Die Inschriften des Landkreises Bad Kreuznach

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Der folgende, keinesfalls vollständige Überblick soll abschließend über das im Verlauf der letzten Jahre nicht konsequent gesammelte, eher zufällig bekannt gewordene Material aus dem Bearbeitungsgebiet informieren, das aus unterschiedlichen Gründen nicht in den Katalogteil aufgenommen werden konnte.

Von außerhalb in das Bearbeitungsgebiet verbrachte Inschriftenträger

Aus dieser Gruppe sind zunächst zwei sogenannte Patenglocken190) zu nennen, die nach dem zweiten Weltkrieg aus dem Osten Deutschlands in den Besitz der Kirchengemeinde Löllbach gelangt sind. Die größere von beiden wiegt 479 kg und hat einen Durchmesser von 95 cm. Sie stammt aus Liebemühl bei Allenstein im ehemaligen Ostpreußen und trägt folgende Inschrift: H. CHRISTIAN LUBRECHT BURGGRAF H. FAHRHERREN CHRISTOPH RAMPUSCH IN LEIBE MULL / ANNO / 1687 / GOTT ALLEIN / DIE EHR / DAVID IONAS IN EL/BLING HAT MICH GEGOS/SEN DVRCH DAS FEVER / BIN ICH GEFLOSSEN / ANNO 1687. Die zweite Glocke wurde in Breslau für das Hl.-Kreuz-Kloster der Klarissen in Glogau gegossen und nach dessen Auflösung 1812 von der Kirchengemeinde Kolzig bei Grünberg in Schlesien gekauft. Sie wiegt 336 kg und hat einen Durchmesser von 84 cm. Ihre Inschrift lautet: SIGMUND GÖTZ GOSS MICH IN BRESLAU 1685. GOTT ZU LOB UND EHRE UND DEM HEILIGEN CHREITZ JESU CHRISTI. Bei der 1568 gegossenen Glocke, die sich rechts oben im Glockenstuhl der evang. Kirche zu Biebelsheim befindet, dürfte es sich aufgrund der Sprache ebenfalls um eine Ostglocke handeln; die genaue Herkunft ist nicht bekannt. Mit den Kronenbügeln ist sie etwa 75 cm hoch und weist einen Durchmesser von 70 cm auf. Die in einer 2 cm großen Kapitalis ausgeführte Umschrift sitzt zwischen drei wulstigen Zierstegen und wird unten von einem schönen Fries aus Blüten und Laubwerk abgeschlossen. Die Inschrift lautet: GOTH · HICK · IOCHGIM · KARSTEDE · DISE · KLOCKE · HELP · GODT · ANNO · 1 · 5 · 6 · 8.

Im Jahr 1776 wurde wegen des Übergangs des Amtes Birkenfeld von Pfalz-Zweibrücken (protestantisch) an die Markgrafschaft Baden (katholisch) zwölf mit Inschriften versehene Särge des 17. und 18. Jahrhunderts aus der Birkenfelder Schloßkapelle in die Stephans- bzw. Ludwigsgruft der Schloßkirche zu Meisenheim überführt. Die Inschriften sind nach archivalischen Abschriften, teilweise auch nach Autopsie ediert191) und müßten in einem künftigen DI-Band Landkreis Birkenfeld berücksichtigt werden.

