Die Inschriften der Stadt Ingolstadt

2. Historischer Überblick2)

Ingolstadt liegt in einem durch die Donau geprägten Becken, das nördlich von den Ausläufern der fränkischen Alb, südlich vom Tertiärhügelland begrenzt wird. In diesem Becken befindet sich im Südwesten der Stadt das Donaumoos, im Südosten dehnen sich weite Auwälder aus. Während sich die Stadt heute nördlich und südlich der Donau erstreckt, ist die Altstadt nur am Donaunordufer auf einer Hochterrasse der Risseiszeit angesiedelt.

Ingolstadts Lage ist einerseits bestimmt vom Fluss, der sowohl Grenze als auch Handelsweg von West nach Ost war, andererseits vom Übergang über diesen Fluss, der sowohl von strategischer als auch von Bedeutung für den Handelsweg von Süden nach Norden war. Charakteristisch für den Ingolstädter Raum war dabei immer seine Randlage. Die Donau bildete schon in der Römerzeit eine natürliche Grenze.

Wann genau eine erste Siedlung auf dem Gebiet der heutigen Ingolstädter Altstadt entstand, ist immer noch nicht genau geklärt. Auf dem heutigen Stadtgebiet finden sich erste Zeugnisse menschlichen Lebens bereits in Gestalt von Faustkeilen des Homo Steinheimensis, die auf dem Gebiet des heutigen Irgertsheim gefunden wurden3). Siedlungsspuren auf dem Stadtgebiet gibt es seit der Jungsteinzeit, so z.B. eines der größten Urnenfelder aus der Bronzezeit auf dem Gebiet von Zuchering4) und im gleichen Gebiet einen Herrenhof der Hallstadtzeit. Für die Altstadt sind im Bereich des Alten Schlosses (Herzogskasten) Bestattungen bereits aus der Bronzezeit belegt, jedoch lässt sich auf dem Gebiet der Altstadt weder eine keltische noch eine römerzeitliche Siedlung festmachen. Die große Keltenstadt auf dem Gebiet der Gemeinde Manching5) im Süden Ingolstadts und die römischen Legionslager in Kösching6) und Oberstimm am obergermanisch-raetischen Limes weisen darauf hin, dass der Ingolstädter Raum bereits in dieser Zeit dicht besiedelt war. Reste kleinerer keltischer Siedlungen finden sich mehrfach im Stadtgebiet. In der Römerzeit befand sich z.B. in Etting eine große Villa Rustica, im Gebiet um Zuchering gab es mehrere römische Legionslager7).

Auch die Besiedlung Ingolstadts zur Bajuwarenzeit bleibt im Dunkeln, es finden sich jedoch Siedlungsspuren in mehreren der Orte rund um die Ingolstädter Altstadt8).

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Das erste Mal wird Ingolstadt in den Teilungsplänen für das Reich, die Karl der Große 806 aufstellte, urkundlich erwähnt9). Ingolstadt war hier sicher durch seine Funktion als Donauübergang interessant. 841 wechselt Ingolstadt aus königlichem in den Besitz der Abtei Niederaltaich, als Kaiser Ludwig der Deutsche dem Abt Gozbald von Niederaltaich ein Kammergut an der Donau, die villa Ingoldestat, schenkte10). Das Territorium dieses nun Niederaltaicher Gutes ist nicht genau bestimmbar, vermutlich behielt auch der bayerische Herzog im Ingolstädter Gebiet Land, das nicht zum Königsgut gehört hatte.

Nach diesem kurzen Aufscheinen in der Geschichte schweigen die Schriftquellen bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts. Vielleicht wurde eine bestehende Siedlung in den Ungarneinfällen zerstört. Vielleicht verlagerte sich die Siedlung erst in dieser Zeit weg vom bereits römerzeitlichen Donauübergang bei Feldkirchen auf das Gebiet der heutigen Altstadt. Ingolstadt war im Besitz des Klosters Niederaltaich und geriet mit der Vergabe der Vogteirechte über die Abtei an den Herzog von Bayern durch den Bamberger Bischof verstärkt unter bayerischen Einfluss. In die Zeit zwischen dem Mord an Philipp von Schwaben durch Otto von Wittelsbach 1208 und der ersten Erwähnung eines cives 1254 ist die Stadtwerdung Ingolstadts zu datieren. Wie Ingolstadt zur Stadt heranwuchs, wird durch systematische Grabungen im Altstadtgebiet zunehmend klarer11). Die erste im 13. Jahrhundert fassbare Stadtgestalt, nicht gewachsen, sondern einem Plan folgend, war trapezförmig. Die Stadt wurde – wie heute noch – von zwei wesentlichen Straßenachsen in Nord-Süd und Ost-West-Richtung durchzogen. Zur Zeit der ersten Umwallung lagen einige wichtige Gebäude, z.B. das (Obere) Franziskanerkloster und das Spital, außerhalb der Stadtmauer. 1307 datiert die erste, allerdings nur kopial überlieferte Inschrift, die Ingolstadts Rolle unter den bayerischen Herzögen belegt. Zusammen mit seinem Mitregenten Herzog Rudolf stiftete Herzog Ludwig, der zukünftige Kaiser, Gelder für Baumaßnahmen an der heute nicht mehr erhaltenen Georgskirche (Nr. 1†). Die erste erhaltene Ingolstädter Inschrift aus dem Jahr 1342 belegt hingegen die Verbundenheit der Stadt mit der Niederaltaicher Mutterkirche, der Pfarrer von St. Moritz, Magister Albrecht, wohl aus dem Umfeld des Niederaltaicher Klosters, erhielt eine Grabplatte in seiner Pfarrkirche (Nr. 2).

Vor allem herzoglicher Politik verdankt sich die Stadterweiterung des 14. Jahrhunderts. Sie ist durch die überlieferten Bauinschriften der Tore im Detail belegt (Vgl. unten unter Befestigungsanlagen). 1392 wurde Ingolstadt Hauptstadt des durch die dritte bayerische Landesteilung entstandenen Teilherzogtums Bayern-Ingolstadt und sollte für ein halbes Jahrhundert Residenzstadt sein12).

Ludwig (VII.) im Barte, der lange am französischen Hof seiner Schwester Isabeau de la Bavière gelebt und gewirkt hatte, reformierte die Verwaltung im Teilherzogtum und förderte die Künste. In seine Regierungszeit fällt der Beginn der Errichtung der Pfarrkirche Zur Schönen unserer Lieben Frau (s.u.) und des Neuen Schlosses, die die Stadtgestalt bis heute prägen.

Nach der kurzen Epoche als Residenz des Teilherzogtums Bayern-Ingolstadt fiel die Stadt an die reichen Herzöge von Bayern-Landshut und verlor damit ihre zentrale Rolle als Residenz. Die Herzöge hatten jedoch Interesse, Ausgleich für den Verlust der Residenzstellung zu schaffen, so wurde z.B. am Neuen Schloss weitergebaut. 1472 erfolgte auf Betreiben der reichen Herzöge die Gründung der Universität (Nr. 37†), ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor.

Ingolstadts Rolle in den nächsten Jahrhunderten ist geprägt von den drei Aspekten bürgerliche Handelsstadt, Ort der Landesuniversität und wittelsbachischer Verwaltungssitz und Befestigungsort. Man könnte in Anlehnung an das englische Gegensatzpaar von town und gown in Ingolstadt von einer Dreiecksbeziehung von town, gown und crown sprechen.

Der Handel auf der Donau und den sich in Ingolstadt kreuzenden Handelswegen prägte das Leben der bürgerlichen Stadt, vor allem der Handel mit Salz und Wein spielte im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit eine große Rolle13) und mit ihm die Vereinigung der Weinschenken (vgl. Nr. 71). Wichtige Gewerbe waren daneben die Bierbrauer (Nr. 434†) und die Fischer und Schiffleute (vgl. Nr. 97).

Die bürgerliche Stadt ist neben den Grabdenkmälern, in denen vor allem die dem Rat angehörenden Familien fassbar werden, in einigen wenigen Inschriften dokumentiert. Zu nennen ist hier vor allem die Ausstattung des Rathauses, von der sich einige wenige Stücke erhalten haben (vgl. [Druckseite 12] Nr. 226, 238, 239, 256), und die Inschriften an städtischen Gebäuden – wie z.B. dem Waaghaus (Nr. 123†, 366†).

Ingolstadt kannte als bayerische Land- und Hauptstadt keine Scheidung zwischen einem Patrizierstand und den Handwerkern. Einige Familien sind zwar über Generationen hinweg im Inneren Rat, dem obersten Leitungsgremium der städtischen Verwaltung, vertreten, jedoch führte der normale Weg in dieses Gremium über die Zugehörigkeit im Äußeren Rat und ein Engagement in den städtischen Ämtern, die abgesehen vom Bürgermeisteramt meist durch je einen Vertreter aus dem Äußeren und dem Inneren Rat besetzt wurden, so dass durchaus auch immer wieder homini novi der Aufstieg in den Rat gelang.

