Die Inschriften des Hohenlohekreises

4. Die Inschriftenträger

4.1. Inschriften des Totengedenkens

Von den im vorliegenden Band erfaßten Inschriften machen die Inschriften des Totengedenkens – Sterbevermerke und Grabbezeugungen – mit einer Gesamtzahl von 423 fast die Hälfte (47%) aus. 356 der Inschriftenträger sind ganz oder zumindest teilweise erhalten. Die äußere Erscheinungsform dieser Grabmäler soll zunächst in den Blick genommen werden, Beobachtungen zum Formular schließen sich an.

4.1.1. Die äußere Gestaltung der Grabmäler

Das älteste inschriftlich bezeichnete Grabmal des Bearbeitungsgebiets ist der Adelheid-Sarkophag von 1241 in der Öhringer Stiftskirche (nr. 1). Das kastenförmige Stiftergrabmal ohne jeden figürlichen Schmuck trägt auf der Deckplatte zwei Inschriften: oben auf dem erhabenen Rahmen umlaufend den Sterbevermerk, auf den Seitenflächen umlaufend eine Translationsnotiz. Das Hochgrab als Grabmaltyp [Druckseite 36] für vornehme und hochgestellte Personen bleibt im Kreisgebiet auch in den folgenden Jahrhunderten in Gebrauch. Von dem Schöntaler Grabmal Albrechts von Hohenlohe von 1338 (nr. 11) ist nur mehr die Deckplatte vorhanden, sie zeigt den voll gerüsteten Ritter in hohem Relief als Liegefigur. Die nicht erhaltene Inschrift war vermutlich am schrägen Rand umlaufend eingehauen. Auch von dem 1414 geschaffenen Stiftergrabmal für Wolfram von Bebenburg (nr. 33) ist nur noch die figürliche Deckplatte erhalten, die den Verstorbenen in Konversenhabit als Liegefigur darstellt. Das Kirchenmodell in Händen kennzeichnet ihn als Stifter. Die Inschrift ist umlaufend eingehauen.

Einziger Schmuck eines Öhringer Sarkophags aus dem siebten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts (nr. 75), der als anonyme Sammelbestattung dient, sind die auf der Deckplatte in eingetieftem Feld zeilenweise in drei Schriftblöcken eingehauenen Grabbezeugungen. Wesentlich aufwendiger mit Wappenschmuck, Engels- und Ritterfigürchen am Unterbau versehen ist die Doppeltumba für Angehörige des Hauses Hohenlohe und für die Grafen Eberhard und Siegfried aus dem frühen 16. Jahrhundert (nr. 140). Die beiden Deckplatten sind freilich wiederum sehr schlicht und tragen lediglich jeweils zwischen Ritzlinien eine Umschrift, die sich im Binnenfeld fortsetzt. Für den Grafen Friedrich von Hohenlohe († 1590) wurde ein Tischgrabmal mit vollplastischer Liegefigur geschaffen (vgl. nr. 448), das allerdings keine Inschrift (mehr?) aufweist. Etwa 20 Jahre später entstand der kleine Sarkophag für einen jung verstorbenen Erbacher Grafen (nr. 635), ebenfalls mit Liegefigur auf der Deckplatte, umgeben von vier wappenhaltenden Putti. Die Inschriften sind hier auf zwei Kartuschen an den Längsseiten des Kastens angebracht. Eine monumentale Tumba für den Grafen Philipp von Hohenlohe und seine Frau Maria von Oranien wurde 1612 im Langhaus der Öhringer Stiftskirche aufgestellt. Das Grabmal mit lebensgroßen Liegefiguren des gräflichen Paares erhielt offenbar keine Grabinschrift, dafür waren fünf seitlich am Kasten angebrachte Schlachtenreliefs mit ausführlichen – allerdings nicht überlieferten – Bildbeischriften versehen79). Schließlich sind die 1641 geschaffenen Tischgrabmäler in der hohenlohischen Gruft der Neuensteiner Kirche zu nennen, unter denen die Särge des Grafen Kraft VII. und seiner Gemahlin Aufstellung fanden. Die Deckplatten tragen gegossene Metallauflagen mit Wappenschmuck und Schriftkartuschen (nrr. 857, 859).

Bei den ältesten erhaltenen inschriftlich bezeichneten Grabplatten80) im Kreisgebiet handelt es sich durchweg um Grabmäler des niederen Adels. Die früheste, in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandene (nr. 2) ist im oberen Viertel zeilenweise beschriftet, darunter ist ein großer Wappenschild in Flachrelief ausgehauen. Für eine verlorene Grabplatte aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts ist dann erstmals bezeugt, daß die Inschrift am Rand entlang umlaufend eingehauen war (nr. 9). Der Stein war ansonsten schmucklos. Die am Rand, meist zwischen zwei rahmenden Ritzlinien, umlaufende Inschrift bestimmt auch die Gestaltung der Grabplatten des 15. Jahrhunderts – die Serie der erhaltenen Platten setzt erst wieder 1422 ein (nr. 39) – und bleibt fortan bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts die Regel. Der niedere Adel bevorzugte die Darstellung des reliefierten Vollwappens im Feld, die Beschränkung auf den Schild allein bleibt die Ausnahme (nr. 63). Die um 1470–80 neu angefertigte Grabplatte für den 1338 verstorbenen Albrecht von Hohenlohe (nr. 89) zeigt mit den beiden im Feld übereinander angeordneten Wappenschilden des Verstorbenen und seiner Frau eine für das 15. Jahrhundert ungewöhnliche Gestaltung. Möglicherweise wurde dieses Schema von der ursprünglichen Grabplatte des 14. Jahrhunderts übernommen.

Figürliche Darstellungen der Verstorbenen finden sich – in Ritzzeichnung – erstmals 1434 auf der Doppelgrabplatte eines Ehepaars (nr. 45), danach ab 1488 – jetzt durchweg in Relief – ausschließlich auf Grabplatten für adelige Frauen (nrr. 102, 146, 236, 243). Heraldische Ahnenproben bleiben auf den Grabplatten des Niederadels im Kreisgebiet bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts bemerkenswert selten (Erstbeleg 1438: nr. 46).

Die Serie der noch vorhandenen Schöntaler Abtsgrabplatten beginnt erst 1465 (nr. 67). Zwei verschiedene Typen lassen sich unterscheiden: Im letzten Drittel des 15. und im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts herrscht der Typ vor, bei dem der Bildschmuck aus einem senkrecht gestellten Abtsstab besteht, der von einem aus dem linken oder rechten Rand hervorkommenden Arm gehalten wird (nrr. 71, 90, 91, 181, 196). Mitra und Wappenschild (Zisterzienserordenswappen oder persönliches Wappen des Abts) können hinzukommen. Der zweite Typ, der bereits im frühesten Beispiel von 1465 umgesetzt ist, zeigt die in Flachrelief ausgearbeitete Figur des Abts mit Mitra und Abtsstab. Dieser Typus wird ab 1535 vorherrschend und wird bis ins 17. Jahrhundert beibehalten. Die Beigabe eines oder zweier Wappenschilde wird zur Regel. Die übrigen mittelalterlichen Grabplatten für Kleriker bieten ein sehr uneinheitliches Bild. Die älteste erhaltene Grabplatte für einen Öhringer [Druckseite 37] Chorherrn von 1487 (nr. 100) trägt Metallauflagen: einen Schriftrahmen mit Sterbevermerk, vier Rundmedaillons in den Ecken mit Darstellung der Evangelistensymbole sowie im Feld einen Kelch als Symbol des Priesteramts und einen Wappenschild. Die späteren Chorherrengrabmäler sind – wie auch die der übrigen Priester – schlichte Wappengrabplatten mit Umschrift (nrr. 221, 251; 192, 227), die letzte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts weist dann in der oberen Hälfte eine zeilenweise beschriftete Tafel auf, in der unteren ein großformatiges, von zwei Wappen flankiertes Christogramm, das zugleich als Nameninitialen des Verstorbenen gelesen werden kann (nr. 286).

Für die Grabplatten der Grafen von Hohenlohe, ihrer Frauen und ihrer hochadeligen Verwandtschaft bildete sich im 16. Jahrhundert ein einheitliches Schema heraus, das auf insgesamt zehn zwischen 1503 und 1570 entstandenen Grabmälern umgesetzt ist: Alle Platten sind mit Metallauflagen versehen, die aus einer Rahmenleiste mit Inschrift und aus einem zentralen, von vier Ahnenwappen umgebenen Vollwappen bestehen (nrr. 147, 154, 208, 270, 271, 279, 320, 325, 339, 340).

Die früheste Grabplatte für eine Bürgerliche datiert erst aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert (nr. 116). Sie zeigt im Feld einen Wappenschild und darüber ein verschlungenes Schriftband mit lateinischem Gebet, während der deutschsprachige Sterbevermerk auf dem Rand umläuft. Die Umschrift zwischen Ritzlinien bestimmt die Gestaltung der Grabplatten von Bürgerlichen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Das Mittelfeld kann leer bleiben (nrr. 177, 188) oder ein oder zwei Wappenschilde, einmal auch ein Handwerkszeichen (nr. 178), aufnehmen. Etwas aufwendiger ausstaffiert ist lediglich die Grabplatte des vermögenden Öhringer Buchhändlers und Verlegers Rynmann, bei der das Wappen als Vollwappen innerhalb eines Vierpasses ausgeführt und in Metall gegossen ist (nr. 214).

Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wandelt sich das Bild der Grabplatten schlagartig grundlegend. Waren bislang die Platten mit Umschrift auf der Rahmenleiste und unterschiedlich gestaltetem Binnenfeld die ausnahmslose Regel, so dominieren seither Platten mit zeilenweise eingehauenen Inschriften. Zunächst sind die Inschriften zumeist in eigenen Schrifttafeln oder ‑ feldern untergebracht, die je nach Umfang der Texte ein Viertel bis drei Viertel des gesamten Raums einnehmen. Die übrige Fläche darüber oder darunter wird ganz überwiegend mit Wappendarstellungen gefüllt, die häufig in Rundbogenfelder oder in ovale Medaillons eingefügt sind. Zwar beschränken sich die Bürgerlichen nach wie vor meistens auf den Gebrauch bloßer Wappenschilde, doch kommen jetzt ab 1556 auch durchaus vermehrt Vollwappen vor. Bei Grabplatten des niederen Adels sind die Vollwappen mitunter, jedoch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts weiterhin nur selten, von heraldischen Vierahnenproben umgeben (nrr. 322, 417, 507). Ohne Rahmung als freier Schriftblock eingehauene Inschriften, allein (nr. 344) oder kombiniert mit Wappen (nrr. 311, 321, 389, 412, 413, 419) begegnen vereinzelt ab 1564, bleiben aber die Ausnahme.

Figürliche Darstellungen finden sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts abgesehen von den Schöntaler Abtsgrabplatten nur dreimal: für eine Adelige im traditionellen Schema mit Vierahnenprobe und auf dem Rand umlaufender Inschrift (nr. 384), für einen Öhringer Bürgermeister in der für Grabplatten ungewöhnlichen Darstellung als nach linkshin kniender Beter (nr. 287, mit Sterbevermerk in einer Schrifttafel über dem Bildrelief und mit Gottesanrufung in einem Spruchband zu Häupten) sowie für drei früh verstorbene Kinder eines gräflich hohenlohischen Kanzleibeamten mit origineller Darstellung der drei betenden, in Hemdchen gekleideten Kleinkinder (nr. 300).

Das ausführlicher werdende Formular der Sterbevermerke (vgl. Kap. 4.1.2.) sowie zusätzliche Inschriften – vorweg als Trostsprüche und Leichtexte verwendete Bibelzitate, aber auch zum Teil sehr umfangreiche Grabgedichte – erfordern gegen Ende des 16. Jahrhunderts zunehmend die Verteilung der Schrift auf mehrere Schriftfelder. Entweder wurden zwei Schriftblöcke oder ‑ felder ober- und untehalb der zentralen Wappendarstellung plaziert oder man griff auf die am Rand umlaufende Umschrift zurück, was dann im 17. Jahrhundert fast zur Regel wurde: Zumeist setzte man den Sterbevermerk auf den Rahmen, während Bibelsprüche und Versinschriften im Feld untergebracht wurden, fast durchweg kombiniert mit heraldischem Schmuck. Ausschließlich mit Schrift versehene Grabplatten ohne jeden Bildschmuck bleiben selten (nrr. 457, 590, 641, 598?).

Die Grabplatten der regierenden Grafen von Hohenlohe und ihrer Frauen erhielten bis ins erste Viertel des 17. Jahrhunderts weiterhin gegossene Metallauflagen, und die Sterbevermerke wurden nach wie vor auf der Rahmenleiste umlaufend plaziert (nr. 613). Für Bibelsprüche wurden nun aber fast immer zusätzlich zu den Vollwappen und der Vierahnenprobe eine oder zwei Schrifttafeln im Binnenfeld angebracht (nrr. 448, 477, 502, 714). Die Grabplatten für Kinder des gräflichen Hauses erhielten hingegen keine Metallauflagen. Ihre weitgehend uniforme Gestaltung in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sah einen zwischen Rahmenleisten umlaufenden Sterbevermerk vor sowie im Feld das elterliche Eheallianzwappen im Rundmedaillon und eine Schriftkartusche mit Bibelzitat (nrr. 727, 785, 787, 810, 888), umgekehrt konnte aber auch der Bibelspruch als Umschrift und der Sterbevermerk im Feld erscheinen (nr. 890). Einzig eine Grabplatte von 1620 mit Darstellung des auf [Druckseite 38] einem Kissen ruhenden Kleinkinds, umgeben von einer Vierahnenprobe und mit darunter angebrachter Kartusche mit Bibelzitat weicht von diesem Einheitsschema ab (nr. 702). Die letzte im Berichtszeitraum entstandene Grabplatte eines regierenden Grafen weist keine Metallauflagen mehr auf. Das heraldische Element ist erweitert zu einer Achtahnenprobe, und drei Putti bilden den weiteren Bildschmuck (nr. 882).

Die Grabplatten des ritterschaftlichen Adels zeigen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast durchweg eine Vierahnenprobe81). Auf den Grabplatten der Bürgerlichen überwiegt dagegen die Schrift zuletzt ganz deutlich gegenüber dem heraldischen Zierat. Figürliche Darstellungen der Verstorbenen kommen hier ausschließlich bei Grabplatten für Kinder vor (nrr. 704, 752, 767, 832). Metallauflagen auf Grabplatten für Bürgerliche sind aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vereinzelt überliefert, es handelt sich dabei entweder lediglich um Schrifttafeln mit Sterbevermerk (nrr. 871, 875) oder um aufwendigere Tafeln mit zusätzlichem Wappenschmuck (nr. 676).