Aus dem ehemaligen Museum der Ebernburg stammt eine Glasmalerei, die zur Zeit von privater Hand192) verwahrt wird. Es handelt sich um eine Scheibe193) mit ornamental geschmückter Randleiste, darin oben die Jahreszahl 1 · 5 · 0 · 1. In der Mitte des Feldes ist die hl. Anna Selbdritt dargestellt, umgeben von der hl. Katharina zur Rechten und dem hl. Urban zur Linken. Zu Füßen der Heiligen knien zwei kleine, mit ihren Wappen versehene Stifterfiguren. Laut zweier übereinstimmender Gutachten194) stammt dieses Unikat aus dem süddeutschen Raum, wahrscheinlich aus Bayern, und könnte um die Mitte des 19. Jahrhunderts von dem damaligen Besitzer der Ebernburg erworben worden sein; ein Zugang aus anderer Quelle ist natürlich nicht ausgeschlossen. Ähnlich [Druckseite LVII] gelagert ist der Fall bei einer prachtvollen, im Jahr 1537 wohl aus Eichenholz geschnitzten Sitzbank, die erstmals als Teil der Ausstattung von Schloß Rheingrafenstein erwähnt wird und sich gegenwärtig im Schloßparkmuseum Bad Kreuznach befindet. Die Mitte der reich verzierten Rückenlehne wird von einem von zwei Löwen gehaltenen Wappen eingenommen, das einen steigenden Löwen zeigen dürfte. In den Seitenlehnen ist folgende, in erhabener Kapitalis gearbeitete Inschrift angebracht: A(NN)O MDXXXVII / FRH v(on) WESTERNHAG. Da dieses Geschlecht seinen Sitz im Thüringischen hat und in der Nahegegend sonst nicht nachweisbar ist, dürfte die Information zutreffen, wonach die Bank um 1870 von den damaligen Bewohnern des Schlosses „irgendwo aufgekauft”195) worden sei. Schließlich werden in der Literatur noch zwei weitere, mit Sicherheit von außerhalb stammende Inschriftenträger196) genannt. Einmal ein mit einem Verschlußhaken versehener Deckel einer kleinen Büchse aus Messing, der auf der Oberseite das vermutlich eingravierte Bild König Gustav Adolfs trug und mit folgender, in kapitalen Buchstaben ausgeführter Umschrift versehen war: GVST(AV) ADOLF D(EI) G(RATIA) SVEC(ORVM) GOT(HORVM) WAND(ALORVM) REX M(AGNUS) P(RINCEPS) [...] (Gustav Adolf, von Gottes Gnade König der Schweden, Goten und Wandalen, Großfürst ...). Es ist anzunehmen, daß der Deckel bei der Einnahme Kreuznachs im Jahr 1632 von einem Mitglied der schwedischen Truppen verloren wurde. Dieser Inschriftenträger wurde zu unbekannter Zeit im Bad Kreuznacher Stadtgebiet aufgefunden, sein Verbleib ist unbekannt. Ebenso verhält es sich mit einer Hellebarde, deren Spitze mit dem französischen Lilienwappen und einem ausgeschnittenen L verziert war; vermutlich kennzeichneten beide Symbole eine Waffe aus dem Heer Ludwigs XIV., die bei der Eroberung Kreuznachs dort verloren wurde.

Neuzeitliche Kopien

Im Bearbeitungsgebiet wurden in diesem Jahrhundert einige Kopien angefertigt, die stark zerstörte mittelalterliche oder frühneuzeitliche Inschriften ersetzen sollten. Da diese Kopien in der Regel auf nachprüfbaren Originalen beruhten, wurden sie als kopiale Überlieferungen in den Katalog aufgenommen196). Es sind aber auch einige wenige Fälle nachträglich hergestellter und nicht immer als solche gekennzeichnete Inschriften nachzuweisen, die sich bei genauerer Untersuchung als Phantasieprodukte entpuppen. So wird in einer 1909 verfaßten, geschichtlichen Abhandlung in dem Kapitel über Schloß Dhaun darauf hingewiesen, daß dort „das Brustbild des Nahegaugrafen Emich V. (1072-1116) zu sehen [sei], mit der Jahreszahl 1095 in Stein gemeißelt”197). Daß es sich hierbei offensichtlich um „ein Erzeugnis der Romantik” aus der Zeit um 1850 handelt, ist freilich schon mehrmals198) bemerkt worden. Auch bei dem mit 1645 bezeichneten Wappenstein (schreitendes Pferd), der in die Wand des Hauses Ulrich-von-Hutten-Str. 5 in Bad Münster am Stein-Ebernburg eingelassen wurde, handelt es sich augenscheinlich um eine Neuanfertigung - ob nach originalem Vorbild, muß offen bleiben. Ein wenig anders liegt der Fall bei dem über der Tordurchfahrt der Ebernburg angebrachten Wappenstein, der das skulptierte Allianzwappen Franz von Sickingen / Hedwig von Flersheim, entsprechend in Kapitalis ausgeführte Initialen und die in gotischen Ziffern eingehauene Jahreszahl 1499 aufweist. Hier informiert jedoch die eingehauene Jahreszahl 1980 darüber, daß es sich um eine Neuanfertigung199) handelt, die es freilich so im Orignal an dieser Stelle nie gegeben hat.