Die Universität wird – neben wenigen, heute an der Nachfolgeinstitution der Münchner Universität aufbewahrten Überresten (Nr. 228, 412)14) und den Zierbrettern und Wappenscheiben im Stadtmuseum (Nr. 58, 130) sowie einem erhaltenen Wandgemälde im Hohe-Schul-Gebäude (Nr. 77) vor allem durch die Gedenkinschriften der Professoren, die allerdings durchwegs verloren sind (vgl. unten unter Hohe Schule) und einige Grabdenkmäler von Universitätsangehörigen fassbar. Das Münster war als Universitätskirche ihren Mitgliedern als Grablege vorbehalten, auch wenn gerade die verheirateten Universitätslehrer die Franziskanerklosterkirche für ihre Familiengräber bevorzugten.

Die Wittelsbacher bleiben als Förderer der Universität und ihrer eigenen Stiftungen in der Stadt präsent, außerdem waren sie am Ausbau der Befestigung stets interessiert. Ab 1537 wurde der Befestigungsring nach dem damaligen Stand der Technik ausgebaut. Die Wittelsbacher beteiligten sich weiter an der Ausstattung des Münsters (Nr. 279, 280) und an Neubauten für die herzogliche Stiftung Georgianum (Nr. 317).

Die herzogliche Beamtenschaft, die sich zum Teil aus der Stadtbevölkerung rekrutierte oder mit ihr verschwägert war, ist in den Grablegen der Stadt vertreten (z.B. Nr. 199, 255, 533), ebenso die Beamtenschaft des Stadtumlandes (z.B. Nr. 524). Bedeutendster Bestattungsort für diese Gruppen, so wie die Bürger der Stadt, war die (Obere) Franziskanerklosterkirche an der Harderstraße (vgl. weiter unten). Ingolstadts Stadtgestalt der frühen Neuzeit wird in einzigartiger Weise durch die beiden Modelle Jakob Sandtners aus den Jahren 1571/1572 dokumentiert, von denen sich ein kleineres farbig gefasstes und beschriftetes heute im Stadtmuseum befindet (vgl. Nr. 276)15).

Ingolstadt spielt eine entscheidende Rolle im Engagement des bayerischen Herzogshauses für den alten Glauben. Die Universität wird zu einem Hort des Katholizismus und ist Lehr- und Lebensort des wichtigsten Gegners Martin Luthers, Johannes Eck (vgl. Nr. 166)16). Die Universität bleibt stets ein Ort dezidiert katholischer Haltung, was sie unter anderem zu einem bevorzugten Studienort polnischer Adeliger macht (vgl. z.B. Nr. 347). Dieses Engagement für die alte Lehre prägt das Leben in der gesamten Stadt. Die nicht sehr umfangreichen reformatorischen Bestrebungen wurden im Keim erstickt, die bayerischen Religionsmandate vollzogen und durchgesetzt. Dies gilt sowohl für die Universität als auch für die Bürgerstadt. Nicht zuletzt die Ansiedlung der Jesuiten 1556 und ihre enge Verbindung mit der Universität, die Übernahme erst der theologischen und dann auch noch der artistischen Fakultät macht Ingolstadt in der Folge zu einer Hochburg der Gegenreformation. Zentrum der jesuitischen Bemühungen war die von ihnen eingerichtete Schule (vgl. Nr. 316 (†), 374). Die Jesuiten übernahmen auch ursprünglich unabhängige Kollegien wie das Hieronymuskolleg (vgl. Nr. 371).

Im Zentrum der militärischen Auseinandersetzung um die neue Lehre stand Ingolstadt, oder besser das Umland, in der ersten Phase des Schmalkaldischen Krieges, als im sogenannten Donaufeldzug im August 1546 kaiserliche Truppen vor der Stadt lagerten. Die sogenannte Ingolstädter Kanonade (31. August 1546) forderte auch unter den kaiserlichen Truppen Opfer. Für einige Offiziere, vor allem der beteiligten italienischen Fußtruppen, wurden Denkmäler in der Münsterkirche gesetzt (Vgl. Nr. 181† mit Auflistung der weiteren Denkmäler).

Inschriftlich belegt werden in Ingolstadt auch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges17). Zahlreiche Grabdenkmäler für in die Stadt Geflüchtete, die besonders in den Jahren nach 1631 in Ingolstadt starben, belegen die Rolle Ingolstadts als befestigtem Platz und Zufluchtsort, so eine ganze [Druckseite 13] Zahl von Benediktinerinnen aus dem Kloster Geisenfeld (vgl. Nr. 514†, dort auch zu weiteren Inschriften). Nach Ingolstadt wurden auch Verwundete und Tote der kaiserlichen Seite aus den Schlachten an der Lech-Donau-Linie verbracht (vgl. z.B. Nr. 572), am berühmtesten unter ihnen T‘serclaes Graf Tilly (1632).

Die ansonsten für Altbayerns Inschriftenlandschaft so verheerende Zeit der Barockisierung ist in Ingolstadt kaum für größere Denkmalverluste verantwortlich zu machen, Neubauten wie das Augustinerkloster und der Kongregationssaal St. Maria della Victoria setzten neue Akzente in der Stadt. Von den alten Gebäuden wurde nur St. Moritz durchgreifend barockisiert.

Ingolstadt verlor am Ende des 18. Jahrhunderts zwei seiner wesentlichen wirtschaftlichen Stützen, die Festung wurde 1799 durch französische Truppen geschleift, die Universität 1800 nach Landshut verlegt.

Denkmalverluste in größerem Ausmaß gab es nach dem Abzug der Universität, der sicher für Verluste im Hohe-Schul-Gebäude sorgte, auch durch die Säkularisation. So verlor das Münster zum Beispiel die Gnad, das namengebende Kunstwerk der Kirche zur Schönen unserer Lieben Frau, weiter gab es Verluste im Bereich des Ratssilbers und der Kirchenschätze, vor allem ging der gesamte Paramentenbestand verloren.

Ab 1826 wurde Ingolstadt zur Königlich Bayerischen Hauptlandesfestung ausgebaut. Im Zusammenhang mit diesem Ausbau erfolgten große Eingriffe der Stadt. Besonders bei den durch die Säkularisation funktionslos gewordenen kirchlichen Bauten kam es zu erheblichen Verlusten, so wich ein großer Teil des ehemaligen Jesuitenkollegs mit samt der Kirche zu Gunsten eines Kasernenneubaus. Einen massiven Eingriff stellte auch die Umnutzung der Oberen Franziskanerklosterkirche als Garnisonskirche dar. Die Militäransiedlung verschaffte Ingolstadt jedoch auch einen Bahnanschluss und mit den Geschützgießereien und anderen Fabrikationsanlagen für den militärischen Bedarf eine erste Welle der Industrialisierung.

Ingolstadt blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, in dem es eine zentrale Rolle als Kriegsgefangenenlager und Lazarettort spielte, eine vor allem vom Militär geprägte Stadt, Soldaten stellten die größte Bevölkerungsgruppe.

Mit die größten Denkmalverluste im Bereich der Inschriftendenkmäler hatte Ingolstadt durch die Renovierungsaktionen des 19. Jahrhunderts zu erleiden. Sowohl in der Pfarrkirche St. Moritz als auch im Münster und in der Garnisonskirche wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgreifende Renovierungsmaßnahmen nach dem Zeitgeschmack vorgenommen, die nicht nur zum Verlust von barocker Ausstattung wie in St. Moritz, sondern auch zum Verlust wichtiger spätmittelalterlicher Denkmäler – wie z.B. des großen Fastentuchs der Münsterkirche – führten. Bei der Renovierung der Oberen Franziskanerklosterkirche zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist es dann vor allem die farbige Fassung mancher Denkmäler – besonders der Wappen, die zu Veränderungen im Bestand führte.

Der finanzielle Niedergang Ingolstadts nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Auflösung der Garnison ist für die Inschriften der Stadt von geringerer Bedeutung. Erst die Bombennächte zu Ende des Zweiten Weltkriegs führen wieder zu größeren Verlusten. Noch im April 1945 wurde Ingolstadt von der US-Air-Force mehrmals bombardiert. Die Altstadt und der Bereich des Bahnhofes wurden schwer getroffen, unter anderem wurden der Chor der Moritzkirche, das Hl.-Geist-Spital und die barocke Augustinerkirche zerstört, ebenso die Donaubrücken. Ingolstadt wurde der US-Armee am 26. April 1945 kampflos übergeben.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wuchs Ingolstadt zur Großstadt heran, die Wiederkehr einer Garnison, aber vor allem die Ansiedelung neuer Industriezweige ließ Ingolstadt zu einer der am stärksten wachsenden Städte Deutschlands und schließlich 1989 zur Großstadt werden. Die Siedlung dehnte sich dabei weit in die Umgebung aus, vor allem für das Gewerbe wurden stets neue Territorien erschlossen. 1972 wurden zwölf umliegende Dörfer, die zum Teil bis ins 19. Jahrhundert bereits einmal zur Stadt gehört hatten, teilweise historisch dem Gebiet des Hochstifts Eichstätt zuzuordnen sind (s.u.), im Zuge der Gebietsreform der Stadt zugegliedert, der ehemals die Stadt umgebende Landkreis Ingolstadt aufgelöst.