Anders als Grabplatten sind Epitaphien Denkmäler der Totenmemoria, die auch ohne direkte räumliche Verbindung mit der Grabstelle errichtet werden können. Ganz überwiegend handelt es sich um senkrecht an einer Wand angebrachte stehende oder hängende Denkmäler. Da das Epitaph nicht der Abdeckung des Grabes dient, kann es auch aus anderen Materialien als Stein gefertigt sein und beliebige Größe, Umriß und Gestaltung aufweisen. Das älteste erhaltene Epitaph im Bearbeitungsgebiet, das des 1377 verstorbenen Beringer von Berlichingen in Kloster Schöntal (nr. 22), nimmt zwar die hochrechteckige Umrißform und das Format der Grabplatten auf, der vorspringende, als Erdscholle gestaltete Standsockel und die vollplastische, auf einem Löwen stehende Figur des Ritters zeigen aber deutlich die Konzeption als aufrecht stehendes Wandgrabmal. Die Inschrift läuft nur dreiseitig an den Längsseiten und oben um. Die voll gerüstete Ritterfigur hielt ursprünglich wohl eine Fahnenlanze in der rechten Hand, der Kübelhelm mit über den oberen Plattenrand hinausragender Helmzier ist neben der linken Schulter der Figur dargestellt, der Wappenschild in der rechten unteren Ecke. Diese Konzeption wird im wesentlichen von vier weiteren Berlichingen-Epitaphien aus dem ausgehenden 14. (nrr. 23, 24) und aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (nrr. 49, 50) aufgegriffen, bei denen der Wappenschild allerdings in die linke obere Ecke versetzt wird. Bei den beiden älteren Epitaphien spart die Umschrift die Kopfleiste aus und läuft stattdessen auch auf der Fußleiste um. Der Mangel, daß die Inschrift dadurch auf dem Kopf zu stehen kommt, wurde bei den beiden jüngeren Grabmälern wieder behoben. Hier sind nur noch die – leicht nach außen hin abgeschrägten – Randleisten der Längsseiten beschriftet. Bemerkenswert ist, daß bei diesen frühesten Epitaphien des Kreisgebiets sowohl die Position des Inschriftbeginns als auch Verlauf und Richtung der Umschrift variieren. Nach dem gleichen Schema wie die frühen Berlichingen-Epitaphien, aber aufwendiger mit zusätzlichem maßwerkverzierten Baldachin und vier weiteren Wappenschilden, präsentiert sich das Epitaph des Simon von Stetten von 1470 (nr. 72).

Auch die Berlichingen-Grabmäler des ausgehenden 15. Jahrhunderts und aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts folgen weiterhin diesem Muster – gelegentlich mit Flachbogenbaldachin (nrr. 93, 98), bisweilen auch mit einem hohen, rundbogigen Aufsatz, der das Vollwappen aufnimmt (nrr. 119, 126) und auf dem auch die Umschrift weitergeführt sein kann (nr. 245). Vierahnenproben werden bei den Epitaphien des Niederadels jetzt zur Regel.

Eine Besonderheit stellt das Epitaph des Sigmund von Stetten von 1508 (nr. 163) dar, insofern als der Verstorbene in Pilgertracht und mit Pilgerstab auf einer Konsole stehend abgebildet ist. Die Inschrift läuft allseitig um, die Ecken der Platte sind schräg beschnitten. Formal gleich ist das in derselben Werkstatt geschaffene älteste im Kreisgebiet überlieferte Epitaph einer weiblichen Angehörigen des Niederadels von 1507 (nr. 161). Die in ein langes Gewand gekleidete Verstorbene hält einen Rosenkranz in Händen. Etwas früher entstanden ist das Doppelepitaph für Philipp von Weinsberg und seine Frau (nr. 153), auf dem beide Eheleute einander zugewandt auf Löwe bzw. Hund stehend abgebildet und mit je vier Ahnenwappen bezeichnet sind. Die Sterbevermerke sollten auf Schrifttafeln zu Häupten eingetragen werden, wurden aber nicht ausgeführt.

Finden sich bisher also ausschließlich Epitaphien des Niederadels mit Standfiguren der Verstorbenen, so ändert sich das Bild im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts. Das Grabmal der Agnes von Rosenberg von 1523 (nr. 213) zeigt erstmals die Verstorbene im Gebet kniend im Profil dargestellt, die Umschrift läuft dreiseitig um unter Aussparung der Fußleiste. Das Motiv des knienden Beters wird bald auch für männliche Angehörige des Niederadels und für Ehepaare verwendet, wobei häufig der Kruzifixus als Objekt der Anbetung mit ins Bild besetzt wird (nrr. 235, 253, 278, 299, 301, [Druckseite 39] 332). Die Inschrift wird jetzt fast ausschließlich nicht mehr umlaufend (Ausnahmen: nrr. 361, 450) sondern zeilenweise über oder unter dem Bildfeld angebracht, und das Epitaph kann die Gestalt einer Ädikula – teilweise in reduzierter Form – annehmen. Zusätzliche Schrifttafeln können Bibelzitate und Sprüche aufnehmen (nr. 299). In drei Fällen ist auf jede Rahmung verzichtet. Diese drei ungewöhnlich hohen und schmalen, oben rundbogig abgeschlossenen Platten sind nach einheitlichem Muster gestaltet, bei dem die Figur des Verstorbenen auf einem Hund oder einem Helm kniet (nrr. 332, 361, 374); die Inschrift befindet sich im Sockel oder läuft um.

Bevor die weitere Entwicklung der Epitaphien im 16. Jahrhundert verfolgt wird, sei noch auf zwei Sonderfälle hingewiesen: Ganz nach dem Schema von Umschrift-Grabplatten angelegt sind drei Epitaphien in Waldenburg aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts für Angehörige des Hauses Hohenlohe (nrr. 78, 79, 82). Die Umschriften sind aus Platzgründen im Binnenfeld fortgesetzt, und auf zwei der Platten sind dort metallene Wappenschilde mit Beischriften aufgenietet. Die Inschriften gedenken der vorübergehenden Aufbahrung der Toten an diesem Ort, während die Bestattung dann an anderem Ort erfolgte. Ebenfalls eher Denkmalcharakter hat der stelenartige Gedenkstein für den 1538 ermordeten Hans von Aschhausen (nr. 234), auf dessen Vorderseite oben in einem Bildrelief die Mordtat illustriert wird und der Sterbevermerk darunter zeilenweise eingehauen ist.

Epitaphien für Bürgerliche sind erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten. Es handelt sich dabei zunächst entweder um ädikulaähnliche Formen mit deutlich unterlebensgroßer Wiedergabe der vor dem Kruzifixus in Anbetung knienden Verstorbenen (nrr. 306, 318, 375, 416, 424, 426, 523; auch für Ehepaare: nrr. 390, 434; für Kinder: nr. 458), mit zeilenweise eingehauener Inschrift und einem oder zwei Wappen oder um schlichte hochrechteckige Platten, deren einzigen Schmuck außer den – mitunter sehr umfangreichen – zeilenweise angeordneten Inschriften Eheallianzwappen oder Einzelwappen bilden. Epitaphien, deren Bildschmuck auf die heraldischen Elemente reduziert ist, begegnen ab der Jahrhundertmitte auch gelegentlich bei Angehörigen des Niederadels (nrr. 330, 373, 388, 418).

Die Grabmäler mit lebensgroßer Standfigur des gerüsteten Ritters – zuletzt in Ädikularahmung und mit Achtahnenprobe – verschwinden nach 1573 (nrr. 304, 358). Der Typ des knienden Beters ist für die Epitaphien des Niederadels, vorweg für Ehepaare, fortan vorherrschend. Die Grabmäler können bisweilen monumentale Ausmaße erlangen und reichen Wappenschmuck aufweisen (nrr. 324, 391, 407, 433, 440). Auf einem Berlichingen-Epitaph von 1588 in Neunstetten (nr. 433) ist der Verstorbene mit beiden Ehefrauen und allen Kindern dargestellt, drei 16-Ahnenproben und zwei Bildreliefs mit Bibelszenen komplettieren den bildlichen Schmuck. Eine weitere Steigerung ins Monumentale erfährt dieser Grabmaltyp in den fast die gesamte Höhe des Chors einnehmenden Grabdenkmälern der Grafen von Hohenlohe in der Öhringer Stiftskirche aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und dem frühen 17. Jahrhundert (nrr. 345, 357, 579).

Ein inhomogenes Bild bieten die Epitaphien der evangelischen Pfarrer in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die beiden frühesten von 1553 und 1575 (nrr. 276, 365) haben Grabplattenformat, und der Sterbevermerk ist jeweils auf dem Rand umlaufend eingehauen. In einem Fall wird das Binnenfeld mit einem Wappen und zeilenweise eingehauenen Sprüchen ausgefüllt, auf dem zweiten Grabmal ist das Binnenfeld zweigeteilt in ein Bildrelief mit origineller Darstellung des predigenden Pfarrers im Kirchenraum und mit einem Schriftfeld mit lateinischer Totenklage. Daneben kommt auch der Typ des Grabmals mit vor dem Gekreuzigten kniendem Beter vor (nr. 370).

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts kommen bemerkenswerterweise figürliche Epitaphien beim Niederadel fast völlig außer Gebrauch. Einziger Schmuck der jetzt meist sehr schlichten Adelsgrabmäler sind Inschriften und Wappen (nrr. 600, 602, 625, 686, 839). Als Ausnahme ist lediglich das Epitaph von 1649 für einen hohen Neuensteiner Hofbeamten und seine Frau anzuführen (nr. 885), auf dem das Ehepaar als kleinformatige kniende Figuren in der Sockelzone Platz findet. Hauptelement dieses Grabmals ist das zentrale Bildrelief mit Schilderung einer biblischen Szene. Bei Bürgerlichen bleibt dagegen neben den nur mit Wappen verzierten Grabmälern das Epitaph mit den kleinformatig wiedergegebenen in Anbetung knienden Verstorbenen vor dem Kruzifixus eine der bevorzugten Gestaltungsformen, auch bei Epitaphien für Kinder (nrr. 628, 744, 840).

Ein für das Bearbeitungsgebiet neuer Grabmaltyp begegnet 1601 in dem Epitaph für den gräflich hohenlohischen Kanzler Micyllus (nr. 558): In der von einem Wappenmedaillon bekrönten Ädikula ist zentral das Brustbild des Verstorbenen in hohem Relief in einem ovalen Bildfeld angebracht, der Sterbevermerk steht zeilenweise im Sockel. Die Darstellung des Verstorbenen in Halbfigur geht in ihren Ursprüngen auf die Grabstelen des römischen Altertums zurück und wurde seit dem frühen 16. Jahrhundert in deutschen und österreichischen Humanistenkreisen für zeitgenössische Epitaphien adaptiert. Seither war dieser Typus vor allem für Gelehrtengrabmäler beliebt. Eine hochrechteckige Platte mit Brustbild erhielt auch ein 1612 verstorbener hohenlohischer Vogt, dessen in seinem [Druckseite 40] Sterbevermerk vorweg in seiner Eigenschaft als Teilnehmer an den Türkenkriegen gedacht wird und der dementsprechend auch in Rüstung als Offizier dargestellt ist. Die Schrifttafel nimmt mehr als die Hälfte der Platte ein. Ebenfalls Grabplattenformat hat das Epitaph für die Frau und die Tochter des Bildhauers Achilles Kern von 1638 (nr. 849) mit Brustbildern der Eheleute in quadratischem Bildfeld und mit darunter zeilenweise und ohne Rahmung eingehauenem Sterbevermerk. Die Frau hält ein Kleinkind im Arm, und zwischen dem Ehepaar erscheint der Tod als Gerippe mit Pfeil und Sanduhr.

Reine Schriftepitaphien sind die seltene Ausnahme (nr. 601). Allerdings dominieren vielfach die Inschriften das Gesamtbild und drängen Wappen und übrigen Schmuck in eine untergeordnete Rolle (nrr. 624, 848, 886). Die mitunter sehr langen Sterbevermerke, zusätzliche Bibelzitate und Grabgedichte führen dazu, daß bei Epitaphien in hochrechteckigem Grabplattenformat zum Teil außer den zeilenweise eingehauenen Texten auch wieder Umschriften zwischen Rahmenleisten oder zwischen Ritzlinien angebracht werden.

Bemerkenswert erscheint, daß trotz teilweise sehr unterschiedlicher Gesamtgestaltung sämtliche Epitaphien für katholische Priester in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts den Verstorbenen ganzfigurig und im Chorgewand wiedergeben, sei es stehend und mit Kelch in Händen (nr. 585), sei es in Anbetung kniend vor dem auferstandenen Heiland (nr. 669) oder vor dem Kruzifixus (nr. 837). Das einzige Schöntaler Abtsepitaph aus dem Berichtszeitraum (nr. 821) ist dagegen ein kleinformatiges reines Schriftepitaph mit Wappenbekrönung. Es ist einem Abt gewidmet, der andernorts verstorben und begraben ist und für den daher nicht wie für die übrigen Äbte in der Schöntaler Klosterkirche oder im Kapitelsaal eine Grabplatte mit figürlicher Darstellung angefertigt wurde.

Neben den steinernen – im 17. Jahrhundert teilweise mit figürlichem Alabasterschmuck versehenen – Epitaphien ist im Kreisgebiet seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auch die Existenz hölzerner bemalter Epitaphien bezeugt. Bei dem frühesten Beleg von 1543 für ein adeliges Ehepaar (nr. 248) scheint es sich um eine einfache Holztafel gehandelt zu haben. Oben waren die Sterbevermerke nebeneinander plaziert, darunter im Bildfeld die (vermutlich im Gebet kniende) Familie mit Namenbeischriften. Einen ähnlichen Aufbau weist auch das älteste erhaltene Holzepitaph von 1570 in Niedernhall auf, das ebenfalls für ein adeliges Ehepaar bestimmt ist (nr. 343): Die schlicht gerahmte querformatige Tafel ist oben segmentbogig abgeschlossen, um in einer Wandnische Platz zu finden. Die Sterbevermerke sind ganz unten in einer schmalen Schriftleiste untergebracht, darüber in der Bildzone kniet die Familie – wiederum mit Namenbeischriften – in Anbetung des Gekreuzigten. Die restliche Bildfläche wird von einer bergigen Landschaft und von Ahnenwappen der Eheleute eingenommen, über der Szene halten zwei Engel eine Schrifttafel mit Bibelzitaten. Die Form der schlichten Tafel ohne architektonische Rahmung kommt danach im Kreisgebiet nur noch einmal 1601 vor (nr. 554) bei einem Epitaph für einen Waldbacher Schultheißen und seine Frau. Der Bildaufbau entspricht weitgehend dem der Niedernhaller Tafel, allerdings fehlen die Wappen, und das Format ist quadratisch.

