke amtierten oder die Anschaffung [Druckseite XXXV] veranlaßten. Wenn außer dem Pfarrer und den zur Entstehungszeit des Objektes amtierenden Altarleuten keine anderen Personen genannt werden (z. B. Nr. 173, 183), kann sicherlich davon ausgegangen werden, daß sie für die Erwerbung verantwortlich zeichneten. Der Anteil der aus der Kirchenfabrik finanzierten Ausstattungsstücke ist wahrscheinlich viel größer als gemeinhin angenommen wird. Schon die älteste, an einem Ausstattungsstück befindliche Setzungsinschrift verrät, daß die Gemeinde selbst aus Mitteln der Kirchenfabrik unter Aufsicht der Altarleute große, aufwendige und teure Objekte wie das 1515 nach Zorbau gelieferte Schnitzretabel beschaffte (Nr. 99). Leider sagt die am Retabel befindliche Inschrift nicht, wo dieses in Auftrag gegeben worden war. Die Stiftungs- oder Setzungsinschriften sind selten umfangreich.

Die erste deutschsprachige Inschrift findet sich auf dem Kelch von 1488 (Nr. 61). Danach wird außer bei Heiligennamen nur noch selten die lateinische Sprache verwendet. Als Texte in gebundener Sprachform sind nur ein lateinisches Distichon aus dem Jahr 1576 (Nr. 168) und ein deutscher Reimvers aus dem Jahr 1646 (Nr. 277) überliefert.

Die Jahresangabe wird erstmals 1488 und dann fast durchgängig mit arabischen Ziffern geschrieben. Bis 1561 erscheint gelegentlich noch anno domini; seit 1571 wird häufiger und von 1600 bis 1627 durchgängig nur anno der Jahresangabe vorangestellt.

Obwohl sich die Provenienz der Ausstattungsstücke nur selten nachweisen läßt, ist für die qualitätvolleren Objekte wohl die Herkunft aus einer außerhalb des Bearbeitungsgebiets ansässigen Werkstatt anzunehmen. Die Überlieferungsgeschichte für zwei der erhaltenen vorreformatorischen Schnitzretabel und für ein weiteres, hier nicht aufgenommenes Bildwerk spricht dafür, daß im ersten Drittel des 16. Jh. bis zur Reformation sächsische und insbesondere Leipziger Werkstätten Hauptlieferanten für sakrale Kunstwerke waren. Die Klosterkirchen in Beuditz und Weißenfels bezogen Schnitzarbeiten von Oszwald Schrot, d. i. Oswald Schröter,199) und Steffan Hermsdorf aus Leipzig, und die Dorfkirche in Kistritz erhielt ein monumentales Altarretabel aus der Werkstatt (oder dem Umkreis) des Monogrammisten HW, der vor allem für die obersächsischen Bergstädte tätig war. Die von der älteren Forschung behauptete stilistische Verwandtschaft des Schnitzretabels in Pettstädt (Nr. 90) mit dem in Albersroda (Landkreis Merseburg-Querfurt) bedarf der Prüfung.200) Da beide Kirchen westlich der Saale liegen, könnte ihr mutmaßlicher gemeinsamer Schöpfer im östlichen Harzvorland tätig gewesen sein. Die unbekannte Schnitzarbeit aus Beuditz und das Weißenfelser Retabel (Nr. 107) wurden erst nach der Reformation an die Dorfkirchen in Obernessa bzw. Dehlitz (Saale) abgegeben; ob das beeindruckende Retabel in Kistritz (Nr. 95) schon ursprünglich für diese Kirche angefertigt worden war, bleibt dahingestellt. Leider ist der Herkunftsort des großformatigen und künstlerisch beachtlichen Retabels in Burgwerben (Nr. 175), des einzigen, aus nachreformatorischer Zeit stammenden und im Bearbeitungsgebiet erhaltenen, nicht bekannt.

Über die Herkunft der Vasa sacra lassen sich nicht einmal Mutmaßungen anstellen, da die meisten von ihnen, darunter leider alle Goldschmiedearbeiten, keine Marken aufweisen. Zwar gibt es eine lange Tradition des Goldschmiedehandwerks in Weißenfels und auch im benachbarten Naumburg,201) doch läßt sich diese erst im 17. Jh. besser fassen. Hochqualitätvolle Stücke wie die in der zweiten Hälfte des 14. Jh. entstandene Weißenfelser Hostiendose (Nr. 23) sind vermutlich importiert worden. Die Tatsache, daß die Orgel der Weißenfelser Stadtpfarrkirche St. Mariae vom Dresdner Hoforgelbauer Tobias Weller gefertigt wurde (Nr. 274), verweist nochmals auf die kulturelle Bindung an den obersächsischen Raum.

3. 3. Glocken

Die 94 Glocken sind die größte Gruppe sowohl unter den kirchlichen Ausstattungsstücken als auch unter allen im Bearbeitungsgebiet erhaltenen und kopial bezeugten Inschriftenträgern. Mit ihnen beginnt im 13. Jh. die epigraphische Überlieferung, und sie bleiben die mit Abstand wichtigsten Inschriftenträger bis zum Anfang des 16. Jh. Von den 9 aus der Zeit vor 1350 entstandenen und heute noch nachweisbaren Glocken ist sogar der größere Teil (nämlich 6 = 66,6%) original erhalten. Danach sinkt der Anteil erhaltener Glocken auf durchschnittlich 42,7% des nachgewiesenen Bestandes.

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Eine besonders hohe Überlieferungsdichte gibt es zwischen 1450 und 1539; danach fällt der überlieferte Bestand auf die Größe von 1350–1450 zurück.

Die Grundform aller original und abbildlich überlieferten beschrifteten Glocken ist die gotische Rippe. Variiert werden lediglich die Form der Haube sowie die Schriftform und die Ornamentik. Abgesehen von den Stegen an der Schulter, auf dem Wolm und am äußeren Rand beschränkt sich die Gestaltung in den meisten Fällen auf Ornamente ober- und unterhalb der Schriftzeile sowie kleinere, isolierte figürliche Abbildungen auf Schriftzeile und Flanke. Vor der Reformation bleibt Ornamentik über oder unter der Schriftzeile eine Ausnahme (Nr. 110), danach schmückt sie insbesondere die Glocken der Erfurter Möring-Werkstatt. Auf der Schriftzeile und auf der Flanke wurden vor der Reformation bildliche Darstellungen (Kruzifix, Heilige, Evangelistensymbole, Pilgerzeichen), selten auch Wappen und Siegelabdrücke angebracht. Nach der Reformation verschwanden die Heiligen und Pilgerzeichen, und es traten vereinzelt figürliche Darstellungen wie Apostel und Tugendallegorien auf. Wappen sind fortan auf der Flanke und fast ausschließlich in erkennbarem Zusammenhang mit den kirchlichen Patronatsherren angebracht. Zwei Glocken zeichnen sich durch Ritzzeichnungen aus. Die ältere, aus dem frühen 14. Jh. stammende Glocke (Nr. 11) hat außerdem noch geritzte Inschriften und zwei Siegelabdrücke; die Flanke der jüngeren, 1479 gegossenen zieren außer durch Wachsformen hergestellte Inschriften mehrere großformatige Ritzzeichnungen (Nr. 51). Sie ist die meistverzierte im Bearbeitungsgebiet.

Die Inschriften sind auf einer Zeile oder zwei Zeilen (ganz selten auch drei) an die Schulter, gelegentlich auf den äußeren Rand und selten auf die Flanke geschrieben. An der Flanke stehen meist Wappenbeischriften. Vor der Reformation sind die üblichen Glockeninschriften: Gebete (Ave Maria gracia plena; O rex glorie veni cum pace u. a.), Anrufungen Gottes, der Gottesmutter (z. B. hilf Gott, Maria berot) und der Heiligen, die Nennung (auch Anrufung?) von Heiligen sowie Widmungen (Marie benedictus [sic!], co ern Mariae u. a.) und der Glockenname (Osanna, Benedicta). Dabei ist eine Unterscheidung der inschriftlich genannten Heiligen in Kirchen- und Glockenpatrone bei dem derzeitigen Stand der Patrozinienforschung nicht möglich.

Bibelzitate sind in vorreformatorischer Zeit sehr selten, seit 1522 aber häufig. Immer wieder – vor allem vor 1600 – ist 1 Pt 1,25 (Verbum Domini manet in aeternum), die Devise der Protestanten, anzutreffen. Nun erscheinen auch regelmäßig Gießervermerke, die vor der Reformation selten waren. Es werden viel häufiger die kirchlichen Patronatsherren, Pfarrer und Altarleute bzw. Kirchväter vermerkt, die vor der Reformation nur ausnahmsweise Erwähnung fanden. Insgesamt betrachtet, sind die Texte der Glocken des Bearbeitungsgebietes vor und nach der Reformation eher lapidar, wobei die bis etwa 1400 entstandenen Glocken noch eine größere inhaltliche und sprachliche Vielfalt aufweisen. Danach reduzieren sich die Inschrifttexte auf eine kleine Gruppe wenig variierter Formulare. Eine deutliche Veränderung der Glockeninschriften ist bei den um 1650 entstandenen Glocken zu beobachten (Nr. 280, 282). Die Texte werden sehr viel länger, enthalten historische Nachrichten und neuerdings wieder Gebete und Fürbitten.

Die Sprache der Glockeninschriften ist bis zum frühen 15. Jh. nur lateinisch, die Sprachform mitunter metrisch (leoninische Hexameter). Seit 1406 erscheinen deutsche Inschriften neben den lateinischen, bleiben aber bis zur Reformation quantitativ hinter diesen zurück. Danach dominieren die deutschen Inschriften; sie sind aber in der zweiten Hälfte des 16. Jh. noch mit lateinischen und einmal mit hebräischen Worten202) durchsetzt. Die im 17. Jh. gegossenen Glocken des Bearbeitungsgebiets sind nur noch in deutscher Sprache beschriftet. Gegen Ende des 16. Jh. und in der Mitte des 17. Jh. zieren einzelne Glocken deutsche Reimverse.

Erst seit 1406 sind die Glocken i. d. R. datiert (Gußjahr), bis zur Reformation deutlich überwiegend nach dem lateinischen anno-domini-Formular, einige Male nur mit anno und Jahresangabe und zweimal, 1509 und 1512 (Nr. 88, 91), mit einem deutschen Formular (nach cristi geburt mo ccccco vnde ym ... iar). Danach überwiegt anno und die Jahresangabe in römischen Ziffern, gelegentlich wird noch anno domini verwendet oder erscheint allein die Jahresangabe in arabischen oder römischen Ziffern. Der Tag des Glockengusses wird nur in drei Inschriften angegeben, in den vorreformatorischen nach dem Heiligenkalender (Nr. 31, 51), in einer nachreformatorischen Inschrift als Monatstag (Nr. 163).

Soweit die Herkunft einzelner Glocken oder ihrer Gießer bekannt ist, zeigt sich ein über den gesamten Bearbeitungszeitraum anhaltender Import thüringischer und insbesondere erfurtischer Glocken. Während im 15. und 16. Jh. einzelne von verschiedenen, z. T. namhaften Gießern wie Marcus Rosenberger geliefert wurden,203) stammen alle 15 von 1591 bis 1625 im Bearbeitungsgebiet nachweisbaren [Druckseite XXXVII] neuen Glocken aus Erfurt, allein 13 davon aus der sehr produktiven Werkstatt der Brüder Melchior und Hieronymus Möring.204) Der Befund bestätigt die zwar bekannte, doch noch immer nicht hinreichend dokumentierte und gewürdigte Tatsache, daß Erfurt in der frühen Neuzeit ein Zentrum der Bronzegießerei war.

Außerdem wurden im 16. und 17. Jh. mehrfach Glocken von sächsischen Gießern bezogen, ohne daß die in Freiberg und Leipzig ansässigen Werkstätten eine den thüringischen vergleichbare Bedeutung erlangten (Nr. 145, 163, 282). Von den in der unmittelbaren Umgebung ansässigen Gießern ist bis auf den sogenannten Hallischen Gießer bislang keiner im Bearbeitungsgebiet nachgewiesen. Der Hallische Gießer war im ersten Viertel des 16. Jh. der wichtigste Glockenlieferant im Bearbeitungsgebiet. Fast alle seine Glocken zeichnet das hallische Stadtwappen aus, das auf der Schriftzeile an der Schulter der Glocke erscheint. Tatsächlich liegt die Stadt Halle im Zentrum des weiträumigen Einzugsgebiets dieser über mehrere Jahrzehnte vor und nach 1500 nachweisbaren Werkstatt. Auf mindestens drei Glocken des Hallischen Gießers steht das Monogramm GW, das sich aber noch nicht in überzeugender Weise auflösen ließ.205)

3. 4. Grabmäler

Die Grabmäler des Bearbeitungsgebietes umfassen Grabplatten, Grabsteine und Epitaphien. Grabplatten sind hochrechteckige Steinplatten, die liegend Grabstätten inner- oder außerhalb der Kirche abdecken. Grabsteine kennzeichnen als freistehende oder an Kirch- oder Kirchhofsmauern aufrecht angebrachte Steinplatten, die i. d. R. kleiner und schmaler sind als Grabplatten und oft einen bewegten, plastisch ausgebildeten Kontur haben, Grabstätten außerhalb der Kirche. Epitaphien hingegen sind Denkmäler des Totengedenkens, die ohne direkte räumliche Verbindung mit der Grabstätte errichtet werden konnten. Sie wurden in unterschiedlichster Gestalt und aus unterschiedlichsten Materialien gefertigt.206) Von drei Ausnahmen aus dem 13. bzw. 14. Jh. abgesehen (Nr. 2, 5, 8), sind beschriftete Grabmäler für Angehörige aller Stände – eingeschlossen zwei Gedächtnisbilder für Geistliche der evangelischen Kirche – erstmals 1515 (Nr. 98) und kontinuierlich seit 1533 (Nr. 116) überliefert. Vorreformatorische Grabmäler sind außer denen für die Familien von Storkau in der Kirche von Untergreißlau nicht bezeugt. Besonders bedauerlich ist der Verlust der Grabmäler der Pfalzgrafen von Sachsen im Benediktinerkloster zu Goseck und der Markgrafen von Landsberg im Klarissenkloster zu Weißenfels, über die wir bis auf eine Ausnahme (Nr. 2) keine Nachrichten haben. Außer einer weitgestreuten Überlieferung einzelner Grabmäler haben sich größere nachreformatorische Grabmalskomplexe für die von Biesenroth in Schkortleben, heute in Wengelsdorf (Nr. 150, 171, 195),207) und für die von Bünau in Teuchern (Nr. 116, 127, 129, 131, 132, 142) erhalten. Die Grabmäler derer von Bothfeldt in Burgwerben (Nr. 146, 152, 153) und derer von Burkersroda in Markröhlitz (Nr. 169, 199) sind vermutlich nur Reste eines einst wesentlich umfangreicheren Bestandes.208) Eine vergleichsweise reiche Überlieferung verbindet sich mit der Stadtpfarrkirche in Lützen (Nr. 158, 159, 172, 180, 181, 216, 220, 258) und mit der noch im 19. Jh. abgebrochenen Klosterkirche in Weißenfels (Nr. 143, 154, 161, 244, 245, 279; Anhang I, Nr. 29), die zumindest andeutungsweise das vielschichtige Bild der amtsherrlichen und städtischen Führungsschichten in der frühen Neuzeit nachzeichnet. Die Weißenfelser Überlieferung ist auch deshalb beachtenswert, weil sie die offenkundige Bevorzugung der ehemaligen Klosterkirche als Begräbniskirche dieser Führungsschichten aufzeigt.209) Die größten Gruppen unter den 64 (von 68) zur Auswertung herangezogenen Denkmälern des Totengedenkens210) sind für den Adel (25 = 39%) und für Personen geistlichen Standes (15 = 23,4%) geschaffen worden.211)

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Außerdem sind 12 Grabmäler (18,7%) für Bürgerliche – darunter nur zwei (!) für Bürger, die nicht Amtsleute oder Hofbeamte waren oder zu deren nächsten Verwandten gehörten212) – sowie 3 für Berufssoldaten213) bzw. deren Kinder und 9 für Personen unbekannten Standes (14%) erhalten. In dieser letzten Gruppe sind vielleicht auch einige Grabmäler bäuerlicher Familien enthalten. 22 Grabmäler wurden auch oder ausschließlich für Frauen geschaffen. Umfangreichere, aber jüngere Bestände (nach 1650) an bäuerlichen Grabmälern, die hier keine Aufnahme finden konnten, haben sich in Zweitverwendung als Fußbodenbelag in den Kirchen von Röcken, Treben und Uichteritz sowie auf dem neuen Friedhof in Uichteritz erhalten.214) Bei einer stärker differenzierenden Betrachtungsweise ist abzuwägen, wieweit die kleiner werdenden Denkmalsgruppen überhaupt noch verallgemeinerbare Aussagen über Entwicklungstendenzen der Sepulkralinschriften und der Sepulkralkunst im Bearbeitungsgebiet zulassen.

3. 4. 1. Die äußere Gestaltung der Grabmäler

Die meisten hier ausgewerteten Grabmäler sind aus Stein gefertigt (78,1%); die technische Ausführung und die Ikonographie von fünf kopial bezeugten Grabmälern sind unbekannt (Nr. 172, 176, 181, 245, 265). Außerdem sind für die Weißenfelser Kirchen 2 Leinwandgemälde und eine Wandmalerei überliefert bzw. bezeugt (Nr. 194, 224, 275), die wohl als Ehren- oder Gedächtnismale für Verstorbene gedacht waren und nicht unmittelbar in einem sepulkralen Zusammenhang entstanden sind. Wegen ihrer kirchengebundenen Überlieferung und ihrer ikonographischen Verwandtschaft mit den Grabmälern sollen sie aber zusammen mit diesen betrachtet werden. Sie dürften nur einen Restbestand der ursprünglich in Kirchen, insbesondere städtischen Kirchen vorhandenen Porträts dieser Art darstellen.

