Die Inschriften des Landkreises Northeim

9. Nicht aufgenommene Inschriften

In den Fundamenten der Mühle am Deichwall in Moringen wurden um 1950 Steine von der 1564 abgebrochenen, früheren St. Ulrichs-Kapelle verbaut. Im ehemaligen „Triebwerkskeller“ findet sich ein Stein, auf dem die Jahreszahl 1131 gelesen wurde.152) Abgesehen davon, dass arabische Zahlen [Druckseite 61] für dieses Jahr vollkommen ausgeschlossen sind, handelt es sich dabei mindestens um eine Fehlinterpretation, möglicherweise aber auch um ein um 1950 aus Zement hergestelltes Artefakt.153)

Ohlmer erwähnt in seiner Geschichte Moringens außerdem einen Stein von einem „Torbogen“, der 1952 an der Südostecke des „Alten Brauhauses“ in vier Metern Tiefe gefunden worden sein soll. Auf diesem sollen die Buchstaben H HS und die Jahreszahl „1158“ gestanden haben.154) Von dem Stein ist gegenwärtig nichts bekannt, auch ein Grabungsbericht ist nicht aufzufinden.155) Auch die Jahreszahl 1439, die laut Ohlmer am früheren Moringer „Obertor“ gestanden haben soll, ist nicht zu belegen.156)

Der Göttinger und Northeimer Pastor Franciscus Lubecus (Franz Lübeck, 1533–1595), der von 1576 bis 1584 an St. Sixti in Northeim amtierte,157) berichtet in seiner Chronik von Northeim, dass er über den Bau einer früheren Hieronymuskapelle, die mit dem alten Kirchenschiff von St. Sixti abgebrochen worden sei (dazu vgl. Kap. 3.2.), folgendes Verslein gefunden158) habe: IeronIMe ChrIste / CIto faCtVs erat ChorVs Iste / Per Gerold[um] Medicum / prior vers(us) notat annum: ‚Für Hieronymus und Christus wurde diese Kapelle schnell errichtet durch den Arzt Gerold; der erste (vordere) Vers bezeichnet das Jahr‘, d. h. 1415. Alle Autoren der Northeimer Stadtgeschichte haben daraus eine Inschrift gemacht,159) von der Lubecus aber nicht spricht. Eine Ausführung als Inschrift mit einem Chronogramm ist in der 1415 wahrscheinlichsten Schriftart, der gotischen Minuskel, auch nur sehr schwer vorstellbar. Von der Existenz einer älteren Hieronymuskapelle gibt es sonst keine Nachricht und ein Arzt Gerold ist unabhängig von diesem Vers nicht nachgewiesen.

Die gemalte Inschrift am Haus Lange Str. 97 in Nörten-Hardenberg wurde, wie die Jahreszahl ANNO DOMINI M D C XXX (1630), erst vor einigen Jahrzehnten vom damaligen Hausbesitzer veranlasst.

Die nur schwer zugängliche Glocke in Avendshausen, die in der Glockenkartei der Landeskirche mit 1639 verzeichnet ist, ist durch die Bezeichnung des Johann Liesegang als „Lüneburgischer Generalsuperintendent“ in der auf ihr angebrachten Inschrift tatsächlich in das Jahr 1659 zu setzen, da der 1660 gestorbene Liesegang erst 1659 Generalsuperintendent des Fürstentums Grubenhagen wurde.160)

Die Inschrift am Haus Graftstr. 4 in Uslar DER · HERR · DVRCH · DER · ENGELL · SCHAR · DEINEN · EIN VNDT · AVSGANG BEWAHR / VNDT · FVHRE · DICH · AVS · ALLEM · LEIDT · IN · DIE · EWIGE · SELIGKEIT · / DAVID [– – –] CATHARINA · ELISABETH · TIESE ist vermutlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden. Die Inschrift am Rathaus von Uslar an der Seite zur Graftstraße mit den Namen von Bürgermeistern, Kämmerern und Ratsherren dürfte im Zusammenhang mit der Renovierung von 1664 angebracht worden sein.161)

Die von Domeier überlieferte Bauinschrift Günther Güntherus condidit sibi hoc sacellum ex propriis (Günther Güntherus gründete für sich diese Kapelle aus eigenen Mitteln) an einem „Oratorium“, das an der Südseite der Liebfrauenkirche in Moringen angebaut war und bereits 1741 abgebrochen [Druckseite 62] wurde,162) stammt vermutlich ebenfalls aus den Jahren nach 1650. Über den Auftraggeber ist nichts zu ermitteln.