Alle übrigen Holzepitaphien haben einen ädikulaähnlichen Aufbau, wobei freilich häufig einzelne architektonische Elemente, vor allem Gebälk und Stützen, fehlen können. Die Hauptzone wird zumeist von einem großen Gemälde eingenommen, das eine biblische Szene zeigt. Die Verstorbenen – allein oder mit der gesamten Familie – sind kniend im Gebet entweder darunter im Gemälde selbst oder in einem eigenen Bildstreifen abgebildet. Der Sterbevermerk steht meistens in der Sockelzone oder im Unterhang, während Giebelzone und Gebälk gewöhnlich Bibelsprüche und Wappen aufnehmen, selten auch weitere biblische Darstellungen (nrr. 444, 768). In einigen Fällen bildet auch die Anbetung des Kruzifixus oder der Hl. Dreifaltigkeit durch den Verstorbenen bzw. durch seine Familie das bestimmende Thema des Gemäldes in der Hauptzone.

Nach 1570 kommen nur noch zwei hölzerne Epitaphien für Adelige vor (nr. 444: Kindergrabmal mit vier Ahnenwappen; nr. 777), alle übrigen Holztafeln sind für Bürgerliche geschaffen worden. Die Epitaphien in der Öhringer Friedhofskapelle erreichen teilweise enorme Ausmaße von mehr als 3 m Höhe.

Vom üblichen Schema weichen vier im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts entstandene Tafeln ab: Ein Waldenburger Epitaph für einen Soldaten (nr. 835) zeigt eine biblische Szene ohne Abbildung des Verstorbenen und mit auf dem Rahmen umlaufend aufgemaltem Bibelspruch, der Sterbevermerk steht hier im Giebelaufsatz. Ein für drei kurz nach ihrer Geburt verstorbene Drillinge angefertigtes Epitaph in Künzelsau (nr. 865) bildet die drei Wickelkinder nebeneinander ab. Zusätzlich zum Sterbevermerk im Unterhang steht im Giebel ein Grabgedicht. Und das noch zu Lebzeiten geschaffene Epitaph eines Niedernhaller Pfarrers (nr. 870) zeigt den Pfarrer in Halbfigur predigend auf der Kanzel, deren Brüstung mit einer langen, zweispaltig angeordneten Versinschrift beschriftet ist. Der zum Nachtrag des Todestags vorgesehene Sterbevermerk fand zusammen mit dem Wappen [Druckseite 41] im Giebelfeld Platz. Schließlich ist das Epitaph für einen adeligen Offizier (nr. 777) dadurch bemerkenswert, daß auf die mit Sterbevermerk und zwei Vierahnenproben bemalte rechteckige Tafel als Erinnerungsstücke an den Verstorbenen seine Blankwaffen und Sporen montiert wurden.

An Totenschilden hat sich im Bearbeitungsgebiet nur ein einziges Exemplar von 1586 für einen adeligen gräflich hohenlohischen Amtmann in Waldenburg erhalten (nr. 425). Die zwölfeckige Holztafel mit zwischen schmalen Rahmenleisten am Rand umlaufend aufgemaltem Sterbevermerk, vollplastisch geschnitztem (statt nur gemaltem) Vollwappen im Feld und kleinem Beiwappen der Ehefrau entspricht dem aufwendigeren Typus der Totenschilde des 16. Jahrhunderts. Die Verlustrate dieser einfachen und mobilen Totengedächtnismale dürfte besonders hoch sein. So sind allein für die Künzelsauer Johanneskirche Inschriften von 24 „uffgehenckhte(n) Schildt unnd adenliche(n) Wappen“ von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts überliefert82), die noch im 17. Jahrhundert vorhanden waren und bei denen es sich wohl durchweg um Totenschilde gehandelt haben dürfte. Über ihr Aussehen ist indes nichts bekannt. Sie waren fast ausschließlich für Herren von Stetten, die in der Kirche ihr Erbbegräbnis hatten, sowie für adelige kurmainzische Amtleute zu Nagelsberg bestimmt. Teilweise sind sie nachweislich erst mit erheblichem zeitlichen Abstand zum Sterbejahr entstanden (nrr. 159, 160). Ebenfalls sicherlich nicht zeitgenössisch ist der im 16. Jahrhundert renovierte Totenschild für einen angeblich 1200 verstorbenen Johanniterordenskomtur in Krautheim (nr. 21). Der nachträglich angefertigten Tafel kam vielleicht die Funktion zu, durch die Erinnerungsinschrift der Kommende den Anschein höheren Alters zu verleihen.

Gruftbestattungen in freistehenden, mit Inschriften versehenen Särgen wurden erst in der letzten Jahrhunderthälfte des Bearbeitungszeitraums üblich. Erhalten hat sich aus dieser Zeit lediglich der Zinnsarg des 1641 verstorbenen Grafen Kraft VII. von Hohenlohe in Neuenstein (nr. 856). Die Beschriftung umfaßt neben dem (nicht mehr lesbaren) Sterbevermerk zahlreiche Trostsprüche, zumeist Bibelzitate.

4.1.2. Form und Inhalt der Inschriften auf Grabmälern

Angesichts der großen Zahl der überlieferten Inschriften des Totengedenkens kann hier die Entwicklung ihres Formulars nur in groben Zügen skizziert werden. Die Sprache der Inschriften ist im 13. und 14. Jahrhundert ausschließlich Latein. Der erste deutschsprachige Sterbevermerk findet sich 1438 auf der Grabplatte eines Angehörigen des niederen Adels (nr. 46), und fortan verdrängt die Volkssprache das Lateinische schlagartig fast gänzlich aus den Grabinschriften des hohen und niederen Adels (Ausnahmen: nrr. 80, 107, 119). Auch die Grabinschriften der Bürger, deren Überlieferung im Kreisgebiet erst im ausgehenden 15. Jahrhundert einsetzt, sind ganz überwiegend in deutscher Sprache abgefaßt. Nicht von dem Sprachwechsel erfaßt wird dagegen der Bereich der Grabinschriften für Geistliche. So bleiben die Sterbevermerke auf den Grabplatten der Schöntaler Äbte konstant bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums im 17. Jahrhundert lateinisch. Gleiches gilt für die Grabinschriften der katholischen Pfarrer (nrr. 227, 585, 837, 852). Und auch die Kanoniker des Öhringer Stifts bedienten sich bis zu dessen Aufhebung im Zuge der Reformation für ihre Grabinschriften ausschließlich der lateinischen Sprache (nrr. 100, 221, 251, 286). Lediglich der lateinische Sterbevermerk des letzten, 1556 verstorbenen Stiftsherrn erhielt den deutschsprachigen Zusatz und er wartet alhie der frölichen Auffersteung. Daß auch die Sprache der Grabschriften auf den um 1460–70 und zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Öhringer Stift entstandenen Stiftertumben (nrr. 75, 140) Latein ist, überrascht nicht angesichts der retrospektiven, traditionsstiftenden Funktion dieser Grabmäler. Und die um 1470–80 gefertigte lateinische Inschrift auf der Schöntaler Grabplatte für den 1338 verstorbenen Albrecht von Hohenlohe (nr. 89) dürfte mit der Übernahme des Formulars von einem älteren Grabmal zu erklären sein.

Die Grabinschriften der evangelischen Pfarrer im Bearbeitungsgebiet sind im Gegensatz zu denen der katholischen Priester von Anfang an zumeist deutschsprachig (nrr. 276, 365, 370, 423, 430, 457 …) Allerdings werden die deutschen Sterbevermerke mitunter mit einem Trostspruch (nr. 457), einer Totenklage (nr. 365) oder einem Grabgedicht (nr. 430) in lateinischer Sprache kombiniert. Grabmäler, auf denen nur lateinische Texte vorkommen, bleiben die Ausnahme (nrr. 420, 715). Auf einem Öhringer Epitaph aus dem Ende des 16. Jahrhunderts (nr. 484) sind der Sterbevermerk für den Pfarrer sowie sämtliche Bibelzitate und Sprüche lateinisch abgefaßt, eine abgekürzte Devise sogar in Griechisch, wohingegen für den Sterbevermerk der Ehefrau die deutsche Sprache verwendet wurde.

[Druckseite 42]

Abgesehen von den Grabmälern der katholischen und evangelischen Geistlichen bleibt die Verwendung der lateinischen Sprache in Grabinschriften des 16. Jahrhunderts die seltene Ausnahme. Insgesamt lassen sich nur vier Beispiele aus der zweiten Jahrhunderthälfte nachweisen: Auf der auch in ihrer Schriftgestaltung sowie in ihrem Ornament humanistischen Einfluß verratenden Grabplatte des Götz von Berlichingen mit der Eisernen Hand von 1562 (nr. 307) ist außer dem deutschsprachigen Sterbevermerk ein lateinisches Grabgedicht mit Totenlob angebracht. Humanistische Gelehrsamkeit drückt sich auch in den in lateinischen Epoden abgefaßten Grabgedichten auf dem Epitaph des Grafen Ludwig Kasimir von Hohenlohe und seiner Gemahlin von 1570 (nr. 345) aus. Dort sind auch die kurzen Sterbevermerke lateinisch, die Bibelzitate und versifizierten Gebete hingegen deutschsprachig. Klassischen Vorbildern folgende Schriftgestaltung und lateinische Sprache gehen auch einher in der Grabschrift eines Öhringer Stadtschreibers und seiner Enkel (nr. 344). Verantwortlich für die Ausführung war sicherlich der Schwiegersohn bzw. Vater der Verstorbenen, Pfarrer Zinn, dessen eigenes Grabmal später ebenfalls lateinische Inschriften erhielt. Und schließlich wurde auf einem Epitaph für einen Öhringer Keller von 1571, das ansonsten ausschließlich deutschsprachige Inschriften aufweist, lediglich der knappe, wenige Wörter umfassende Sterbevermerk in Latein angefügt (nr. 347).

Etwas häufiger wird die Verwendung der lateinischen Sprache erst wieder ab dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, ganz überwiegend auf Grabmälern für Bürgerliche (nrr. 641, 693, 752, 848, 858, 878, 879). Hierbei handelt es sich durchweg um Grabplatten oder Epitaphien für juristisch gebildete Akademiker, gräflich hohenlohische Diener oder ihre Angehörigen. Einziges Grabmal für einen Adeligen mit lateinischer, versifizierter Grabschrift (neben deutschsprachigem Sterbevermerk) ist die Grabplatte eines kurz vor seinem Klostereintritt Verstorbenen (nr. 847).

Grabinschriften enthalten in der Regel als wesentliche Bestandteile den Namen des Verstorbenen und eine Nachricht über den Tod mit Angabe des Todestags. An die Seite der Sterbenachricht oder an ihre Stelle kann eine Grabbezeugung treten, durch die der Standort des Inschriftenträgers explizit als der Ort der Bestattung ausgewiesen wird. Letzteres ist der Fall bei der ältesten Grabschrift des Bearbeitungsgebiets auf dem Adelheid-Sarkophag von 1241 in der Öhringer Stiftskirche (nr. 1), die wie zahlreiche früh- und hochmittelalterliche Inschriften des Totengedenkens in Hexametern abgefaßt ist. Der kurze Text besteht aus der Grabbezeugungsformel (iacet hic tumulata), dem Namen der Verstorbenen und ihrer näheren Bezeichnung als Mutter König Konrads und als Stifterin der Kirche. Der Todestag fehlt. Stattdessen wurde das Datum der Überführung des Leichnams an den aktuellen Standort in Prosa in einer eigenen Inschrift angegeben. Ebenfalls in metrischer Form abgefaßt war die – nur mehr fragmentarisch überlieferte – Grabschrift eines Ritters aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts (nr. 9) mit der Grabbezeugungsformel sunt in hac fossa … ossa. Diese Form der metrischen Grabschriften kommt im Spätmittelalter außer Gebrauch, sie wird aber zunächst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und zu Beginn des 16. Jahrhunderts zweimal wiederaufgegriffen für die Grabschriften der Öhringer Stiftertumben (nrr. 75, 140). Unter dem Einfluß des Humanismus kommen dann ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wieder vereinzelt metrische Grabschriften auf (nrr. 307, 345, 420, 437, 641, 847, 852), zumeist kombiniert mit einem deutschsprachigen oder lateinischen Sterbevermerk in Prosa. Elemente dieser Verse sind neben der Grabbezeugung häufig ein Totenlob sowie bei längeren Inschriften auch biographisch-genealogische Angaben.

Abgesehen von diesen wenigen in gebundener Sprache abgefaßten Grabschriften folgen die Inschriften des Totengedenkens seit der Mitte des 13. Jahrhunderts fast ausnahmslos dem in dieser Zeit aufkommenden und sich rasch im gesamten mitteleuropäischen Raum durchsetzenden sogenannten Anno-domini-obiit-Formular, das aus der einleitenden Angabe des Todestages, aus der Todesnachricht und aus dem Namen des Verstorbenen besteht. Dieses stereotype Formular, das auch für die volkssprachigen Inschriften übernommen wurde, konnte vielfach abgewandelt und erweitert werden, blieb aber im wesentlichen bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums für die Abfassung der Sterbevermerke maßgebend.

Für die Angabe des Todesjahres verwendete man durchweg die christliche Inkarnationsära83), bei den mittelalterlichen lateinischen Inschriften stets eingeleitet mit der vorangestellten Formel anno domini. Die lateinische Formel wurde auch für die deutschsprachigen Sterbevermerke übernommen. Bloßes anno (ohne domini) ist für etliche deutschsprachige Künzelsauer Inschriften ab 1455 (nr. 61) überliefert, doch handelt es sich hierbei fast ausnahmslos um Inschriften verlorener Totenschilde, so daß die Verkürzung der Formel vermutlich dem Kopisten anzulasten ist und nicht dem ursprünglichen [Druckseite 43] Befund entspricht. In erhaltenen Inschriften ist bloßes anno allerdings immerhin ab 1480 (nr. 85) ganz vereinzelt bezeugt (nrr. 167, 177). Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts häufen sich die Belege (nrr. 276, 289, 293, 305, 318, 330, 332, 354, 359; auch in lateinischen Inschriften: nrr. 345, 347); im letzten Viertel des Jahrhunderts halten sich dann anno und anno domini die Waage. Im frühen 17. Jahrhundert beginnt das bloße anno eindeutig zu überwiegen, bis es schließlich die Formel anno domini ab etwa 1625 fast völlig verdrängt.