Für die Veränderung der Inschriftenlandschaft Ingolstadts in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist jedoch weniger das Wachsen der Stadt ausschlaggebend als die Verluste, die sich mit dem Wiederaufbau und den Renovierungsmaßnahmen verbinden. Sei es der Abbruch des Donautores nach Kriegsende18) (vgl. Nr. 164†, 216†) – wobei man anders als beim Abbruch der anderen Tore im späten 19. Jahrhundert (vgl. Nr. 4, 21, 30) die Inschriftenplatten mit der Torinschrift [Druckseite 14] nicht barg –, die Außenrenovierung der Münsterkirche in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, der einige Denkmäler zum Opfer fielen (vgl. z.B. Nr. 425†, 469†), bis zur Außenrenovierung der Franziskanerklosterkirche in den 90er Jahren, die zu einem vollständigen Verlust der bis dahin außen angebrachten Denkmäler führte (vgl. z.B. Nr.161†, 596†).

2a. Geschichte einzelner Standorte

Pfarrkirche St. Moritz (Moritzstraße 4)19)

Die Pfarrkirche St. Moritz ist die älteste Kirche der Stadt. Ihre Identität mit einer der beiden in der Schenkungsurkunde Ludwigs des Deutschen an Abt Gozbald von Niederaltaich 841 genannten Kirchen ist nicht nachgewiesen, aber wohl anzunehmen. Gesichert ist der Ort der heutigen Kirche im Zentrum des bewohnten Raumes zur Zeit der Stadtwerdung durch ein erstes Weihedatum am 21. September 1234. Es handelte sich um einen dreischiffigen basilikalen Bau; dieser spätromanische Kirchenbau bildet bis heute den Kern der Moritzkirche. Am nördlichen Choransatz befindet sich der Läutturm, der die Glocken der Kirche trägt (vgl. Nr. 572), an der Südwestseite der Kirche befindet sich der städtische Pfeifturm aus dem 14. Jahrhundert, der als Wachturm diente. Die Kirche des 13. Jahrhunderts umgab ein Kirchhof, der Friedhof der Stadt20). In diesem Friedhof befand sich das 1360 errichtete und vermutlich 1803 abgebrochene Angstkirchlein (vgl. Nr. 197†). Bis zur Teilung des Stadtgebietes zu Beginn des 15. Jahrhunderts war St. Moritz die Pfarrkirche der gesamten Stadt. Der heutige Kirchenbau verdankt sich hauptsächlich Umbaumaßnahmen des 14. Jahrhunderts. Das Weihedatum des Hochaltars 1359 und die verwendeten Bauformen legen einen Beginn der Umbaumaßnahmen vor der Jahrhundertmitte nahe. Der genaue Ablauf der Baumaßnahmen ist unklar, gesichert ist eine Versetzung des Chores um 90 cm nach Süden, wodurch er seine Verbindung mit dem Läutturm verlor. Nicht gesichert ist, ob der Umbau der Kirche bereits die Anna-Kapelle, die Grablege der Moritzpfarrer (heutige Sakristei) mit einbezog; die Bestattung des Magisters Albrecht, 1349 nicht wie bisher meist angenommen 1340 (vgl. Nr. 2), legt eine Fertigstellung dieser Kapelle zu diesem Datum nahe. Die Baumaßnahmen zogen sich bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hin, wobei die dendrochronologische Datierung des Holzes des Daches in die Jahre 1381–83 auf eine Fertigstellung des Daches und damit eine Benutzbarkeit der Kirche um das Jahr 1385 hinweist. Die Kirche erfuhr weitere Umbaumaßnahmen im 17. Jahrhundert und eine durchgreifende Umgestaltung im Stil des bayerischen Rokoko in den Jahren 1756–65 unter Beteiligung bedeutender Künstler, so wurde der Stuck von Johann Baptist Zimmermann geschaffen, die Freskierung verdankte sich unter anderem dem Ingolstädter Johann Evangelist Hölzl. Die gesamte Barockausstattung fiel einer Regotisierungskampagne in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Opfer, wobei Teile der Ausstattung verwahrt wurden. Die neugotische Ausstattung ging durch die Bombardierung der Kirche am 21. April 1945 zu Grunde. Die Wiederherstellungsmaßnahmen der Nachkriegszeit unter Beratung von Hans Döllgast versuchten eine Rückführung auf die romanisch-gotische Urfassung unter Einbeziehung der barocken Ausstattungsreste.

Die komplizierte Bau- und Renovierungsgeschichte der Moritzkirche erklärt, warum sich in diesem ältesten Kirchenbau der Stadt nur elf Inschriften im Original erhalten haben, die sich außerdem kaum je in ihrem ursprünglichen Aufstellungszusammenhang befinden.

Pfarrkirche Zur Schönen unserer Lieben Frau (Kreuzstraße 1)21)

Die Stadtpfarrkirche zur Schönen Unserer Lieben Frau, in Ingolstadt meist das Münster genannt, entsteht durch die Teilung des Stadtgebietes von Ingolstadt in zwei Pfarreien entlang der Nordsüdachse im Jahre 140722); ihr Name hingegen verdankt sich der so genannten Gnad, der Schönen unserer Lieben Frau, einer Goldschmiedearbeit der Schönen Maria in der Paradieslaube, die Herzog Ludwig im Barte aus Paris nach Ingolstadt gebracht hatte23). Im Jahr 1800 musste dieses Gnadenbild als Kriegskontribution an die kurfürstliche Schatulle abgegeben werden und wurde zerstört.

Der Herzog des Teilherzogtums Bayern-Ingolstadt Stephan III., der Kneißl (1337–1413), nutzte die Gründung der zweiten Ingolstädter Pfarrei, um sich durch die Stiftung der Kirche das Lehens- und Patronatsrecht zu sichern24). Diese Stiftung ging noch nicht einher mit Planungen für eine herzogliche Grablege, wie sie dann im Laufe seiner Regierungszeit Stephans Sohn Ludwig im Barte (1368–1447) anstreben sollte. Der Grundstein der Kirche wurde am 18. Mai 1425 gelegt (vgl. Nr. 14). Ab 1429 beginnt Ludwig im Barte mit Zustiftungen für ein liturgisches Leben in der Kirche, die dem Ausbau der Stadtpfarrkirche zur Herrschaftskirche und zur Grablege des Hauses Bayern-Ingolstadt dienen sollten25). So lange er lebte, wurde der Kirchenbau zielstrebig vorangetrieben. 1439 war der Chor mit dem Kapellenkranz weitgehend fertig gestellt, mit dem Langhausbau war begonnen worden. 1441 wurde der Bau des Westwerks in Angriff genommen. Mit dem Tod Ludwigs im Barte am 1. Mai 1447 starb die Linie Bayern-Ingolstadt aus. Ingolstadt und seine neue Kirche fielen an die Herzöge von Bayern-Landshut. Herzog Heinrich der Reiche (1393–1450) führte die Stiftungsliturgie Ludwigs im Barte in reduzierter Form und mit der Ausweitung des Stiftungszwecks auf sein Haus fort. Der weitere Bau aber lag nunmehr in den Händen der bürgerlichen Kirchenpröpste und bei Pfarrer Gabriel Glesein (Nr. 48). Als leitender Baumeister tritt ab 1450 Friedrich Spieß in Erscheinung26), für die Zeit von 1497 bis 1504 kann Stephan Rottaler als Baumeister nachgewiesen werden27), ihm folgten Erhard und Ulrich Heydenreich. Die Bauarbeiten zogen sich – vermutlich aus Geldmangel – schleppend hin. Eine Lösung für das Finanzproblem boten ab 1484 die so genannten Butterbriefe. Durch päpstliches Indult war für die Bezahlung einer gewissen Summe der Verzehr der ansonsten verbotenen Butter und Milchspeisen in der Fastenzeit (außerhalb der Karwoche) und an den sonstigen gebotenen Fasttagen gestattet. Die Einnahmen waren zu einem Viertel für den Bau von St. Peter in Rom, zu den restlichen drei Vierteln für die Marienkirche in Neumarkt, St. Martin in Landshut und die Kirche zur Schönen unserer Lieben Frauen in Ingolstadt bestimmt.

