Die Inschriften der Stadt Hildesheim

8. Nicht aufgenommene Inschriften

8. 1. Inschriften fremder Provenienz

Dom-Museum. Glocke, zum Zeitpunkt der Aufnahme im Durchgang zur Antoniuskirche vor dem Eingang zur Sakristei. Die im Jahr 1354 gegossene Glocke, auf der die Namen der vier Evangelisten angebracht sind, stammt nicht aus Hildesheim, sondern aus Schellerten-Dinklar (freundliche Aus­kunft von Frau Dr. Elisabeth Scholz †, Dom-Museum Hildesheim). [Druckseite 69]

Hannover, Kestner-Museum, Inv. Nr.: Hist. Slg. 552–554. Drei gewebte Borten, jeweils mit der Inschrift: memoriale fratris iohannis de ruden. Es ist nicht erweisbar, ob die Borten bereits vor 1650 in Hildesheim im Gebrauch waren. Näheres dazu s. Kat. Schatzkammer auf Zeit, S. 169–171.

„Hildesheimer Pergamenttafel“ (vgl. Rieckenberg, Katechismus-Tafel, S. 570f.). Die Tafel ist im Original erhalten in Berlin, Deutsche Staatsbibliothek Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Ms. lat. fol. 325. Auf acht Pergamentblättern auf Eichenholztafeln ist eine Weltchronik aufgezeichnet, die am Schluß chronikalische Mitteilungen aus Hildesheim und Braunschweig enthält. Die Hildes­heimer Provenienz ist nicht sicher erweisbar; die regionalgeschichtlichen Einträge deuten eher darauf hin, daß die Tafel aus Braunschweig stammt.

Roemer-Museum. Gobelin mit einer Darstellung der Opferung Isaaks und einer Ahnenprobe der Anna Elisabeth von Schachten aus dem Jahr 1600. Vgl. Der Deutsche Herold XVIII (1887), S. 103 mit Abb. nach S. 110. Die Ahnenprobe gibt keinen Hinweis auf Hildesheimer Familien.

Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum, Landesgalerie, Inv. Nr. HS 944. Wandelaltar aus Markoldendorf vom Ende des 15. Jahrhunderts, nachgewiesen bei Mithoff, Kunstdenkmale, S. 201 und Slg. Rieckenberg, S. 473. Der Altar befand sich im Erfassungszeitraum nicht in Hildesheim.

St. Andreas. Reliquiar der Makkabäer. Die von Kratz, Notizbuch (DBHi, HS C 1589a, S. 79) über­lieferten Inschriften auf einem Reliquiar der Makkabäer in St. Andreas sind dem Überlieferungs­kontext zufolge auf einer Reise durch das Rheinland (wahrscheinlich in Köln) und nicht in Hildesheim aufgezeichnet worden.

Roemer-Museum. Schlichthobel mit der Inschrift paitl /walher // 1580.

Roemer-Museum. Türaufsatz des Schuhhofs mit Darstellung einer Schuhmacherwerkstatt. Die Türbekrönung ist nicht vor dem frühen 19. Jahrhundert in Hildesheim nachzuweisen172) und stammt wahrscheinlich nicht aus Hildesheim.

Roemer-Museum. Inv. Nr.: H 8153. Pulverhörnchen von 1621. Das auf dem Pulverhörnchen angebrachte Wappen ähnelt zwar dem des Bistums Hildesheim, tatsächlich handelt es sich aber nicht um dieses Wappen. Folglich ist kein Indiz für die Hildesheimer Provenienz dieses Stücks gegeben.

Roemer-Museum. Inv. Nr.: 372. Pulverhörnchen.

Roemer-Museum. Inv. Nr. 1013. Mörser.

8. 2. Inschriften außerhalb des Erfassungszeitraums

Gemme auf der Goldenen Madonna Bischof Bernwards. Sie stammt nicht aus dem Erfassungszeit­raum, sondern aus dem 2./3. Jahrhundert (Auskunft Dr. Antje Krug, Berlin).