Das über die gesamte frühe Neuzeit am häufigsten verwendete, fast auf der Hälfte aller ikonographisch bestimmbaren Grabmäler anzutreffende Motiv ist das der einzelnen Standfigur. Sie nimmt das Binnenfeld einer hochrechteckigen Reliefplatte ein, deren Rand in der Regel abgesetzt und umlaufend beschriftet ist. Die Standfigur wird zumeist von einem Blendbogen überfangen oder steht vor bzw. in einer sehr flachen Rundbogennische. Es ist anzunehmen, daß dieses Motiv von allen Ständen in gleichem Maße gewählt wurde, wenn auch der heute lückenhafte Bestand überwiegend Grabmäler des Adels und der Geistlichkeit umfaßt. Bemerkenswert ist, daß die seit dem Mittelalter gebräuchliche, oft zwischen stehender und liegender Körperposition schwankende Grabfigur zumeist eindeutig in eine Standfigur umgewandelt wurde, d. h., die Verstorbenen sind mit angedeuteter Körperdrehung (Torsion) oder leichter Kopfdrehung, in Spreizstellung oder leicht ausgreifender Schrittstellung wiedergegeben – alles Körperhaltungen, die kaum mit einer liegenden Figur in Einklang zu bringen sind. Zudem ist nur einer Figur ein Kissen unter den Kopf gelegt (Nr. 182). Das trifft auch auf die beiden hier einbezogenen ganzfigürlichen Pastorenporträts zu, deren Ikonographie der der Steingrabmäler für evangelische Geistliche entspricht.

Das zweithäufigste Motiv ist das der Ewigen Anbetung. Es befindet sich auf 6 Grabmälern, die in ihrer zeitlichen Abfolge zuerst kniende Einzelpersonen in Verehrung des gekreuzigten Heilands zeigen (Nr. 129, 142, 149), dann kniende Ehepaare, einander zugewandt (Nr. 169, 238), und schließlich den Verstorbenen mit allen Ehefrauen und Kindern, ebenfalls alle kniend, nach Geschlechtern getrennt und einander zugewandt (Nr. 262). Dem jüngsten und größten der mehrfigurigen Epitaphien wurden zwei breite und tiefe Konsolen zur Aufnahme aller Familienangehörigen in beinahe lebensgroßer Darstellung vorgesetzt. Es bindet wie die übrigen mehrfigurigen Grabmäler (bzw. Epitaphien) das Motiv der Ewigen Anbetung in Bildzyklen oder mehrteilige Architekturrahmen ein.

Ein in Poserna befindliches Grabmal von 1607 zeigt einen stehenden Pfarrer, der sich nach einem seitlich hinter ihm aufragenden Kruzifix umzuwenden scheint (Nr. 221). Obwohl der Geistliche nicht in Gebetspose dargestellt ist, handelt es sich vermutlich doch um eine neue Variante des alten, aus vorreformatorischer Zeit tradierten Motivs der Ewigen Anbetung, für das sich nach 1650 weitere Beispiele aus dem Bearbeitungsgebiet (u. a. aus Poserna) beibringen ließen.

Ein verwandtes Motiv ist wohl die Verehrung des auferstandenen bzw. triumphierenden Christus, für die zwei Beispiele überliefert sind.215) Außer einem Ecce homo (Nr. 98) und zwei Darstellungen des [Druckseite XXXIX] Jüngsten Gerichts216) haben sich 17 Grabmäler ohne figürliche oder szenische Darstellungen erhalten, 3 davon mit Wappen. 7 Grabmäler sind wegen ihrer geringen Größe und ihrer Form als Grabsteine anzusehen (Nr. 203, 205, 210, 234, 258, 267, 278).

Besondere Bedeutung haben zwei bildlose Grabmäler, weil jedes von ihnen zusammen mit einem weiteren bildhaften Grabmal ein und derselben Person zugedacht ist und dadurch eine typologische Differenzierung des Denkmalsbestandes in Grabplatten und Epitaphien ansatzweise ermöglicht. Mehrteilige oder mehrgeschossige Grabmäler mit überwiegend oder ausschließlich horizontaler Beschriftung, die zudem noch Unter- und Seitenhänge aufweisen, sind zweifellos Epitaphien. Die Einordnung der Grabmäler mit Standfiguren und gänzlich oder teilweise umlaufender Beschriftung aber, die dem oben beschriebenen Typus entsprechen, ist hingegen wesentlich schwieriger und kann zumeist nur dann vorgenommen werden, wenn wie in den folgenden Fällen noch ein Grabmal von anderer Form für dieselbe Person überliefert oder die Überlieferungsgeschichte des Grabmals bekannt ist. In dem ersten Fall handelt es sich um eine im Kirchenboden vermutlich in situ liegende Platte mit umlaufender fragmentierter Inschrift (wahrscheinlich eine Grabbezeugung) und einem Vollwappen im Binnenfeld (Nr. 152). Sie ist dem 1570 verstorbenen Melchior von Bothfeldt gewidmet, der nochmals durch ein unmittelbar daneben angebrachtes Grabmal geehrt wird (Nr. 153). Dieses besteht aus einer hochrechteckigen Platte mit umlaufender Inschrift (Sterbevermerk), einer Abbildung des Verstorbenen als Standfigur in einer angedeuteten Rundbogennische, an deren Leibung sich die Inschrift fortsetzt. Die Platte ist durch einen gemauerten Sockel erhöht und wird von einem Giebelaufsatz mit der Darstellung Gottvaters und einer weiteren, horizontal ausgehauenen Inschrift bekrönt. Die zweite der bildlosen Platten ist der 1573 verstorbenen Martha Kratze gewidmet. Sie liegt ebenfalls noch im Kirchenboden – aber sicherlich nicht mehr in situ – und weist eine umlaufende Inschrift (Sterbevermerk) auf, die sich im Binnenfeld der Platte in mehreren Zeilen fortsetzt (Nr. 158). Einen nahezu wortgleichen Sterbevermerk hat eine an der Kirchenwand aufgerichtete Platte mit Standfigur der Verstorbenen in einer Rundbogennische (Nr. 159). Trotz nicht unbeträchtlicher Größenabweichungen hätten auch die Bildnisplatten ihrer Form und ihrer Inschrift nach Grabplatten gewesen sein können, wenn das durch die konkrete Überlieferungsituation nicht ausgeschlossen würde. Es liegt auf der Hand, daß die bildlosen, noch im Boden liegenden Platten Gräber bedecken (bzw. bedeckten), während die – wohl schon immer – aufrecht stehenden, durch ein wesentlich tieferes Relief ausgezeichneten und in einem Fall (Nr. 153) mit einem zweifellos dazugehörigen Giebel geschmückten figürlichen Platten Epitaphien darstellen.217) Davon ausgehend können wohl alle nur mit Text und Wappen in flachem Relief geschmückten hochrechteckigen Platten ganz unabhängig von ihrer heutigen Aufstellung als Grabplatten angesehen werden.218) Die kopiale Überlieferung zu den Grabmälern für Johann und Anna Meißner scheint diese Annahme zu bestätigen. Eine im Kirchenchor liegende Steinplatte mit eingelassener Messingplatte hat der Beschreibung zufolge wohl nur umfangreiche Grabschriften mit dem Sterbevermerk und der Grabbezeugung für Johann Meißner aufgewiesen (Nr. 244). Daneben war an der Kirchenwand ein zweites mehrteiliges Grabmal mit Sterbevermerken für Johann und Anna Meißner aufgerichtet, über dessen Gestaltung aber leider nichts mitgeteilt wird (Nr. 245). Allerdings ist davon auszugehen, daß nicht alle Platten mit Standfiguren als Epitaphien, sondern einige auch als Grabplatten Verwendung gefunden hatten. Wenn sie heute an den Kirchenwänden aufgerichtet sind, ist ihre ursprüngliche Zweckbestimmung aber nicht mehr erkennbar. Der fehlende Abrieb der Oberfläche bei einer original erhaltenen Steinplatte ist nicht zwangsläufig ein Indiz gegen deren Verwendung als Grabplatte, da diese durch Randlage im Kircheninnenraum, durch eine schützende Abdeckung oder Überbauung mit dem Podium eines Kirchengestühls vor Abrieb geschützt gewesen sein konnte. Das Grabmal für Margaretha von Watzdorf (Nr. 154), eine hochrechteckige Platte mit rundbogig überfangener Standfigur ist wegen seiner Gesamtgestaltung eindeutig als Epitaph anzusprechen. Die Inschrift A beginnt an der linken Langseite und ist dann dem Bogenlauf folgend auf die rechte Langseite hinübergeführt. Am unteren Plattenende ist eine Konsole für die Standfigur mit eingehauenen Initialen (B), die vom unteren Ende der Platte her zu lesen sind. Die Anbringung der Inschriften und die stark vorspringende Konsole belegen, daß die Platte von Anfang an zur aufrechten Anbringung vorgesehen war. Dieser Epitaph-Typus, der im Bearbeitungsgebiet nur einmal auftritt, und alle anderen im Bearbeitungsgebiet vertretenen Grabmalstypen – das sind die Grabplatte mit umlaufender Inschrift und Wappen, Kreuz oder/und Inschrift im Mittelfeld, die Platte mit Standfigur und umlaufender Inschrift, vereinzelt mit Giebelbekrönung, sowie das mehrteilige, [Druckseite XL] mehrgeschossige, vielfigurige Epitaph – sind in anderen Regionen Deutschlands ebenfalls gebräuchlich.219)

Abgesehen von der rahmenden Gestaltung sind die auffälligsten Unterschiede in der Kleidung und den Attributen der Dargestellten festzustellen. Adlige tragen zumeist Rüstungen; die spanische Hoftracht erscheint nur auf drei frühen Epitaphien des Monogrammisten HK zwischen 1566 und 1571 (Nr. 150, 153, 157). Die Männer auf den beiden einzigen vergleichbaren, aus dem zweiten Viertel des 17. Jh. stammenden bürgerlichen Grabmälern tragen ebenfalls die spanische Hoftracht (Nr. 270, 279).

Ein Zusammenhang von Kleidung und Attributen scheint im 16. Jh. noch gegeben. Wenn nicht eine Adoration den Gebetsgestus nahelegt, dann halten gerüstete Männer, ausschließlich Adlige, einen Streitkolben in der rechten und ein Schwert bzw. den Griff des angegürteten Schwertes in der linken Hand. Die Herren in spanischer Hoftracht aber umfassen mit der rechten Hand immer ein Paar Handschuhe. Das Buch – die Bibel – ist immer das Attribut der Geistlichen und ein Attribut der Frauen. Beiden Personengruppen ist auch gemeinsam, daß sie in frontaler Darstellung ohne unmittelbaren Bezug zu einer Christusdarstellung mit Gebetsgestus abgebildet werden können. Ebenso Kinder – niemals aber männliche Laien.

Eine Ahnenprobe erscheint im Bearbeitungsgebiet erstmals 1566 (Nr. 150). Seit 1570 finden sich auf allen figürlichen Grabmälern des Adels stets vierteilige, im 17. Jh. auch achtteilige Ahnenproben. Ursache war die Forderung nach umfangreicheren Ahnenproben, durch die seit dem frühen 17. Jh. dem Neuadel und bürgerlichen Rittergutsbesitzern der Zugang zu den traditionellen Adelskollegien wie den Stiften und der Adelsbank der Ständeversammlung erschwert werden sollte. Begnügte sich das Domstift in Merseburg 1571 noch mit vier adligen Vorfahren, so wurden 1613 schon acht und „bald darauf“ sechzehn verlangt.220) Bürgerliche Grabmäler zeigen zumeist nur das Vaterswappen oder die Wappen beider Eltern.

3. 4. 2. Inhalt, Form und Sprache der Grabinschriften

Trotz ihrer Formelhaftigkeit sind im Bearbeitungszeitraum deutliche Veränderungen der Inschriftentexte feststellbar. Vollständige Grabschriften beinhalten i. d. R. den Sterbevermerk und schließen mit einem Segenswunsch (dem Gott gnade, dem Gott eine fröhliche Auferstehung verleihe o. ä.). Die einzige Veränderung vor der Mitte des 16. Jh. betrifft den Sterbetag, der bis 1539 nach dem Heiligenkalender (Nr. 98, 116, 127), dann in abnehmendem Maße nach den Kirchenfesten (Nr. 129, 131, 132, 153, 157), seit Mitte des 16. Jh. zunehmend und seit Ende des Jahrhunderts ausschließlich mit den Monatstagen angegeben wird. Einmal wird – als Ausweis humanistischer Bildung – nach dem römischen Kalender datiert (Nr. 181). Gelegentlich, vor allem im 17. Jh., ist auch die Todesstunde angegeben (Nr. 170, 199, 221, 234, 242, 258). Den Sterbevermerk ergänzt häufig eine Altersangabe, die nach 1600 oft durch das Geburtsjahr ersetzt wird. In einigen wenigen Fällen wird eine Grabbezeugung hinzugefügt, vorzugsweise im 17. Jh. und erstaunlicherweise auch auf einigen Epitaphien, die demnach in unmittelbarer Nähe des Grabes angebracht gewesen sein müssen (Nr. 149, 152?, 221, 241, 264).

Seit 1565 treten zu den bis dahin durchgängig knappen Grabschriften Bibelzitate hinzu, die zumeist auf die Auferstehung, Erlösung und das ewige Leben Bezug nehmen (insbesondere Hiob 19,25–26; Ps 31,6; Phil 1,21). Im letzten Viertel des 16. Jh. wird die Tendenz zur wortreichen Ausgestaltung der Grabschriften unübersehbar. Gegen Ende des 16. Jh. und häufiger noch danach erscheinen an den Grabmälern längere oder mehrere Bibelzitate (Nr. 169, 194, 262), Totenlob mit biographischen Angaben (Ämter, Amtsdauer; vgl. Nr. 172, 180, 181, 215, 221, 238, 244, 245, 262, 275) oder Besitztitel (Nr. 262). Seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. ist es üblich (aber kein durchgängiges Prinzip), bei verheirateten Frauen aller Stände den Geburtsnamen oder den Vatersnamen mitzuteilen. Seit 1582 wird gelegentlich das Jahr der Eheschließung oder die Ehejahre und die Zahl der Kinder angegeben (Nr. 172, 182, 215, 226, 245).221)

Die Verwendung verschiedener Textsorten allein bietet aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine klare Scheidung verschiedener Grabmalstypen. Bei Grabmälern ohne Sterbevermerk ist zu fragen, ob ihre Inschriften vollständig überliefert oder erhalten sind. Längere Inschriften finden sich eher auf Epitaphien, bieten sie doch oft mehr Fläche für Inschriften.

Zur Unterscheidung der Stände dienen Epitheta wie z. B. edel, das allein den Angehörigen des (Nieder-)Adels [Druckseite XLI] vorbehalten ist. Gelegentlich finden sich dafür Umschreibungen wie EX NOBILISSIMA PROSAPIA und EX EQVESTRIS ORDINIS FAMILIA (Nr. 238). Den Männern kommen außerdem die Attribute ehrenvest und gestreng zu, die allein zur standesmäßigen Kennzeichnung auszureichen scheinen. Auf mindestens zwei der im dritten Viertel des 16. Jh. entstandenen Adelsgrabmälern, deren Inschrifttext vollständig erhalten bzw. rekonstruierbar ist, findet sich die Standesbezeichnung edel nicht (Nr. 142, 149). An anderen, unvollständig erhaltenen Grabschriften des 16. Jh., die immerhin ehrenvest oder gestreng enthalten, könnte das Wort edel mit anderen Textteilen verlorengegangen sein (z. B. bei Nr. 129, 132, 135, 150). Eine feste Abfolge der Epitheta war nicht vorgegeben. Adlige Frauen sind wie ihre Geschlechtsgenossinnen aller Stände tugendsam, wohltugendsam, ehrentugendsam oder gar vielehrentugendsam. Frauen bürgerlicher Abkunft wird darüber hinaus häufig das Attribut ehrbar beigegeben. Personen geistlichen Standes – auch Ordensangehörige weiblichen Geschlechts (Nr. 154) – werden als ehrwürdig/reverendus und wohlgelehrt bezeichnet. Nur zwei Grabschriften von Männern bürgerlicher Abkunft sind aus dem 16. Jh. überliefert, die wegen des singulären Vorkommens der einen (Nr. 98) und der stark abweichenden Textsorte der anderen (Nr. 143) nicht zu verallgemeinerbaren Aussagen herangezogen werden können. Doch zeigen gerade bürgerliche Grabmäler des 17. Jh. Wandlungen im Gebrauch der Standesbezeichnungen auf. Der Titel Herr, im 16. Jh. nur für Geistliche überliefert (Nr. 170, 180),222) wird im 17. Jh. weiterhin für deren Grabschriften gebraucht, zugleich aber auch von Bürgerlichen übernommen – die aber in allen hier vorliegenden Beispielen Amtspersonen gewesen waren.223) Außerdem scheint jetzt auch das adlige ehrenvest in das Formular bürgerlicher Grabschriften eingegangen zu sein (Nr. 244, 245, 278). Mangels vergleichbarer Texte aus dem vorangegangenen Jahrhundert kann das jedoch nur als Vermutung angesprochen werden. Die Anrede Fraw kommt bis zu Anfang des 17. Jh. überwiegend adligen,224) dann auch häufiger bürgerlichen Frauen zu. Wegen der geringen Zahl der Belege besitzt aber auch diese Feststellung nur begrenzten Aussagewert.