Mit der Gründung der Universität 1472 wurde Zur Schönen unserer Lieben Frauen zur Universitätskirche (Templum Academicum). Die Kirche wurde zu den feierlichen Gottesdiensten z.B. anlässlich der Rektorenwahl genutzt28) und war auch einer der möglichen Orte für Promotionen29). Der Pfarrer, der Doktor der Theologie sein musste, hatte eine Lehrverpflichtung an der Universität30). Anfangs wurde die Pfarrkirche auch zur bevorzugten Grablege der Professoren (vgl. Nr. 42, ältestes Grabmal eines Universitätsprofessors). Im Laufe der Zeit wählten Professoren, die durch ihre Familie in der Stadt verwurzelt waren, – wie z.B. die Peysser – die von den Bürgern bevorzugte Franziskanerkirche als Begräbnisort. Sowohl Professoren (vgl. z.B. Nr. 419†) als auch bürgerliche Stifter (vgl. Nr. 24) statteten einzelne Kapellen des Kapellenkranzes als Grablegen aus, andere waren den städtischen Zünften zugeordnet. Von 1489 bis 1527 wurden Bau und Ausstattung [Druckseite 16] der Kirche vollendet. Eine erste tiefgreifende Veränderung erfuhr die Ausstattung der Kirche jedoch bereits fünfzig Jahre später, als unter Herzog Albrecht V. (1550–1579) der Hochaltar (Nr. 279), das Chorgestühl, die Chorgitter (Nr. 280) und neue, heute verlorene Glocken geschaffen wurden31). In einer weiteren Ausstattungsphase nach 1580 wurden vor allem einzelne Wandmalereien erstellt – wie z.B. in der Dreikönigskapelle (Nr. 307). Aus den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts existierte im letzten Jahrhundert noch ein Verzeichnis der Epitaphien, das Auskunft über den Bestand an größeren Denkmälern in der Kirche in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und ihre bildlichen Darstellungen gibt32). Die nächste große Gestaltungswelle folgte 1676 nach dem Ende unseres Bearbeitungszeitraums33). Nach ständig vorgenommenen Ausbesserungsarbeiten entschied man sich 1724 für eine komplette Neuverglasung des Münsters, der ein großer Teil der (vermutlich schadhaften) Farbverglasung, darunter Bildfenster mit Darstellungen einer wittelsbachischen Ahnenreihe, zum Opfer fielen34), einige heute noch erhaltene Bildfenster wurden in die Blankverglasung integriert (vgl. z.B. Nr. 70). Einen massiven Eingriff in den Denkmälerbestand des Münsters stellten die Umgestaltungen des 18. und 19. Jahrhunderts dar. Die Auflassung des Münsterfriedhofs 1803 hat mit Sicherheit Verluste unter den außen angebrachten Grabdenkmälern bewirkt. Verluste an älteren Altären sind bereits anlässlich der Umgestaltung des 18. Jahrhunderts zu beklagen. Einen großen Eingriff stellten die Renovierungsmaßnahmen in der Mitte des 19. Jahrhunderts (1847–1852) dar, mit der Einrichtung einer kompletten neugotischen Ausstattung, anlässlich derer die Kirche z.B. auch ihr großes Fastentuch verlor35). Zahlreiche Solnhofer Kalksteinplatten wurden im Zuge der Renovierung des Kirchenbodens von ihren ursprünglichen Standorten abgenommen, zugeschnitten und zur Neupflasterung verwendet (vgl. z.B. Nr. 582). Wandgemälde wurden überstrichen. Auch die Renovierungsmaßnahmen der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, besonders der Austausch von Steinen und Ziegeln an den Außenwänden, führte zum Verlust von Denkmälern, die in Aufnahmen der Inschriftenkommission aus den 60er Jahren teilweise noch dokumentiert sind (vgl. z.B. Nr. 389†).

Ehem. Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt (Harderstraße 2)

1275 stiftete Herzog Ludwig der Strenge (1255–1294) in Ingolstadt den Minoriten ein damals vor der Mauer gelegenes Grundstück und entsprechendes Startkapital zur Errichtung eines Klosters. Die Bauarbeiten an Kirche und Kloster müssen unmittelbar danach begonnen haben, denn 1277 ist als Datum einer Kirchweihe überliefert. Vermutlich handelte es sich um eine Weihe des Altares im fertiggestellten, vielleicht aber nur mit einem Notdach versehenen Chor. Die Ursprungskonzeption, auch eine oder mehrere Planänderung in der Frühphase des Baues wurden immer wieder diskutiert, der tatsächliche Befund könnte aber nur durch eine intensive Bauforschung ermittelt werden, die bis heute nicht vorliegt. Ein zunächst spätromanischer Bau wurde im 14. Jahrhundert wohl mehrfach gotisch überarbeitet. Sicher ist eine Einwölbung der Seitenschiffe um 1500 (Jahreszahl und Stifterwappen in Schlusssteinen). 1534 wurde eine flache Holzdecke eingezogen (vgl. Nr. 147†), unklar bleibt, ob vorher ein offener Dachstuhl zu sehen oder ein Gewölbe eingezogen war. Die Franziskanerkirche und das Kloster waren seit jeher bei den Bürgern der Stadt als Grablege beliebt, bestattet wurde weniger in der Kirche als in den Kreuzgängen des Klosters, in der Kirche wurden wohl vorwiegend vom eigentlichen Bestattungsort unabhängige Wandgrabmäler errichtet. 1609 wurde in der Folge der Beschlüsse des Konzils von Trient der Choraltar ins Langhaus gerückt, daraus resultierte eine Verkürzung des Chores und die Entstehung des Psallierchors. Im 17. Jahrhundert wurden an der Südseite Kapellen angebaut (vgl. Nr. 561). Der Neubau der Klosteranlage im 18. Jahrhundert führte zu großen Veränderungen am Kirchenbau, unter anderem dem Einbau einer Gruft. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges finden sich in der Oberen Franziskanerkirche eine ganze Reihe von Grabinschriften von Ordensangehörigen, die sich nicht mit den Eintragungen im Totenbuch der Bayerischen Franziskaner in Übereinstimmung bringen lassen36). Es muss wohl davon ausgegangen werden, dass das Kloster – wie viele Privatleute in Ingolstadt – Kriegsflüchtlinge aufnahm, im Fall des Franziskanerklosters vermutlich Angehörige anderer Orden. Sie wurden, wenn sie im Franziskanerkloster [Druckseite 17] verstarben, wohl auch dort bestattet und erhielten vermutlich Denkmäler in Form der für die Angehörigen des Klosters üblichen (vgl. z.B. Nr. 534). Am 25. Februar 1802 erließ Kurfürst Max IV. Joseph ein Dekret, das das Aussterben des Franziskaner- und des Augustinerordens anordnete. Das (Obere) Franziskanerkloster in Ingolstadt wurde zum Aussterbekloster der Franziskaner erklärt, ebenso das ehemalige Augustinerkloster. 1827 gestattete König Ludwig I. die Neuaufnahme von Novizen, bestimmte aber gleichzeitig das ehemalige Augustinerkloster zur Niederlassung der Franziskaner (Unteres Franziskanerkloster). Das ehemalige (Obere) Franziskanerkloster wurde 1828 von den Franziskanern geräumt und 1836 an das bayerische Militär abgetreten, gleichzeitig wurden mit den Protestanten Verhandlungen über eine Überlassung der Kirche an die evangelische Gemeinde begonnen und ein Teil des Kircheninventars zum Kauf angeboten. In dem dazu erstellten Inventar ist – neben zwei Glocken – nur das Denkmal Gewold (vgl. Nr. 439) erwähnt, wohl wegen des Materialwertes. Die Umgestaltung zur Nutzung durch die Garnison führte zum Verlust von Teilen der Ausstattung, so der Glocke. 1852 wurde die Kirche zeitweise als Ausweichquartier des zu renovierenden Münsters genutzt, stand dann aber erneut fast 30 Jahre leer. 1885 wurde ein Gutachten zu Umbau- und Renovierungsmaßnahmen erstellt, Hugo Graf, Konservator am Bayerischen Nationalmuseum, war Teil der Gutachterkommission und forderte die Abgabe einiger in der Kirche vorhandener Grabplatten an das Museum. Eine Renovierung der Kirche wurde in den folgenden Jahren vorgenommen, zur Abgabe der Steine an das Nationalmuseum kam es jedoch nicht. Von 1908–1917 kam es zu weiteren Renovierungsmaßnahmen an der Kirche, die mit dem Ende des Ersten Weltkriegs endeten37). Bei dieser Renovierung wurden auch die Epitaphien mit einbezogen, ob die an zahlreichen Epitaphien vorgenommene Farbfassung der Wappen dieser Renovierungsmaßnahme zu verdanken ist, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich. Eine Renovierung des Kirchenäußeren 1997–2000 ging mit dem Verlust einiger Denkmäler im Außenbereich einher.

Spitalkirche Hl. Geist (Spitalstraße 1)38)

Das Spital in Ingolstadt ist eine Gründung Kaiser Ludwigs IV. des Bayern aus dem Jahre 131939). Es war keine Stiftung, die alleine Ingolstädter Bürgern vorbehalten war und diente nicht in erster Regel als Krankenhaus oder Altersheim, sondern als fromme Stiftung für frei geborene Männer und Frauen, die ihr Vermögen zu Gunsten des Spitals aufgaben, um hinfort als Arme Christi in einer spirituellen, festgelegten Regeln folgenden Gemeinschaft zu leben40). Zur Zeit des Baus befand sich das Spital außerhalb des Mauerrings an der Schutter. Bei der statischen Sanierung der Kirche konnten 1978 die Fundamente eines Vorgängerbaus festgestellt werden, vermutlich eines ersten unmittelbar mit der Stiftung Ludwigs des Bayern verbundenen Spitalgebäudes oder der Stiftungskapelle. Das Bestehen einer Spitalkirche ist erst 1390/93 durch die Überlieferung eines Messstipendiums sicher belegt, der Bauverlauf im 14. Jahrhundert ist nicht endgültig geklärt41). 1449 wurde ein kirchenrechtliches Benefizium errichtet, dessen Präsentationsrecht bei der Stadt lag. Bestattungen von Spitalpfarrern in ihrer Kirche sind für das Jahr 1470 (Nr. 34) und 1505 (Nr. 92†), dann erst wieder für das 17. Jahrhundert (Nr. 401†, 495 (†)) belegt. Neben den Priestergrabmälern hat sich nur ein Epitaph für ein Pfründnerehepaar aus dem 17. Jahrhundert (Nr. 448) erhalten. Die Spitalkirche war ursprünglich eine dreischiffige Hallenkirche zu vier Jochen. Wohl in Verbindung mit der Errichtung des Benefiziums wurde sie im 15. Jahrhundert um zwei Joche verlängert. Die Kirche wurde im 16. Jahrhundert vollständig ausgemalt (vgl. Nr. 363, 365, 373). Die Malereien wurden jedoch bereits im Laufe des 17. Jahrhunderts übertüncht und erst 1904–16 wieder freigelegt. In den 1720er Jahren wurde die Kirche mit feinem Bandelwerkstuck versehen. Wohl erst in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts wurden die Stuckspiegel durch Fresken ergänzt. Aus der Barockzeit stammt auch die Kirchenausstattung. Aus dem Bearbeitungszeitraum hat sich an älteren Stücken mit Beschriftung im Stadtmuseum ein Altar erhalten (Nr. 50). Ob die Prozessionsstangen mit Inschriften, die sich heute im Bayerischen Nationalmuseum befinden (Nr. 97), aus der Spitalkirche stammen, wie die ältere Literatur behauptet, ist unsicher.