In einer deutschsprachigen Inschrift wird 1480 zusätzlich zu dem vorangestellten anno domini nach der Jahreszahl der eigentlich überflüssige Zusatz iar nach Crist geburt angefügt (nr. 87). Die Hinzufügung von jar/jor kommt auch in der Folgezeit recht häufig vor (nrr. 98, 110, 116, 125, 126, 146, 149, 156, 161, 163, 182, 192), vereinzelt sogar noch um die Mitte des 16. Jahrhunderts (nrr. 247, 248, 279, 283, 311) und mit letzten Belegen bis 1580 (nrr. 372, 388)84). Nur selten wird das lateinische anno (domini) völlig durch eine volkssprachige Wendung ersetzt: als man zalt nach Christi geburt … jar (1503); nach Christi geburt … jare (1506, ähnlich 1568, 1601, 1617) oder in erweiterter Form: nach der Geburt Jesu Christi unsers Seligmachers (1568, ähnlich 1588); im Jahr nach der Geburt unsers einigen Erlösers Christi (1592). Im 16. und frühen 17. Jahrhundert wird in lateinischen Inschriften die Anno-domini-Formel mitunter abgewandelt: anno salutis (nr. 221), anno gratiae (nr. 484), a partu virginis anno (nr. 530), während in deutschsprachigen Inschriften ab 1620 bemerkenswert häufig die Formulierung anno Christi oder im Jahr Christi an ihre Stelle tritt (nrr. 716, 785, 841, 871, 879; 712, 875). Die Reduzierung der Jahresangabe auf die bloße Jahreszahl ohne jede Beifügung – erstmals im vorliegenden Material 1572 nachweisbar (nr. 349) – bleibt die seltene Ausnahme (nrr. 383, 384, 766, 814, 890).

Der Todestag ist zunächst in den Grabinschriften des 13. und 14. Jahrhunderts im Kreisgebiet fast ausschließlich nach dem römischen Kalender angegeben. Diese Art der Datierung wird dann im 15. Jahrhundert weitgehend verdrängt von der Tagesangabe nach dem christlichen Festkalender, dessen Gebrauch nach einem isolierten Erstbeleg von 1343 (nr. 12)85) ab 1422 (nr. 39) allgemein üblich wird. Nur für die Sterbevermerke der Öhringer Stiftsherren und der Schöntaler Äbte86) bediente man sich weiterhin bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts konsequent der Datierung nach dem römischen Kalender, ferner bei zwei um 1470 entstandenen Grabinschriften für einen Grafen von Hohenlohe und für einen Angehörigen des Niederadels (nrr. 88, 89). Die Datierung nach fortlaufend gezählten Monatstagen, wie sie heute gebräuchlich ist, kommt 1472 erstmals und in der Folge bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts vereinzelt vor. Bemerkenswert ist, daß alle sechs Inschriften, in denen die Monatstagdatierung zuerst auftritt, für Angehörige des Hauses Hohenlohe bestimmt sind. Dem Beispiel folgen zunächst ab dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts einige Sterbevermerke für Bürgerliche, während der Niederadel auffälligerweise bis zur Jahrhundertmitte bei der Datierung nach dem Festkalender verharrt (einzige Ausnahme 1534: nr. 224). Erst ab etwa 1550 wird der Gebrauch des Festkalenders allmählich durch die Monatstagdatierung zurückgedrängt, bis er schließlich nach 1595 fast völlig aus den Inschriften verschwindet. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lassen sich nur noch fünf Belege beibringen, der letzte von 1633 (nr. 821).

Mitunter finden sich ab 1523 Doppeldatierungen nach Festkalender und Monatstagen. Wesentlich häufiger kommt es zu einer Kombination von Monatstagdatierung und der – eigentlich überflüssigen – zusätzlichen Nennung des Wochentags. Erstmals 1548 im Bearbeitungsgebiet nachweisbar (nr. 261), ist dieses Phänomen im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts nicht selten, und es läßt sich auch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts immer wieder beobachten. Nach Einführung des Gregorianischen Kalenders im katholischen Herrschaftsbereich 1582 wurde unterschieden zwischen der Datumsangabe Alten Stils („stilo vetere“) in den protestantischen und Neuen Stils in den katholischen Gebieten. In inschriftlichen Sterbevermerken wird diese Differenzierung nur in zwei Beispielen von 1620 in Ingelfingen greifbar (nrr. 705, 711), in denen dem Monatstag die Formel s(tilo) v(etere) hinzugefügt wird – in dem einen der beiden Fälle allerdings in der offensichtlich vom Steinmetzen mißverstandenen verballhornten Form aito vetero.

[Druckseite 44]

Üblicherweise steht die Tagesdatierung im Formular der Sterbevermerke unmittelbar hinter der Jahresangabe. Daneben läßt sich aber bisweilen – besonders im 15. Jahrhundert (nrr. 39, 48, 63, 72, 77, 85) – auch beobachten, daß die Tagesangabe ans Ende der Inschrift hinter den Namen des Verstorbenen rückt. Ab dem 16. Jahrhundert ist diese veränderte Stellung dann meist damit verbunden, daß die Tagesangabe der Jahreszahl vorangestellt wird, letztere also ebenfalls ans Ende der Inschrift wandert. Auch am Beginn der Inschrift kann die Tagesdatierung mitunter – unserem heutigen Brauch entsprechend – vor die Jahreszahl plaziert werden (Erstbeleg 1538), doch häufen sich diese Fälle erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (nrr. 560, 814, 839, 843, 897). Die Angabe der Todesstunde findet ganz vereinzelt ab 1562 (nr. 307) Aufnahme in die Sterbevermerke, vermehrt in den Jahren zwischen 1590 und 1610, und sie wird schließlich zu einem häufigen Phänomen im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts.

Das Satzprädikat der inschriftlichen Sterbevermerke ist zunächst durchgängig obiit bei lateinischen und starb bzw. ist gestorben (Erstbeleg 1472) bei deutschsprachigen Inschriften. Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts findet sich – anfangs nur selten – die Formel verschied bzw. ist verschieden. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist sie dann weit verbreitet und wird oft erweitert zu ist Tods verschieden (nrr. 287, 299), ist in Gott/im Herrn/in Christo seliglich verschieden o. ä. Die Vorstellung vom Tod als Schlaf findet Ausdruck in der Formel entschlief bzw. – weit häufiger – ist entschlafen, die im Bearbeitungsgebiet nach der Mitte des 16. Jahrhunderts auftritt (nr. 293) und die fast regelmäßig eine Erweiterung zu ist im Herrn seliglich entschlafen o. ä. erfuhr87). Daneben behauptet sich weiterhin das einfache starb. Nur ganz vereinzelt finden sich von diesem Standard abweichende ungewöhnliche Formeln wie starb auf Gottes gnad (nr. 311), hat der allmächtige Gott aus diesem Jammertal abgefordert (nr. 370, ähnlich nr. 448), ist aus diesem Jammertal verschieden (nr. 440), ist aus diesem zergänglichen Leben abgeschieden (nr. 579). Anspruchsvollere Formulierungen, die humanistischen Einfluß erkennen lassen, sind deo spiritum reddidit (1529), animam deo in pace commendavit (1556) oder – erst gegen Ende des Bearbeitungszeitraums – obdormivit in Christo (nr. 765) und ab exilio ad aeternae patriae quietem abiit (1633).

Die Todesursache erfährt man aus den inschriftlichen Sterbevermerken nur selten: ist erschossen worden (nr. 234), ist in schweren Kindsbanden verschieden (nr. 318), an damaln regierender Pest … verschieden (nr. 601), von den Soldaten jämmerlich ermordet worden (nr. 834). Ebenso bleibt eine nähere Schilderung der Todesumstände die Ausnahme: in ardenti filii dei invocatione placide obdormivit (nr. 484).

An Grabschriften und Sterbevermerke wird im Bearbeitungsgebiet ab dem zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts (gesicherter Erstbeleg 1414) häufig eine Fürbittformel angefügt. Nach 1480 fehlt sie nur noch selten. Sie lautet in den lateinischen Inschriften zumeist cuius anima requiescat in pace, in den deutschsprachigen hingegen zunächst ganz überwiegend dem Gott gnad, dessen Seele Gott gnädig sei o. ä. Diese Formel kann seit dem frühen 16. Jahrhundert gelegentlich erweitert werden, etwa zu dessen Seele Gott gnädig und barmherzig sein wolle, doch werden ausführlichere und umständlichere Formulare erst in der zweiten Jahrhunderthälfte zahlreicher. Der Wunsch, daß Gott dem Verstorbenen eine fröhliche Auferstehung (Urstend) verleihen wolle, kommt in Inschriften des Kreisgebiets 1547 erstmals vor (nr. 257), ihr Gebrauch häuft sich jedoch erst im letzten Drittel des Jahrhunderts, wobei in diesen Wunsch mitunter alle Christgläubigen eingeschlossen werden. Der an den Sterbevermerk und die nachfolgende eigentliche Fürbitte angehängte, selber nicht als Fürbitte formulierte Zusatz und erwartet alhie eine fröhliche Auferstehung (o. ä.) ist dagegen bereits 1534 nachweisbar (nr. 225) und begegnet hie und da auch weiterhin bis ins 17. Jahrhundert (nrr. 597, 637, 752). Über die unterschiedlichen Erweiterungsmöglichkeiten der vor allem gegen Ende des 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mitunter ausufernd langen Fürbittformeln informiert das Register 6 (Wortfeld „Fürbitte“). Bemerkenswert ist die zweimal nachweisbare Miteinbeziehung der Lebenden in die Fürbitte in der Form, daß für die Verstorbenen eine fröhliche Auferstehung am Jüngsten Tag, für die Lebenden aber ein seliges Ende erbeten wird (nrr. 557, 811).

Das bekräftigende amen als Schluß der Fürbitte kommt schon 1414 vor, bleibt im 15. Jahrhundert aber anfangs die Ausnahme (nrr. 33, 45, 50, 86). Noch im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts selten, wird es im zweiten Jahrhundertdrittel deutlich häufiger88), um danach fast zur Regel zu werden. Im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts geht die Verwendung dann wieder etwas zurück, so daß in diesem Zeitabschnitt nur mehr knapp die Hälfte der Sterbevermerke mit amen beschlossen wird.

Der Name des Verstorbenen kann erweitert werden um standesspezifische Epitheta, um Anreden, Titulaturen, Prädikate und Standesbezeichnungen. Die Geistlichen erhalten im Spätmittelalter stets die Anrede dominus bzw. Herr, bei den Öhringer Stiftsherren ergänzt um das Epitheton venerabilis [Druckseite 45] (nrr. 100, 221, 251). Zusätzliche Epitheta fehlen dagegen zunächst bei den Schöntaler Äbten, deren Namen lediglich die Amtsbezeichnung abbas nachgestellt ist. Erst ab 1535 bedienen sie sich dann der ausführlichen Anrede reverendus in Christo pater et dominus, die im 17. Jahrhundert zuerst zu reverendus admodum pater et dominus (nr. 765) und schließlich zu admodum reverendus (in Christo) pater ac dominus dominus (nrr. 821, 842) variiert wird. Die Amts- und zugleich Standesbezeichnung ist auch stets Bestandteil der Namen der Öhringer Kanoniker (canonicus bzw. senior et custos ecclesie) und mitunter der einfachen Priester (primissarius). Die Anrede dominus bzw. Herr und entsprechend domina bzw. Frau/Fräulein kommt auch den Angehörigen des hohen und freiherrlichen Adels zu, hier jedoch stets erweitert um ein standesspezifisches Epitheton: bei Edlen nobilis oder generosus (et strenuus) bzw. wohlgeboren (1506 auch edel und wohlgeboren); bei Grafen generosus bzw. wohlgeboren; bei Personen fürstlichen Stands hochgeboren. Seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts wird die Herr- bzw. Frau-Anrede bei Grafen zumeist verdoppelt. Erst im 17. Jahrhundert erfährt diese Formel eine barocke Erweiterung zu hochwohlgeborener Graf und Herr Herr bzw. hochwohlgeborene (Gräfin und) Fräulein Fräulein bei Grafen und zu durchleuchtige hochgeborene Fürstin und Frau Frau bei Angehörigen des Fürstenstandes.

Die Standesbezeichnung (comes, Graf, Gräfin) wird in der Regel als Namensbestandteil dem Vornamen nachgestellt. Der vollständige Titel der Grafen von Hohenlohe lautet in Grabinschriften des Kreisgebiets seit dem Ende des 16. Jahrhunderts Graf von Hohenlohe etc. und Herr zu Langenburg (nr. 448), zuletzt für Graf Kraft VII: Graf von Hohenlohe und Gleichen Herr zu Langenburg und Cranichfeld (nr. 857). Der Niederadel verwendet im 13. und 14. Jahrhundert noch keine Anreden und Epitheta, wohl aber führen die Vertreter des Standes, die durch Ritterschlag in den Besitz der Ritterwürde gelangt waren, regelmäßig den entsprechenden Namenzusatz miles (Erstbeleg 1260) bzw. Ritter (Erstbeleg 1470). Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wird dann auch die Führung standesspezifischer Epitheta vor dem Namen gängige Praxis: vest, ehrbar (und) vest, streng und vest, ehrenvest bzw. das lateinische strenuus sind zunächst die üblichen Formeln, denen ab 1470 die Anrede Herr bzw. dominus hinzugefügt wurde. Letztere kam jedoch – soweit aus dem vorliegenden Material ersichtlich – ausschließlich den Inhabern der Ritterwürde zu. Die Anrede Junker kommt nur einmal 1508 vor (nr. 163). Die Frauen des Niederadels führten anfangs bis ins frühe 16. Jahrhundert die Anrede ehrbare Frau. Das Epitheton ehrbar wird dann im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts recht schnell fast gänzlich verdrängt. An seine Stelle tritt das Wort edel, und die Namenzusätze der männlichen Adeligen lauten fortan zumeist edel und (ehren)vest, der weiblichen edel und tugendsame Frau. Entscheidender Grund für die Ablösung des Attributs ehrbar durch edel war sicherlich der Umstand, daß auch die führenden Angehörigen der Bürgerschaft sich ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert des Epithetons ehrbar bedienten, der Adel mithin zum Zeichen der ständischen Abgrenzung zu einer Änderung der bislang gebräuchlichen Anrede gezwungen war. Die Anrede Frau kam auch bürgerlichen Frauen zu.