Die Sprache der Grabschriften ist ganz überwiegend Deutsch. Nur zweimal sind deutsche Reimverse anzutreffen (Nr. 215, 241). Erst im letzten Viertel des 16. Jh. erscheinen häufiger lateinische Inschriften, die seit 1590 signifikant zunehmen und bis 1620 auf 45,8% der Grabmäler zu finden sind. Danach nimmt ihr prozentualer Anteil wieder ab. Metrische lateinische Inschriften (Hexameter, elegische Distichen) sind selten und fast nur in dem genannten Zeitraum anzutreffen (Nr. 143, 161, 218, 232, 244, 245). Die Verwendung der lateinischen Sprache ist ganz eindeutig als Bildungsbeleg zu verstehen. Die Hälfte der 16 lateinischen Grabschriften befindet sich auf den Grabmälern von Geistlichen oder deren Ehefrauen; erstere werden ja ohnehin (in deutschsprachigen Inschriften) häufig als wohlgelehrt gewürdigt. Fünf lateinische Grabschriften stehen auf Grabmälern für Personen bürgerlichen Standes, die zumeist studiert hatten und als Bürgermeister, amtsherrliche oder höfische Beamte tätig waren (Nr. 143, 182, 226, 244, 245). Zwei lateinische Grabinschriften sind für verstorbene unbekannten Standes (Nr. 234, 279), und nur eine (!) ist nachweislich einem adligen Ehepaar gewidmet (Nr. 238).

3.4.3. Stil und Provenienz der Grabmäler

Die selten provinzielles Niveau übertreffende künstlerische Qualität ist wohl die erste und wesentlichste Ursache dafür, daß die Grabmäler im Bearbeitungsgebiet und im gesamten Gebiet der mittleren Saale außerhalb der DI bisher nicht systematisch und flächendeckend aufgearbeitet wurden. Dementsprechend ist die Herkunft der meisten Grabmäler, sind ihre Schöpfer, Maler und Bildhauer, unbekannt. Die überwiegend konventionelle und schematische Gestaltung und der zurückhaltende künstlerische Anspruch der Grabmäler erschweren eine Zuweisung an bestimmte Hände, wenn sie sich allein auf stilistische Kriterien stützen muß. Wohl sind Kleidung und Habitus der Dargestellten in ihrer natürlichen, zeitbedingten Erscheinung wiedergegeben, doch wird eine lebendigere, d. h. in der Physiognomie individuellere und in der Pose natürlichere Gestaltung der Figuren nur in Ausnahmefällen erreicht (oder angestrebt).

Als geeignetes Mittel, die Grabmäler dennoch in Werkstattzusammenhänge einzuordnen, erweist sich die Inschriftenpaläographie. Schon das älteste erhaltene Epitaph von 1515 (Nr. 98) konnte durch einen Schriftvergleich derselben Werkstatt zugewiesen werden wie ein anderes von 1514/25, das in der [Druckseite XLII] Leipziger Nikolaikirche aufbewahrt wurde. Damit ist die Entstehung des Weißenfelser Epitaphs in Leipzig oder eine Auftragsvermittlung über die Leipziger Messe wahrscheinlich.

Mit Hilfe paläographischer Untersuchungen lassen sich zumindest drei größere Werkkomplexe abgrenzen. Der erste besteht aus fünf zwischen 1533 und 1547 entstandenen Reliefplatten (Epitaphien) in der Kirche in Teuchern, die auch wegen ihres teilweise schlechten Erhaltungszustandes vor allem unter paläographischen Gesichtspunkten einer Werkstatt zuzuordnen sind (Nr. 116, 127, 129, 131, 132). Der zweite Werkkomplex umfaßt die Arbeiten des Monogrammisten HK, eines beachtlichen Bildhauers, der seine Werke zumeist mit diesem Monogramm kennzeichnete und bestimmte Schriftformen verwendete. Einige seiner Werke zeichnen sich auch durch eine große Übereinstimmung in bildnerischen Details aus, so daß die Zuschreibungen mehr Sicherheit gewinnen. Der Monogrammist HK ist zwischen 1566 und 1602 (?) im Gebiet der mittleren Saale nachweisbar; er hat aber auch Werke für weiter entfernte Orte geschaffen. Sein Oeuvre umfaßt außer Grabmälern wohl auch Taufsteine und eine Kanzel; seine Werkstatt war zuerst vermutlich im Raum Weißenfels, dann im Raum Naumburg ansässig.225) Eine andere im ersten Viertel des 17. Jh. tätige Werkstatt weist eine dem Monogrammisten HK vergleichbare Qualität und eine so eigentümliche Schriftform auf, daß dadurch eine Abgrenzung der Werkgruppe möglich ist (Nr. 236, 241, 253). Der Sitz der Werkstatt ist nicht bekannt.

Die Herkunft der drei qualitätvollsten, in Dehlitz und Goseck befindlichen Grabmäler ist nicht geklärt. Wird das Epitaph für den angesehenen kursächsischen Feldhauptmann Georg von Altensee genannt Wachtmeister auf Goseck (gestorben 1565) noch mit einem auch in Naumburg nachweisbaren Meister in Verbindung gebracht (Nr. 149), so kann für das von 1613 bis 1616 gefertigte Epitaph für den kursächsischen Hofmarschall und Amtshauptmann Johann von Wolffersdorff auf Dehlitz und seine Gemahlin eine Entstehung in Leipzig oder Magdeburg angenommen werden, ohne daß sich vorläufig eine Werkstatt benennen ließe (Nr. 238). Die Herkunft des größten und anspruchvollsten Epitaphs im gesamten Bearbeitungsgebiet, errichtet für den 1628 verstorbenen kursächsischen Kanzler Bernhard von Pöllnitz in der ehemaligen Klosterkirche zu Goseck, ist leider ebenfalls unbekannt (Nr. 262). Die außerordentliche Größe sowie die künstlerische und technische Qualität des Epitaphs setzen eine große und gut geschulte Werkstatt voraus, die ihren Standort nur in einem der mitteldeutschen Kunstzentren gehabt haben kann. Doch ist der Einfluß der Magdeburger Bildhauerwerkstätten, die im ersten Viertel des 17. Jh. im nördlichen Deutschland führend waren, an den beiden letztgenannten, den bedeutendsten plastischen Bildwerken im Bearbeitungsgebiet, unverkennbar. Sie gehören wegen ihres manieristischen Formenreichtums und ihrer künstlerischen Reife zu den erstrangigen Werken ihrer Zeit in Mitteldeutschland, während die übrigen Werke in zurückhaltender Weise und zumeist bescheidenem Umfang geläufige Renaissancemotive variieren. Es ist offensichtlich, daß insbesondere angesehene, gesellschaftlich hochstehende und wohlhabende Persönlichkeiten materiell aufwendigere und künstlerisch anspruchsvollere Grabmäler anfertigen ließen. Zu diesem Auftraggeberkreis gehörte auch der 1620 verstorbene kursächsische Landrentmeister Johann Meisner und dessen Gemahlin, über deren einst in Weißenfels befindliche Grabmäler (Nr. 244, 245) wir aber nur wenig wissen.

4. Die Quellen der nichtoriginalen Überlieferung

Abschriftlich überlieferte Inschriften finden sich in verschiedenen Archivalien, insbesondere in Orts- und Kreischroniken und Inventaren aller Art, und in historisch-topographischen Druckschriften. Zur kopialen Überlieferung gehören aber auch Fotografien der Inschriftenträger und Abreibungen, die zumeist von Glockeninschriften angefertigt wurden. Bei einem Anteil von 41% an der Gesamtüberlieferung ist die herausragende Bedeutung der kopialen Überlieferung evident. Sie ist auch ein wertvolles Hilfsmittel, um fragmentierte Inschriften ergänzen können.

Die erste (kleine) Inschriftensammlung des Bearbeitungsgebietes findet sich auf zwei ineinandergelegten, in einen umfangreichen Faszikel eingebundenen paginierten Bögen (fol. 38–41), deren erste Blätter (fol. 38 f.) in lateinischer Sprache von ein und derselben Hand beidseitig beschrieben wurden.226) Auf der ersten Seite steht ein kurzer Text zur Gründung der Stadt Weißenfels mit Erwähnung der bis 1554 in Weißenfels residierenden Mitglieder des wettinischen Hauses (fol. 38r). Auf beiden Rändern dieser Seite sind Buchtitel notiert, die der Autor exzerpiert hat. Die Erstauflagen dieser Titel [Druckseite XLIII] sind, soweit es sich feststellen läßt, zwischen 1581 und 1609 (bzw. 1618) erschienen.227) Daraus läßt sich mit Vorsicht schließen, das dieser Text und sicherlich auch alle übrigen Texte dieses kleinen Manuskripts im ersten oder zweiten Jahrzehnt des 17. Jh. verfaßt worden ist. Die übrigen Texte handeln von der Gründung des Klosters und den bis 1575 im Kloster lebenden wettinischen Fürstinnen (fol. 38v). Daran anschließend werden auf derselben Seite zwei Inschriften wiedergegeben (Nr. 2, 8) und auf der folgenden Seite eine Abzeichnung der aus der Klosterkirche stammenden, Friedrich Tuta darstellenden und noch heute fragmentarisch erhaltenen Schnitzfigur (fol. 39r). Umseitig (fol. 39v) steht die Abschrift einer weiteren Inschrift (Nr. 200). Offensichtlich hat der gelehrte Autor versucht, alle erreichbaren Informationen über Leben und Wirken der Wettiner in Weißenfels zusammenzutragen. Zwei der drei, allesamt verlorenen Inschriften sind hier erstmals überliefert; die dritte ist sogar nur in diesem Manuskript bezeugt (Nr. 2). Ihre Authentizität wird durch die Parallelüberlieferung der anderen beiden indirekt bestätigt.

Die übrigen Aktenstücke des Faszikels stehen nicht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem besprochenen Manuskript. Vor den beiden Bögen (fol. 38–41) sind mehrere, die 1570 verstorbene letzte Äbtissin des Klosters, Margarethe von Watzdorf, betreffende Schriftstücke, danach einige die Klostergebäude betreffende Akten aus dem späten 16. und dem frühen 17. Jh. eingebunden. Die Datierung dieser Schriftstücke steht der zeitlichen Ansetzung des Manuskripts zumindest nicht entgegen.

Größere Inschriftensammlungen erstellten an der Wende vom 17. zum 18. Jh. der Lehrer Johann Vulpius aus Großkorbetha (gestorben 1714)228) und der Superintendent Johann Christian Büttner aus Weißenfels (1655–1719)229) als Teil ihrer Chroniken des Amtes Weißenfels. Sie umfassen im wesentlichen Bau-, Glocken- und Grabinschriften. Eine der beiden, etwa gleichzeitig entstandenen Chroniken ist nicht nur in Kenntnis der anderen geschrieben, sondern sogar teilweise abgeschrieben worden. Welche von beiden, ist nicht sicher zu sagen, doch soll nach allgemein vorherrschender Auffassung das etwas umfangreichere Manuskript Vulpius' die Vorlage für die Büttnersche Chronik gewesen sein. Beide Chroniken sind leider nur fragmentarisch überliefert; es fehlt in beiden ausgerechnet der Teil, in dem die Grabstätten bedeutender Weißenfelser Persönlichkeiten vorgestellt werden sollten.

Für die epigraphische Überlieferung der Stadt Lützen war die 1761 abgeschlossene Stadtchronik des Adam Siegmund Bürger ergiebig.230) Sie enthält außer Abschriften von Inschriften auch mehrere Abzeichnungen von Inschriftenträgern. Die übrigen hier verwendeten Archivalien tradieren nur einzelne Inschriften und haben im Kontext der gesamten kopialen Überlieferung nicht den Stellenwert wie die Chroniken.

Die im 18. und 19. Jh. erschienenen historisch-topographischen Übersichtswerke zur Kirchen-, Territorial- und Kunstgeschichte berücksichtigen zwar die epigraphische Überlieferung als eine historische Quellengattung, bemühen sich aber noch nicht, die Inschriften systematisch und flächendeckend zu erfassen. Dabei rezipieren die das Amt Weißenfels betreffenden Arbeiten die Chroniken Vulpius' und Büttners, wie sich am Beispiel der 1796 bzw. 1840 erschienenen Werke von Georg Ernst Otto und Gustav Heydenreich231) gut aufzeigen läßt. So geben z. B. Büttner, Otto und Heydenreich von den Inschriften des Weißenfelser Schulportals (Nr. 139) dieselben Auszüge wieder, obwohl das Portal jederzeit zugänglich und alle Inschriften gut lesbar waren (und sind). Alle drei Autoren zitieren die guterhaltene Bauinschrift der Kirche in Hohenmölsen (Nr. 185) mit denselben freien Ergänzungen und brechen das Zitat an derselben Stelle ab. Heydenreich „verliest“ wie Büttner die Jahreszahl der jüngsten Glocke in Untergreißlau und gibt sie wie Büttner in arabischen statt römischen Ziffern wieder (Nr. 110).

[Druckseite XLIV]

Die etwa gleichzeitig entstandenen Werke von Karl Gottlob Dietmann (1752–1763)232) und Adam Siegmund Bürger sind offenbar unabhängig voneinander verfaßt worden, obwohl Dietmann über die Lützener Kirchengeschichte auffällig gut informiert ist und gerade Lützener Inschriften – allerdings nicht durchweg dieselben wie Bürger – in großer Zahl wiedergibt. Die Inschriftentexte werden von den älteren Autoren (Bürger, Büttner, Dietmann, Vulpius) wie von den jüngeren (Otto, Heydenreich) oft auch verkürzt oder in zeitgenössischer Schreibweise wiedergegeben. Der Abgleich mit den Originalen hat aber gezeigt, daß ihre Abschriften i. d. R. weitgehend dem originalen Text entsprechen.

Den ersten Versuch einer systematischen und flächendeckenden Inschriftenerfassung machte der Zeitzer Bauinspektor Gustav Sommer, der auf privaten „archäologischen Wanderungen“ sehr viele Inschriften im ländlichen Raum erfaßte und von 1867 bis 1874 veröffentlichte.233) Diese Publikationen mögen Sommer für die Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmale im Süden der preußischen Provinz Sachsen empfohlen haben. Er veröffentlichte zuerst das Inventar des Kreises Weißenfels, mit dem also die systematische Denkmalsinventarisation im heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt begann.234) Dabei nutzte Sommer die Gelegenheit, einige seiner früheren Inschriftenlesungen zu korrigieren oder zu vervollständigen. Sein Inventar und die anderen, bei der Bearbeitung des heutigen Landkreises Weißenfels zu berücksichtigenden Inventare stellen die mit Abstand wichtigste Quelle abschriftlicher Überlieferung dar, auch wenn Sommer und die Bearbeiter der anderen Kreise, Johannes Burkhardt, Otto Küstermann (Kreis Merseburg) und Heinrich Bergner (Kreis Querfurt),235) Glockeninschriften zum Nachteil anderer Inschriften bevorzugt gesammelt haben. So haben sie z. B. viele, zu ihrer Zeit noch erhaltene und lesbare Bau- und Grabinschriften übergangen, die heute unlesbar geworden oder gänzlich verschwunden sind. Doch bleibt es ihr Verdienst, die Inschriftentexte vieler, nach der Inventarisation vernichteter Glocken bewahrt zu haben. Vielfach publizierten sie auch Abzeichnungen der Inschriften oder versuchten, die Schriftformen durch geeignete Drucktypen wiederzugeben.

Außer den Archivalien und historisch-topographischen Übersichtswerken überliefern vor allem monographische Arbeiten größere Inschriftenbestände, so z. B. die Beschreibungen der Weißenfelser Marienkirche von Johann David Schieferdecker 1703 und Ottomar Lorenz 1903236) oder die glockenkundlichen Arbeiten von Heinrich Otte 1858, Heinrich Bergner 1900 und Paul Liebeskind 1904/ 1905 und 1905.237) Das Glockenbuch Karl Walters von 1913, das hunderte von mittelalterlichen und neuzeitlichen Glockeninschriften enthält, bietet zwar viele Vergleichsbeispiele, stützt sich aber im wesentlichen auf die bekannten glockenkundlichen Publikationen und die Denkmalinventare.238)

Einzelne Inschriften finden sich wiederholt in regional- und heimatkundlichen Abhandlungen des 19. und 20. Jh., deren Zuverlässigkeit jedoch stets geprüft werden muß. Die Autoren geben die Inschrifttexte oft nur nach den bekannten Übersichtswerken wieder, übernehmen deren Fehler oder schreiben gar neue in die Texte hinein. Daneben enthält diese Literatur aber auch manche singuläre epigraphische Überlieferung und, was meist sogar wichtiger ist, die näheren Umstände der Überlieferung [Druckseite XLV] oder des Verlustes des Inschriftenträgers. Historische und genealogische Werke mit wissenschaftlichem Anspruch wie Carl Peter Lepsius 1854/55 oder Richard von Mansberg 1903–1908 überliefern gelegentlich Text und Bild von Inschriftträgern, vorzugsweise von Grabmälern, als illustrative Beilagen.239)

5. Die Schriftformen

5.1. Romanische und gotische Majuskel

Die geringe Zahl der vor 1400 entstandenen und erhaltenen Majuskelinschriften erlaubt keine schlüssige Darstellung der Schriftgeschichte des Bearbeitungsgebietes bis zur Ablösung der Majuskelschriften am Ende des 14. Jh. Da auch nur eine der erhaltenen Inschriften datiert ist, kann lediglich aufgezeigt werden, inwiefern die Schriftformen den bekannten allgemeinen Entwicklungstendenzen folgen. Grundlage sind außer den original erhaltenen die als Abreibungen und Abzeichnungen überlieferten Inschriften. Es wird dabei in Kauf genommen, daß die Abzeichnungen das Schriftbild u. U. nicht ganz detailgetreu wiedergeben.