St. Andreas, ehem. südöstliche Kapelle. Schlußstein aus dem 15. Jahrhundert mit dem Symbol des Evangelisten Johannes und der in Kapitalis ausgeführten Beischrift S. IOHANNES. Die Buchsta­benformen legen eine Entstehung deutlich nach 1650 nahe. Dasselbe gilt für die Beischriften auf zwei Schlußsteinen mit den Symbolen der Evangelisten Matthäus und Markus.

Kurzer Hagen 15 (no. 1838). Die in Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 290 für dieses Haus überlieferte Jahreszahl 1534 ist nach Struckmann, S. 104, Nr. 751 erst im Rahmen der Renovierung im Jahr 1890 angebracht worden und gehört nicht ursprünglich zu diesem Haus. [Druckseite 70]

Roemer-Museum. Wappenscheiben mit den Inschriften: ALBERDT DICKBEIN / CATTARINA NEVELANDT (Inv. Nr.: H 1490); S(ANCTI) IOHANNIS EVANGELISTE (Inv. Nr.: H 1308); M. Hinrich Ficke (Inv. Nr.: H 1335). Da der Verbleib der Scheiben nicht geklärt werden konnte und folglich keine Autopsie möglich war, muß offenbleiben, ob die Inschriften in den Erfassungs­zeitraum gehören.

Dom. Epitaph des Kanonikers Johannes von Westerholt († 1647). Die in Form eines auf die Spitze gestellten Quadrats ausgeführte Metalltafel ist aus stilkritischen Gründen in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zu datieren (vgl. Kat. Ego sum, S. 312, G 67 mit Abb.).

8. 3. Seriell oder für andere Orte gefertigte Inschriften

Bernward-Ziegel. Ziegelbruchstücke vom Dom mit der Prägung: BERNWARD(VS). Es handelt sich hierbei um Prägungen mit Hilfe eines Stempels, nicht um individuell ausgeführte Inschriften. Die Prägungen der Bernward-Ziegel sind ediert von Rieckenberg, in: Berges/Rieckenberg, Nr. 25, S. 150f. mit Abb. 31. Vgl. auch Kruse, Hildesheimer Dom, S. 361–382, Abb. S. 378.

Dom-Museum (DS 20) und Privatbesitz. Zwei Reliquiare mit großem Bergkristall (um 1170/80). Es ist nicht erweisbar, daß die Reliquiare in Hildesheim im liturgischen Gebrauch waren. Sie finden sich in keinem der älteren Domschatzverzeichnisse. Die bescheidene Machart und die gleichartige Gestaltung lassen auf eine serielle Herstellung in einer Hildesheimer Werkstatt schließen, die auch für auswärtige Besteller gearbeitet hat (vgl. Kat. Schatzkammer, S. 134ff.; Kat. Abglanz des Himmels, S. 188f., Abb. S. 164).

Heilig Kreuz. Abdrucke von Hohlpfennigen mit dem Buchstaben S. Vgl. Slg. Rieckenberg, S. 357.

Keramikfunde aus der Grabung Josephinum-Leunishof. Die Inschriften auf den als Importware nach Hildesheim gekommenen Keramikfunden sind wiedergegeben in: Frank Both: Die Keramik der Ausgrabung Josephinum-Leunishof am Hildesheimer Dom. In: Kruse, Hildesheimer Dom, S. 306.

8. 4. Texte, deren inschriftliche Ausführung unsicher ist

Im Reliquienverzeichnis von 1680 (HSTA Hann. Hild. Br. 2 E Nr. 1731) sind Signaturen einzelner capsulae oder auch Reliquienbeischriften (z. T. mit Angabe der Reliquienherkunft) genannt, für die jeweils nicht entschieden werden kann, ob sie inschriftlich ausgeführt oder nur auf beigegebenen Pergament- oder Papier-Schedulae aufgeschrieben waren.

Gedenkinschrift des Pyrgallus auf Bischof Godehard aus dem frühen 16. Jahrhundert. Vgl. Blum, Fürstenthum Hildesheim 2, S. 130.