Weiterer Namenzusatz des ritterbürtigen Niederadels konnte die Nennung des Ansitzes sein, nach dem sich der Einzelne oder ein Zweig seines Geschlechts zubenannte (Erstbeleg 1480, seither häufig). Die Epitheta der Bürgerlichen variieren ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: ehrenhaft, (wohl)achtbar und fürnehm in unterschiedlichen Kombinationen werden jetzt zumeist von Männern verwendet, ehrbar kommt aber auch noch gelegentlich vor. Die Bezeichnung hoch- oder wohlgelehrt kann bei Absolventen eines Hochschulstudiums hinzukommen. Bei Frauen bleibt nach wie vor die Kombination ehrbar und tugendsam dominierend. Epithetahäufungen wie ehrbar, ehrenvest und hochachtbar (1588, 1617) oder ehrenvest, achtbar und wohlweise (1623) bleiben bei Bürgerlichen wie beim Adel (1620: wohledel, ehrn- und vieltugendsam) die seltene Ausnahme, eine Zunahme ist erst im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts festzustellen (nrr. 788, 835, 844, 879, 885). Die Standesbezeichnung Bürger ist erst ab 1575 bisweilen zu finden.

Typische standesspezifische Anreden der katholischen und evangelischen Pfarrer seit der Mitte des 16. Jahrhunderts, die sich grundsätzlich nicht unterscheiden, sind: (ehr)würdiger Herr (nr. 276, 365, 367), (ehr)würdiger und wohlgelehrter Herr (nrr. 370, 423, 430, 658, 694, 701, 716, 766, 838, 841) bzw. reverendus et doctus vir (nr. 484) oder reverendus ac eruditus dominus (nr. 585). Aus diesem üblichen Rahmen fällt einzig die barocke Anrede reverendissimus et clarissimus vir dominus für einen Öhringer Pfarrer von 1621 (nr. 715).

Informationen über Verwandtschaftsverhältnisse finden sich bereits in der ältesten Grabschrift des Bearbeitungsgebiets von 1241: Adelheid von Metz wird dort als Cunradi regis genitrix bezeichnet. Auf einem Epitaph von 1377 für Vater und Sohn (nr. 22) wird die Filiation durch den Zusatz filius eius ausgedrückt. Die nächsten Belege stammen erst aus dem vierten Viertel des 15. Jahrhunderts: Auf den Epitaphien des Grafen Kraft von Hohenlohe und seiner Frau sind jeweils die Ehepartner genannt, und beide werden als Eltern auf dem Epitaph ihrer Tochter erwähnt (nrr. 78, 79, 82). Der Name des Vaters wird auch bisweilen in Sterbevermerken erwachsener Adeliger verzeichnet (nrr. 93, 95, 131, 185). Ansonsten wird zunächst vor allem auf Grabmälern adeliger Frauen die Nennung des Ehemanns [Druckseite 46] üblich, überwiegend in der Form des N. N. (eheliche) Hausfrau bzw. Witwe, beim freien Adel auch Herrn N. N. (eheliche) Gemahl. Für Bürgerinnen ist Gleiches erstmals 1514 nachweisbar (nr. 184), wird aber erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts häufiger. Der umgekehrte Fall, daß die Frau mit ihrem erheirateten Namen genannt wird und ihr Geburtsname mit der Formel (eine) geborne angehängt wird, ist im Bearbeitungsgebiet erstmals 1434 (nationis de Hohenloe) belegt, um dann jedoch erst im 16. Jahrhundert allmählich vorzudringen (nrr. 146, 161, 176, 213 u. ö.). Beide Arten der Namenwiedergabe verheirateter Frauen halten sich in der Folge in etwa die Waage, wobei die nachgestellte Angabe des Geburtsnamens beim Hoch- und Niederadel deutlich beliebter war als bei Nichtadeligen.

Die Nennung des Vaters oder beider Eltern ist naturgemäß vor allem in Grabinschriften für Kinder zu beobachten, die Belege hierfür setzen 1560 ein und häufen sich im 17. Jahrhundert (nrr. 300, 444, 458, 492, 502, 559, 621, 651, 768, 822, 840, 848, 865). Weitergehende biographische oder genealogische Angaben sind vor dem 16. Jahrhundert selten. Am frühesten finden Kirchen- oder Kapellenstiftungen als besondere Leistungen Erwähnung (nrr. 1, 33, 78, 79), ein Schöntaler Abt wird 1465 als resarcitor aedificiorum bezeichnet; des Grafen Albrecht II. von Hohenlohe, der die Grafenwürde für das Haus Hohenlohe sichern konnte, wird als des comitiae primarius author gedacht (nr. 107). Klostereintritt (nr. 33), Pilgerschaft (nr. 163) oder Ort der Profeß (nr. 294) finden ebenfalls Erwähnung, ebenso die Teilnahme an den Kriegszügen gegen die Türken (nrr. 241, 648). Auf dem Epitaph eines Adeligen wird 1548 berichtet, daß er seines Stammens, Nahmens, Schillt und Helm begraben der letzte war (nr. 262). Ab 1516 wird mitunter, vermehrt jedoch erst ab etwa 1570, bei Bürgern der Herkunftsort mitgeteilt. Besondere Leistungen und Stiftungen der Verstorbenen finden auch noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und im 17. Jahrhundert hin und wieder inschriftlichen Niederschlag (nr. 321: Förderer …, Liebhaber der Schul …; nr. 341: ein sonderlicher Befürderer des Vaterlands, Kirchen, Schulen und des gemeinen Nutzes; nr. 580: ein sonderlicher Liebhaber und Befürderer der Gerechtigkeit).

Das Alter zum Zeitpunkt des Todes wird erstmals 1475 auf einem Epitaph mitgeteilt (nr. 82). Die nächsten vereinzelten Belege datieren erst aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (nrr. 307, 341, 345, 347, 364, 397). Ein deutlicher Anstieg der Lebensalterangabe ist im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zu verzeichnen, und in Sterbevermerken des 17. Jahrhunderts fehlt sie nur noch selten. Vorwiegend bei Kindern wird das erreichte Lebensalter mitunter bis auf Monate, Wochen und Tage genau errechnet (Erstbelege 1589, 1597, 1603; bei Erwachsenen: 1601, 1630, 1534), in zwei Fällen sogar bis auf die Stunde (nrr. 752, 890).

Der Sterbeort oder der Ort der Beisetzung werden 1541 (nr. 241), 1588 (nr. 433) und 1633 (nr. 821) für drei fernab der Heimat bestattete Personen auf ihren Epitaphien vermerkt (vgl. auch nrr. 502, 811, 843). Die Ehedauer – 1579 erstmals inschriftlich festgehalten (nr. 383) – ist nur selten Inhalt der Grabinschriften (nrr. 624?, 640, 694, 844), ihre Angabe findet sich jedoch anders als etwa im ehem. Landkreis Mergentheim89) auf Grabmälern sowohl für Frauen als auch für Männer. Weitere ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert bisweilen in Grabinschriften enthaltene Informationen betreffen den Geburtstag (Geburtsstunde: nrr. 727, 865), den Geburtsort (nr. 843), den Tag der Beisetzung, die Anzahl der Kinder oder die Namen der Kinder. Nähere biographische Nachrichten über besondere Schicksale der Verstorbenen bleiben die seltene Ausnahme und beschränken sich auf die Zeit der Kriegswirren des Dreißigjährigen Krieges. So erinnert die Inschrift auf dem Epitaph des Schöntaler Abts Fichtlin von 1633 (nr. 821) an die Klosterauflösung während der schwedischen Okkupation, an Exil, Krankheit und Tod des Abts im fernen Tirol, und der Sterbevermerk einer in Waldenburg bestatteten Protestantin weist auf deren Flucht aus der Oberpfalz wegen der dort durchgeführten Gegenreformation hin (nr. 875).

Weiterhin enthalten die Grabinschriften Informationen über Ämter, Würden und Berufe der Verstorbenen. Vorab gilt dies, wie gesehen, für die Geistlichen, bei denen das Amt zugleich Standesbezeichnung ist (canonicus, primissarius, parochus; Prädikant, Pfarrer, Superintendent). Bei den Sterbevermerken der Schöntaler Äbte wurde außer dem abbas-Titel im 15. Jahrhundert anfangs auch die Zählung innerhalb der Abtsreihe angegeben (nrr. 67, 71, 90, 91), worauf dann allerdings ab 1486 verzichtet wurde – vermutlich weil man damals im Zuge historischer Forschungen die Mängel der bisherigen Zählung erkannt hatte. Die Regierungsdauer der Äbte wird erstaunlicherweise nur ein einziges Mal 1517 verzeichnet (nr. 196). Weltliche Ämter werden in Grabinschriften des Kreisgebiets erstmals zu Beginn des 16. Jahrhunderts genannt (nr. 155: Amtmann), ebenso Erbhofämter (nr. 156: des Remischen richs Erbkemrer), doch nimmt die Erwähnung von Ämtern erst ab der Jahrhundertmitte zu. Die häufigsten Nennungen betreffen Keller- und Schultheißenamt, gefolgt von Vogt, (Ober-) [Druckseite 47] Amtmann und gräflich hohenlohischem Rat. Unter den herrschaftlichen Ämtern sind außerdem Forstmeister, Burgvögte, Stiftssyndici und bemerkenswert oft Positionen innerhalb der gräflich hohenlohischen Kanzlei und Finanzverwaltung vertreten. Schon bald nach der Mitte des 16. Jahrhunderts werden auch städtische Ämter in Sterbevermerken erwähnt, vorweg Bürgermeister, Stadtschreiber und Mitglieder des Rats oder des Gerichts. Die Kombination von zwei oder drei Ämternennungen kommt gelegentlich ab 1568 vor (nr. 326), eine Häufung wie im Sterbevermerk des Peter Pfeffer von 1630 (nr. 805), bei der fünf Ämter aufgezählt werden, darunter das des Kupfferschmidt Handtwercks Hohenloischen bezircks Shultheis, bleibt freilich exzeptionell.

Die Amtsdauer wird ab der Mitte des 16. Jahrhunderts gelegentlich, aber erst im 17. Jahrhundert öfter mitgeteilt. Eine regelrechte Ämterlaufbahn mit Aufzählung sämtlicher Stationen, Jahr des jeweiligen Amtsantritts und der Amtsdauer enthält die Grabschrift eines Neuensteiner Pfarrers von 1628 (nr. 791), und auch die in deutschsprachigen Reimversen verfaßte lange Grabschrift eines Niedernhaller Pfarrers (nr. 870) liefert ausführliche biographische Daten. Überhaupt neigen eher die in gebundener Sprache abgefaßten, oft sehr langen Grabschriften zu ausführlicheren biographischen Angaben als die spröden Sterbevermerke nach dem Anno-domini-obiit-Formular (nrr. 338, 420, 437, 471, 725, 872).

Als militärische Dienstgrade werden im 17. Jahrhundert Obrist, Capitain, Leutnant und Wachtmeisterleutnant genannt. Akademische Grade finden ab der Mitte des 16. Jahrhunderts Erwähnung (nrr. 288, 326, 466, 484, 558, 568, 585, 641, 712, 715, 716, 766, 823, 870, 879), wobei in dem in Distichen abgefaßten Grabgedicht eines waldenburgischen Rats von 1611 (nr. 641) die außergewöhnliche Bildung des Verstorbenen besonders unterstrichen wird. Bürgerliche Berufe werden ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts (Erstbeleg 1574) mitunter angegeben, darunter zwei Metzger, ein Buchhändler, ein Fuhrmann, ein Kupferschmied und ein Bildhauer.

Weitere Inschriften, die außer Sterbevermerk, Grabbezeugung und Fürbitte auf Grabmälern anzutreffen sind, sind Namen- und Wappenbeischriften, Gebete und Anrufungen (nrr. 225, 276, 324; auch in Versform: nrr. 345, 580, 621, 791) Setzungsvermerke der Stifter sowie ab der Mitte des 16. Jahrhunderts (Erstbeleg 1556) dann vor allem Bibelzitate. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um deutschsprachige Bibelsprüche nach der Lutherbibel. Besonders oft wurden solche Texte gewählt, die Trost, Hoffnung auf Erlösung und Zuversicht in die Auferstehung zum Ausdruck bringen: Ich bin die Auferstehung und das Leben (Jh 11,25–26); Selig sind die Toten, die im Herrn entschlafen (Off 14,13); Ich weiß, daß mein Erlöser lebt … (Hi 19,25–26); Christus ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn (Phl 1,21); Also hat Gott die Welt geliebt … (Jh 3, 16); Viele, so unter der Erde schlafen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben … (Dn 12,2); Ich liege und schlafe ganz in Frieden … (Ps 4,9); Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und nach Erden (Ps 73,25–26); Christus ist um unserer Sünde willen dahingegeben (Rö 4,25). Auf vielen Kindergrabmälern findet sich der passende Spruch Lasset die Kindlein zu mir kommen (Mk 10,14)90). Der Spruch Ich habe einen guten Kampf gekämpft … (2 Ti 4,6–8) kommt bezeichnenderweise auf vier Grabmälern für Offiziere (nrr. 764, 777, 818, 835) sowie auf der Grabplatte eines Grafen von Hohenlohe (nr. 882) vor. Auf den Beruf des Verstorbenen abgestimmte Bibelzitate begegnen ferner auf dem Grabmal eines Kupferzeller Pfarrers (nr. 716): Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz (Dn 12,3) und Gedenket an eure Lehrer (Heb 13,7). Als Mahnspruch an die Vergänglichkeit des irdischen Lebens fungiert der mehrfach vorkommende Spruch Hi 14,1–2: Der Mensch vom Weib geboren lebt kurze Zeit.

Das Thema der Vergänglichkeit nehmen schließlich auch etliche nichtbiblische Inschriften auf, teils in Latein (nr. 484: quod sumus hoc eritis, fuimus quandoque quod estis; nr. 600: mors ultima linea rerum nach Horaz), meist jedoch in deutschen Versen (nrr. 413, 424, 523, 839). Ein offenbar besonders beliebter Vierzeiler (Hie liege ich und muß verwesen, ein armer Sünder bin ich gewesen …) wird mit leichten Variationen in Grabinschriften des Kreisgebiets im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts gleich viermal eingesetzt (nrr. 321, 331, 354, 412; ähnlich: nr. 649).