Die romanische Majuskel ist nur einmal durch eine geritzte, auch nur in Abzeichnungen überlieferte Glockeninschrift belegt (Nr. 1). Die Buchstabenformen sind schlank proportioniert und fast durchweg kapital. In der – allerdings kurzen – Inschrift treten nur einmal das unziale E und das unziale H auf. Tropfenförmige Verdickungen sind in den Bogen eines C und an den Schaft eines A als Umrißritzung angesetzt. Die drei geritzten trapezförmigen A-Buchstaben mit überstehenden Deckbalken auf der kleinen Glocke in Gröben (Nr. 7) könnten auch der romanischen Majuskel entlehnt sein, entziehen sich letztlich jedoch einer genaueren Bewertung und Datierung. Die Gröbener Glocke ist aber gewiß noch im 13. Jh. entstanden.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 3 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Die erhaltenen und zeitlich folgenden Inschriften sind in gotischer Majuskel geschrieben. Es handelt sich um die paläographisch verwandten, gleichlautenden Inschriften der Glocken in Schkortleben und Krössuln. Die Gußvorlagen für die Buchstaben beider Glocken wurden aus Wachsplättchen ausgeschnitten. Die Buchstaben haben eine große Strichstärke und eine schwache Bogenschwellung; Sporen sind nur an einigen Buchstaben ausgebildet. Auf der Glocke in Schkortleben (Nr. 3) ist nur das E durch Zusammenziehung der Sporen geschlossen; das T weist eine Schaftschwellung auf. Auf der paläographisch jüngeren Glocke in Krössuln (Nr. 4) erscheinen noch mehr unziale bzw. runde Buchstabenformen (T, U) als auf der Glocke in Schkortleben. E und F (!) sind durch Abschlußstriche geschlossen; M ist auf beiden Glocken symmetrisch und offen. Für die im Katalog vorgeschlagene Datierung in das letzte Viertel des 13. Jh. war die große paläographische Ähnlichkeit der Inschrift in Krössuln mit der Inschrift einer auf 1278 datierten Glocke in Thüringen entscheidend (vgl. Nr. 4).

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 4 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Das zeitliche Verhältnis dieser beiden Glockeninschriften zu der in Stein gehauenen Grabinschrift in Markröhlitz (Nr. 5) ist nicht nur wegen der anderen Herstellungstechnik schwer zu bestimmen. Die ziemlich gleichmäßige Strichstärke, die vereinzelt auftretende, schwach ausgeprägte Bogenschwellung und die zumeist geringe Verbreiterung der Schaft-, Bogen- und Balkenenden verweisen auf eine ältere epigraphische Tradition. Zugleich werden neben den älteren kapitalen Formen einige in Frage [Druckseite XLVI] kommende Buchstaben auch in unzialer bzw. runder Form verwendet (D, E, T). Das B ist offen; C ist immer, das (unziale) E zumeist mit Abschlußstrich geschlossen. Viele Buchstaben der Grabinschrift haben im Gegensatz zu denen der älteren Glocken gedrungene, beinahe quadratische Proportionen. Die Entstehungzeit der Inschrift, deren Gesamteindruck von kapitalen Buchstabenformen geprägt wird, ist schwer zu bestimmen; die Steinplatte könnte durchaus noch vor den Glocken in Schkortleben und Krössuln zu datieren sein. Die historische Überlieferung gibt leider nur vage Anhaltspunkte für ihre zeitliche Einordnung (vgl. Nr. 5).

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 9 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Im Gegensatz zu der unscharfen Datierung wird die aus dem Dachreiter der Weißenfelser Klosterkirche stammende beschriftete Glocke unmittelbar vor oder nach der Besiedlung des gänzlich neuerbauten Klosters 1301 anzusetzen sein – obwohl die Schriftform auch in späterer Zeit entstanden sein könnte (Nr. 9). Für die Inschrift sind (ausgenommen das A) durchweg unziale bzw. runde Majuskelformen verwendet und mit hakenförmig ausgezogenen Sporen verziert worden. Viele Schaft- und Bogenenden sind keilförmig verbreitert, einzelne auch gespalten. Die Strichstärke der Buchstaben variiert stark, die Bögen sind in unterschiedlichem Maße geschwellt. Für eine Entstehung der Glocke im frühen 14. Jh. spricht, daß alle C und E bis auf einen Buchstaben offen sind.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 10 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Die Inschriften der Glocken in Zorbau und Langendorf weisen ausgeprägte Merkmale der gotischen Majuskel auf. Die Bögen sind deutlich geschwellt, die Schaft-, Bogen- und Balkenenden keilförmig bis dreieckig verbreitert und die Spitzen oft ausgezogen. An einzelnen Buchstaben der Zorbauer Glocke sind die Spitzen eingerollt oder zu stachelartigen Sporen umgebildet (Nr. 10). Bemerkenswert ist der Nexus litterarum des geschlossenen C mit (innen offenem) R bei CRISTI in der Inschrift der Glocke in Langendorf (Nr. 11). Die Buchstaben dieser Glocke wurden vor dem Guß in den Mantel geritzt oder aus Wachsfäden geformt240) und sind häufiger als die Buchstaben anderer Inschriften des 14. Jh. mit Deck- und Abschlußstrichen versehen. Geschlossen sind die Buchstaben: A, M, (zumeist auch) R, (rundes) T, U bzw. V. Die Schriftform ist stärker stilisiert als bei der Zorbauer Glocke: Die Strichstärke des Buchstabens ist oft auf eine Linie reduziert, während die Schaftenden gelegentlich extrem verbreitert sind. Sie ist deshalb wohl etwas jünger als die Schriftform der Zorbauer Glocke. Beiden gemeinsam ist der Schmuckreichtum, der offenbar viele um 1300 oder in der ersten Hälfte des 14. Jh. entstandene Glocken auszeichnet.241) Einzelne Buchstaben beider Glocken zieren parallel zum Buchstabenkontur verlaufende Zierstriche mit Ausbuchtungen.

[Druckseite XLVII]

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 11 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Die Schriftformen der Schmuckstücke des Weißenfelser Schatzfundes sind wegen ihrer geringen Größe und ihrer technisch bedingten Eigenart (Gravierung) schwer zeitlich einzuordnen. Gehört die mit den Namen Jesu, Mariae und Johannis beschriftete Ringspange, deren Buchstaben keilförmig verbreiterte Schaft-, Bogen- und Balkenenden aufweisen, wohl noch in die 2. Hälfte des 13. Jh. (Nr. 6), so scheint der Ring mit den Beschwörungsformeln, dessen Buchstabenformen tropfenförmige oder spitz ausgezogene Schaft- und Bogenschwellungen (A, rundes N) und ausgeprägte Balkensporen (A, L, T) aufweisen, erst im 2. Viertel des 14. Jh. angefertigt worden zu sein (Nr. 13). Zu etwa derselben Zeit könnte eine verlorene Glocke aus Göthewitz entstanden sein, die eine in Konturschrift ausgeführte Inschrift besaß (Nr. 15).242) Auch einige ihrer Buchstaben haben eine spitz zulaufende Bogenschwellung, wie sie etwa seit der Mitte des 14. Jh. in epigraphischen Schriften Verbreitung findet. Einzelne A-Schäfte und R-Cauden sind tropfenförmig geschwollen; an den oberen Bogenenden der Unzialen G und U sind tropfenförmige Sporen angesetzt. Nur das L ziert ein kräftiger Balkensporn. Der Balken des unzialen E ist wie bei der älteren Glockeninschrift in Weißenfels vom Bogen gelöst. Wenn auch die Buchstabenformen auf dem dritten Ring des Weißenfelser Schatzfundes schwer zu beschreiben sind, so treten doch die kräftigen, alle jüngeren Schriftformen auszeichnenden Sporen deutlich hervor (Nr. 12).

Die geringe Zahl und die unregelmäßige Ausführung der Buchstabenformen der Glocke in Markröhlitz (Nr. 16) erschweren eine Datierung. Die kurze spiegelverkehrte Konturschrift ist nur durch eine Abzeichnung überliefert. Einige der Schäfte und Balken weisen Halbnodi auf, wie sie schon auf der älteren Grabplatte in Markröhlitz zu sehen sind. Vereinzelt, so etwa am linken Schaft des A und am linken offenen Bogen des unzialen M, meint man, flächig ausgebildete, geschwungene Sporen zu erkennen.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 13 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Die auf 1351 datierte Weiheinschrift in Weißenfels (Nr. 17) zeigt nebeneinander kapitale und unziale (bzw. runde) Buchstabenvarianten (hier D, N), wie es für das ganze 14. Jh. typisch ist. Die Schaft-, Bogen- und Balkenenden sind keilförmig bis dreieckig verbreitert, aber nicht so kräftig ausgebildet wie [Druckseite XLVIII] bei anderen, gleichzeitig entstandenen Schriften. Diese Eigenart und die nur gelegentlich auftretende, zaghafte Zuspitzung der Bogenschwellung geben dieser Schriftform ein altertümliches Aussehen.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 21 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 36 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 68 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Die ebenfalls nur auf Abbildungen überlieferten Buchstaben der Inschrift einer Glocke aus Großgöhren weisen ganz unterschiedliche Sporenformen auf (Nr. 18): Sie sind hakenförmig (C, E) oder als Balkensporen gebildet (A, L, T) oder als schwer beschreibbare Striche den Schaft- und Balkenenden mehr oder minder rechtwinklig angesetzt. Ansonsten dominieren unziale bzw. runde Buchstabenformen, die sich durch spitz ausgezogene Bogenschwellungen und Schaftnodi auszeichnen. Die Glockeninschrift von Großgöhren kann ebenso wie die in Unterwerschen (Nr. 21) um die Mitte des 14. Jh. oder bald danach entstanden sein. Die Inschrift in Unterwerschen ist regelmäßiger und hat ausgeprägtere Bogenschwellungen sowie vergleichbare Sporen. Auf eine spätere Entstehung der Unterwerschener Glocke deuten die Bogeninnenschwellungen, die deren Schriftform ebenso wie die eines Kelches in Hohenmölsen auszeichnen (Nr. 22).

Die beschriebenen Schriftmerkmale erfahren eine letzte Steigerung in der zweiten Hälfte des 14. Jh. Die Schwellungen werden noch spitzer wie bei der gravierten Inschrift an einem Kelchnodus aus Weißenfels (Nr. 19), die Sporen gestreckter und geschwungen wie bei demselben Kelch und einer Glockeninschrift in Unternessa (Nr. 20). Den Endpunkt dieser Formentwicklung markiert wohl der Kelch in Hohenmölsen, obwohl dessen Entstehungszeit innerhalb der zweiten Hälfte des 14. Jh. nicht gesichert ist (Nr. 22). Das S ist in diesen Inschriften wie aber auch schon in denen der Glocken in Großgöhren und Unterwerschen durch weit ausgezogene Sporen fast oder gänzlich geschlossen. Diese späten Formen der gotischen Majuskel werden nach 1400 als Versalien der gotischen Minuskel tradiert (vgl. Nr. 36, 68).

5.2. Gotische Minuskel

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 27 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 29 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 34 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 34 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Nach dem ersten Auftreten einer nicht exakt datierbaren Inschrift in gotischer Minuskel, deren Träger im letzten Viertel des 14. Jh. entstanden sein könnte (Nr. 23), verdrängt diese Schriftform um 1400 schlagartig die gotische Majuskel. Die gotische Minuskel ist im 15. Jh. als einzige epigraphische Schrift im Bearbeitungsgebiet nachweisbar und wird erst im ersten Drittel des 16. Jh. allmählich von der frühhumanistischen Kapitalis und anderen Formen der Kapitalis abgelöst.

Trotz des etwa einhundertfünfzigjährigen Gebrauchs hat sich die gotische Minuskel im Bearbeitungsgebiet offensichtlich nicht in signifikanter Weise fortentwickelt. Die über den gesamten Zeitraum gepflegten Grundformen der Schrift zeigt am deutlichsten die 1465 gefertigte, sehr qualitätvolle Bauinschrift an der Marienkirche in Weißenfels (Nr. 44). Es wurden nur Details einzelner Buchstaben in einzelnen Inschriften variiert, die mitunter eine gewisse Zeitgebundenheit vermuten lassen. Einige frühe Inschriften weisen eine charakteristische Verzierung des g auf, die sich zuletzt in einer auf 1441 datierten Inschrift und dann nicht mehr findet. Dem Schaft des g ist ein kurzer, nach rechts abstehender Balken angefügt, an den eine schaftparallele Zierlinie angesetzt ist (Nr. 27, 29, 34).243) Einzelne Buchstaben derselben Inschriften weisen perlartige Verzierungen auf, so z. B. am abgeknickten oberen Bogenabschnitt des e bei Nr. 27 und des f bei Nr. 29 – das außerdem mit einem vom Bogen bis zum unteren Schaftende reichenden Zierstrich abgeschlossen ist – und (je zwei) am abgeschrägten oberen Schaftende des l bei Nr. 29 und 34. Diese Verzierung könnte als ein Merkmal der gotischen Minuskel in der ersten Hälfte des 15. Jh. angesehen werden, wenn nicht eine jüngere Inschrift am Anfang des [Druckseite XLIX] 16. Jh. ähnliche Verzierungen aufwiese – sofern diese Inschrift bzw. der Inschriftenträger zutreffend datiert ist (Nr. 78).

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 27 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 34 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 78 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
 

Die Buchstaben mehrerer, zwischen 1477 und 1535 entstandener Inschriften zeigen die Neigung, abgeknickte Schaftenden zu quadrangelförmigen Schaftendungen umzuformen (Nr. 49, 65, 95, 110, 117), doch ist diese Gestaltungstendenz nicht bei allen in Frage kommenden Buchstaben dieser Inschriften festzustellen. In dieser Zeit wird auch erstmals zwischen v und u – willkürlich – unterschieden (Nr. 51, 98) und erscheint auch innerhalb einer lateinischen Inschrift häufiger die durchgängige Schreibung des u für v (Nr. 52, 60A, 73).

Darin erschöpfen sich die bei Inschriften unterschiedlicher Herkunft festzustellenden paläographischen Gemeinsamkeiten. Der ganze Formenreichtum der gotischen Minuskel, der vor allem in Werkstatttraditionen und technischer Ausführung begründet zu sein scheint, sei hier auf Fotografien und in Abzeichnungen dargestellt. Die Ausführungsbedingungen des unterschiedlichen Materials führen bei Steininschriften zu Vergröberungen der erhabenen (Nr. 115) oder Vereinfachung der eingetieften Buchstaben (Nr. 52, 60). Gemalte Inschriften erlauben eine gefälligere Konturierung der Buchstaben und diffizielere Schmuckformen (Nr. 43, 95, 98). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die meisten der gemalten Inschriften restauriert wurden und ihre Buchstabenformen dadurch unter Umständen verfälscht sind. Jedoch zeigen weder diese noch die gravierten Inschriften der liturgischen Gefäße eine andere Formbildung oder Verzierung (Nr. 23, 28, 78) – mit einer bemerkenswerten Ausnahme: Die gravierte Stiftungsinschrift auf dem sogenannten Schuhknechtekelch der Marienkirche in Weißenfels ist aus linearen Schäften mit vergleichsweise großen quadrangelförmigen Schaftenden konstruiert, die dem Schriftbild einen ausgesprochen grafisch-ornamentalen Charakter geben (Nr. 61). Die einzelnen Schäfte bzw. einzelne Buchstabenteile berühren sich an den Quadrangelspitzen.

Außerdem zeigen die Buchstaben einiger weniger Inschriften eine besondere Formenbildung, ohne daß jedoch die Grundform der gotischen Minuskel grundsätzlich verändert würde. An der schon erwähnten großen Bauinschrift der Marienkirche in Weißenfels von 1465 ist die erste Zeile dadurch ausgezeichnet, daß die Buchstaben als Bandminuskel ausgeführt wurden (Nr. 44). Die Bandminuskel erscheint noch einmal am Nodus eines wohl Anfang des 16. Jh. gefertigten Kelches in Großkorbetha. Unter den abgeknickten Schaftenden der gravierten Buchstaben ist eine Schattenschraffur angebracht (Nr. 78).

Allein durch Schriftvergleich lassen sich im Bearbeitungsgebiet bestimmte Werkstätten selbst unter den wichtigsten Inschriftenträgern der gotischen Minuskel, den Glocken und den Inschriften an Gebäuden, nicht erkennen, gleich ob die Inschrift erhaben, stegartig oder als Konturschrift ausgeführt ist. Eine größere Gruppe ist allerdings klar abgrenzbar: Es handelt sich um die Glocken des sogenannten Hallischen Gießers, des Monogrammisten GW (Nr. 86, 87, 92, 93, 97, 100, 103). Die Merkmale des Meisters sind unter Katalog-Nummer 86 zusammengetragen. Aber auch hier ist es weniger eine charakteristische paläographische Formenbildung, die die Zuweisung erlaubte, als ein bestimmter Zierat, der auf einzelnen Glocken in unterschiedlicher Verteilung wiederkehrt und dadurch eine Zuschreibung ermöglicht. Zwei andere, namentlich nicht gekennzeichnete, unsignierte Glocken können durch einen Vergleich einzelner Buchstaben- und Zierformen thüringischen Werkstätten zugewiesen werden (Nr. 36, 110).244) Bemerkenswerterweise zeigt nur eines der sieben original erhaltenen und beschrifteten vorreformatorischen Altarretabel die gotische Minuskel; die Inschriften der übrigen sind in frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt.