8. 5. Fälschungen

Die zwei Epitaphien für Bischof Ekkehard von Schleswig († 1026) und für die Äbte von St. Michaelis, Konrad und Segebert († 1079, † 1124), sind ohne weitere Angaben zu Ausführung und Anbringungsort nur in der Handschrift Mscr. Dresd. A 72 (15./16. Jahrhundert) der Sächsischen Landesbibliothek Dresden, die wohl aus dem Kloster St. Michaelis in Hildesheim stammt, überlie­fert (fol. 147r). Die Texte liegen in einer Edition Rieckenbergs (B/R, S. 157f.) vor.

Bischof Ekkehard von Schleswig wurde vermutlich um 1000 von seinem Bischofssitz in Schleswig vertrieben und hielt sich wie Benno von Oldenburg (vgl. Nr. 20) als Exilbischof in Hildesheim auf. Er hat Bischof Bernward bei zahlreichen Gelegenheiten vertreten, unter anderem bei der Weihe Aribos zum Erzbischof von Mainz im Jahr 1020 und auf der Frankfurter Synode vom 15. August 1001. In Hildesheim hat er sowohl an der Weihe der Krypta von St. Michaelis als [Druckseite 71] auch an der Teilweihe der Kirche selbst teilgenommen. Er ist am 2. August 1026 in Hildesheim gestorben.173) Die beiden in dem zweiten Epitaph als Äbte genannten Konrad und Segebert lassen sich mit dem an dritter Stelle der Abtliste von St. Michaelis genannten Sigbert und einem der beiden an fünfter und sechster Stelle genannten Äbte namens Konrad identifizieren. Der erste Abt dieses Namens ist 1108 und 1110 urkundlich bezeugt.174) Abt Segebert ist Rieckenberg zufolge 1079 gestorben (B/R, S. 157). Der fünfte Abt Konrad und Abt Segebert waren nach Auskunft des Nekrologs von St. Michaelis vor dem Kreuz-Altar begraben.175)

Die beiden Epitaphien sind mit Ausnahme der Verse, in denen die Namen und die eigentliche Todes- oder Begräbnisnachricht enthalten sind, nach Art eines Cento aus Vergil- und Ovid-Versen zusammengesetzt. Mit den Übernahmen gerade aus der Aeneis ließ sich das Exilantenschicksal des von seinem Bischofssitz in Schleswig vertriebenen Bischofs Ekkehard einigermaßen einleuchtend in ein Grabgedicht fassen. Das zweite Epitaph hingegen erweist sich als sprachlich unkoordiniertes System von Zitaten, die bis auf die letzten drei Verse keinen faßbaren Sinn ergeben. Daß ein solches Epitaph auf einer Grabplatte des 12. Jahrhunderts ausgeführt war, ist unwahrscheinlich. Im übrigen finden sich derartige Centones unter den mittelalterlichen Grabschriften durchaus selten. Um so erstaunlicher ist es, daß in Hildesheim gleich zwei Beispiele dieser Art ausgeführt gewesen sein sollen. Bereits Rieckenberg (B/R, S. 159) hat beide Epitaphien aufgrund stilistischer Gemein­samkeiten einem einzigen Autor zugeschrieben. Da Abt Segebert im Jahr 1079, sein Neffe Konrad aber erst 1124 gestorben ist, kann nicht derselbe Autor sowohl beim Tod des Ekkehard († 1026) als auch beim Tod des Konrad jeweils ein Grabgedicht verfaßt haben.