Inschriftenträger mit nicht mehr edierbaren Texten

In der Literatur finden sich zahlreiche Hinweise auf heute verlorene, mittelalterliche und frühneuzeitliche Glocken, die bei den zu allen Zeiten vorkommenden Kirchenbränden ein Opfer der Flammen wurden bzw. bei kriegsbedingten Plünderungen gestohlen wurden und deren Reste oft umgegossen, eingeschmolzen oder verkauft wurden. Oft handelt es sich um interessante, aber hinsichtlich [Druckseite LVIII] der Inschriften wenig brauchbare Informationen. So ist für die evang. Kirche zu Jeckenbach lediglich bekannt, daß „von ihren aus Disibodenberg stammenden Glocken (...) 1634 die größte zersprungen”199) war und in Kirn umgegossen wurde. Für das ehemalige Heddesheim heißt es lapidar: „Die Glocken von 1301 ist nicht mehr vorhanden”200). Die im Jahr 1505 durch Georg von Speyer für Sobernheim gegossene Glocke201) dürfte vermutlich im Ersten Weltkrieg untergegangen sein. Bei der von Zimmermann 1927 erstmals mit der Inschrift Marienglock heiss ich, Gottes Ehr preis ich202) und der Jahreszahl 1525 zitierten Glocke aus Seesbach handelt es sich wohl um einen 1925 hergestellten Neuguß der Gießerei Hamm aus Frankenthal203), die möglicherweise die Inschrift einer alten (sonst unbekannten) Glocke übernommen hat. Im heute zu Bad Kreuznach gehörenden Winzenheim wurde im Jahr 1639 zur Tilgung von Schulden aus dem 30jährigen Krieg eine Glocke verpfändet, die 13 Zentner gewogen haben und später in die St. Katharinen-Kirche nach Frankfurt204) gelangt sein soll. Die Nachricht über eine 1674 von dem Mainzer Kaspar Roth für Staudernheim gegossenen Glocke205) beruht wohl offensichtlich auf einer Verwechslung.

Ein bezeichnendes Schlaglicht auf das durch die Kriegszeiten verursachte Schicksal der Waldlaubersheimer Glocken werfen die Ende des 18. Jahrhunderts niedergeschriebenen Aufzeichnungen des damaligen Schulmeisters: „Anno 1679 (...) haben die Lotharinger (...) die kleineste Glocken von dem Thurm herunter geworfen (...). Den 19. Martii haben die Lotharinger die allergröste Glocke, welche anno 1603 ist gegossen worden, von dem Thurm (...) geworfen. Den 22 dito (...) haben die Ertzdiebe und Kirchenrauber die mittelste Glocke, welche anno 1412 gegossen war, von dem Thurm (...) herabgeworfen (...). Den 14. Aprilis, ach, ach leyder! Unser beste Zierrath, unser höchste Schatz, die gröste Glocke wie auch die mittelste in Stucke uff dem Kirchhoff zerschlagen, in ein halbfuderichtes Faß hineingethan und gleich folgende Nacht durch Mayntz anstatt des Weins gefuhret.”206)

Man kann wohl davon ausgehen, daß alle mittelalterlichen Kirchen mit Wandmalereien unterschiedlichster Art geschmückt und meist auch mit Inschriften versehen waren. Daß sich davon im Bearbeitungsgebiet mit seinen zahlreichen alten Kirchen und Klöstern nur noch geringe Reste erhalten haben, ist einmal darauf zurückzuführen206), daß die Wandmalereien im Zuge der Reformation übertüncht oder überputzt wurden und zum andern darauf, daß sie während der Wiederentdeckung und Restaurierung im 19. und auch im 20. Jahrhundert oft unsachgemäß ergänzt, übermalt oder vollständig neu gestaltet wurden. So finden sich in den heutigen Kirchen gelegentlich Reste von Wandmalerei, bei denen die beigefügten Inschriften nicht mehr lesbar, aber noch zu ahnen sind. Im Bearbeitungsgebiet handelt es sich bei den bekannt gewordenen Fällen stets um spätgotische Malerei aus dem Ende des 15. Jahrhunderts: In Hochstätten/Alsenz ist die ehemalige Turmkapelle mit dem Bildnis einer männlichen Figur geschmückt, die ein mit fast verlöschter gotischer Minuskel beschriebenes Schriftband trägt; in Meisenheim ist an der Nordwand des Schiffes vielleicht der hl. Antonius mit einem Schriftband207) zu erkennen; in Monzingen wurden die im Jahre 1911 freigelegten, mit Inschriften versehenen Szenen aus der Passion anläßlich der Renovierung 1923 übertüncht, ohne daß der erkennbare Text der Schriftbänder208) überliefert worden wäre; erhalten haben sich weite Teile der originalen Ausmalungen in Sobernheim, allerdings läßt sich der Text auf dem verschlungenen Schriftband209) eines Engels nicht mehr entziffern.

Sonstiges

Im Schloßparkmuseum zu Bad Kreuznach wird ein aus weißgelbem Sandstein bestehender, spitz zulaufender Scheitelstein unbekannter Herkunft verwahrt, auf dem wenige Buchstaben in vermutlich gotischer Minuskel eingehauen sind - diese Inschrift entzog sich bisher jedem Deutungsversuch.