[Druckseite L]

Die eingestreuten Majuskelbuchstaben entstammen offensichtlich zumeist Vorlagen für Majuskelalphabete, was vor allem dann deutlich wird, wenn die Großbuchstaben dieselbe Größe aufweisen wie die Minuskelbuchstaben oder gar kleiner sind als diese (vgl. Nr. 36, 37, 62, 68, 95).

5.3. Frühhumanistische Kapitalis und andere Formen der Kapitalis

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 90 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 118 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels
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Die frühhumanistische Kapitalis wurde vom frühen 16. Jh. bis zur Mitte des 16. Jh. benutzt. Sie ist eine Mischschrift, die einzelne Buchstabenformen älterer Schriften bewahrt und zugleich neue Formen einführt, die nur dieser Schrift eigentümlich sind. Neben den schriftbildbestimmenden kapitalen Buchstabenformen tradieren die Schriftbeispiele des Bearbeitungsgebietes die unzialen Formen des E (Nr. 83), D (Nr. 118) und G (Nr. 82, 144). Neuerungen sind: das zweibogige oder epsilonförmige E (Nr. 82, 90, 111, 118, 125); das offene D (Nr. 82, 83, 111, 139); das K, dessen oberer Schrägbalken zum Schaft zurückgebogen ist (Nr. 83, 107); das sogenannte byzantinische M, das hier anstelle des mittleren angehängten Schaftes ein Dreieck aufweist (Nr. 90); das N mit geschwungenem Schrägbalken (Nr. 112). Die für das Erscheinungsbild mancher Inschriften sehr charakteristischen Schaftnodi (z. B. am Schaft des I) sowie die Ausbuchtungen am Mittelbalken des H und am Schrägschaft des N (Nr. 111, 118, 139) sind für die frühhumanistische Kapitalis weniger charakteristisch, da sie sowohl bei älteren als auch bei jüngeren Majuskelschriften (so z. B. bei einer der Schriften der Möring-Werkstatt; vgl. Nr. 186) auftreten. Legt man die genannten Buchstabenformen der Schriftbestimmung als frühhumanistische Kapitalis zugrunde, dann ist wohl auch die Schriftform einer Weißenfelser Inschrift von 1544 (Nr. 130A), deren durchweg kapitale Buchstabenformen sich nur durch diese Verzierungen auszeichnen, nicht als frühhumanistische Kapitalis anzusehen. Auch dem A mit einseitig oder beidseitig überkragendem Deckbalken und geradem oder gebrochenem Mittelbalken (Nr. 90, 118) kommt keine signifikante Bedeutung zu.

Die frühhumanistische Kapitalis erscheint bezeichnenderweise erstmals auf Inschriftenträgern, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im Bearbeitungsgebiet gefertigt, sondern importiert worden sind. Es handelt sich um fünf teils geschnitzte, teils gemalte Altarretabel (Nr. 81, 82, 83, 90, 107),245) um ein geschnitztes und gemaltes Altarkreuz (Nr. 125) und einen aufwendig gravierten Abendmahlskelch (Nr. 111). Da auch die beiden hier in Betracht kommenden, beschrifteten Glocken mit hoher Wahrscheinlichkeit, ja mit Sicherheit nicht von im Landkreis Weißenfels ansässigen Gießern hergestellt wurden (Nr. 118, 144),246) bleibt als erster Nachweis für die Übernahme der neuen Schriftform im Bearbeitungsgebiet nur das Tafelbild des hl. Wenzel in der Lützener Stadtpfarrkirche (Nr. 112). Seine ziemlich schematische Ausführung läßt vermuten, daß es von einem einheimischen Maler ausgeführt wurde. Da erkennbar ist, daß alle anderen Inschriftenträger importiert wurden, liegt die Vermutung nahe, daß die frühhumanistische Kapitalis wohl nur in den Zentren der Kunstproduktion Anwendung fand (so z. B. in Leipzig) und noch vor ihrer Etablierung in provinziellen Werkstätten des Bearbeitungsgebietes von einer neuen, stärker an antiken Vorbildern orientierten Kapitalis verdrängt wurde.

Die Epitaphien derer von Bünau in Teuchern, die zwischen 1533 und 1547 von ein und derselben Werkstatt gefertigt worden sind (Nr. 116, 127, 129, 131, 132), zeigen außer regelmäßigen Kapitalisformen nur noch zwei neue Buchstabenformen: ein D mit überstehenden Bogenenden und ein G mit eingestellter Cauda. Die Verwendung dieser Buchstaben berechtigt m. E. dazu, diese Schrift noch als frühhumanistische Kapitalis zu bezeichnen. Das A mit überkragenden Deckbalken und die vielfach verwendeten Halbnodi verstärken diesen Eindruck.

Ein spätes Beispiel der frühhumanistischen Kapitalis stellen die Inschriften an dem 1553 entstandenen [Druckseite LI] Portal der Weißenfelser Knabenschule dar (Nr. 139). Die Schrift enthält zwar keine älteren Buchstabenformen mehr und bietet auch keine der charakteristischen Neuerungen wie das epsilonförmige E, doch zeigen die Inschriften des Portals die in Teuchern verwendeten und andere neue Buchstabenformen, die im Bearbeitungsgebiet singulär sind. Zu letzteren gehören z. B. ein aus zwei einander zugeneigten Schäften und Mittelbalken bestehendes A und ein G mit eingestellter Cauda, die den Bogen gänzlich abschließt.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 139 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Dieselben Formen – außer dem erwähnten A – finden sich an zwei auf 1552 bzw. 1554 datierten Renaissanceportalen in Freyburg an der Unstrut,247) deren Schriftformen sogar noch eine deutlich stärkere Stilisierung aufweisen als das Weißenfelser Portal. Die beiden und ein drittes von 1554248) entstanden etwa zu derselben Zeit wie das Schulportal in Weißenfels. Ihr Schriftbild, dessen gekünstelte Wirkung durch einige im Bearbeitungsgebiet einmalige Verschränkungen und Enklaven verstärkt wird, ist vermutlich auf den Einfluß der über die zeitweilige Hofhaltung Herzog Augusts von Sachsen vermittelten Dresdner Hofkunst zurückzuführen. August regierte von 1548 bis 1553 ein Sekundogeniturherzogtum, zu dem die Städte Weißenfels (als Residenz) und Freyburg gehörten. In den benachbarten größeren Städten (Merseburg, Naumburg, Zeitz) und in den angrenzenden Regionen sind solche Schriften um die Jahrhundermitte nicht mehr nachweisbar.249) Ihrem Erscheinen in Weißenfels und Freyburg geht schon eine von altertümlichen Reminiszenzen fast gänzlich befreite Kapitalis aus dem Jahr 1550 voraus (Nr. 135).250)

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 135 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Der sehr viel größere Bestand an Kapitalisinschriften ist in der Qualität der Ausführung sehr differenziert. Die Buchstaben der einzelnen Inschriften weisen eine ungleiche Höhenstellung und (gelegentlich) eine unregelmäßige Rechtsneigung auf. Auch innerhalb einer Inschrift können Buchstabenbreiten und -abstände und die Ausbildung der Schriftdetails ungleich sein. Generell korrespondiert – erwartungsgemäß – die Qualität der Schriftgestaltung und -ausführung mit der künstlerischen und handwerklichen Qualität des Inschriftenträgers. Die technische Ausführung der Inschriften (Steinmetzarbeit, Gold- oder Silberschmiedearbeit, Bronzeguß) scheint nur geringen Einfluß auf die Buchstabenformen gehabt zu haben. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß außer den in Stein gehauenen Inschriften so wenige andere erhalten sind, daß sich durch Material und Technik bedingte paläographische Eigentümlichkeiten mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht genauer bestimmen lassen. Zudem kann die Schriftentwicklung auch nur anhand der besser erhaltenen Steininschriften dargestellt werden, da die paläographischen Feinheiten schlechter erhaltener Stücke kaum noch eindeutig erkennbar sind.

Seit dem ersten Auftreten der Kapitalis um 1540/50251) stehen zahlreiche Formenvarianten zur Verfügung, die in unterschiedlichen Kombinationen bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums eingesetzt werden. Entscheidend für die Bestimmung einer Schriftform als Kapitalis ist m. E. die Verwendung von Buchstabengrundformen, die an antiken Kapitalisschriften orientiert sind, wobei einzelne unklassische [Druckseite LII] Buchstabenformen immer wieder eingestreut sein können. Eine fast mustergültige, regelmäßige und formstrenge Ausbildung erfährt die Kapitalis schon in dem Sterbevermerk des Epitaphs für Georg von Altensee in Goseck von 1565 (Nr. 149). Die übrigen Inschriften bringen keine grundsätzlich andersgestaltige Kapitalis, sondern variieren nur einzelne Buchstabenformen, weisen andere Proportionen auf oder zeigen abweichende Sporen bzw. Serifen. Zu den über hundert Jahre immer wiederkehrenden und vom Gosecker Beispiel abweichenden Formvarianten gehören: das B, dessen unterer Bogen dieselbe Größe wie der obere aufweist; das C, dessen beide Bogenenden Sporen aufweisen; das E mit einem deutlich überlängten unteren Balken und das G, dessen Cauda am unteren Ende mit einem Sporn besetzt oder gespalten ist (vgl. Nr. 135, 158, 238). Demgegenüber sind zeitgebundene Veränderungen einzelner Buchstabenformen nur selten feststellbar. So weist z. B. das M zunächst überwiegend geneigte seitliche Hasten auf, bis im letzten Viertel des 16. Jh. gerade seitliche Hasten dominieren, die ab 1613 ausschließlich verwendet werden.

Die Anwendung von Haar- und Schattenstrichen zur Links- oder Rechtsschrägenverstärkung ist seit der Mitte des 16. Jh. üblich. Die Buchstaben vieler in Stein eingehauener Inschriften haben kleine Sporen, die oft nur an C, E, L, S oder T deutlich erkennbar sind. Gelegentlich erscheinen auch sporenlose Schriften (Nr. 185). Unterschiede in der Proportionierung der Buchstaben, insbesondere eine Verschlankung, sind wohl in erster Linie von der zur Verfügung stehenden Schreibfläche abhängig. Nexus litterarum sind häufig, Enklaven aber selten (Nr. 139, 189). Versalien erscheinen gelegentlich seit 1565 und häufiger im ersten Drittel des 17. Jh. Inschriften, in denen mehrere Schriftformen, i. d. R. Kapitalis und Fraktur, nebeneinander stehen oder gar ineinander gemischt sind, erscheinen erst seit dem Ende des 16. Jh.; sie dienen oft der Trennung lateinischer und deutscher Textteile (Nr. 175, 194, 234, 262 E).

Durch gemeinsame Schriftmerkmale und eine ungefähr gleichbleibende Qualität der Schriftausführung lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit drei Bildhauerwerkstätten abgrenzen, die auch oder ausschließlich die Kapitalis bzw. die frühhumanistische Kapitalis verwendet haben. Es handelt sich um eine bislang unbekannte, noch nicht lokalisierte Werkstatt, die zwischen 1533 und 1547 fünf Grabmäler für die Herren von Bünau auf Teuchern anfertigte, um den im letzten Drittel des 16. Jh. tätigen Monogrammisten HK, der schon der älteren Literatur bekannt war,252) dessen Werk aber neue Arbeiten zugeordnet werden konnten – darunter die ältesten bislang nachweisbaren, die außerdem in einer Hybridschrift aus gotischer Minuskel und Fraktur beschriftet sind! – und eine auch erstmals nachgewiesene, ebenfalls noch nicht lokalisierbare Werkstatt, die wohl im zweiten und dritten Jahrzehnt des 17. Jh. eine Gruppe sehr unterschiedlicher Grabdenkmale in Weißenfels und in der unmittelbaren Umgebung von Weißenfels schuf.253) Jede dieser Werkstätten gebraucht bei einigen oder allen ihren Werken eine singuläre Buchstabenform oder -schreibung, die für die Zuweisung zwar nicht allein entscheidend ist, diese aber erleichtert. Die Teucherner Werkstatt verwendet auf ihren beiden ältesten Arbeiten ein C, das aus einem zum Schaft umgewandelten Bogen und einem am oberen Schaftende rechts ansetzenden Balken besteht. Der Monogrammist HK schreibt ein nach rechts geneigtes A, während alle übrigen Buchstaben keine Neigung aufweisen. Die jüngste der Werkstätten ist durch die Verwendung eines R charakterisiert, das eine unter die Grundlinie herabschwingende Cauda hat. Außerdem zeichnen sich alle Arbeiten durch eine vergleichsweise hohe handwerkliche und künstlerische Qualität aus.

Die Erfurter Bronzegießer Melchior und Hieronymus Möring sowie Eckhard Kucher benutzen hingegen noch (oder wieder?) altertümliche Schriftformen (insbesondere solche mit Ausbuchtung am Balken des H und am Schrägschaft des N), wie sie die meisten ihrer zwischen 1591 und 1625 gegossenen Glocken zeigen. Daneben verwenden die Mörings aber auch 1605 und 1617 eine strengere Form der Kapitalis (Nr. 217, 240).

[Druckseite LIII]

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe Nr. 217 der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

5.4. Humanistische Minuskel

Die humanistische Minuskel wurde im Bearbeitungsgebiet nur sehr selten und fast nur für lateinische Texte und Worte verwendet (so bei Nr. 194, 242). Auf einem Vedutengemälde in Weißenfels dient sie zur Markierung einzelner Gebäude, die in einer (heute verlorenen) Bildlegende benannt wurden (Nr. 263). Das in zwei Inschriften auftauchende, in seiner Form einem Minuskelbuchstaben ähnelnde b ist wahrscheinlich aus dem halbunzialen B der Majuskelschrift abgeleitet und als Großbuchstabe zu lesen (Nr. 83, 139). Die seltene Verwendung der humanistischen Minuskel erlaubt es nicht, verallgemeinerbare Aussagen zur Schriftentwicklung zu treffen.

5.5. Fraktur

Erste Anklänge an Frakturschriften scheinen zwei sehr unterschiedliche Inschriften aufzuweisen, die im ersten Drittel des 16. Jh. geschaffen wurden. Es handelt sich um das Epitaphgemälde für Martin Hundt in Weißenfels, das auf 1515 datiert ist (Nr. 98), und um eine Sakramentsnische in Treben, deren Datierung jedoch gerade von der zeitlichen Ansetzung der Buchstabenformen abhängt (Nr. 115). Sind es auf dem Inschriftenträger in Weißenfels die Großbuchstaben I, M und S, die von Frakturversalien beeinflußt sein könnten, so scheinen auf dem Inschriftenträger in Treben die Gemeinen Frakturformen verwandt zu sein. Der Schaft des h ist gebogen; dieser Buchstabe sowie b und o zeigen die Neigung, den geschlossenen Bögen eine spitzovale Form zu geben. Auch die Ausformung des c erinnert an Frakturschriften. Wie sich deren Einfluß in Treben geltend gemacht haben könnte, läßt sich nicht mehr aufzeigen; eine Rezeption der frühen Fraktur durch den hochrangigen Meister des Weißenfelser Epitaphs ist aber durchaus zu vermuten. Die zeitlich nächstfolgende Inschrift, die vielleicht unter dem Einfluß der Fraktur entstanden sein könnte, ist der Segenswunsch auf der Taufschale in Gröbitz, die nur ungefähr in die erste Hälfte des 16. Jh. datiert werden kann (Nr. 134). Der geringe Buchstabenbestand entzieht sich jedoch einer eindeutigen Bewertung.

Die ersten Frakturinschriften, die noch den nachhaltigen Einfluß der gotischen Minuskel zeigen, erscheinen auf drei zeitlich dicht aufeinanderfolgenden Werken 1566, 1570 und 1571 (Nr. 150, 155, 157). Bei allen drei Inschriften weisen die Buchstaben noch eine Brechung der Schäfte und Bögen auf, wie es bei der älteren Schrift üblich war. So sind auf dem wohl 1570 entstandenen Epitaphgemälde für Margaretha von Watzdorf die Buchstaben c, d, e, g, i, m, n, o und t, auf den beiden steinernen Epitaphien des Monogrammisten HK von 1566 und 1571 außerdem noch b, l, r und Schaft-s in dieser Weise gebildet. Doch zeigen alle drei Inschriften außer Frakturversalien, dem einstöckigen a und verschiedenen Frakturgemeinen noch andere paläographische Eigenarten, die auf die Fraktur verweisen. Auf dem Watzdorf-Epitaph erscheint ein hybrides g, dessen gebrochener oberer Bogen sich mit einem schwellenden und geschwungenen unteren Bogen verbindet. Auf den beiden steinernen Epitaphien sind gerade Buchstabenteile gebogen und die Oberlängen des h mit Zierschleifen verziert. Die gravierte Beschriftung einer 1627 gestifteten Abendmahlskanne in Lützen erinnert noch einmal sehr stark an die gotische Minuskel, auch wenn dieser Eindruck vermutlich nur durch die eigentümliche, technisch und individuell bedingte Schriftausführung hervorgerufen wird (Nr. 260).

Bei der Neuausstattung der kurz zuvor umgebauten Kirche in Burgwerben kamen 1585/86 schließlich reine Frakturschriften zur Anwendung (Nr. 175, 178). An der Schriftform des neuen Altarretabels fallen nur die schwach ausgeprägten Schwellungen auf. Auch später sind immer wieder sowohl an gemalten als auch an in Stein gehauenen Inschriften schwache oder gar fehlende Schwellzüge zu bemerken (Nr. 194, 195, 227, 249).