Insbesondere die Art der Aufzeichnung dieser beiden Texte in der Dresdener Handschrift legt nahe, die beiden „Grabgedichte“ nicht als kopiale Überlieferung zweier verlorener Inschriften an­zusehen. Beide Texte weisen auffallend viele Korrekturen auf. Rieckenberg hat diesen Sachver­halt damit zu erklären versucht, daß der Schreiber eine mangelhafte Vorlage zu kopieren hatte (B/R, S. 159). Der Befund ist aber vermutlich anders zu deuten. Die Autopsie der Dresdener Handschrift läßt erkennen, daß die grobe Adaptierung der Vergil- und Ovid-Verse auf die Viten Bischof Ekkehards und der Äbte Konrad und Segebert beim Schreiben dieser Handschrift stattge­funden hat. Zahlreiche Korrekturen zeigen graphisch die zum Teil schrittweise erfolgte oberflächliche An­passung der Zitate an den neuen Verwendungszusammenhang. Insbesondere dann, wenn Orts- oder Personennamen in den Hexameter integriert werden mußten, häufen sich die größtenteils metrisch bedingten Korrekturen. Das deutet klar darauf hin, daß nicht eine schwer lesbare inschriftliche Vorlage die Fehler veranlaßt hat, sondern daß der Dresdener Codex zwei vom Ver­fasser oder Schreiber der Handschrift stammende, weitgehend unsinnige Grabgedichte überliefert, die aus dem Rohmaterial antiker Klassiker zusammengestellt worden sind und in dieser Form sicher niemals inschriftlich ausgeführt waren.

8. 6. Sonstiges

Hohe Domkirche/Roemer-Museum. Markierungsbuchstaben A, D und G auf drei Zungenblattka­pitellen aus dem Westriegel des Doms. Die unterschiedliche Buchstabenhöhe und die Tatsache, daß sämtliche Buchstaben dem ersten Teil des Alphabets entnommen sind, legen nahe, sie nicht für Reste einer über mehrere Kapitelle verlaufenden Inschrift, sondern für Markierungsbuchstaben zu halten. Vgl. Karl Bernhard Kruse: Zungenblattkapitelle aus dem Westriegel Bischof Godehards 1022–1038. In: Kat. Ego sum, S. 93–100; Kruse, Hildesheimer Dom, S. 116f.

Die Bernward-Patene aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ist in DI 35 (Stadt Braunschweig I), Nr. 20 bearbeitet worden.

Wandmalereien in einer Kapelle des Gymnasium Josephinum, die heute zum Bereich des Dom-Museums gehört. Die geringen Reste der mit Inschriften versehenen, heute vollständig verlorenen [Druckseite 72] Wandmalerei überliefert das um 1900 entstandene Photo NLD Fotothek, Repro 20104. Von den Inschriften ist kein Buchstabe sinnvoll zu transkribieren.

Hohe Domkirche, St. Annenkapelle. Schlußstein mit Darstellung des Löwen, der sein Junges er­weckt. Nach Zeller (Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 138), der sich an dieser Stelle auf Mithoff beruft, war der Löwe mit einer Umschrift hodie leo celestis vnicu(m) catulu(m) suu(m) jubilando resuscitavit umge­ben. Bei Mithoff, Kunstdenkmale, S. 122, Anm. 2 heißt es hingegen, daß dieser Text als Unter­schrift unter einem Bild des Löwen in einem Osterbrevier der Bibliothek des Gymnasium Josephinum gestanden hat.

Roemer-Museum. Tafel. Wachs auf Holz. Auf der Tafel sind die Abrechnungen des Hildesheimer Rats angebracht.

Zitationshinweis:

DI 58, Stadt Hildesheim, Einleitung, 8. Nicht aufgenommene Inschriften (Christine Wulf), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di058g010e006.

  1. Vgl. Wilhelm Knieß: Neues vom Schuster-Christus. In: Hildesheimer Heimat-Kalender (1991), S. 113–118, hier S. 116–118. »
  2. Alle Daten nach Goetting, Bistum Hildesheim, S. 192, 200, 216 u. 227. Weitere Nachweise zur Biographie Bischof Ekkehards bei Rieckenberg in B/R, S. 160. »
  3. Die Abtreihe ist in dieser frühen Zeit nicht sicher belegt, vgl. Germania Benedictina VI, S. 241 (Faust).  »
  4. Leibniz, Scriptores 2, S. 105 u. S. 109. »