Die Kanzel in der Dasseler St.-Laurentius-Kirche wurde der Inschrift nach gestiftet vom Papiermacher Andreas Hasenbalg (1627–1697) aus Beverungen,163) der die Papiermühle in Dassel erst 1666 von der Familie Schwartze kaufte.164) Sie kann von ihm also erst wenige Jahre vor der ebenfalls inschriftlich bezeugten Umsetzung an den gegenwärtigen Platz im Jahr 1675165) gestiftet worden sein.

Auf der in Hohnstedt an der nördlichen Kirchenaußenwand angebrachten Grabplatte des Pastors Hermann Gecius (Götze) ist am Anfang der Inschrift die weitgehend zerstörte Angabe des Todesjahres ANNO M D CLVII (1657) zu ergänzen, wodurch die Platte aus dem Bestand herausfällt. Die außen an der Südseite des Vorbaus von St. Mauritius in Hardegsen aufgestellte Grabplatte wird durch die noch zu lesende Angabe, dass der Verstorbene 16 Jahre als Pastor in Sieboldshausen gewirkt habe (1641–1656), als die des Georg Schrader identifiziert, geboren am 10. Dezember 1613 und gestorben am 12. September 1683 an seinem zweiten Wirkungsort Hardegsen.166)

Zitationshinweis:

DI 96, Northeim, Einleitung, 9. Nicht aufgenommene Inschriften (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017e004.

  1. Ohlmer, Moringen, S. 140. »
  2. Für die Anfertigung und Zusendung von zwei Fotos danke ich Frau Angela Gbellu, Moringen. »
  3. Ohlmer, Moringen, S. 30. »
  4. Die von Ohlmer ebd. angeführte Akte des Moringer Magistratsarchivs mit der Signatur 14, 355/356 enthält nur eine ergebnislose Anfrage des damaligen Stadtarchivars an den Landeskonservator Fritz Jaensch aus dem Jahr 1963 nach den Grabungsergebnissen von 1952, nicht aber einen Grabungsbericht, wie Ohlmer schreibt. Telefonische Auskunft der Stadtarchivarin Gisela van Hülsen vom 17.10.2013. »
  5. Ohlmer, Moringen, S. 58. Telefonische Auskunft der Stadtarchivarin Gisela van Hülsen vom 17.10.2013. »
  6. Zu Lubecus vgl. die Einleitung von R. Vogelsang in: Lubecus, Göttinger Annalen, S. 8–10; zu seinem Selbstverständnis und seiner Zuverlässigkeit als Geschichtsschreiber ebd., S. 16–18. »
  7. Lubecus, Chronik von Northeim, S. 172. »
  8. Grote/Reddersen, Geschichte, S. 68f. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 156, Anm. 1 (nach Lubecus). Engel, St. Sixti, S. 42 (Friese nach Lubecus). Müller, Entschlüsselung, S. 56 (Friese nach Lubecus). Von Hindte, St.-Sixti-Kirche, S. 14f. (nach Lubecus). »
  9. Vgl. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 252 u. Bd. 1, S. 171. »
  10. Vgl. Rathaus Uslar Aktuell 2, 2002 u. 6, 2003. Die Namen in Nr. 270, Anm. 8. »
  11. Domeier, Moringen2, S. 103. – Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 132 (nach Domeier). »
  12. FIERI ME FECIT M(AGISTER) // · ANDREAS // HASENBALG // CHARTOPOe(us) // DASSELLENSIS · / EIUSQUE UX(OR) · // ANNA // GERTRUD // STEGMAN: Meister Andreas Hasenbalg, Papiermacher in Dassel, und seine Frau Anna Getrud Stegmann ließ(en) mich machen. »
  13. Vgl. Erich Plümer, Die Papiermacher der Papiermühle zu Dassel, in: Norddeutsche Familienkunde, 1./2. Jg., 1952/53, S. 135–137, hier S. 136. »
  14. A PROXIMA IN HANC / COLUMNAM / TRANSPOSITUM ET / RENOUATUM · A(NN)O 1675: Aus der Nähe an diese Säule versetzt und erneuert im Jahr 1675. »
  15. Vgl. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 372 u. Bd. 1, S. 461. »