In den dreißiger Jahren des 17. Jh. ist mitunter zu beobachten, daß die Buchstabenteile im Ober- und Unterlängenbereich weit ausgezogen und über benachbarte Buchstaben hinweg bzw. unter diesen hindurch verlängert werden (Nr. 262, 272). An einem der entsprechenden Inschriftenträger sind außerdem viele der dicht gesetzten Schäfte gebogen oder geschwungen (Nr. 264).

Einige gute Beispiele für die Frakturvarianten dieser Zeit bietet das Epitaph für den 1628 gestorbenen Bernhard von Pöllnitz in der ehemaligen Klosterkirche zu Goseck (Nr. 262). Am Unterbau und an der Mittelachse des Grabmals befinden sich zahlreiche Inschriften der Entstehungszeit, von denen zwei eingetieft, die übrigen aber erhaben sind. Eine der eingehauenen Inschriften ist in sehr dekorativer Weise mit weißer Paste ausgelegt (Nr. 262G). Bis auf die in kapitalen Großbuchstaben geschriebenen biblischen Namen und lateinischen Worte sind alle Texte in Frakturbuchstaben geschrieben, für die verschiedene Formen verwendet wurden. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch die verschiedenartige Gestaltung der Unter- und Oberlängen bei b, h, l sowie d und Schaft-s; die ersten drei sind bei der mit weißer Paste ausgelegten Inschrift (Nr. 262G) mit Zierbögen überwölbt. Der Bogen des Schaft-s ist bei dieser Inschrift als geschwungener Schwellzug ausgeformt. Der unter die Grundlinie [Druckseite LIV] verlängerte h-Bogen aller Inschriften schwingt nach links aus oder ist hakenförmig gekrümmt. Die Versalien sowohl der erhabenen als auch der eingetieften Inschriften sind durch Schwellzüge verziert, wobei wiederum die Inschrift Nr. 262G durch feinlinige Schlingen und Bögen von gleichbleibender Strichstärke in besonderer Weise ausgezeichnet ist.

Zierbögen überwölben auch die Gemeinen f, Schaft- und Bogen-s der Inschrift auf dem 1640 entstandenen Porträtgemälde für Johannes Göritz (Nr. 275). Doch läßt auch diese Beobachtung kaum auf übergreifende Entwicklungstendenzen schließen. Seit dem Auftreten der reinen Fraktur im Bearbeitungsgebiet, also seit etwa 1585/86, sind paläographische Eigenarten eher durch die Werkstatt, das Material und die Art der technischen Ausführung als durch bestimmte, im Bearbeitungsgebiet vorherrschende paläographische Entwicklungstendenzen bedingt. Inwiefern hier ein Nachklang großer, in den künstlerischen Zentren ablaufender Entwicklungen zu vernehmen ist, kann nur ein überregionaler Vergleich erweisen.

5.6. Zeitliche Verteilung der Schriftarten

In die Tabelle sind alle erhaltenen und in Foto oder Abzeichnung überlieferten Inschriften aufgenommen sowie die verlorenen, deren Schriftart aus den Quellen zu erschließen ist. Inschriftenträger, auf denen sich verschiedene Schriftarten finden, erscheinen in der Aufstellung mehrfach, wobei aber Versalien nicht berücksichtigt wurden.

–1300 –1350 –1400 –1450 –1500 –1539 –1550 –1600 –1650
Romanische Majuskel 2(?) (1)
Gotische Majuskel 4 8 8 1
Gotische Minuskel 1 9 34 30 1
Frühhumanistische Kapitalis 12 3 1
Kapitalis 2 3 46 44
Gotische Minuskel/Fraktur 1 3
Fraktur 4 16
Humanistische Minuskel 1 2

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Im Bearbeitungsgebiet gibt es außer den edierten weitere Inschriften, die nicht lesbar, aber sehr wahrscheinlich im Bearbeitungszeitraum entstanden sind, lesbare Inschriften, die durchaus im Bearbeitungszeitraum entstanden sein könnten, deren Datierung – auch nur näherungsweise – aber ohne übermäßigen Rechercheaufwand nicht möglich ist, und geschlossene Gruppen von undatierten Inschriftenträgern, die eine recht große Textmenge überliefern, aber wahrscheinlich erst nach 1650 entstanden sind.

SAW Leipzig (Renate Brömme, Halle) | Schriftprobe S. LIV der Einleitung aus DI 62 Lkr. Weißenfels

Zuerst seien hier zwei Exemplare jener weit verbreiteten, um 1500 (?) gefertigten Taufschalen aus Messing genannt. Sie weisen eine immer wiederkehrende rätselhafte Inschrift auf, die gelegentlich in die Bände des deutschen Inschriftenwerks Eingang gefunden, sich aber bisher jeder plausiblen Lesung entzogen hat. Die eine Schale wird in Hohenmölsen aufbewahrt und zeigt am Boden als Treibarbeit [Druckseite LV] die Verkündigung Mariae254) mit einer getriebenen und gravierten Umschrift, die aus der fünfmaligen Wiederholung einer nicht deutbaren Buchstabenfolge besteht. Die andere Schale gehört der Kirchengemeinde in Jaucha und ist mit einem Relief des Sündenfalls geschmückt,255) das eine der Hohenmölsener Schale vergleichbare Inschrift umzieht. Möglicherweise handelt es sich nur um eine Pseudoinschrift, d. h. um grafische Zeichen, die an Buchstabenformen angelehnt sind, aber rein dekorativen Charakter haben.256)

Unter den nicht lesbaren Inschriften sind ferner zwei kurze Rötelinschriften an der Nordwand des Chores der Marienkirche in Weißenfels bzw. an der Nordostwand des Chores der Andreaskirche in Goseck. Beide wurden bei Restaurierungsarbeiten unter jüngeren Farbschichten freigelegt und sind nur noch als schwache Schemen erhalten.

Mehrere Schwarz-Weiß-Fotos im Fotoarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege von Sachsen-Anhalt zeigen sieben verschiedene Grabmäler, die im Boden der Kirche in Dehlitz lagen und bald nach Anfertigung der Fotografien 1977 aufgehoben und aus der Kirche entfernt worden sein müssen. Die heute unauffindbaren Steinplatten weisen zwar verschiedenartige figürliche Reliefs und umfangreiche Inschriften auf, sind aber allein nach den mangelhaften Fotografien weder lesbar noch paläographisch oder stilistisch genauer zu datieren. Die Platten entstanden wohl in der zweiten Hälfte des 16. und im 17. Jh. und sind überwiegend in Fraktur beschriftet.

Eine andere Gruppe nicht aufgenommener Inschriften läßt sich zwar lesen, aus unterschiedlichen Gründen aber nicht datieren. Zu dieser Gruppe gehören die zahlreichen undatierten Namensinitialen, die vermutlich gelangweilte Läuteburschen, Kirchgänger oder Bestattungsgehilfen in die Wände der Glockenstuben, die Brüstungen der Kirchenemporen und die Außenwände der Kirchenschiffe und -chöre geritzt haben. Es sind zumeist schmucklose derbe Kapitalisbuchstaben, die sich nur dann datieren ließen, wenn die Namen entschlüsselt und die Lebens- oder Sterbedaten der Namensträger ermittelt werden könnten. Da die Wahrscheinlichkeit einer gesicherten Identifizierung und der Informationsgehalt gering sind, wurde darauf verzichtet. Außerdem wurde eine auf der steinernen Kanzeltreppe der Georgskirche in Teuchern angebrachte Jahreszahl nicht aufgenommen. Sie ist vermutlich als erste von 22 Jahreszahlen entweder 1646 oder 1648 oder erst 1676 bzw. 1678 mit den als Nexus litterarum geschriebenen Initialen HR in die Treppenstufen eingeritzt worden. Die übrigen noch gut lesbaren Jahreszahlen bezeichnen Jahre von 1660 bis 1736; ihre Bedeutung ist unklar. Nur eine weitere Jahreszahl ist noch mit Initialen verbunden.257)

Als schwer datierbar erwiesen sich auch Inschriftenträger in den Kirchen von Uichteritz und Unterwerschen. Im Turmerdgeschoß der Kirche in Uichteritz liegen 18 beschriftete Grabsteine in Zweitverwendung als Bodenbelag. Eine der Grabinschriften ist datiert (Nr. 278), eine andere datierbar (Nr. 210) und drei sind gänzlich unlesbar. Die übrigen Grabsteine sind durchweg mit Inschriften in Fraktur versehen, die eine Stiftungs- oder Setzungsinschrift ohne namentliche Nennung der Verstorbenen und ansonsten nur Bibelzitate als Themen der Leichenpredigten (inschriftlich: Leichentext) bieten. Das sind: Hiob 11, 10, 19,25; Ps 25,17, 42,2, 90,10, 122,1; Phil 1,21, 1,23. Einige der Bibelstellen tauchen schon in datierten Grabinschriften vor 1650 auf. Die Sterbevermerke oder Grabbezeugungen stehen vermutlich auf den verdeckten Seiten der Grabsteine. Die Fraktur ist überwiegend schmucklos und kursiv ausgeführt; gelegentlich weisen die Versalien Verzierungen auf. Die Grabsteine sind wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jh. entstanden. Die in Fraktur ausgeführten, zumeist schlecht lesbaren und undatierten Wandinschriften in der Kirche in Unterwerschen aber entstanden vermutlich erst nach dem tiefgreifenden Umbau der Kirche 1709.

Keine Aufnahme in den Katalog fanden auch die bei Johann Christian Büttner nur paraphrasierend überlieferten Grabinschriften aus Untergreißlau. Sie betreffen ehemalige Gutsherren von Untergreißlau, nämlich zwei 1418 und 1453 verstorbene Herren von Storkau und einen 1556 verstorbenen Herrn von Landwüst. Der Vergleich einer Inschrift (Anno 1556. 26. Junii starb Caspar von Landwüst) mit der in den Katalog als Nr. 176 aufgenommenen, ebenfalls bei Büttner überlieferten Grabinschrift aus Plennschütz und anderen zeitgenössischen und original erhaltenen Grabinschriften (vgl. Nr. 135, 142) zeigt, daß die kopial überlieferte Inschrift wohl die wesentlichen Fakten, den originalen Text aber nur bruchstückhaft wiedergibt.258)

Zitationshinweis:

DI 62, Landkreis Weißenfels, Einleitung (Franz Jäger), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001e009.