Kloster St. Johann im Gnadenthal (Harderstraße 5)42)

Ein Kloster wurde 1276 gegründet43). Als Lage des Hauses ist nur bekannt, dass es am Stadtgraben der ältesten Stadtumwallung gelegen war, also offensichtlich bereits an der Stelle des heutigen Klosters lag. Als unsicher muss gelten, ob es sich damals bereits, wie die Klosterchronik des 16. Jahrhunderts behauptet, um Franziskaner-Tertiarinnen handelte, da eine Niederlassung von Franziskanern in Ingolstadt erst 1275 bezeugt ist, wäre die Gründung außerordentlich schnell erfolgt. Es muss als wahrscheinlicher gelten, dass die 1276 belegte Schwesterngemeinschaft der mittelalterlichen Bewegung der Beginen zuzuordnen ist. Im Laufe ihrer frühen Geschichte, sicher jedoch vor der Privilegierung durch Kaiser Ludwig den Bayern 131344) nahm diese Gemeinschaft dann die Regel des Dritten Ordens des Heiligen Franziskus an. Die formale Eingliederung in den Orden erfolgte 1467, bereits 1468 die Übernahme der strengeren Regel der Observanten. 1480 wurde mit dem Bau eines Klosters begonnen, die alten Regelhäuser abgebrochen, 1487 die Kirche errichtet. Ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts ist für das Kloster der Beiname „im Gnadenthal“ belegt. Hufnagel vermutet, dieser Beiname verdanke sich der Einführung der Klausur im Jahre 1489. Im Zusammenhang mit der Einführung der Klausur steht die Einrichtung eines Parlatoriums, dessen Tür für den Besucherzugang heute noch im Kloster erhalten ist (Nr. 76), ebenfalls zur Ausstattung des Klosters gehört ein Sakristeischrank aus dem Jahr 1601 (Nr. 390). 1492 wurde für das Kloster eine eigene Begräbnisstätte errichtet45), von ihr dürften die überlieferten Grabplättchen stammen (vgl. Nr. 143†, 336†).

Kirche St. Sebastian (Sebastiansstraße 27)46)

Die frühe Geschichte der Sebastianskirche liegt weitestgehend im Dunkeln. Zu vermuten ist, dass zumindest der Friedhof bereits vor der Errichtung des zweiten Mauerrings bestand hatte (evtl. eingerichtet im Zuge der Pandemie des 14. Jahrhunderts, auch zu vermuten durch die Wahl des Patroziniums Sebastian, eines der für Altbayern wichtigsten Pestheiligen). Hofmann vermutete eine Errichtung als Gegenstück zur Siechenkapelle Hl. Kreuz mit Friedhof am westlichen Stadtausgang47). 1604 ist eine Erweiterung des Friedhofs belegt. Auf Grund seiner Lage gehörte der Friedhof in die Zuständigkeit der Moritzpfarrei. Dieser Friedhof wäre bei der Stadterweiterung mit in den Mauerring einbezogen worden. Bei einer Errichtung zur Zeit des Baues der Sebastianskirche hätten sicher Gebäude auf dem Friedhofsterrain abgebrochen werden müssen, davon finden sich jedoch keine Spuren. Der genaue Baubeginn der Sebastianskirche ist nicht bekannt. Die Sebastiansbruderschaft, die mit dem Kirchenbau in Verbindung zu bringen ist, gründete sich 1444, der Kirchenbau dürfte jedoch auf Grund des für den Bau überlieferten Ablasses und der im Bau befindlichen Schlusssteine um die Wende zum 16. Jahrhundert zu datieren sein48). Vielleicht steht er im Zusammenhang mit der Epidemie von 149549). Wesentlich an dem Bau beteiligt war neben anderen durch inschriftenlose Schlusssteine belegten Mitgliedern der Ingolstädter Oberschicht der in der Kirche bestattete Jörg Hanenkempel (vgl. Nr. 86). Nach dem Jahr 1634 wurde die Kirche auf Grund eines Gelübdes der Ingolstädter Bürger im Zusammenhang mit der großen Pestwelle des Jahres 1633 um ein Joch erweitert50) und mit einer ersten barocken Ausstattung (vgl. Nr. 538, 584†) versehen. Die barocke Außengestalt erhielt die Kirche um das Jahr 1674. Nach der Säkularisation wurde das Gebäude 1804 von der Sebastiansbruderschaft erworben und 1834 renoviert. Bombeneinschläge machten eine weitere Renovierung nach dem 2. Weltkrieg notwendig. Eine letzte Gesamtrenovierung erfuhr die Kirchen 1986/8951). Wanduntersuchungen ergaben dabei eine weitestgehende Ausmalung von Kirche und Sakristei im 16. Jahrhundert, freigelegt [Druckseite 19] wurde eine Kreuzabnahme von 1547 mit Stifterbild und Stifterinschrift (Nr. 190). Die barocke Altarausstattung trägt Stifterinschriften (Vgl. Nr. 538), die ihre heutigen Gestalt weitestgehend der letzten Renovierung verdanken. In und an der Kirche haben sich 24 beschriftete Grabdenkmäler erhalten, darüber hinaus sind einige wenige kopial überliefert.

Götz führt in seinen „Kleineren Kirchen“ darüber hinaus einige Stücke in St. Sebastian an, die er bereits nicht mehr lesen konnte und für die keine Textüberlieferung vorliegt. Heute noch nachweisbar und sicher zu identifizieren sind in seiner Topographie der Grabsteine die Nummern 3 (Kalksteinplatte eines Priesters), Nr. 10 (Kalksteinplatte mit erloschenem Doppelwappen), Nr. 43 (Renaissanceepitaph), Nr. 56 (Kalkstein). Heute entweder verloren oder so zerstört, dass nicht einmal mehr eine Identifizierung sicher vorgenommen werden kann sind Nr. 41 (Kalksteinplatte 70 cm x 50 cm), Nr. 45 (Epitaph mit Engel als Wappenhalter), Nr. 46 (Kalksteinepitaph mit abgewitterter Darstellung), Nr. 50 (Kalksteinplättchen ), Nr. 59. (Familienepitaph, verwittert).

Stadtbefestigung52)

Ingolstadt erfuhr mehrere Erneuerungen seiner Stadtbefestigung, die einhergingen mit der Entwicklung von Belagerungs- und Befestigungsbaukunst. Von der ältesten Stadtbefestigung hat sich oberirdisch nichts mehr erhalten. Die zweite Stadtfestigung ging mit dem Aufblühen der Stadt und ihrer Erweiterung im 14. Jahrhundert einher. Die zweite Befestigungsphase ist für die Inschriftenkunde von besonderem Interesse, da innerhalb der 70 Jahre, die diese Befestigungserweiterung andauerte, die meisten überlieferten Stadttorinschriften entstanden sind. 1358 wurden unter Ludwig dem Brandenburger erste Pläne zu einer Erweiterung der Feste gefasst. Begonnen wurde der Bau unter Herzog Stefan mit der Hafte (1363–1375). Wo mit dem Neubau angefangen wurde, ist nicht ganz klar. Auf Grund der Bauzeit der Tore nimmt Fuchs53) jedoch an, es sei beim Feldkirchner Tor (Bauinschrift datiert 1368, vgl. Nr. 3) begonnen worden, dann über das Harder Tor (Bauinschrift datiert 1373, vgl. Nr. 4) fortgebaut worden, um sich schließlich dem Kreuztor zuzuwenden (Bauinschrift datiert 1385, vgl. Nr. 6) und den Mauerring unter Ludwig im Barte beim Donautor zu schließen. Hatte sich das älteste Donautor, das sog. Wassertor, auf Grund der zahlreichen Arme, welche die Donau im Ingolstädter Süden bildete, nahe am Ortskern, ungefähr an der Südseite des heutigen Rathausplatzes befunden, so wurde es jetzt nach der Heranleitung des Donauhauptarmes an die Stadt nach Süden, direkt an den Fluss verlegt. Das Tor bestand aus einem Torturm mit Lisenen geschmücktem Staffelgiebel. Es trug eine Bauinschrift, die sich heute im Stadtmuseum befindet (Nr. 18). Möglicherweise wurde an verschiedenen Befestigungsmaßnahmen auch gleichzeitig gearbeitet, so nimmt Fuchs an, dass die Wehrtürme des ersten Bauabschnitts erst errichtet wurden, als bereits am zweiten Befestigungsabschnitt gebaut wurde. Diese Hypothese wird auch durch die zunehmend moderneren Bauformen, wenn man den Wehranlagen heute folgt, bestätigt. Im Zuge des Baues wurde die Größe der Stadtumwallung, wie sie unter Ludwig dem Brandenburger geplant worden war, schrittweise verkleinert. Außerdem verzögerte sich der Baufortschritt, je näher man an den durch die Donau geschützten Bereich herankam. Man hatte sich mit dem Bauvorhaben übernommen. Nach der Landesteilung bauten Stephan der Kneissel und sein Sohn Ludwig im Barte Ingolstadt zur Residenzstadt aus. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde das Schloss erweitert, das alte Feldkirchner Tor in den Schlossbau einbezogen und auf Drängen der Bürgerschaft 1432 ein neues Feldkirchner Tor errichtet (Bauinschrift Nr. 21).