4.2. Inschriften an Bauwerken, Wandmalereien

Unter Bau- und Hausinschriften werden hier alle inschriftlichen Nachrichten über Bau- oder Renovierungsmaßnahmen an Gebäuden i. w. S. (einschließlich Mauern, Brücken) und über am Bau beteiligte Personen sowie die Haussprüche zusammengefaßt. Ihre Gesamtzahl – einschließlich [Druckseite 48] bloßer Jahreszahlen – beträgt über 250, ihr Anteil an den Inschriften des Kreisgebiets knapp unter 30 Prozent91). Damit bilden sie nach den Inschriften des Totengedenkens die zweitgrößte Gruppe.

Die älteste erhaltene Bauinschrift auf einem Tympanon der Künzelsauer Johanniskirche von 1296 (nr. 4) besteht aus Jahresangabe, Baunachricht in Passivkonstruktion (est ista ecclesia fundata [?]) und abschließender Nennung des amtierenden Leutpriesters, wobei dessen Name lediglich mit dem Anfangsbuchstaben abgekürzt ist. Ähnlich konstruiert, jedoch ohne Erwähnung von Personen, ist eine Altkrautheimer Bauinschrift von 1322 (nr. 10). Die erste deutschsprachige Bauinschrift, eine Wappentafel an der Buchenbacher Burg von 1356 (nr. 16), ist dagegen als Aktivsatz gebildet, an dessen Ende der Bauherr als Subjekt genannt wird (hot diz Steinhus gebuwet her …). Ungewöhnlich ist der angefügte Hinweis darauf, daß das dargestellte Wappen das Stammwappen des Bauherrn sei. Für Bauinschriften, in denen das Gebäude selbst „redet“ und den Bauherrn nach dem Formular N. N. me fecit bezeichnet, sind aus dem Bearbeitungsgebiet nur zwei Beispiele aus Kloster Schöntal bekannt, ein frühes von 1367 und eines aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (nrr. 20, 732).

Vom 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts überwiegt erneut sowohl bei lateinischen wie bei deutschsprachigen Bauinschriften die Passivkonstruktion: incepta est structura (1419); ist/wart der erst stein gelegt (1454, 1504, 1518, 1553)92), wobei in Grundsteinlegungsinschriften stets nicht nur das Jahr sondern der genaue Termin (nach dem Festkalender) angegeben wird. An einem Fenstergewände der Niedernhaller Kirche sind Namen und Wappen der Kondominatsherren des Orts sowie eines vermutlich als Stifter am Bau beteiligten Adeligen eingehauen, eine Datierung fehlt (nr. 56).

Die weitaus häufigste Form der inschriftlichen Baunachricht ist ab dem späten 15. Jahrhundert (Erstbelege 1477, 1492) dann freilich die bloße Jahreszahl zur Bezeichnung einer Bau- oder Renovierungsmaßnahme, oft verbunden mit Nameninitialen oder Namen des Bauherrn. Zumeist finden sich diese kurzen Inschriften bei gemauerten Gebäuden auf den Scheitelsteinen von Haus-, Keller- und Hofportalen, auf Fenstergewänden oder Eckquadern, bei Fachwerkkonstruktionen fast durchweg auf den Mittel- oder Eckständern. Aufwendiger ist die Verbindung dieser Baudaten mit Wappendarstellungen auf Wappentafeln oder -steinen, in den Kirchen in Öhringen und Ingelfingen auch auf Gewölbeschlußsteinen (nrr. 122, 144; vgl. auch nr. 645), mit oder ohne zusätzliche Angabe des Namens des Bauherrn. Erstbeleg ist eine aus Kloster Goldbach stammende Wappentafel von 1414 mit dem Wappen der Herren von Hohenlohe und der in römischen Zahlzeichen (Gotische Majuskel) geschriebenen Jahreszahl. Während die Wappenbeischriften an Bürgerhäusern, aber auch an Bauten des Niederadels zumeist nur aus dem bloßen Namen oder noch häufiger lediglich aus den Nameninitialen bestehen, sind die Wappentafeln an herrschaftlichen Bauwerken in den hohenlohischen und kurmainzischen Gebieten sowie im Bereich des Klosters Schöntal ab der Mitte des 16. Jahrhunderts oft mit Name und ausführlicher Titulatur des als Bauherr firmierenden Regenten, mitunter auch mit dessen Devise (nrr. 303, 532), versehen. Besonders üppig fallen die Titulaturen auf den Wappensteinen des Kardinals Albrecht von Brandenburg (nr. 255) und der Grafen Philipp von Hohenlohe (nrr. 532, 593, 594: Graf von Hohenlohe und Herr zu Langenburg, [Baron zu Liesveld], Leutnantgeneral über Holland, Seeland, Westfriesland, Bommeler- und Tielerwaard) und Kraft VII. von Hohenlohe (nrr. 576, 654, 687, 697, 709, 740: Graf von Hohenlohe Herr zu Langenburg und Kranichfeld, Obrister und Ritter) aus. Auf einer Wappentafel des Götz von Berlichingen mit der Eisernen Hand an Schloß Rossach ist neben der deutschsprachigen Bauinschrift (hot … dis Haus erbaudt) die Vierahnenprobe des Bauherrn angebracht (nr. 238) als Ausweis der Ritterbürtigkeit und als Zeichen der Turnier- und Stiftsfähigkeit der Familie des Schloßherrn.

Sind es bei Privathäusern in der Regel die Hausbesitzer, die sich inschriftlich nennen, so können an öffentlichen Bauwerken die Namen der Baumeister als der für die Baumaßnahme zuständigen Vertreter der Gemeinde aufgeführt werden (z. B. nrr. 696, 786). Neben dem Bauherrn oder an seiner Stelle sind ab etwa 1580 mitunter auch die den Bau ausführenden Werkmeister (Architekten, Maurer, Zimmerleute) angegeben (Erstbelege: nrr. 385, 402, 436, 455). Ungewöhnlich und einzigartig bleibt allerdings die namentliche Aufzählung sämtlicher am Hausbau beteiligten Zimmermanns- und Maurergesellen an einem Öhringer Bürgerhaus von 1602 (nr. 561).

Im letzten Drittel und besonders im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts beginnen die Inschriften an herrschaftlichen Bauwerken gelegentlich ausführlicher zu werden. Die (stark abgekürzte) Bauinschrift von 1568 an der Hohebacher Mühle (nr. 328) nennt außer der Gemeinde, die den Bau [Druckseite 49] ausgeführt hat, den Grafen von Hohenlohe als den für die Genehmigung Zuständigen sowie den Keller von Ingelfingen als Ratgeber. Die Bauinschrift der Gräfin Agatha von Hohenlohe von 1589 an der Pfedelbacher Pfarrkirche (nr. 442) ist in Form einer langen Versinschrift verfaßt und in einer aufwendigen Ädikularahmung mit Wappen plaziert. Sie berichtet umständlich über den Abbruch der alten Kirche, den Neubau auf Kosten der Gräfin, teilt die Dauer der Bauarbeiten und das Datum des Bauabschlusses mit und schließt mit einer Segensbitte. Formal ähnlich, aber mit wesentlich kürzerer Versinschrift, ist die Tafel des Schöntaler Abts Lurtz von 1592 in der Gommersdorfer Pfarrkirche (nr. 467). Eine Reihe von in Reimversen abgefaßten Bauinschriften wurde in den Jahren 1589–91 an verschiedenen Stellen der südlichen Öhringer Stadtbefestigung angebracht, die an die Zerstörung der Brücke und von Teilen der Stadtmauer durch ein Hochwasser und an den Wiederaufbau erinnern (nrr. 443, 454, 460). Die Brückeninschrift vermeldet neben dem Tag der Grundsteinlegung die Namen der beiden regierenden Grafen als der Stadtherren und den Namen des Werkmeisters und nennt den Rat der Stadt als den Bauherrn.

Auch die Bauinschriften an der Ersbacher (1605) und an der Ingelfinger Brücke (1608) sind teilweise oder ganz in Reimversen verfaßt. Erstere zählt neben dem Datum der Grundsteinlegung die örtlichen Amtsträger, vorweg den Baumeister der Gemeinde, die Zahl der am Bau Beteiligten und den Werkmeister93) auf, letztere berichtet über die Zerstörung der Brücke durch Eisgang, über Baubeginn und -dauer und benennt den Ortsherrn und wiederum die örtlichen Amtsträger. Beide Inschriften enden mit einem Segenswunsch. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts finden sich auch an Bürgerhäusern in Öhringen und Niedernhall, die überhaupt durch ihr erweitertes inschriftliches Repertoire auffallen, Bauinschriften in gebundener Sprache (nrr. 561, 619), und 1610 wurde eine Bauinschrift am Windischenbacher Friedhof (nr. 634) mit Datum der Fertigstellung, Name eines Stifters, Angabe der Stiftungssumme und Amtsträgernennung ebenfalls in Reimversen formuliert.

Die konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen Altgläubigen und Lutheranern fanden im Vorfeld und während des Dreißigjährigen Krieges inschriftlichen Niederschlag in Bauinschriften beider Parteien. Eine vom Ortspfarrer in lateinischen Distichen verfaßte Bauinschrift an der Kirche von Hermuthausen (nr. 643), die im übrigen als einzige Bauinschrift des Kreisgebiets ein Chronogramm beinhaltet, und die den Grafen von Hohenlohe als Auftraggeber, den Keller als Bauleiter und den Pfarrer aufzählt, enthält in dem ausführlichen Segenswunsch für den Grafen, für den Kirchenbau und für die „reine Religion“ eine Invektive gegen Calvinisten und Katholiken. Im württembergischen Waldbach wurde auf eine Holztafel in der Kirche 1606 eine außergewöhnlich lange deutschsprachige Versinschrift aufgemalt, in der der regierende Herzog und seine Gemahlin gepriesen werden, des Kirchenneubaus und sämtlicher am Bau beteiligter Personen vom Landesbaumeister bis zu den freiwillig Baudienste leistenden Einwohnern gedacht wird und in deren abschließendem Segenswunsch Gottes Hilfe für die reine evangelische Lehre erfleht wird. Zeugnisse der Gegenreformation sind dagegen zwei Bauinschriften im würzburgischen Amrichshausen (nrr. 652, 663), die zu einer Serie von Inschriftentafeln gehören, die anläßlich des 40. Regierungsjubiläums des Würzburger Bischofs Julius Echter von Mespelbrunn allenthalben im würzburgischen Gebiet, vorweg an neu erbauten oder renovierten Kirchen und Pfarrhäusern angebracht wurden. Nach einheitlichem Schema zumeist in acht deutschen Reimversen abgefaßt, loben sie den Bischof und Landesherrn als Bauherrn und als Erneuerer und Bewahrer des Alten Glaubens (wahre Religion).

Die Kriegsereignisse des Dreißigjährigen Kriegs werden in der lateinischen Bauinschrift von 1620 an einem Turm der Neuensteiner Ortsbefestigung (nr. 709) erwähnt (opus … turbulentis Germaniae rebus in defensionem huius oppidi erectum), und eine Inschrift von 1623 an der Kirche im württembergischen Bitzfeld deutet darauf hin, daß am Kirchenbau Soldaten beteiligt waren (nr. 739). Schließlich ist in diesem Zusammenhang eine 1640 an der Schöntaler Klosterkirche angebrachte lateinische Gedenkinschrift zu erwähnen, in der außer der Klostergründung, päpstlicher und kaiserlicher Privilegierung und zahlreicher Schenkungen abschließend der Aufhebung und der Restitution des Klosters während des Kriegs gedacht werden (nr. 855).

Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert finden sich – ganz überwiegend an Bürgerhäusern – Haussprüche, die Gottes Segen für die Bewohner erbitten, sowie sprichwortartige Sentenzen, mitunter kombiniert mit der Nennung des Hausherrn und oft in Form deutscher Reimverse. Das für Portalinschriften beliebte Psalmenzitat Der Herr behüte deinen Eingang und Ausgang begegnet mehrfach (nrr. 487, 636, 760); verwandt ist eine merkwürdige Versinschrift an einem Öhringer Türgestell:

[Druckseite 50]

Nach Gbrauch der Thür uns Got wol geben in seinem Reich das ewig Leben (nr. 514)94). Der anderweitig weit verbreitete Hausspruch Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut läßt sich im Bestand ebenso nachweisen (nr. 866) wie der auch sonst häufig anzutreffende Bibelspruch Ps 127,1 in gereimter Paraphrase: Dan wo Got das Haus nit selbs bewacht, so ist umbsunst der Wechter Macht (nr. 619).

Bemerkenswert ist der Umstand, daß der Spruch Das Haus/der Bau steht in Gottes Hand nicht wie sonst üblich nach der Formel N. N. bin/werd ich genannt mit dem Namen des Hauses95), sondern mit dem Namen des Bauherrn oder des ausführenden Steinmetzen kombiniert wird (nrr. 474, 497; vgl. auch nr. 619). Zur Kategorie der Neidsprüche zählt der auch andernorts allenthalben gebräuchliche und vielfach variierte Text Wer sein Haus baut an der Gassen, der muß feil Red vorüberlassen (nr. 534) bzw. der muß die Leut reden lassen (nr. 619). Ein devisenähnlicher, auch als Stammbuchspruch geläufiger Hausspruch findet sich schließlich an einem Niedernhaller Torbogen: Adams Rieb und Rebensafft ist mein liebste Buelschafft (nr. 604).

Recht spärlich ist der im Hohenlohekreis auf uns gekommene Bestand an mit Inschriften versehenen Wandmalereien. Die Inschriften sind zudem vielfach nur mehr fragmentarisch erhalten, teils auch durch unsachgemäße Restaurierungen verfälscht. Wie schon bei den ältesten erhaltenen, noch in Gotischer Majuskel ausgeführten Inschriften im Gewölbe des Turmchors der Hollenbacher Kirche aus dem Ende des 13. Jahrhunderts (nr. 5) handelt es sich – abgesehen von vereinzelten Kreuztituli (nrr. 15, 215) – bei fast allen übrigen vorreformatorischen Wandmalereiinschriften um die Evangelistennamen in Schriftbändern als Beischriften zu den vier Evangelistensymbolen (nrr. 68, 76, 138, 141, 216). Nur mehr abschriftlich überliefert sind die ehemals oben im Chor der Öhringer Stiftskirche als Beischriften zu den dort aufgehängten Schilden und Helmen aufgemalt gewesenen Namen von elf Herren von Hohenlohe, von denen sieben mit dem Todesjahr versehen waren, einer mit einem vollständigen lateinischen Sterbevermerk (nr. 106). Ebenfalls im Chor der Öhringer Stiftskirche wurde wohl um 1510 das Wappen des Würzburger Bischofs aufgemalt und erhielt Namen und Titulatur als Umschrift sowie zwei lateinische Verse mit einer Anspielung auf das Wappenbild als Beischrift (nr. 174). Von der Ausmalung des Chors der Buchenbacher Kirche ist nur mehr wenig erhalten; auf den Rahmenleisten der einzelnen Bildszenen waren Bildbeischriften angebracht, die jedoch bis auf wenige Reste vergangen sind (nr. 219).