  1. Vgl. Kloos 1992, S. 2. »
  2. Vgl. Terminologie 1999, passim. »
  3. Grundlegend zur Geschichte der Region: Schlesinger 1941, Kötzschke/Kretzschmar 1965, Schwineköper 1987, Czok 1989, Blaschke 1990, Schlesinger 1990. »
  4. Herrmann 1985, S. 26 f., 32–37; Bahn 1999, S. 140, 144, 151. »
  5. Heßler 1957, S. 9–12. »
  6. LexMa 6, 1993, Sp. 300–304. »
  7. UB Naumburg 1, Nr. 5; UB Merseburg 1, Nr. 4. »
  8. Alle mit diesem Zeichen *markierten Orte sind auf der beigegebenen Karte (Tafel LXX) eingetragen. »
  9. Heßler 1957, S. 116 f., 147, 153 und Karte. »
  10. Lüpke 1937, S. 9, 12 f., 23, 95 f.; LexMa 6, 1993, Sp. 545 (Merseburg) und 9, 1998, Sp. 517 (Zeitz). »
  11. LexMa 2, 1983, Sp. 1101–1103. »
  12. Schlesinger 1953, S. 3, 9; Billig 1989, S. 15 f.; Bahn 1999, S. 149 (Abb. 80), 155 (Abb. 84), 158 (Abb. 86), 161, 170. Zu den slawischen Burgen und deutschen Burgwarden s. a. Grimm 1958, S. 240 (Teuchern), 307 f. (Burgwerben, Goseck, Treben). »
  13. Schlesinger 1953, S. 36; Herrmann 1985, S. 371. »
  14. Schlesinger 1, 1962, S. 23–25. »
  15. Sie wurden zugleich zu Suffraganbistümern des in demselben Jahr gegründeten Erzbistums Magdeburg. »
  16. Wießner 1, 1997, S. 123–126, 137 f. »
  17. Blaschke/Haupt/Wießner 1969, S. 34 f., 42, 44; Karte 1, 2. »
  18. Dobenecker 1, Nr. 287 (Großkorbetha), UB Naumburg 1, Nr. 7 (Teuchern). »
  19. Schlesinger 1, 1962, S. 174–177. Die enge kirchenrechtliche Verbindung von Hohenmölsen und Wählitz in vorreformatorischer Zeit scheint gesichert, denn spätestens seit Durchführung der Reformation war Hohenmölsen nach Wählitz eingepfarrt. Der ursprüngliche Vorrang eines der beiden Orte ist bislang nicht zu entscheiden (vgl. Keitel 1939, S. 65 f. und Nr. 185). Zu Treben vgl. Keitel 1939, S. 48–50. »
  20. Bischoff 1967, S. 79–82; Bahn 1999, S. 170, 186. Gelegentlich wurden die Slawen auch gewaltsam aus ihren Siedlungsgebieten verdrängt (Bischoff 1967, S. 66). »
  21. Schlesinger 1953, S. 36; Bischoff 1967, S. 79. »
  22. Zu den Ortsnamen vgl. Eichler/Walther 1984, S. 152 f., 252, 271 f.; zu den Adelsfamilien vgl. Nr. 5, 157, 211»
  23. Walther 1956, S. 237 f.; Bischoff 1967, S. 69, 89; Herrmann 1985, S. 373; Bahn 1999, S. 156 (Abb. 85). »
  24. Eichler/Walther 1984, S. 14–16. »
  25. Keitel 1939, S. 119–122. »
  26. Schlesinger 2, 1962, S. 176 f., 180–182. Der Status des ebenfalls von den Ekkehardingern gegründeten Frauenkonvents St. Moritz bei Naumburg ist unsicher; es könnte sich um ein Kanonissenstift gehandelt haben. Schon vor 1119 wurde die Stiftung in ein Augustinerchorherrenstift umgewandelt (Schlesinger 2, 1962, S. 182, 195). »
  27. Schamelius 1732; Sturm 1844; BKD Prov. Sachsen 27, S. 118–120; Schlesinger 2, 1962, S. 180–184; Ahlfeldt 1968; Schwineköper 1987, S. 143 f.; Schmitt 1999 (mit ausführlichem Literaturverzeichnis). Die Herkunft der ersten Mönche aus Corvey ist nur in einer jüngeren Quelle überliefert (vgl. Sturm 1844, S. 25, 40). Neuere Forschungen zur Klostergeschichte liegen leider nicht vor. »
  28. So stellt eine tiefgreifende Umgestaltung der Klosterkirche in der ersten Hälfte des 13. Jh., von der heute allein noch der untere Teil des Südwestturms erhalten ist (Dehio 1999, S. 217–219), vermutlich die letzte bedeutende Baumaßnahme an der Kirche dar. »
  29. Lepsius 2, 1854, S. 272 f. (Nr. 13); Hermann 1871, S. 86 f.; Thieme 1911, S. 54–56; Schlesinger 2, 1962, S. 276 f.; Schlegel 1998, S. 178 f. »
  30. NDB 18, 1997, S. 547–550. »
  31. Wießner 1, 1997, S. 160. »
  32. Gerhardt 1914, S. 14–20. »
  33. Vgl. a. Nr. 8. Ansonsten: Hermann 1871, S. 120 f.; Thieme 1910; Gerhardt 1914; Trübenbach 1928, S. 12–23; Schlesinger 2, 1962, S. 174, 278 f.; Köhler, Langendorf 1994; Schlegel 1998, S. 336–338. Die widersprüchlichen Angaben der verwendeten Literatur konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geklärt werden. Die erste Ansiedlung des Konvents in Obergreißlau und die nach dessen Umsiedlung fortdauernde Patronatsherrschaft über die Obergreißlauer Kirche läßt sich anhand der bisher veröffentlichten Quellen bzw. Quellenauszüge nicht mit letzter Sicherheit erschließen, da der Ort Obergreißlau ebenso wie die benachbarte Gemeinde Untergreißlau zumeist nur als „Grizlawe“ bezeichnet wird und die Langendorfer Nonnen in beiden Orten Besitz hatten. Einen wichtigen Hinweis auf die alte kirchenrechtliche Verbindung gibt aber die seit der Reformation bestehende Pfarrordnung: Langendorf war bis 1758 nach Obergreißlau eingepfarrt; der Pfarrer wohnte bis 1611 im ehemaligen Kloster (Heydenreich 1840, S. 349 f., 357, 367, 369). »
  34. Vgl. a. Nr. 74, 148, 154. Außerdem: Lepsius 2, 1854, S. 231–275; Opel 1867; Schröter 1909; Doelle 1914; Schieckel 1957; Schlesinger 2, 1962, S. 327–329; Teichmann 1995, S. 227 f.; Jäger 2001; Säckl 2001. Bei dem Klarissenkloster lebten mehrere Franziskanermönche, die die geistliche Fürsorge und die weltliche Verwaltung des Klosters übernommen hatten. Sie bildeten keinen eigenständigen Konvent, wie in der älteren Literatur immer wieder behauptet wird. »
  35. Vgl. Kühn 1966, S. 61–65, 67 (Anm. 48). »
  36. LexMa 6, 1993, Sp. 476 f.; Posse 1994, Taf. 1, 4. »
  37. Schieckel 1956, S. 102, 106 f., 111, 117 f., 122 f., 129. »
  38. Dobenecker 4, Nr. 2323, 2806; Schieckel 1957. »
  39. Otto 1796, S. 25; Sturm 1846, S. 44–46; Schlesinger 1953, S. 21; Schieckel 1956, S. 3 f., 51, 65; Posse 1994, Taf. 1. »
  40. Dobenecker 2, Nr. 975, 996, 1010, 1020, 1030, 1035. »
  41. Wenck 1882, S. 201–212; Patze 1962, S. 245–247. »
  42. Ludwig III. eroberte 1174 *Burgwerben und nahm 1183 Markgraf Otto den Reichen gefangen (Patze 1962, S. 230 f., 245). »
  43. Patze 1962, S. 263–267, 270. »
  44. Zu Heinrich dem Erlauchten vgl. Lutz 1977; zu dessen Anerkennung als Landgraf von Thüringen vgl. Kunde/Tebruck/Wittmann 2000. »
  45. Vgl. Ahlfeldt 1955 (Pfalzgrafen von Goseck); Patze 1962, S. 106–124 (Ekkehardinger), 143–299 (Landgrafen von Thüringen). »
  46. Giese 1918, S. 40 f.; Lutz 1977, S. 321–347; Haferstroh 1998, S. 165. »
  47. Die Mark Landsberg erscheint erstmals 1177 als Herrschaftstitel des in der Ostmark herrschenden Wettiners Dietrich, eines Bruders Ottos des Reichen. Seit dieser Zeit hat sich für die zwischen Saale und Mulde um den Vorort Landsberg gelegenen wettinischen Besitzungen, die Teil der Ostmark waren, der Name „Mark Landsberg“ erhalten (Giese 1918, S. 6–16). »
  48. Giese 1918, S. 106–135. Zu Hohenmölsen und Weißenfels vgl. Einleitung, S. XXIII–XXIX. »
  49. Lutz 1977, S. 325. »
  50. Schlesinger 1971, S. 104. »
  51. Wegele 1870, S. 197 f., 228 f.; Wagenführer 1936, S. 42 und Anm. 60; Patze/Schlesinger 1974, S. 60, 62 f. »
  52. Posern-Klett 1863, S. 79–102. Zu Friedrich dem Freidigen vgl. Wegele 1870 und Wagenführer 1936. »
  53. Lippert/Beschorner 1909, insbes. S. 89–103 („districtus Wyszenvelz“); Blaschke 1954, S. 77 f.; Schlesinger 1971, S. 119 f. »
  54. Goerlitz 1928, S. 566–568. Diese verallgemeinernde Aussage darf sicherlich gewagt werden, auch wenn die von Goerlitz eruierten Zahlen nicht ohne weiteres vergleichbar sind (ebd., S. 22). »
  55. Goerlitz 1928, S. 163; Beschorner 1933, S. 143–159. Zur Entstehung landesherrlicher Ämter in Kursachsen vgl. Blaschke 1954, S. 76–78, 81 f.; zur kursächsischen Amtsverfassung vgl. Jeserich/Pohl/von Unruh 1983, S. 828–831. »
  56. Schlesinger 2, 1962, S. 556 f. Von den im Bearbeitungsgebiet liegenden Orten gehörten um 1800 zum Amt Lützen: Dehlitz a. d. Saale, Großgöhren, Groß- und Kleingörschen, Lützen, Meuchen, Muschwitz, Pobles, Röcken, Starsiedel (Zeutsch 1791, S. 53, 188, 258, 334, 351, 430, 472, 546; Kobuch/Scheibner 1961, S. 14 f.). »
  57. Schmekel 1858, S. 2 f. »
  58. Zedler 1, 1732, Sp. 1814; DRW 1, 1932, Sp. 577 f.; Goerlitz 1928, S. 104–107; Blaschke 1956, S. 345–349; Jeserich/ Pohl/von Unruh 1983, S. 85, 99–101, 829. Zum Landgericht vgl. Lück 1997, S. 161. »
  59. Thielitz, Amtshauptleute, o. S.; Goerlitz 1928, S. 85–87. »
  60. DRW 1, 1932, Sp. 594; Goerlitz 1928, S. 104 f.; Blaschke 1954, S. 82; Blaschke 1956, S. 349–351; Jeserich/Pohl/von Unruh 1983, S. 828. »
  61. Goerlitz 1928, S. 106 f. »
  62. Sturm 1846, S. 133; Thieme 1928, S. 19, 21. »
  63. Koch 1910, S. 73, 81–83. »
  64. Franz 1942, S. 555 f., 563 f., 655. »
  65. Otto 1796, S. 178, 189; Sturm 1844, S. 51–53. »
  66. Heckel 1924, S. 85, 93 f., 104; Streich 1988, S. 65–69; Schirmer 1997, S. 63 f. Bürgerliche konnten in Merseburg und Naumburg als Kapitulare aufgenommen werden, wenn sie die Doktorwürde besaßen (Heckel 1924, S. 104, 106). »
  67. Im Bearbeitungsgebiet befanden sich u. a. Güter des Naumburger Benediktinerklosters St. Georg (Beschorner 1933, S. 155), des Weißenfelser Klarissenklosters (Schieckel 1957) und des Naumburger Domstifts (Wießner 2, 1998, Abb. 4 a). »
  68. Schlesinger 1, 1962, S. 175 (Hohenmölsen); Schlesinger 2, 1962, S. 431 (Zorbau); Streich 1989, S. 98 (Burgwerben); Jäger 2001, S. 9, 11 (Weißenfels). »
  69. Junghans 1989, S. 61–64; Smolinsky 1993, S. 11–17. »
  70. Kühn 1966, S. 49 f.; Hoyer 1989, S. 187–191; Junghans 1989, S. 67–75. »
  71. Sturm 1844, S. 53 f. »
  72. Mönche erhielten mitunter auch eine Anstellung als Pfarrer, Prediger oder Schulmeister (Wießner 1, 1997, S. 165 f.). »
  73. Kühn 1966, S. 67; Wartenberg 1989, S. 69, 74. »
  74. Heckel 1924, S. 85, 95–97; Endres 1976, S. 235; Held 1996, S. 62–64. Vgl. Nr. 249»
  75. Pallas 1924, S. 41; Kühn 1966, S. 35–39, 53, 56, 60, 97–99, 104, 108; Beyer 1989, S. 106–108. »
  76. Vgl. Thomas 1989. »
  77. Fraustadt 1843, S. 78–140; Kühn 1966, S. 92 f.; Hoyer 1989, S. 185 f.; Junghans 1989, S. 46 f. Zu Adolf von Anhalt, Vinzenz von Schleinitz und Sigismund von Lindenau vgl. Gatz 1996, S. 3 f., 428 f., 640 f. »
  78. Fraustadt 1843, S. 153–180; Wartenberg 1989, S. 81. Zur Administratur vgl. Rademacher 1942, S. 97–100. »
  79. Gatz 1996, S. 277–280. »
  80. Smolinsky 1993, S. 21, 24. »
  81. Die nötigen Ausführungen dazu S. XXVII, XXXIV. »
  82. Blaschke 1954, S. 92 f.; Jeserich/Pohl/von Unruh 1983, S. 813; Junghans 1989, S. 75. 1550 wurde das Merseburger Konsistorium mit dem Leipziger vereinigt. »
  83. Kühn 1966, S. 60, 97 f. »
  84. Kühn 1966, S. 83, 86 f.; Wartenberg 1989, S. 78–82. »
  85. Vgl. Kühn 1966, S. 86 (Anm. 33). »
  86. Hoyer 1989, S. 195; Wartenberg 1989, S. 80; Smolinsky 1993, S. 24. Ansätze zur Bildung beständiger Oberkreise gab es schon im späten Mittelalter. »
  87. Dietrich 1980, S. 194; Kirchner 1987, S. 95 f.; Wartenberg 1989, S. 88 f.; Smolinsky 1993, S. 24–26. Zu Julius von Pflug vgl. Gatz 1996, S. 528–531. »
  88. Koch 2000, S. 269–271. »
  89. Vgl. Erfurth [o. J.], Vulpius 1674. Die Arbeit Erfurths muß eher erschienen sein, da sie von Vulpius mehrfach zitiert wird. »
  90. Nach Frenzel 1935, o. S. schon 1605 erstellt. »
  91. Zur Stadtgeschichte vgl. Otto 1796; Sturm 1846; Gerhardt 1907; Thieme 1928; Keyser 1941, S. 722–725; Bach 1981; Schwineköper 1987, S. 487–490; Säckl 1994; Jäger 2001. »
  92. Sturm 1846, S. 44, 46; Schieckel 1956, S. 51, 65; Säckl 1994, S. 11–13. Das Gebiet der späteren Stadt Weißenfels gilt der Forschung seit jeher als altes wettinisches Eigengut; vgl. Giese 1918, S. 133; Kötzschke 1924, S. 11; Wiemann 1940, S. 55. »
  93. Keyser 1941, S. 722. Für Klengow waren verschiedene Schreibweisen üblich (Klengowe, Klenkow, Klengau u. a.). Die drei zu Vorstädten gewandelten Siedlungen wurden erst 1833 (!) eingemeindet (Bach 1981, S. 8 f.). »
  94. Die bei Dobenecker 1, Nr. 347, 787, 927 verzeichneten Urkunden sind Fälschungen jüngerer Zeit. »
  95. Dobenecker 2, Nr. 898; Posse 1994, Taf. 4 und S. 52, 55 f. »
  96. Kötzschke 1924; Schlesinger 2, 1962, S. 26 f. Zur Stadtanlage vgl. Keyser 1941, S. 722; Dehio 1999, S. 848 f. »
  97. Reißig 1938, beiliegende Karte; Blaschke 1973, S. 379 (Abb. 10); Blaschke 1991, S, 244. Allgemein für die meißnischen Städte: Blaschke 1973, S. 375. »
  98. Reißig 1938, S. 69–71, 79–84. »
  99. UB Merseburg 1, Nr. 343 (Urkunde von 1268); Schlesinger 2, 1962, S. 414, 642 (Urkunde von 1301). »
  100. Blaschke 1967, passim, insbesondere S. 310 f., 325; Blaschke 1987, S. 48–52. »
  101. UB Naumburg 2, Nr. 117. »
  102. UB Merseburg 1, Nr. 343. »
  103. So z. B. bei Dobenecker 2, Nr. 185. »
  104. MGH DF I, Nr. 233. Der richtige historische Zusammenhang schon bei Cimutta 1929 angedeutet. »
  105. UB Merseburg 1, Nr. 166; UB Naumburg 2, Nr. 33, 93, 109; Dobenecker 2, Nr. 1641, 1837, 1849, 1886, 2024; Dobenecker 3, Nr. 96, 281. »
  106. UB Naumburg 2, Nr. 243 (villicus), 753 (advocatus); Schieckel 1960, Nr. 1644 (Schultheiß). »
  107. Schieckel 1960, Nr. 1644. »
  108. UB Naumburg 2, Nr. 263. »
  109. Sturm 1846, S. 144 f.; Gerhardt 1907, S. 46, 68 f.; Bach 1980, S. 11, 20. »
  110. Vgl. Einleitung, S. XVI f. »
  111. Streich 1989, S. 329–331. »
  112. Dobenecker 3, Nr. 766. Das 1235 erwähnte „calefactorium nostrum“ des Markgrafen Heinrich (Dobenecker 3, Nr. 579) hat wohl auf der Burg gelegen. »
  113. Jäger 2001, S. 7. »
  114. Dobenecker 4, Nr. 794. »
  115. UB Merseburg 1, Nr. 386; Otto 1796, S. 139 (Ablaß); Gerhardt 1907, S. 54 (Abgabenbefreiung). Die Urkunde des 13. Jh. widerlegt die in der älteren Chronistik überlieferte Nachricht, daß das Hospital erst später von einem Laurentius (Lorenz) von Jaucha gegründet worden sei (so bei Otto 1796, S. 138 f.; Heydenreich 1840, S. 157). »
  116. Thieme 1928. Vgl. a. Nr. 163»
  117. Vgl. Nr. 55. Otto 1796, S. 297–299. Die volkstümlichen Namen des Laurentii- und des Jacobihospitals werden noch durch Erfurth [o. J.], o. S. für das frühe 17. Jh. bezeugt. »
  118. UB Vögte 1, Nr. 634; Otto 1796, S. 126, 301 f.; Gerhardt 1907, S. 55; Thielitz 1956, S. 157–159. Vgl. a. Nr. 2 (Anm. 2). »
  119. UB Naumburg 2, Nr. 540, 692, 693. Vgl. a. S. XVI. »
  120. Heydenreich 1840, S. 17 (Terminei); Wießner 1, 1997, S. 418 f. (Kalandbruderschaft). »
  121. Opel 1867, S. 408. »
  122. Vulpius 1674, S. 13 v.; Otto 1796, S. 28 f.; Sturm 1846, S. 93. »
  123. Belagerungen durch die Hussiten 1429 oder 1430 und 1436 und durch Kurfürst Friedrich den Sanftmütigen im Sächsischen Bruderkrieg 1449 (Otto 1796, S. 101; Sturm 1846, S. 133, 147; Schroeter 1911, S. 63). »
  124. Sturm 1846, S. 152; Gerhardt 1907, S. 97, 103–109; Bach 1980, S. 16; Lück 1997, S. 83 (Anm. 378). »
  125. Otto 1796, S. 45. »
  126. Akte bei der UDB Weißenfels (Weißenfels-Stadtbefestigung); Thieme 1929; Schäfer 1937; Sachse 1997. Die Angaben der einzelnen Autoren sind mitunter widersprüchlich und ihre Quellen nicht immer erkennbar. Die Quelle der bei Sachse 1997, S. 106 vermerkten Ersterwähnung der Stadtbefestigung 1282 war nicht zu verifizieren. »
  127. Goerlitz 1928, S. 563–565. »
  128. Heydenreich 1840, S. 196; Schäfer 1921, S. 3, 5. Nach Sturm 1846, S. 162 und Bach 1980, S. 15 Gründung der Schuhmacherinnung 1489. »
  129. Zur Fischerei: UB Halle 1, Nr. 12 = Dobenecker 1, Nr. 927 (Fälschung, die aber die hohe Bedeutung dieses Gewerbezweigs deutlich macht); Erfurth [o. J.], o. S.; Sander 1837, S. 31. Zur Flößerei: Keyser 1941, S. 724. »
  130. Schäfer 1927/28, o. S. »
  131. Bach 1980, S. 19–21. »
  132. Otto 1796, S. 29 f.; Sturm 1846, S. 58, 111, 116; Gerhardt 1907, S. 57 f., 71, 131; Bach 1980, S. 13. »
  133. Büttner, Teil 2, S. 131–135; Otto 1796, S. 84–86; Heydenreich 1840, S. 162 f; Sturm 1846 S. 119 f.; Gerhardt 1907, S. 88; Keyser 1941, S. 725; Bach 1980, S. 14; Germania Judaica III, 2, 1995, S. 1574–1576. »