Im Zuge des weiteren Festungsausbaus unter dem Baumeister Solms wurde das mittelalterliche Donautor verstärkt. Es wurde mit Flankierungsbauten, Streichwehren, ausgestattet, die an ihrer Vorderseite runde Ecktürme erhielten, zwischen sie wurde 1542 ein neuer Torbau mit einem dekorativen Renaissanceprogramm an der Donauseite errichtet (vgl. Bauinschrift Nr. 164†). Das Donautor wurde im 19. und 20. Jahrhundert in mehreren Schritten zurückgebaut, zunächst wurden im Jahr 1877 der gotische Torturm und die Streichwehren abgerissen. Das Renaissancetor wurde versetzt und die Schaufassade zur Stadt hin gewendet und dabei leicht verändert. Bei diesen Baumaßnahmen fand sich eine Bleitafel über die Umbaumaßnahmen 1560 (vgl. Nr. 216†). Das Renaissancetor wurde 1910 durchgreifend renoviert. Nach dem 2. Weltkrieg fiel das Renaissancetor dann den Maßnahmen zur Schiffbarmachung der Donau und der dadurch notwendig gewordenen Erhöhung der Donaubrücke zum Opfer und wurde 1949 abgebrochen. Die letzte Nachricht [Druckseite 20] über den Verbleib von Bauplastik und Inschriften vermerkt, dass sie bis zur weiteren Verwendung im Bauhof gelagert wurden54).

Hohe Schule (Goldknopfstraße 7)

Das Gebäude der Hohen Schule wurde als Pfründnerhaus der Stiftung Herzog Ludwigs des Gebarteten erbaut (Dachstuhl dendrochronologisch datiert 1435/36). Bei der Umwidmung zum Hauptgebäude der Hohen Schule erfuhr es ab 1472 erste Umbauten. Von 1503–1800 war der Bau Hauptsitz der Universität, anschließend wurde er als Schulgebäude genutzt und erfuhr 1933 einen historisierenden Umbau. In den 1990er Jahren wurde das Gebäude umfassend saniert. Gegenwärtig erfährt es eine Mischnutzung, hauptsächlich als Bürofläche. Die heute noch im Gebäude vorhandenen Inschriften verdanken sich der Ausmalung des Gebäudes zur Zeit der Hohen Schule. Erhalten ist eine Beischrift zu einem Gemälde des Aesculap, heute im Hauptraum des im Gebäude angesiedelten Gastronomiebetriebes (vgl. Nr. 77). Daneben gab es nach DiB noch eine Darstellung des Barmherzigen Samariters mit Beischriften, die jedoch nicht aufgefunden werden konnte, vielleicht handelt es sich auch um eine Fehlinterpretation des Aesculapgemäldes. Nur mehr kopial überliefert sind die Beschriftungen einer Wandvertäfelung aus der Aula der Theologischen Fakultät (1. Stock, Nordostseite des Gebäudes). Sie beinhaltete Gedenkinschriften für bedeutende Professoren dieser Fakultät. Zum ersten Mal erwähnt sind die Gedenktafeln in Rotmars Almae. Sie müssen also teilweise bereits zu dieser Zeit existiert haben. Rotmar nutzte die Gedenktafeln als Quelle für seine Aufzeichnungen und überliefert wenige Tafeln sowohl in der Universitätschronik als auch in Almae (z.B. Nr. 261). Er erwähnt darüber hinaus Tafeln, deren Texte er nicht wiedergibt (z.B. Annales fol. 93r ein Monument für Thomas Ramelspach). Rotmar spricht von tabulae pictae, also vermutlich Tafelgemälden, die in die Holzvertäfelung des Hörsaals integriert waren. Drei Tafeln werden bereits relativ früh in jesuitischen Geschichtswerken überliefert55). Annähernd vollständig überliefert werden die Inschriften zum ersten Mal in Anhängen des Dekanatsbuches zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Darüber hinaus gibt es eine Abschrift des frühen 18. Jahrhunderts von Josef Anton Oefele (vgl. das Kapitel zur kopialen Überlieferung) und Abschriften in den Universitätsannalen von Mederer. Keine der Überlieferungen bietet alle Inschriftentafeln, teilweise weichen die Texte in Umfang und Inhalt geringfügig, in einem Fall (vgl. Nr. 169†) vollständig voneinander ab. Es ist daher davon auszugehen, dass die Täfelung mehrfach erneuert oder zumindest die Inschriften übergangen wurden. Unklar bleibt, ob die Beschriftungen kontinuierlich – jeweils zum Tod des berühmten Professors – entstanden oder ob jeweils im Zuge von Renovierungen die neuen Professoren ergänzt wurden. Unklar bleibt auch die Gestaltung der Tafeln: handelte es sich um reine Schrifttafeln oder gab es beifügte Portraits oder Wappen (wie zumindest für die Gedenkinschrift für Johannes Permetter (Nr. 91) überliefert wird). Neben den lobenden Gedenkinschriften soll es in der Aula der Fakultät auch negative, sozusagen warnende Inschriften zu Professoren gegeben haben, die vom rechten, katholischen Glauben abgefallen sind (Nr. 122†). Nur ein Text ist hier vollständig überliefert, obwohl wir von mindestens drei Tafeln wissen.

Etting, Pfk. St. Michael (St.-Michael-Str. 2)

Etting ist ein seit der Jungsteinzeit durchgehend besiedelter Ort. Hier wurde das Ingolstädter Bernsteinkollier gefunden. In der Römerzeit befand sich in Etting eine große Villa Rustica. Durch das ganze Frühmittelalter belegen Funde die Siedlungskontinuität. 1305 fällt Etting mit anderen Besitzungen der Grafen von Hirschberg durch Vererbung an das Hochstift Eichstätt, die Grafschaftsrechte jedoch an die Münchner Herzöge. 1472 wurde es Sitz eines Pfleggerichts, ab 1689 Hofmark, ab 1862 ist Etting selbständige Gemeinde des Bezirksamtes, später des Landkreises Ingolstadt. Bei der Gebietsreform 1972/73 wurde es zur Stadt Ingolstadt eingemeindet.

Bei der Kirche in Etting handelt es sich um eine im Kern romanische Chorturmanlage des 12. Jahrhunderts, die 1676–80 und 1712 barock erweitert, teils neu gebaut und überformt wurde. Das heutige Aussehen der Kirche verdankt sich einem Umbau der Jahre 1961–63, ebenso die heutige Anlage des Kirchhofs.

[Druckseite 21]

Die barocke Gestalt der Kirche steht auch im Zusammenhang mit der im 17. und 18. Jahrhundert florierenden Wallfahrt zu den drei elenden Heiligen. Diese Wallfahrt hat sich inschriftlich im Bearbeitungszeitraum noch nicht niedergeschlagen, sondern wird erst in Votivtafeln der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts greifbar56). Die für Etting überlieferten Glocken (Nr. 23, 65) aus dem 15. Jahrhundert müssen – wenn sie ursprünglich für Etting gegossen worden sind – bereits im Vorgänger des in der heutigen Form 1715–20 errichteten Turmaufsatzes ihren Platz gefunden haben. Zwei in Etting im Original erhaltene Priestergrabtafeln (Nr. 404, 490) erhalten das Gedenken an Pfarrer der Gemeinde wach und müssen bei den Umbaumaßnahmen der Barockzeit ebenfalls übernommen worden sein.

Feldkirchen, Fk. St. Maria (Marienplatz 1)

Feldkirchen gehört zu den ältesten Siedlungen innerhalb des Ingolstädter Burgfriedens. Hier kreuzten sich bereits in vorrömischer Zeit stark frequentierte Straßen. Die Marienkirche ist in der Schenkung Ludwigs des Deutschen an Gozbald von Niederaltaich belegt. Sie gehörte zur Pfarrei von St. Moritz. Feldkirchen verlor mit der Stadtwerdung Ingolstadts und der damit verbundenen Verlagerung der Verkehrswege an Bedeutung. 1818 wurde Feldkirchen aus der Stadt exkorporiert und kam zur neu gebildeten politischen Gemeinde Mailing, ab 1862 gehörte Feldkirchen zum Bezirksamt, später Landkreis Ingolstadt, 1971/72 wurde der Ort erneut in die Stadt eingemeindet.