Nennenswerte Wandmalereiinschriften aus lutherischen Kirchen sind lediglich in Altkrautheim (Namenbeischriften von Evangelisten und Kirchenlehrern in Schriftbändern und Kartuschen sowie Stiftervermerk) und Waldenburg (auf die Kirchenmusik bezogenes Psalmenzitat in Schriftkartusche) erhalten (nrr. 614, 761). In der Waldenburger Kirche befand sich zudem ein im 17. Jahrhundert entstandenes Weltgerichtsbild mit Bibelzitaten als Bildinschriften (nr. 903). In zwei profanen Gebäuden in Ingelfingen und Künzelsau wurden geringe Reste von auf die Wand gemalten deutschen Reimversen aus dem Ende des 16. oder dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts aufgedeckt (nrr. 531, 762), deren Inhalt sich aber nicht mehr erschließen läßt. Bemerkenswert ist dagegen die 1603 ausgeführte Bemalung der hölzernen Wandvertäfelung in der hinteren Öhringer Ratsstube mit Darstellung der Justitia und des Salomonischen Urteils mit an die Mitglieder des städtischen Gerichts gerichteten mahnenden Beischriften (nr. 573).

Decken- und Wandstuckierungen wurden zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den hohenlohischen Schlössern Neuenstein und Hermersberg geschaffen. Während im Kaisersaal des Neuensteiner Schlosses eine umfangreiche 64-Ahnenprobe des Grafen Philipp von Hohenlohe mit aufgemalten Wappenbeischriften in Schriftbändern (nrr. 577, 578) versehen wurde, beschränkt sich die Inschrift im Saal des Jagdschlosses Hermersberg auf das stuckierte Herstellungsjahr in Verbindung mit dem herrschaftlichen Eheallianzwappen (nr. 631).

Mittelalterliche Glasfenster mit Inschriften haben sich einzig in der Öhringer Stiftskirche erhalten (nr. 66). In zwei Scheiben aus den 1460er Jahren mit Stifterdarstellungen sind den knienden Personen der Name als Wappeninschrift bzw. lateinisches Gebet und Devise in Schriftbändern beigefügt. Als Bildelemente der Kreuzigungs- und der Verkündigungsszene fungieren der Kreuztitulus bzw. der in ein Spruchband geschriebene englische Gruß96). Eine Stifterscheibe mit deutschsprachiger gereimter Marienanrufung aus der Zeit um 1502 in der Ingelfinger Pfarrkirche (nr. 145) ist nur mehr als moderne Kopie überliefert.

[Druckseite 51]

Von 1580 stammt eine nur noch sehr fragmentarisch erhaltene Wappenscheibe in der Öhringer Friedhofskapelle (nr. 395) mit Name und Amtsbezeichnung des Stifters. Aus dem profanen Bereich reiht sich schließlich eine Serie von vier Kabinettscheiben von 1547 mit den Wappen zweier Grafen von Hohenlohe und ihrer Frauen im Öhringer Rathaus an (nr. 260), die jeweils mit dem Namen des Wappenführers und teils mit einer Devise als Umschrift versehen sind.

4.3. Glocken

Die Glocken bilden unter den Inschriftenträgern des Bearbeitungsgebiets nach den mit Grab- und mit Bauinschriften versehenen Objekten die drittgrößte Gruppe (9,7 %). Von den insgesamt 88 Glocken, für die Inschriften überliefert sind, sind noch 53 erhalten97). Von den Glocken, deren Inschriften nur mehr abschriftlich überliefert sind, lassen sich die Verlustumstände nicht immer eindeutig klären. Über ein Dutzend wurde im Ersten Weltkrieg abgeliefert und eingeschmolzen. Fast ebenso hoch war der Verlust in den Jahrzehnten davor, sei es weil schadhafte Glocken eingeschmolzen wurden, sei es weil man alte Glocken für die Anschaffung eines neuen Geläuts opferte. Drei der Glocken wurden bereits im 18. Jahrhundert umgegossen (nrr. 62, 157, 166). Einziger Kriegsverlust des Zweiten Weltkriegs war eine Pfedelbacher Glocke von 1644 (nr. 868).

Die ältesten inschriftlich bezeichneten Glocken98) des Kreisgebiets stammen aus dem (späten) 13. Jahrhundert. Von den drei in Wachsfadenmajuskeln beschrifteten Glocken (nrr. 6, 7, 8) ist nur mehr eine vorhanden, von einer zweiten ist die Inschrift immerhin noch als Abklatsch überliefert. Zwei der Inschriften bestehen aus den vier Evangelistennamen, denen man unheilabwehrende Kraft zuschrieb, einmal erweitert um den Beginn des Ave Maria, einmal um den Glockennamen Osanna. Die dritte Glocke trug den weit verbreiteten Glockenspruch O rex glorie veni cum pace.

Die Inschriften der insgesamt acht Glocken des 14. Jahrhunderts sind noch durchweg in Gotischer Majuskel ausgeführt. Keine von ihnen ist datiert, und keine nennt den Namen des Gießers. Aufgrund der Schriftformen lassen sich die beiden ältesten (nrr. 13, 14) indes eindeutig einem Nürnberger Gießer, wahrscheinlich Hermann Keßler I, zuweisen. Eine Gommersdorfer Glocke aus der zweiten Jahrhunderthälfte (nr. 27) könnte von einem Würzburger Gießer gefertigt worden sein. Drei der Inschriften bestehen wiederum aus dem Beginn des englischen Grußes, fünf aus den Evangelistennamen, davon eine erneut mit dem Spruch O rex glorie veni cum pace (nr. 19), eine mit zusätzlicher Nennung der Namen der Hl. Drei Könige (nr. 13), denen ebenfalls apotropäische Funktion zukam.

Im 15. Jahrhundert wird die Gotische Majuskel von der Gotischen Minuskel abgelöst. Die beiden ältesten datierten Glocken des Bearbeitungsgebiets von 1415 und 1416 (nrr. 35, 36), die auch zugleich als erste eine Gießersignatur nach dem üblichen Formular N. N. me fecit tragen, sind Werke des Nürnberger Meister Sifridus. Neben der Signatur finden sich auf beiden Glocken wiederum jeweils der Spruch O rex glorie … und die vier Evangelistennamen, auf der jüngeren Glocke zudem eine Anrufung der Kirchenpatrone und die auf Glocken häufig anzutreffende metrische Marienanrufung Me resonante pia populi memor esto maria. Beide Glocken weisen ferner Flankenreliefs mit Darstellungen der Muttergottes und der Kreuzigungsgruppe auf. Auch eine undatierte und unsignierte Ave-Maria-Glocke in Rüblingen (nr. 40) ist aufgrund ihrer Schriftmerkmale dem Nürnberger Meister oder seinem Vorgänger Heinrich Grunwalt zuzuweisen. Die Angabe des Gußjahres fehlt in der Folgezeit nur noch selten.

Die frühesten deutschsprachigen Glockeninschriften sind Hilfebitten an Maria, an Gott und an die Kirchenpatrone: 1421 noch in der verballhornten Form m hif maria, 1428 dann hilf s. petrus maria amen, 1453 hilf gott maria (nrr. 38, 41, 58); 1467 schließlich auf der Glocke eines unterfränkischen Gießers verbunden mit einem gereimten Wetterbann: Fleuch hagel und wint, das helf uns maria und ir kint (nr. 69). Die Evangelistennamen bleiben das ganze Jahrhundert hindurch häufiger Bestandteil der Glockeninschriften. Möglicherweise um die Produkte eines Schwäbisch Haller Gießers handelt es sich bei einer Gruppe von vier um 1430 gegossenen Glocken (nrr. 41, 42, 43, 44). 1443 hat der Nürnberger Gießer Konrad Gnotzhamer zwei Glocken in Ingelfingen und Waldenburg gegossen (nrr. 51, 52), beide mit dem Beginn des Ave Maria, die Waldenburger ferner mit einer Meisterinschrift nach dem Formular N. N. me fusit.

[Druckseite 52]

Im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts tritt Meister Daniel von Heilbronn mit drei Glockengüssen im Kreisgebiet in Erscheinung (nrr. 57, 65, 81). Er ist ein Bruder des Reutlinger Gießers Hans Eger, der 1454 eine unsignierte Evangelistenglocke in Bretzfeld (nr. 59) gegossen hat. Auch die Glocken des Meisters Daniel tragen Evangelistennamen, die jüngste in Bitzfeld darüber hinaus den liturgischen Spruch verbum caro factum est de maria virgine und die gereimte aus Glockenname, Weihformel und Meistersignatur kombinierte Glockenrede Osann heis ich, in unser frauen ere lit man mich, meister daniel gos mich. Nachfolger Meister Daniels war der Vetter von dessen Witwe, Bernhart Lachaman99), der ab 1479 die Heilbronner Gießhütte weiterführte. Lachaman dominierte die Glockenproduktion im Bearbeitungsgebiet in den folgenden 40 Jahren eindeutig. Aus dem Zeitraum zwischen 1482 und 1517 sind elf von ihm signierte sowie drei weitere ihm einigermaßen sicher zuweisbare Glocken bezeugt, zwischen 1518 und 1522 folgen drei von seinem gleichnamigen Sohn und Nachfolger gefertigte Glocken. Auf keiner der Lachaman-Glocken wird der Gießort Heilbronn erwähnt. Die Meistersignatur ist stets in die Form der stereotypen Glockenrede bernhart lachaman goss mich gekleidet, die mitunter wie bei der Bitzfelder Glocke Meister Daniels um den Glockennamen (Osanna heiß ich) und eine Weihformel (in gottes/unser frauen ehr leut ich) oder nur um letztere erweitert ist. Der einfache Gießervermerk kann auch mit den Evangelistennamen und/oder einer Anrufung (hilf maria, hilf gott und maria u. ä.) oder dem ausgeschriebenen lateinischen Kreuztitulus verbunden sein.

Neben den Heilbronner Glocken finden sich im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts und im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts insgesamt zehn zumeist anonyme Ave-Maria-Glocken100), von denen einige aufgrund der Schriftmerkmale und der übrigen Glockenzier auf unterfränkische Gießer deuten (nrr. 135, 165, 166, 205), andere einem Nürnberger Gießer in der Nachfolge Konrad Gnotzhamers zuzuweisen sind (nrr. 134, 148). Auf einer dieser Glocken, die 1515 für die Öhringer Stiftskirche gegossen wurde (nr. 191), nennt sich ein anderweitig bislang nicht als Glockengießer in Erscheinung getretener kandengiser. Ein Jost Glockengießer, dessen Gießhütte man bisher noch nicht lokalisieren kann101), hat 1493 eine Hohebacher Evangelistenglocke signiert. Als weiteres Formular enthält diese Glocke eine ungewöhnliche deutsche Version des O rex glorie …: O kunnic diner eren kund [!] uns in frieden. Demselben Gießer ist vielleicht auch eine Glocke in Neunstetten von 1499 (nr. 129) zuzuweisen mit dem hinlänglich bekannten Formular Osanna heis ich, in unser fraen und s. jorgen er lut man mich.

Eine 1527 von dem Münchener Wolfgang Steger (I) gegossene Glocke in Kloster Schöntal (nr. 220) trägt als erste im Hohenlohekreis eine Inschrift in Kapitalis, bestehend aus Glockenname (Susana heis ich) und Gußvermerk. Da ein Wirken dieses Gießers allerdings sonst im weiten Umkreis württembergisch Frankens bislang nicht festzustellen ist, könnte es sich um eine erst später zu unbekanntem Zeitpunkt ins Bearbeitungsgebiet verbrachte Glocke handeln.

Die wenigen Glocken aus der Mitte und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind fast durchweg Werke der Nürnberger Gießhütte, lediglich eine 1585 für die Kirche in Schwabbach im äußersten Südwesten des Kreisgebiets gegossene Glocke, über deren Inschrift außer dem Gußjahr nichts überliefert ist (nr. 422), wurde von dem Heilbronner Gießer Johann Bechthold Meslang gefertigt. Wie von erhaltenen Glocken Meslangs in Lauffen und Kloster Comburg bekannt ist, verwendete er für seine Inschriften die Kapitalis102). Die Schrift der Nürnberger Glocken ist dagegen noch ausschließlich die Gotische Minuskel. Einzige Inschrift einer nicht erhaltenen Glocke in Dörrenzimmern aus der Mitte des 16. Jahrhunderts (nr. 239) war das gloria patri et filio et spiritui sancto. Gießer war sicherlich der Nürnberger Hans Glockengießer, der diesen Text der Meßliturgie auch anderweitig als Glockeninschrift verwendete. Zwei weitere Glocken des Hans Glockengießer sind signiert nach dem Formular zu gottes dienst und lob bzw. zu gottes lob und ehr gehor ich, hans glockengießer zu nurnberg gus mich mit anschließender Angabe des Gußjahrs. Demselben Schema folgt die Inschrift einer Glocke von Hans’ Stiefsohn Christoph Glockengießer, der sich seit 1569 (nicht jedoch in den Inschriften seiner Glocken) Rosenhart nannte, sowie – ohne Angabe des Gußjahrs – die Inschriften dreier Glocken von dessen gleichnamigem Sohn (nrr. 550, 551, 552)103). Christoph d. Ä. bediente sich daneben für drei Glocken des als Devise der Protestanten geltenden Bibelspruchs gottes wort bleibt ewig mit dem Zusatz glaub dem mit that bist selig sowie anschließendem Gießervermerk (nrr. 400, 463, 490). Wesentlich umfangreicher ist die in zwei Zeilen an der Schulter umlaufende Glockenrede auf einer Kupferzeller Glocke Christophs d. Ä. von 1573 (nr. 356), die in acht Reimversen verfaßt ist [Druckseite 53] und außer dem Gußjahr und dem Gußauftrag an den Gießer durch das pfarvolck des kupferzelers ampt auch die Namen des damals amtierenden Pfarrers und des Schultheißen nennt.