  134. Die Inschrift wird bei allen Autoren erwähnt, die über die jüdische Gemeinde schreiben (vgl. Anm. 48), aber nur bei Schieferdecker 1703, S. 14 f. abgebildet. Die Inschrift ist zuletzt bezeugt im Weißenfelser Kreisblatt 1873, o. S. Ein weiteres epigraphisches Zeugnis jüdischer Kultur des 14. Jh., ein beschrifteter Hochzeitsring, wurde mit dem Weißenfelser Schatzfund überliefert (zum Schatzfund: Nr. 6). »
  135. So bei Thielitz, Bürgermeister, o. S. mitgeteilt. Der Chronist selbst schreibt aber an anderer Stelle, daß diese Ratsstruktur erst 1513 auf Befehl Herzog Georgs eingeführt worden sei. Gerhardt 1907, S. 164 gibt als Jahr der Änderung der Ratsverfassung 1509 an. »
  136. Thielitz, Bürgermeister, o. S.; Frenzel 1935, o. S. »
  137. Gerhardt 1907, S. 170–172; Schäfer 1938, S. 27–29. »
  138. Heydenreich 1840, S. 13 f. »
  139. Otto 1796, S. 56. »
  140. Otto 1796, S. 171 f.; Seyfried 2001, S. 23; Sachse 2001. »
  141. Otto 1796, S. 56. Die Leichenöffnung fand im Geleitshaus (Große Burgstraße 22) statt. »
  142. Otto 1796, S. 60 f. Eines davon blieb in der Kirche von Treben erhalten (vgl. Nr. 107); ein viertes Retabel wird heute im Stadtmuseum aufbewahrt (vgl. Nr. 83). »
  143. Sturm 1846, S. 194. »
  144. Heydenreich 1840, S. 26. »
  145. Krottenschmidt 1891, S. 93 f.; Braun 1927, S. 294. »
  146. Joël 1898, insbesondere S. 251–269. Eine detaillierte Darstellung der zwischen 1544 und 1550 mehrfach neu verhandelten Besitzverhältnisse Herzog Augusts bei Schöttgen/Kreysig 11, 1733, S. 18–27. »
  147. Otto 1796, S. 44 f.; Schroeter 1911, S. 63 (nach Büttner). »
  148. Vom Haus des herzoglichen Rates Christoph von Werthern (Markt 5) blieb wohl nur das Erdgeschoß mit dem Portal erhalten (Nr. 138). Außerdem entstanden 1554 weitere Häuser mit Inschriften in der Jüdenstraße 19 und am Markt (Nr. 140, 141). »
  149. Otto 1796, S. 131 f., 136; Sturm 1846, S. 200. »
  150. Sturm 1846, S. 203. »
  151. Otto 1796, S. 98 f.; Sturm 1846, S. 209, 238 f.; Bach 1980, S. 22. »
  152. Otto 1796, S. 97 f.; Sturm 1846, S. 252 f. »
  153. Sturm 1846, S. 256 f., 274–302; abweichende Angaben bei Bach 1980, S. 23 f. »
  154. Otto 1796, S. 98; Sturm 1846, S. 305. »
  155. Otto 1796, S. 31; Sturm 1846, S. 263, 297 f. »
  156. Thielitz, Amtshauptleute, o. S. »
  157. Opel 1867, S. 414 f.; Dobenecker 4, Nr. 2323. Mit demselben Rechtsakt wurde dem Kloster der Marktflecken (Mark-) Ranstädt bei Leipzig übereignet, den das Kloster 1354 aber an Rudolf von Bünau auf Teuchern verkaufte (UB Merseburg 1, Nr. 1050). Damit scheint indirekt auch die Stadtherrschaft des Klosters über Hohenmölsen bestätigt zu sein. Zur Stadtgeschichte vgl. a. Keyser 1941, S. 550; Schwineköper 1987, S. 216 f. »
  158. Otto 1796, S. 230 und Zergiebel 1, 1896, S. 465 mit widersprüchlichen Angaben. »
  159. Otto 1796, S. 230. »
  160. Zergiebel 1, 1896, S. 465; Goerlitz 1928, S. 163. »
  161. UB Naumburg 1, Nr. 148, 152. »
  162. Heydenreich 1840, S. 283. »
  163. Heydenreich 1840, S. 377; Schlesinger 2, 1962, S. 196, 433. »
  164. Heydenreich 1840, S. 277. »
  165. Otto 1796, S. 233; Zergiebel 1, 1896, S. 465. »
  166. Küstermann 1889, S. 385 f. »
  167. Vgl. Eichler/Walther 1984, S. 214. Zur Stadtgeschichte vgl. a. Keyser 1941, S. 590–592; Schwineköper 1987, S. 286 f. »
  168. 1269 belehnte Bischof Friedrich von Torgau den Edelfreien Hoyer von Friedeburg mit Lützen (UB Merseburg 1, Nr. 354). Walter Schlesinger vermutet, daß entweder Rudolph von Habsburg 1282 (UB Merseburg 1, Nr. 453) nur auf das königliche Marktrecht an dem schon lange in bischöflichem Besitz befindlichen Ort verzichtet oder daß die entsprechende Urkunde sich gar nicht auf Lützen, sondern auf Lausen bei Leipzig bezieht (Schlesinger 2, 1962, S. 158, 556). »
  169. UB Merseburg 1, Nr. 558–561, 564, 568–570; Küstermann 1889, S. 378; vgl. Schlesinger 2, 1962, S. 160–163, 556. Vgl. a. Einleitung, S. XVIII. »
  170. UB Merseburg 1, Nr. 550, 593. »
  171. Küstermann 1889, S. 379. »
  172. Ebd. »
  173. Schlesinger 2, 1962, S. 558. »
  174. UB Merseburg 1, Nr. 835, 991. »
  175. UB Merseburg 1, Nr. 835, 842. »
  176. UB Merseburg 1, Nr. 1060. »
  177. Schmekel 1858, S. 190; Kröber 1924, S. 13. »
  178. Bürger, Teil 1, S. 373–381. »
  179. Fuchs 1910, S. 28. Nach Keyser 1941, S. 591 besaß die Stadt nur die Niedergerichte, die sie nach Bürger, Teil 1, S. 384 f. schon 1275 erhalten haben soll. »
  180. Fraustadt 1843, S. 112–114. »
  181. Vgl. S. XX f. »
  182. BKD Prov. Sachsen 8, S. 84 f. »
  183. Schmekel 1858, S. 269; Fuchs 1910, S. 25. »
  184. UB Naumburg 1, Nr. 7; Keitel 1939, S. 44 f. »
  185. Grimm 1958, S. 240 (Nr. 272); Wießner 1, 1997, S. 647. »
  186. UB Naumburg 1, Nr. 133. »
  187. UB Naumburg 1, Nr. 153. Zur Stadtgeschichte vgl. a. Keyser 1941, S. 705 f.; Schlesinger 2, 1962, S. 554 f.; Schwineköper 1987, S. 460 f. »
  188. Voigt 1878, S. 32–37; Neumann 1909; Langenkamp 1942, S. 67–69. »
  189. Zergiebel 1, 1896, S. 491–493; Langenkamp 1942, S. 50. Die Angaben der Autoren, die die Schriftquellen nur selektiv berücksichtigen, sind z. T. widersprüchlich und ungenau. »
  190. Langenkamp 1942, S. 73. »
  191. UB Naumburg 1, Nr. 279; Helbig 1980, S. 166–168; Wießner 1, 1997, S. 647 f. Die Herren von Lichtenhayn sind später wahrscheinlich der markgräflich-meißnischen Ministerialität zuzurechnen. »
  192. Eine 1500 gefertigte Inschrift beginnt: Nach christi geburt (Nr. 74). »
  193. Vgl. die Altarausstattung der Stadtpfarrkirche St. Mariae in Weißenfels (Nr. 126). »
  194. Ein Beispiel vermutlich in der Klosterkirche Langendorf (Nr. 43). »
  195. Allgemein: Katalog Magdeburg 2001, S. 20–32; zu den Kirchen im Amt Lützen vgl. Kirchenschatzung 1919; zu der Kirche in Teuchern vgl. Voigt, Kirchenvisitation 1887/89, S. 11 (Anm. 13 f.). »
  196. So z. B. der sog. Watzdorfkelch, ein Kelch, den Margaretha von Watzdorf der Weißenfelser Stadtpfarrkirche 1566 gestiftet hatte und der 1683 umgearbeitet und mit neuer Inschrift versehen wurde (Lorenz 1903, S. 63–65). »
  197. So kamen z. B. ein Altarretabel aus Kriechau in die heutige Staatliche Galerie Moritzburg in Halle und ein anderes aus der ehemaligen Klosterkirche in Weißenfels in das heutige Stadtmuseum in Weißenfels (Nr. 83). Das Retabel aus Kriechau war zum Zeitpunkt der Erfassung in einem Depot untergebracht, wo es nicht zugänglich ist. Es soll keine Inschriften tragen. »
  198. Die Namen stehen i. d. R. im Nominativ! »
  199. Der Name des Meisters, eines Leipziger Bildschnitzers und Malers (vgl. Thormann 1995, Anhang II, S. XII f.), steht auf einem Zettel, der mit einem geschnitzten Altarretabel überliefert wurde. Auf dem Zettel wird das Werk als Sassel bezeichnet (Heydenreich 1840, S. 291), ein Begriff, der wohl nicht das Altarretabel meint. Zettel und Retabel sind heute verloren. »
  200. Vgl. BKD Prov. Sachsen 27, S. 189 f. »
  201. Vgl. Hoppe 1936 und Schröder 1937. »
  202. Es handelt sich dabei um ein Nomen sacrum und vielleicht um ein Bibelzitat (Nr. 186). »
  203. Das sind vor 1500 ein anonymer ostthüringischer Gießer (Nr. 36) und (vielleicht) Hans Sinderam aus Erfurt (Nr. 59), nach 1500 Marcus Rosenberger aus dem ostthüringischen Schleiz (Nr. 110) und Eckhard Kucher aus Erfurt (Nr. 144). »
  204. Zur Möring-Werkstatt vgl. Nr. 186»
  205. Zur Werkstatt des sogenannten Hallischen Gießers vgl. Nr. 86»
  206. Zu den Definitionen vgl. DI 54 (Mergentheim), S. XXXI–XXXVII. »
  207. Dazu gehören auch die nur noch abbildlich überlieferten Grabmäler Nr. 241, 242»
  208. Adelsgrabmäler aus dem Bearbeitungszeitraum sind möglicherweise auch in der zu Anfang des 17. Jh. angelegten Gruft in der ehemaligen Klosterkirche von Goseck erhalten. Eine Begehung des lichtlosen und zur Zeit der Inschriftenerfassung völlig verwüsteten Raumes war jedoch ohne Sicherungsmaßnahmen und technische Hilfsmittel nicht möglich. »
  209. Büttner und Vulpius verweisen in ihren Manuskripten immer wieder auf ein Kapitel, in dem die Grabstätten bedeutender und namentlich genannter Persönlichkeiten behandelt werden sollen, die sich in der Weißenfelser Klosterkirche befänden. Dieses Kapitel fehlt aber in beiden Manuskripten. »
  210. Die vereinzelt erhaltenen bzw. kopial überlieferten Grabschriften des 13. und frühen 14. Jh. (Nr. 2, 5, 8) und die frühneuzeitliche Gedächtnisinschrift für den 1291 verstorbenen Markgrafen von Landsberg, Friedrich Tuta (Nr. 200), werden nicht berücksichtigt. »
  211. Darunter nur ein katholischer Geistlicher und (vielleicht) zwei Nonnen (Nr. 131, 132, 154, 155). »
  212. Sie sind Bürgermeistern von Weißenfels gewidmet (Nr. 98, 143). »
  213. Nur einer von Adel (Nr. 149). »
  214. Vgl. den Abschnitt über die nicht aufgenommenen Inschriften. »
  215. Vgl. Nr. 131 und die kopial überlieferte Nr. 161, für die die Darstellung des Verstorbenen zwar nicht ausdrücklich bezeugt, aber anzunehmen ist. »
  216. Vgl. Nr. 155 und die kopial überlieferte Nr. 226, zu der dasselbe wie zu Nr. 161 (vgl. Anm. 23) anzumerken ist. »
  217. Vergleichbar sind z. B. die Grabmalensembles für Anna und Johannes von Hanau-Lichtenberg in Babenhausen (DI 49, Darmstadt-Dieburg/Groß-Gerau, Nr. 59, 61, 65, 66). »
  218. Außer den Erwähnten betrifft das Nr. 146 (mit Wappen und Kreuz im Binnenfeld) und Nr. 170, 174, 199, 220»
  219. Vgl. z. B. den Landkreis Mergentheim in Baden-Württemberg (DI 54, passim). »
  220. Heckel 1924, S. 105 f. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jh. verlangte auch die adlige Ständeversammlung des Kurfürstentums Sachsen erheblich erweiterte Ahnenproben (Helbig 1980, S. 245; Endres 1993, S. 31 f.; Göse 1997, S. 152). »
  221. Bei Männern nur einmal (Nr. 226). »
  222. Ein früher Einzelbeleg um 1460 (Nr. 43). »
  223. Zu den Geistlichen vgl. Nr. 216, 221 (lat.); zu den Bürgerlichen vgl. Nr. 244, 245, 270, 272. Für Adlige im Bearbeitungsgebiet nur einmal (!) belegt (Nr. 262). In Verbindung mit Ämtern erscheint der Titel jedoch weitaus häufiger (z. B. Pfarrherr). »
  224. Sie findet sich schon 1573 auf Grabplatte und Epitaph einer bürgerlichen Frau (Nr. 158, 159). »
  225. Zum Werk des Monogrammmisten HK vgl. Nr. 153»
  226. Stadtarchiv Weißenfels A I 3744. »
  227. Das sind: Zacharias Rivandrus, Dueringische Chronica, Frankfurt (Main) 1581; Petrus Albinus, Newe meysnische Land Chronica, Dresden 1590; Matthaeus Dresserus, Millenarius sextus isagoges historicae, Leipzig 1591; Philippus Camerarius, Operae horarum subcisivarum, centuria I–III, 1601, 1602, 1618; Georgius Fabricius, Saxoniae illustratae libri novem, Leipzig 1607; Laurentius Peccensteinius, Theatrum saxonicum, Leipzig 1608. »
  228. Johann Vulpius, Weißenfelsische Ansehnlichkeit, Stadt- und Land-Chronicon, Ms. (3 Teile in einem Band), Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung, MSCR K 103 a. »
  229. Johann Christian Büttner, Chronik der Stadt Weißenfels und der der angrenzenden Länder, Ms. (2 Teile in einem Band), Stadtarchiv Weißenfels, W/Ch 17. »
  230. Adam Siegmund Bürger, Sammlung historischer Nachrichten von der im Stifte Merseburg gelegenen weltbekannten Stadt Lützen, Ms. (3 Teile in 3 Bänden), Kirchenarchiv Lützen, o. Sign. »
  231. Georg Ernst Otto, Geschichte und Topographie der Stadt und des Amtes Weißenfels in Sachsen, Weißenfels 1796; Gustav Heinrich Heydenreich, Kirchen- und Schulchronik der Stadt und Ephorie Weißenfels seit 1539, Weißenfels 1840. »
  232. Karl Gottlob Dietmann, Die gesamte der ungeänderten Augspurgischen Konfeßion zugethane Priesterschaft in dem Churfürstenthum Sachsen, 5 Bände, Dresden/Leipzig 1752–1755, 1763. »
  233. Gustav Sommer, Archäologische Wanderungen in den Königlich Preussischen Landräthlichen Kreisen Zeitz, Weissenfels und Merseburg. In: Neue Mittheilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen 11, 1867, S. 289–334; 12, 1869, S. 126–149, 386–420; 13, 1874, S. 111–128. »
  234. Gustav Sommer, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Weissenfels (= Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 3), Halle 1880. »
  235. Johannes Burkhardt/Otto Küstermann, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg (= Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 8), Halle 1883; Heinrich Bergner, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Querfurt (= Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen 27), Halle 1909. »
  236. Johann David Schieferdecker, Erneuertes Gedächtnis des Weissenfelsischen Zions oder Eigentliche Beschreibung der Pfarr-Kirche zu unser Lieben-Frauen in Weissenfels, Weißenfels 1703; Ottomar Lorenz, Die Stadtkirche zu Weißenfels, Weißenfels 1903. »
  237. Heinrich Otte, Mittelalterliche Glocken im Stift Merseburg. In: Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst 2, 1858, S. 36 f.; Heinrich Bergner, Zur Glockenkunde Thüringens. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde Kahla und Roda 5, 1900, S. 128–230, Taf. I–XIII; Paul Liebeskind, Pilger- und Wallfahrtszeichen auf Glocken. In: Die Denkmalpflege 6, 1904, S. 53–55; 7, 1905, S. 117–120, 125–128; Paul Liebeskind, Die Glocken des Neustädter Kreises. Ein Beitrag zur Glockenkunde. In: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, NF 1, Supplementheft 1905. »
  238. Karl Walter, Glockenkunde, Regensburg 1913. »
  239. Carl Peter Lepsius, Kleine Schriften, 3 Bände, Magdeburg 1854/55; Richard Freiherr von Mansberg, Erbarmannschaft wettinischer Lande, 4 Bände, Dresden 1903–1905, 1908. »
  240. Zu den Glockengußtechniken vgl. Schilling 1988 und Peter/Bund 1989. »
  241. Vgl. Schilling 1988, Abb. 109, 180 f., 255, 258, 273, 283 u. a. »
  242. Ob die Inschrift vor dem Guß in Ritz- oder Wachsfadentechnik vorbereitet wurde, läßt sich bei kopialer Überlieferung kaum mit Sicherheit sagen. »
  243. Es handelt sich um drei Glocken, von denen die erste, Nr. 27, nach der Glockenform datiert wurde und die zweite, Nr. 29, nur durch ihre als Abzeichnung überlieferte Schriftformen datierbar ist. »
  244. S. Einleitung, S. XXXVI f. »
  245. Die hohe Qualität der Tafelbilder in Hohenmölsen (Nr. 81, 82) spricht für eine Entstehung in einem Kunstzentrum außerhalb des Bearbeitungsgebietes. Der Schöpfer des Pettstädter Retabels war möglicherweise im östlichen Harzvorland ansässig (Nr. 90); das Trebener Retabel fertigte Steffan Hermsdorf in Leipzig (Nr. 107). »
  246. Der Gießer der älteren, 1537 für Lützen gegossenen Glocke ist im Bearbeitungsgebiet nicht noch einmal nachweisbar (Nr. 118); die jüngere Glocke goß Eckhart Kucher in Erfurt 1558 (Nr. 144). »
  247. Es handelt sich um das Portal des Hauses Markt 14 in Freyburg und um das Portal eines Treppenturms des bei Freyburg gelegenen Schlosses Neuenburg, das heute in das Innere des Schlosses versetzt ist. »
  248. Ehem. Freyburger Amtsschreiberei, Marienstraße 4. »
  249. Vgl. DI 6 (Naumburg 1), 7 (Naumburg 2), 9 (Naumburg 3), 11 (Merseburg), 52 (Zeitz). »
  250. Das Cranachgemälde von 1515 (Nr. 96) und eine schwer datierbare Kelchinschrift (Nr. 111 E) bleiben hier unberücksichtigt. »
  251. Zur Schriftbeschreibung s. Nr. 153»
  252. Zur Schriftbeschreibung s. Nr. 236. Derselben Werkstatt entstammt vielleicht noch ein Epitaph von 1607 (Nr. 221), das aber außer dem markanten R, gleicher Sporenbildung und einer höheren künstlerischen Qualität, wie sie allen Denkmalen dieser Gruppe eignet, wenig Gemeinsamkeiten aufweist. »
  253. Vgl. Motiv und Umschrift mit DI 9 (Naumburg 3), Nr. 399 und DI 33 (Jena), Nr. 35. »
  254. Vgl. Motiv und Umschrift mit DI 33 (Jena), Nr. 26. »
  255. S. Abzeichnung S. LIV. Die aus der älteren Literatur übernommene Lesung GLVEHKE ist schwer nachvollziehbar (vgl. DI 39, Nr. 85). »
  256. Sie lautet: HK 167[.]. »
  257. Die beiden anderen Inschriften sind bei Büttner, Teil 1, S. 346 folgendermaßen wiedergegeben: A. 1418 D. V. S.; A. 1453. Sonntags vor Pfingsten starb Hanß von Storckau. »