Der heutige Kirchenbau wurde im 15. Jahrhundert über einem vielleicht karolingischen Vorgängerbau errichtet und im 17. und 18. Jahrhundert umgestaltet. Aus der Erbauungszeit stammt das vermutlich von einem Ingolstädter Bürger gestiftete Weihwasserbecken mit fragmentierter Stifterinschrift (Nr. 80). Weitere Inschriften verdankt die Kirche der Bestattung des Studenten Johann Wolfgang Lutz. Lutz wurde Opfer eines Duells57) und durfte daher nicht im Friedhof des Münsters, dem eigentlich für einen Angehörigen der Universität angemessenen Begräbnisort, bestattet werden. In Feldkirchen ließ ihm seine Mutter eine ausführliche Memoria mit Wandgrabmal (Nr. 391), Wappengrabplatte (Nr. 392) und Grabdeckplatte (Nr. 393) errichten.

Gerolfing, Pfk. St. Rupert (Eichenwaldstr. 77)

In Gerolfing finden sich – wie in fast allen Dörfern um Ingolstadt – Belege für Besiedelung schon seit der Jungsteinzeit. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1055. Um 1226 fiel Gerolfing an die Wittelsbacher. Im sogenannten Hausvertrag von Pavia, 1329 wird erstmals eine Burg Gerolfing erwähnt. 1398 ist ein Pfleggericht belegt, das nach dem Landshuter Erbfolgekrieg zu einem Hochgericht wird, das vom Ingolstädter Pfleger mitverwaltet wird58). 1862 wird Gerolfing selbständige Gemeinde, zunächst des Bezirkamts, dann des Landkreises Ingolstadt, bei der Landkreisreform 1971/72 kam Gerolfing zur Stadt Ingolstadt.

Die Kirche, eine neubarocke Anlage aus dem Jahr 1938 enthält Teile der barocken Ausstattung des Vorgängerbaus, direkt daneben steht die Seelenkapelle von 1761, heute als Kapelle des benachbarten Altenheims genutzt. Als Zeugnis der Pfarrgeschichte haben sich in der Kirche und an der Seelenkapelle Epitaph (Nr. 452) und Grabdenkmal (Nr. 453) des Pfarrers von Gerolfing, Kämmerers des Ingolstädter Ruralkapitels und Kanonikers von St. Emmeram in Spalt Johann Neser (†1615) erhalten.

Mühlhausen, Pfk. St. Peter und Paul (Pfarrer-Hartinger-Str. 14)

Mühlhausen lag vermutlich bereits an einer prähistorischen donauparallelen Überlandstraße. Siedlungs- und Gräberfunde finden sich seit der Jungsteinzeit. Eine römische Villa rustica ist südlich der Überlandstraße belegt. 1288 wird der Ort das erste Mal urkundlich erwähnt. Bis zur Säkularisation gehörte er zum Hochstift Eichstätt. Nach der Säkularisation wurde die Gemeinde selbständig und gehörte zunächst zum Bezirksamt, dann zum Landkreis Ingolstadt. 1971/72 wurde Mühlhausen in die Stadt eingemeindet.

[Druckseite 22]

Die im Kern aus dem 13. Jahrhundert stammende Chorturmkirche wurde im frühen 18. Jahrhundert verändert, 1954 durchgreifend renoviert. Die barocken Seitenaltäre (datiert 1625) der Kirche bieten an der jeweiligen Predella Stifterinschriften und Beischriften zu den Darstellungen Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis und Geburt Christi (Nr. 485). Ebenfalls aus dem frühen 17. Jahrhundert stammen drei Grabdenkmäler, zwei für den Mühlhauser Pfarrer Paul Murr (†1607), von denen eines erst 2015 neu aufgefunden wurde, und ein vor allem als früher Beleg für ein Denkmal aus dem bäuerlichen Umfeld interessantes Epitaph für Martin Bonschab und seine Frau (Nr. 478). Ebenfalls neu aufgefunden wurde 2014 eine Wegsäule im Schustergassl aus dem Jahr 1649 (Nr. 589)59).

Oberhaunstadt, Pfk. St. Willibald (Dorfplatz 5)60)

Auf dem seit der Jungsteinzeit besiedelten Areal wird zum ersten Mal 1087 ein Ort erwähnt, Pfarrsitz ist Oberhaunstadt spätestens 1296. 1305 fällt es nach dem Aussterben der Grafen von Hirschberg an das Hochstift Eichstätt, die Grafschaftsrechte an den bayerischen Herzog. 1524 ist erstmals eine Hofmark nachweisbar61). 1693 ging die Hofmark an die Jesuiten, 1783 wurde sie eine Kommende des Malteserordens. 1820 ging die Gerichtsbarkeit an das Landgericht Ingolstadt über. 1862 bildeten Ober- und Unterhaunstadt eine selbständige Gemeinde im Bezirksamt, später dem Landkreis Ingolstadt. Bei der Kreisreform 1971–72 wurde die Gemeinde der Stadt Ingolstadt zugeschlagen.

Die Kirche wurde 1950/51 neu errichtet. Der Vorgängerbau – romanisch, gotisch verändert – wurde in den Neubau einbezogen. Der im Ursprung romanische Turm erhielt im 16. Jahrhundert einen spätgotischem Treppengiebel. Im Turm haben sich zwei Glocken aus dem Bearbeitungszeitraum erhalten (Nr. 140, 213). Auf der jüngeren Glocke (Nr. 213) des Ingolstädter Gießers Caspar Dietrich (vgl. Nr. 356) sind Amtsträger aus Oberhaunstadt genannt. In der heute am Südwestrand des Kirchengebäudes befindlichen gotischen Köllner-Kapelle befinden sich – nur mehr teilweise in situ – die Grabdenkmäler von in Oberhaunstadt ansässigen Hofmarksherren62). Von den Stiftern der Kapelle, der Familie Köllner hat sich nur eine Umschriftplatte mit dem Wappen erhalten, deren Inschrift heute völlig verloren ist. Zu Hofmarksherrenfamilie der Reisacher gehörte wohl der Verstorbene, dessen auf einer Wappengrabplatte von 1485 (Nr. 53) gedacht wird. Reicher durch Denkmäler dokumentiert ist die, mit einer kurzen Unterbrechung 1637, 100 Jahre währende Hofmarksherrschaft der Hegnenberger, von denen sich vier Platten aus dem Bearbeitungszeitraum erhalten haben (Nr. 474, 536, 566, 570).

Pettenhofen, Pfk. St. Maria (Liebfrauenweg 26)

Pettenhofen liegt an der Kreuzung zweier wichtiger Römerstraßen. Es war Ort einer römischen Villa rustica. 1068 wird der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Bis zur Säkularisation gehört er zum Hochstift Eichstätt. Im 19. Jahrhundert selbständige Gemeinde kommt Pettenhofen 1971/72 zu Ingolstadt.

Die zu Ende des 17. Jahrhunderts als barocker Neubau errichtete Pfarrkirche – vom Vorgängerbau hat eine Brandschatzung im Dreißigjährigen Krieg nur das romanische Turmuntergeschoß übrig gelassen – birgt drei Denkmäler, von denen nur eines als für den Bearbeitungszeitraum gesichert gelten kann. Im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ließ der gewesene Bauer Lienhard Briemelt für sich und seine Familie ein Epitaph errichten (Nr. 421). In das Jahr 1608 datiert wurde durch die Kunstdenkmale des Königreiches Bayern das Priestergrabdenkmal des Georg Scheyrl (Nr. 422). Die Jahreszahl ist heute bis auf den Achter zerstört, die Ausführung der Platte in humanistischer Minuskel lässt eine Einordnung in das erste Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts jedoch zweifelhaft erscheinen. Da Georg Scheyrl jedoch nur inschriftlich belegt ist, wird die Platte unter dem von Kdm angegebenen Datum geboten. Ebenfalls nicht sicher zu datieren ist eine als Sakristeistufe [Druckseite 23] verwendete und daher sehr abgetretene Wappengrabplatte, die jedoch jedenfalls ins 17. Jahrhundert einzuordnen ist (Nr. 592).

Unterhaunstadt, Fk. St. Georg (Hauenstattplatz 1)

Zur Ortsgeschichte vgl. Oberhaunstadt.

Die Chorturmkirche ist im Kern romanisch und wurde im 17. und 18. Jahrhundert barock umgestaltet. Im gotischen Chorgewölbe wurden 1960 figurale und ornamentale Malereien aus dem 3. Viertel des 15. Jahrhunderts freigelegt. Das Gewölbe schmücken Evangelistensymbole mit Beischriften (Nr. 44). Der Turm birgt zwei Glocken des 16. Jahrhunderts (Nr. 105, 277), die jüngere davon mit Gießerinschrift des Hildebrandt Weigel. Wohl der ersten Barockisierungsphase des 17. Jahrhunderts verdankt sich der 1625 geschaffene Taufstein mit Jesus- und Marienmonogramm (Nr. 486).

Zitationshinweis:

DI 99, Ingolstadt (Stadt), Einleitung, 2. Historischer Überblick (Christine Steininger), in: inschriften.net,   urn:nbn:de:0238-di099m018e004.