Bei dem von Lehfeldt 1886 als gotisch bezeichneten, silbervergoldeten Kelch209) mit Sechspaßfuß und der angeblichen Inschrift v · e · i · b · e · s in der evang. Pfarrkirche zu Hüffelsheim muß eine Verwechslung oder Fehllesung vorliegen, da dieser Kelch weder von dem späteren Kdm. erwähnt wird und sich auch sonst keine Spur in den heutigen Beständen der katholischen oder evangelischen Kirchen von Hüffelsheim und Umgebung auffinden läßt. Es könnte allerdings sein, daß Lehfeldt einem gegenwärtig in der katholischen Kirche zu Hüffelsheim verwahrten neogotischen Kelch aufgesessen ist, auf den seine Beschreibung in etwa zutrifft, der jedoch als Umschrift auf dem Nodus die Worte JHESUS trägt. Da die Buchstaben irritierenderweise in nachgeahmter gotischer Majuskel mit stark geschlossenen Formen ausgeführt wurden, könnte dies zu der obigen Lesung geführt haben.

Auf der Burg Dalberg sollen sich noch 1883 zwei Wappensteine „von 1483” bzw. „von 1484” befunden haben210); ob es sich hierbei um datierte Steine oder um Steine mit ausgeführter Jahreszahl gehandelt hat, muß offen bleiben.

In der zweiten Hälfte des 16. und im 17. Jahrhundert wurden von Mitgliedern der damals auf der Ebernburg residierenden Linie derer von Sickingen einige großformatige, mit längeren Inschriften versehene Ölbilder angefertigt. Da sich jedoch sämtliche Bilder in ungenanntem Privatbesitz befinden und sie zudem jüngst - allerdings ohne Angabe der Provenienz - veröffentlicht wurden211), mußte von einer Aufnahme in den Katalogteil abgesehen werden.

Zitationshinweis:

DI 34, Bad Kreuznach, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Eberhard J. Nikitsch), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di034mz03e006.

  1. Maßangaben und Text nach H. Teschemacher: Was wir von den Löllbacher und Schweinschieder Glocken wissen, in: Oberländische Chronik pass. »
  2. Vgl. dazu ausführlich Heintz, Schloßkirche 177ff. und Nikitsch, Fürstengruft 8ff. sowie Nr.227 von 1503 mit Anm. 1. »
  3. Prof.Dr.Dr. Otto Böcher, Mainz. »
  4. Foto im LfD Mainz, Fotoarchiv, ohne Neg.-Nr. (zu finden unter Bad Münster am Stein-Ebernburg). »
  5. Freundliche Mitteilungen von Prof.Dr.Dr. Otto Böcher vom 5.Juni 1992 und Dr. Ivo Rauch, CVMA, vom 28.Oktober 1992. »
  6. Vgl. den Hinweis bei Kohl, Rheingrafenschloß 29. »
  7. Vgl. etwa Nr.477 von 1614 mit Anm.3 sowie Nr.464 von 1609; singulär ist der Fall einer nachträglich angefertigten, wohl im Wortlaut stimmigen Inschrift ohne nachprüfbare Quelle, vgl. Nr.348 von 1580. »
  8. Wagner, Urkundliche Geschichte 276. »
  9. Vgl. Kdm. 159 und Fröhlich/Zimmermann, Schloß Dhaun 12. Auftraggeber war vermutlich Dr. Warendorf, der um diese Zeit die damalige Ruine erwarb und wieder herrichten ließ; vgl. auch den Hinweis auf dem Foto Nr.09/145/16 im Fotoarchiv der Verbandsgemeinde Kirn-Land. »
  10. Vgl. Kdm. 189. »
  11. Vgl. ebd. 176. »
  12. Vgl. die Hinweise bei Kdm. 363 und Berkemann, Sobernheim 82. »
  13. Zimmermann, Glocken 35; wird von ihm nicht mehr im Kdm. verzeichnet. »
  14. Vgl. dazu die im kath. Pfarrarchiv Seesbach verwahrten handschriftlichen Aufzeichnungen des damaligen Pfarrers, hier S.196. »
  15. Vgl. dazu K. Keim, Wie Winzenheim seine Schulden aus dem Dreißigjährigen Krieg abgetragen hat, in: KHbll. 1 (1957) 3. - Vermutlich ist diese Glocke dennoch verloren, da in der erwähnten Frankfurter Kirche im Jahr 1679 anläßlich ihres Neubaus alle alten Glocken eingeschmolzen wurden. »
  16. So erstmals Renard, Glocken 75 und ihm folgend Fritzen, Glockengießer I, 93. »
  17. Vgl. zum Folgenden ausführlich Glatz, Wandmalerei 63ff. »
  18. Erwähnt bei Glatz, Wandmalerei 280. »
  19. Vgl. dazu Clemen, Monumentalmalereien 437 mit Abb., Kdm. 297 mit Abb.212 und Glatz, Wandmalerei 282. »
  20. Vgl. Lehfeldt, Kunstdenkmäler 297. »
  21. So Kdm. 149 und 151. »