Ein uneinheitliches Bild bieten schließlich die Glockeninschriften ab dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Die Schrift ist nunmehr, soweit man dies aus den noch vorhandenen Glocken ersehen kann, offenbar durchweg die Kapitalis, lediglich für eine verlorene Ingelfinger Glocke von 1650 (nr. 891) gibt es Indizien, die für eine Ausführung der Inschriften in Fraktur sprechen könnten. Die Glocke eines unbekannten Gießers von 1616 in Gommersdorf (nr. 671) trägt ein Gotteslob in Form eines lateinischen Psalmenzitats, das noch einmal auf einer Untersteinbacher „Friedensglocke“ von 1650 wiederkehrt (nr. 896); das Formular einer Krautheimer Glocke des Mainzer Gießers Peter Reutter von 1620 (nr. 706) besteht aus der Gießersignatur mit Angabe der Gießhütte Mainz und aus dem ausgeschriebenen Kreuztitulus. Einzig eine Glocke des Dinkelsbühler Gießers Adam Iligan (nr. 771) verwendet die andernorts beliebte Glockenrede Durchs feir flos ich, N. N. gos mich – wiederum mit Angabe der Gießhütte. Außerdem wird, wie schon auf der Kupferzeller Rosenhart-Glocke, der amtierende Schultheiß genannt. Einzelne Amtsträger werden auch auf einer Öhringer und einer Untersteinbacher Glocke erwähnt (nrr. 779, 896).

In deutschen oder lateinischen Versinschriften kann die Funktion der Glocke thematisiert werden, die Gläubigen zum Kirchenbesuch zu ermahnen (nrr. 779, 891) sowie freudige und traurige Ereignisse anzuzeigen (nr. 868). Bemerkenswert ist, daß in einem Fall ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß – im Gegensatz zu den früheren Wetterbannsprüchen – die Glocke nicht in der Lage sei, Unwetter zu vertreiben (nr. 891). Auf einer von den lothringischen Wandergießern Jakob und Jean Gerard gegossenen Öhringer Glocke von 1627 ist zweier Grafen von Hohenlohe mit ausführlicher Titulatur als der Auftraggeber gedacht. Die Nennung des regierenden Grafen, jeweils in Verbindung mit der Abbildung des hohenlohischen Wappens, ist auf zwei weiteren Glocken von 1644 und 1650 zu konstatieren. Unter vier kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges gegossenen Glocken, von denen drei bezeichnenderweise den Frieden zum Thema haben, sind zwei Produkte des Nürnberger Gießers Leonhard Löw (nrr. 887, 889), jeweils mit lateinischer Meistersignatur und üppigen Ornamentfriesen versehen. Ungewöhnliche Glockenzier in Form von (nach der Natur abgegossenen?) Amphibien zeigte schließlich eine Pfedelbacher Glocke von 1644 (nr. 868).

4.4. Kirchliche Ausstattungsgegenstände und Geräte

An mit Inschriften versehenen Gegenständen der mittelalterlichen Kirchenausstattung hat sich im Hohenlohekreis fast nichts erhalten. Noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts dürfte ein Taufstein in Krautheim mit den vier Evangelistennamen und dem Namen des hl. Petrus gefertigt worden sein (nr. 54). Ein Weihwasserbecken von 1507 in Unterginsbach ist lediglich mit dem Herstellungsjahr bezeichnet (nr. 162). Ebenfalls aus dem beginnenden 16. Jahrhundert stammen die geschnitzten Figuren einer Kreuzigungsgruppe in Untersteinbach (nr. 142), auf deren flachen Rückseiten die Gestalten der Maria und des Evangelisten Johannes in gemalten Versionen wiederholt sind. Ihre Nimben sind mit lateinischen Anrufungen in Frühhumanistischer Kapitalis beschriftet. Ein Dreisitz in der Öhringer Stiftskirche schließlich trägt wiederum nur eine Datierung (nr. 180). Im Zusammenhang mit der spätmittelalterlichen Wallfahrt zur Marienkapelle in Neusaß ist eine auf Pergament gemalte Ablaßtafel zu sehen, auf der nach einem einleitenden Hinweis auf die Gründung des (später nach Schöntal verlegten) Klosters in Neusaß die dem Zisterzienserorden gewährten Ablässe in deutscher Sprache aufgezählt waren (nr. 267).

Aus nachreformatorischer Zeit finden sich in lutherischen Kirchen einige wenige mit Jahreszahlen bezeichnete Gestühle und Emporen (nrr. 333, 435, 470, 569). Ob die zinnerne Taufbeckenauskleidung von 1591 mit gereimter Stifterinschrift, die sich in der Waldenburger Pfarrkirche befindet (nr. 465), tatsächlich von dort stammt, ist unsicher. Im 17. Jahrhundert sind dann vor allem die Kanzeln Träger von Inschriften. Neben bloßer Datierung oder Meistersignatur (nrr. 609, 657) bestehen die Inschriften zumeist aus Bibelzitaten, die sich auf die Kanzel als den Ort der Verkündung von Gottes Wort beziehen: Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein (nr. 509); verbum domini manet in aeternum (nr. 678) und die deutschsprachige Entsprechung (nr. 684); Rufe getrost, schone nicht, erhebe die Stimme wie eine Posaune (nr. 894). Im Innern des Schalldeckels der Waldbacher Kanzel von 1618 wurden zwei – von außen nicht sichtbare – Fertigungsvermerke des Bildhauers und des Mesners angebracht (nr. 684), und die Kanzelsäule in Waldenburg (nr. 509) trägt eine Malersignatur. Das Bildprogramm des zugehörigen Kanzelkorbs mit typologischen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und mit erläuternden gereimten deutschsprachigen Bildbeischriften in Rahmenstreifen stammt in seiner heutigen Form zwar erst aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, könnte aber auf einer ursprünglichen Fassung aus der Entstehungszeit der Kanzel 1597 beruhen.

[Druckseite 54]

Eine Altarmensa in Crispenhofen trägt die Jahreszahl 1600 (nr. 525); ein kleinformatiges, aus Kalkstein gefertigtes Altarretabel von 1630 aus der Kapelle St. Wendel am Stein (nr. 806) mit Bildrelief und Darstellung des betenden Stifters ist mit einem ausführlichen Stiftervermerk versehen. Der Stifter, Kornett eines kurbayerischen Regiments, war vermutlich Katholik. Die übrigen inschriftlich bezeichneten Altäre aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts wurden für katholische Kirchen geschaffen. Alle fünf zwischen 1628 und 1641 in der Schöntaler Klosterkirche errichteten Altäre, von denen vier in der Forchtenberger Kern-Werkstatt gefertigt wurden, sind mit im Sockel des Retabels plazierten lateinischen Setzungsvermerken versehen. Diese bestehen aus der Aufzählung der Heiligen, zu deren Ehre der jeweilige Altar geschaffen wurde (ad laudem/ad gloriam/in honore), dem eigentlichen Setzungsvermerk (posuit/posita est) mit Datierung sowie in vier Fällen aus der Angabe des Auftraggebers (Abt oder Konvent). Der Krautheimer Kreuzaltar aus dem Ende des Bearbeitungszeitraums (nr. 883) trägt neben den Namen der Stifter den zur Kreuzigungsdarstellung passenden Spruch crucifixus etiam pro nobis im Sockel. Ähnlich gestaltet ist ein 20 Jahre älterer Krautheimer Epitaphaltar, der als Inschrift im Sockel den Beginn des Hymnus Veni creator spiritus aufweist (nr. 795).

Der erhaltene Bestand an inschriftlich bezeichneten liturgischen Geräten aus der Zeit vor der Reformation beschränkt sich auf acht Kelche, von denen die beiden ältesten aus dem späten 14. Jahrhundert stammen. Von einem neunten sind die Inschriften nur mehr kopial überliefert. Zumeist handelt es sich um die auf Schaft oder Nodus angebrachten Namen von Jesus und/oder Maria in der Funktion von Anrufungen, auf einem Niedernhaller Kelch (nr. 25) auch in der Form maria hilf. Auf zwei Kelchen ist lediglich das Herstellungsjahr eingraviert. Ein 1461 in die Öhringer Stiftskirche geschenkter Kelch trug die Inschrift da gloriam deo (nr. 64), offenbar eine Devise des Stifters, die jedenfalls auch auf einer von diesem mitfinanzierten Fensterscheibe inschriftlich ausgeführt wurde (nr. 66).

Eine Waldenburger Hostiendose von 1591 trägt ebenso wie ein Kelch von 1628 und eine Abendmahlskanne von 1640 in Pfedelbach Bibelzitate, die sich auf das Abendmahl beziehen (nrr. 464, 793, 853). Aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts ist in evangelischen Kirchen eine größere Zahl von Abendmahlskannen, Kelchen, Patenen und Hostiendosen mit Inschriften erhalten. Zum Teil beschränken sich ihre Inschriften auf den Namen des Stifters und das Jahr der Herstellung oder der Schenkung. Mitunter finden sich aber auch vollständige Stiftervermerke (nr. 808: Zur Ehre und Liebe Gottes verehrte mich in die Kirchen zu Waldenburg …), besonders ausführlich auf einer Pfedelbacher Kanne von 1640 (nr. 853). Auf dieser sind nicht nur die Namen der dreizehn Stifter aufgeführt, sondern es wird außerdem der Stiftungszweck hervorgehoben, daß die Kanne in der Kirche verbleiben solle, solange die Kirchengemeinde bei der unverenderten Augspurgischen Confession und reinen evangelischen lutherischer Religion bestendig halten wirt. Zur zusätzlichen Sicherung der Bestimmung wird zudem auf eine hierüber ausgestellte Stiftungsurkunde verwiesen. Ein Bitzfelder Kelch und eine zugehörige Patene von 1642 besitzen in Reimversen abgefaßte Stifterinschriften (nrr. 862, 863).

Aus katholischen Kirchen des Kreisgebiets sind nur zwei nachreformatorische Kelche mit Inschriften auf uns gekommen. Beide wurden im 17. Jahrhundert ins Kloster Schöntal gestiftet (nrr. 846, 901), und beide sind mit Jesus- und Marienmonogrammen als Anrufungen versehen, der ältere zeigt zudem neben dem Wappen und den Nameninitialen des Abts die Wappen der hll. Benedikt und Bernhard mit Beischriften.

Zitationshinweis:

DI 73, Hohenlohekreis, Einleitung, 4. Die Inschriftenträger (Harald Drös), in: inschriften.net, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di073h016e006.

  1. Die Tumba wurde 1725 zu einem Wandgrabmal umgestaltet und im Chor der Stiftskirche neu errichtet; vgl. Kap. 6»
  2. Zur Terminologie vgl. Seeliger-Zeiss, Grabstein oder Grabplatte 289. »
  3. Auf der Grabplatte der Amalia von Berlichingen geb. von Grumbach von 1612 (nr. 650) eine doppelte Vierahnenprobe für die Verstorbene und für ihren Ehemann. »
  4. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) VII. Bü 181 (Stetten); vgl. Kap. 3»
  5. Zur Datierung in Inschriften vgl. allg. Glaser/Bornschlegel, passim; für Frankreich: Robert Favreau, La datation dans les inscriptions médiévales françaises, in: Bibliothèque de l’École des Chartes 157 (1999) 11–39. »
  6. Ähnlicher Befund im Main-Tauber-Kreis; vgl. DI 54 (Mergentheim) Einl. XXXIX. »
  7. Die Textfassung der Inschrift nr. 21 †, die ebenfalls eine Datierung nach dem Festkalender aufweist, ist in der überlieferten Form vermutlich das Ergebnis einer späteren Überarbeitung (des 16. Jh.?) und kommt daher für eine Formularauswertung hier nicht in Betracht. »
  8. Auch in anderen Zisterzienserklöstern ist ein langes Festhalten an der römischen Tagesdatierung festzustellen: in Bronnbach bei Grabschriften für Äbte bis 1544, für andere Konventualen sogar vereinzelt bis 1611 (vgl. DI 1 [Bad. Main- u. Taubergrund] nrr. 269, 297, 300); in Maulbronn für Äbte bis 1557 (vgl. DI 22 [Enzkreis] nr. 214); in Eberbach bis 1571, dann erneut 1618 (vgl. DI 43 [Rheingau-Taunus-Kreis] nrr. 480, 575); in Ebrach mit Unterbrechungen bis zur Mitte des 17. Jh. (vgl. DI 18 [Lkr. Bamberg] nrr. 149, 150, 298, 336). »
  9. An die Stelle von entschlafen tritt bisweilen eingeschlafen, im vorliegenden Material allerdings erst in der 1. H. 17. Jh. »
  10. Vgl. den ähnlichen Befund im ehem. Landkreis Mergentheim: DI 54 (Mergentheim) Einl. XLI. »
  11. Vgl. ebd. Einl. XLII. »
  12. Vgl. auch nr. 727 mit dem Spruch Mt 18,14: Es ist von eurem Vater im Himmel nicht der Wille, daß jemand unter diesen Kleinen verloren werde»
  13. 248 der 906 Katalogartikel enthalten eine oder mehrere Bau- oder Hausinschriften. Wegen der teilweise in Sammelnummern zusammengestellten Inschriften lassen sich keine exakten Prozentzahlen errechnen. »
  14. In einer Öhringer Bauinschrift von 1506 steht anstelle des fehlenden Satzprädikats am Schluß kurioserweise nur etcetera (nr. 158). »
  15. Werkmeister Michel Kern II von Forchtenberg verewigte sich vier Jahre später an der ebenfalls von ihm errichteten Schöntaler Jagstbrücke nicht nur mit seinem Namen sondern auch mit einem Selbstporträt (nr. 622). »
  16. Vgl. auch nr. 519 mit dem Psalmenzitat Gott sei uns gnädig und segne uns … »
  17. Vgl. auch die Inschrift zur Einweihung des Waldbacher Friedhofs auf einem Epitaph von 1604 (nr. 582): Nun steht er in Gottes Hand, zu Katharina ist er genandt»
  18. Zu einer verlorenen, etwa fünfzig Jahre jüngeren Öhringer Bildscheibe mit Wappen des Bischofs von Würzburg und Versbeischrift vgl. nr. 173»
  19. Bei den beiden Glocken im unzugänglichen Dachreiter der Altdorfer Kapelle (nrr. 268, 549) ließ sich nicht feststellen, ob es sich noch um die Glocken des 15./16. Jh. handelt oder ob diese seit dem 19. Jh. durch ein neues Geläut ersetzt wurden. »
  20. Vgl. allg. Heinrich Otte, Glockenkunde, Leipzig 21884; Karl Walter, Glockenkunde, Regensburg Rom 1913 sowie die Einleitungen der Bände des Deutschen Glockenatlas. »
  21. Vgl. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 32. »
  22. Vgl. ferner die nicht näher datierbaren Glocken nrr. 546, 549»
  23. Vgl. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 34; Dt. Glockenatlas Baden 86. »
  24. Vgl. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 69. »
  25. Vgl. Dt. Glockenatlas Mittelfranken 43–46, 455. »