  1. Wichtigste Publikationen für die von uns behandelte Zeit sind die beiden Bände zur Stadtgeschichte Ingolstadts von Siegfried Hofmann, Geschichte I und II, und für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts die Arbeit von Tobias Schönauer, Ingolstadt. Vgl. dort auch zur älteren Literatur. »
  2. Vgl. Schütz, Fundchronik 1990 111f. »
  3. Vgl. Schütz, Urnenfelderzeitliches Gräberfeld, passim. »
  4. Vgl. dazu die Bände zu den Manchinger Grabungsfunden: Die Ausgrabungen in Manching, Wiesbaden 1971. »
  5. Fabricius, M. – Hettner, F. – Sarwey, Otto v. (Hgg.), Der Obergermanisch-Raetische Limes des Roemerreiches. Abteilung B. Band VII (1914) 1ff. Kat.-Nr. 74»
  6. Vgl. Hüssen, Legionslager, passim. »
  7. Vgl. dazu z.B. Gairhos, Späte Merowingerzeit im Ingolstädter Raum. »
  8. Vgl. MGH Capitularia I, Nr. 45»
  9. Vgl dazu Straub, Über Ingoldestat, 143ff. »
  10. Vgl. dazu Wolf, Archäologie einer Herzogsstadt, passim. »
  11. Vgl. dazu Bayern-Ingolstadt – Bayern-Landshut, passim. »
  12. Vgl. Hofmann, Geschichte II, 256–264. »
  13. Die Szepter der Ludwig-Maximilians-Universität, die sich bis auf die Ingolstädter Universität zurückführen ließen, sind im 2. Weltkrieg untergegangen. Die heute vorliegenden Szepter sind Nachschöpfungen, die auf wenigen inschriftenlosen Originalteilen beruhen. Vgl. dazu Kapitel Nicht aufgenommene Inschriften 54. »
  14. Vgl. auch Reitzenstein, Alte bayerische Stadt 8. »
  15. Vgl. dazu auch Hofmann, Geschichte II, 665–690. »
  16. Zu Ingolstadt im Dreißigjährigen Krieg vgl. Schönauer, Ingolstadt passim, zur Flüchtlingsproblematik besonders 107–112. »
  17. Vgl. Dem Donautor zur letzten Ehre, passim. »
  18. Zur Geschichte der Moritzkirche vgl. Götz, St. Moritz, passim und Götz, Urkunden St. Moritz, passim, zur Literatur vgl. auch DiB I.1 (Ingolstadt) 767f. »
  19. Vgl. z.B. die von David Thomas Popp aufgenommenen Platten. Popp erfasste ca. 1820 acht Grabplatten und sechs Grabtafeln, die zwischen Moritzkirche und Pfarrhaus wohl als Weg verlegt waren. In einer beigefügten Skizze dokumentierte er die Anordnung, demzufolge waren erst vom Kirchentor weg die Grabplatten, die Längsseiten aneinander, dann als schmaler werdender Weg die Grabtafeln verlegt. Sie stammten vermutlich wenigstens Teilweise aus dem aufgelassenen Moritzfriedhof. Einige Platten waren völlig abgetreten, so dass Popp keinen Text mehr lesen konnte. Inschriften aus dem Bearbeitungszeitraum konnten aus seinen Aufzeichnungen entnommen werden (vgl. Nr. 12†, 59†, 138†, 152†, 211†), vgl. auch Kapitel 3. Nichtoriginale Überlieferung zum Manuskript Popp.  »
  20. Zur Kirche vgl. zuletzt umfassend Brandl, Liebfrauenmünster, dort auch die ältere Literatur. »
  21. Vgl. die Urkunde Herzog Stephan III. des Kneißl vom 5. Januar 1407. Die Frage, ob es sich beim Liebfrauenmünster ursprünglich um eine Pfarrkirche oder eine Herzogskirche handelt, ist nicht letztgültig geklärt. Vgl. Schönewald in Brandl, Liebfrauenmünster 49f. »
  22. Vgl. dazu Brandl, Liebfrauenmünster 42f. »
  23. Das Patronatsrecht für die erste Pfarrei, St. Moritz, lag bei Abt und Konvent des Benediktinerklosters Niederaltaich (Lkr. Deggendorf/NB.). Zur Gründungsurkunde der zweiten Pfarrei vgl. Monumenta Boica 15, 81f. Nr. LVIII. »
  24. Zu dem komplizierten Stiftungssystem vgl. Hausfelder in Brandl, Liebfrauenmünster 33–43. Zu den möglichen Auswirkungen auf den Bau vgl. Hemmeter in Brandl, Liebfrauenmünster 122f. »
  25. Hofmann, Geschichte I, 695f.; Hemmeter in Brandl, Liebfrauenmünster 130. »
  26. Zu Stephan Rottaler vgl. Liedke, Rottaler, zum Münster 35–48. »
  27. Vgl. Flachenecker in Brandl, Liebfrauenmünster 61f. »
  28. Vgl. Prantl, Geschichte 2, 56. Z.B. wurden Johannes Permetter (vgl. Nr. 87), dem ersten Promovenden der Theologie, Professor und Münsterpfarrer die Doktorinsignien im Münster übergeben vgl. Hofmann, Geschichte I, 754. »
  29. Der berühmteste unter diesen Pfarrern und Professoren war wohl Dr. Johannes Eck, der Gegenspieler Luthers (vgl. Nr. 168). Er verfasste auch ein Pfarrbuch, das über das liturgische Leben am Ingolstädter Liebfrauenmünster in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts detailliert Auskunft gibt, vgl. Greving, Johann Ecks Pfarrbuch, passim. »
  30. Zur Ausstattung der Kirche vgl. Grimminger in Brandl, Liebfrauenmünster 187–219. »
  31. Zur Liste von ca. 1630 vgl. o. N. (Ostermair), Zur Geschichte 294–301.  »
  32. Vgl. dazu Hofmann in Brandl, Liebfrauenmünster 28–31. »
  33. Vgl. dazu Hofmann, Templum Academicum 147f. »
  34. Vgl. Grimminger in Brandl, Liebfrauenmünster 192 m. Anm. 46. »
  35. Vgl. Lins, Totenbuch, passim. »
  36. Zur Geschichte der Kirche im 19. Jh. vgl. Hausfelder, Franziskanerkirche, passim, vgl. auch https://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/reload_frameset.cfm?url=http%3A//www.ingolstadt.de/stadtmuseum/documents/zeitgeschichte_ab_1800_mi.htm (aufgesucht am 02.08.16). »
  37. Zur Geschichte der Spitalkirche vgl. Spiegel, Spitalkirche, passim. »
  38. Zur Geschichte des Spitals vgl. Rieder, Geschichte, passim. »
  39. Vgl. Hofmann, Regeln 343. »
  40. Zur Baugeschichte vgl. DIB I,1 (Ingolstadt) 440f. »
  41. Für den Zugang zu den Klosterräumen und zahlreiche Hilfen bei der Erfassung der Inschriften sei Regionaloberin Sr. Edith Heubl herzlich gedankt. »
  42. Zu St. Johann im Gnadenthal vgl. Hufnagel, Ingolstadt-St.Johannes-Gnadenthal, 229–340. »
  43. Vgl. den Abdruck bei Ostermair, Urkunden 84. »
  44. Vgl. Buchner, Bistum Eichstätt 603. »
  45. Vgl Zur Geschichte der Sebastianskirche Hofmann, Ausstattung und Hofmann, Sebastianskirche.  »
  46. Vgl. Hofmann, Sebastianskirche, mit dem Hinweis, dass es sich um Spekulation handelt. »
  47. Vgl. Kuhn, Erbauungszeit, passim. »
  48. Vgl. Mederer, Annales I, 44f. »
  49. Vgl. Hofmann, Sebastianskirche mit Abdruck des Gelübdes. »
  50. Vgl. Sanierung der Sebastianskirche, passim. »
  51. Kleemann, Geschichte der Festung; Fuchs, Die Befestigung Ingolstadts; Dem Donautor; Becker Frank, Die Bauwerke in: DiB I,1 (Ingolstadt) LXXXIV-CI. »
  52. Fuchs, Befestigung 8. »
  53. Vgl. Dem Donauthor zur letzten Ehre. Heute werden Teile der Bauplastik vor dem Stadtmuseum präsentiert. »
  54. Vgl. nur Nr. 206†, 312†, 324† bei Ribadeneira, Illustrium und Alegambe, Bibliotheca. »
  55. Vgl. z.B. die Abbildung in DiB I.1 (Ingolstadt) 517. »
  56. Zu den Umständen vgl. Westerholz, Lutz-Brüder, passim. »
  57. Vgl. HAB Altbayern I, 46 (Ingolstadt) 121 ff. »
  58. Die Neufunde verdanken sich dem Engagement des Mühlhauser Bürgers und Heimathistorikers Martin Liebold, dem an dieser Stelle für seine Hilfe und seine Hinweise ausdrücklich gedankt sei. »
  59. Zu Oberhaunstadt vgl. ausführlich Ernst, Heimatbuch Oberhaunstadt, passim. »
  60. Vgl. HAB Altbayern I, 46 (Ingolstadt) 206f. »
  61. Vgl. HAB Altbayern I, 46 (Ingolstadt) 206f. »