Die Inschriften des Doms zu Halberstadt

Hinweis: Diese Einleitung enthält Abweichungen gegenüber der Druckfassung. Alle Von-Bis-Angaben bei Verweisen auf Katalognummern (z. B. Nr. 213223) wurden aus Referenzierungsgründen zu kommaseparierten Listen aufgelöst.

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Etliche Inschriften, die sich am Domgebäude, auf Ausstattungsstücken oder an den Paramenten und Goldschmiedearbeiten befinden, wurden nicht aufgenommen, weil sie mit der Definition von Inschriften, die Rudolf Kloos geprägt hat, nicht in Einklang zu bringen sind. Danach sind Inschriften „Beschriftungen verschiedener Materialien …, die von Kräften und mit Methoden hergestellt sind, die nicht dem Schreibschul- und Kanzleibetrieb angehören.“308)

Obwohl die in der folgenden Aufzählung erwähnten Stücke alle erfaßt und aufgenommen wurden, müssen sie hier aus methodischen Gründen – z. T. in der Hoffnung auf eine spätere, getrennt erscheinende Publikation – unveröffentlicht bleiben. Deshalb kommen etwa Authentiken für Reliquien, deren es im Halberstädter Dom natürlich eine Vielzahl gibt, die jedoch mit Methoden des Kanzleibetriebes angefertigt worden waren, in diesem Band nicht vor.

Zu diesen gehören die Authentiken aus der Reliquienkapsel, die unter der Inv. Nr. 27 im Domschatz aufbewahrt wird.309) Diejenigen des Reliquienkreuzes Inv. Nr. 34, des Armreliquiars Inv. Nr. 427 oder des Straußeneireliquiars Inv. Nr. 18 wurden ebenso ausgeschlossen wie die Cedulae unterschiedlicher Provenienz, die unter den Inv. Nr. 53 a–g, 71 a, 76, 646, 648 verzeichnet sind, eine ohne jegliche Inventarnummer sowie zahllose weitere.310) Auch die im Reliquiar Inv. Nr. 16 und 17 aufbewahrten Authentiken und die im Reliquienbehältnis der heiligen Elisabeth, Inv. Nr. 48, verwahrten Cedulae konnten nicht berücksichtigt werden.311) Etliche Authentiken, die dem Bearbeiter bekannt geworden sind, ohne daß der Zusammenhang mit bestimmten Reliquiaren oder der Überlieferungszusammenhang geklärt werden konnte, sind ebenfalls nicht veröffentlicht. Weitere Cedulae befinden sich in den Armreliquiaren Inv. Nr. 22 (Stephanusreliquiar), 23 (verschiedene Heilige) und 70 (Jacobus Maior).312) Ein Pergamentstreifchen mit der Aufschrift Gripelwaltdeus, das am Futter einer Dalmatika (Inv. Nr. 194) wahrscheinlich einen Hinweis auf den aus Greifswald stammenden Besitzer gibt, konnte ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Einige pseudokufische Inschriften, die sowohl auf dem Halberstädter Schrank (Nr. 21) als auch im Gewebe einiger Gewänder zu sehen sind, können nicht aufgenommen werden, da es sich nicht um echte Inschriften handelt.

Auch die Ergebnisse des aufsehenerregenden Fundes eines Kreuzreliquiars aus Speckstein im Haupt der Christusfigur der Triumphkreuzgruppe des Halberstädter Doms, zu dem auch Papierfragmente [Druckseite LVIII]

mit griechischen Schriftzeichen gehören, sind hier nicht zu behandeln, da sich die Zettel nicht in die Definition von Inschriften einfügen.313)

Zu den nicht als Inschriften definierten Gegenständen mit Schriftauftrag gehören auch die über Modeln gefertigten brakteatenförmigen Plaketten und Beckenschlägerschüsseln oder Massenware wie Ofenkacheln. Die mit Plaketten versehenen Marienmäntelchen zum Bekleiden von Marienstatuen, von denen im Halberstädter Domschatz noch eine ganze Reihe vorhanden sind, fallen ebenfalls aus der Publikation heraus. Es handelt sich um die unter den Inv. Nr. 161, 164, 165, 166, 170, 171 und 173 aufbewahrten Stücke. Plaketten, die meistens nur einen verzierten Buchstaben zeigen, weisen auch die Velen auf, die unter den Inv. Nr. 126 und 163 aufbewahrt werden, sowie ein Aurifrisium (Inv. Nr. 187) und eine Stola (Inv. Nr. 343). Auch die Inschriften der grün glasierten Kacheln und die gußeisernen Ofenplatten eines Ofens aus dem Jahr 1588, der z.T. Nachbildungen der Kleinen Passion von Albrecht Dürer aufweist, wurden nicht berücksichtigt.314)

Die schon bearbeiteten Reste einer Wappentafel, die von der Halberstädter Kommisse herrühren und bis vor kurzem im Lapidarium des Domes aufbewahrt wurden, sind im Jahr 2008 von der Domverwaltung zuständigkeitshalber an das Stadtmuseum abgegeben worden. Deshalb wird der schon fertiggestellte Artikel in den Folgeband verwiesen, der die Inschriften der Stadt Halberstadt (ohne Dom und Domschatz) behandeln wird.

Inschriften, die nach dem Ende des Bearbeitungszeitraums entstanden sind, bleiben unberücksichtigt, auch wenn sie erfaßt und aufgenommen wurden. Steinfragmente, die im Lapidarium des Domes lagern, augenscheinlich aber jünger als 1650 sind und nur die Initialen · E · R · sowie die Ziffern · 1 · 9 zeigen, sind nicht in den Katalog aufgenommen worden. Auch eine Palla aus dem Jahr 1678 (Inv. Nr. 544), die mehrfach den Namen IESVS und einmal die Jahreszahl wiedergibt, bleibt unberücksichtigt. Ebenso wird auf einen Artikel zur Inschrift des Pestkreuzes von 1683 an der Außenseite des Doms über dem Chorhaupt verzichtet, dessen Text lautet: IEHOVA / IUSTITIA / NOSTRA // 1683 // CRUX FERT / CORONAM / IN CRUZIFIXO. Der Schlußstein des westlichsten Jochs des nördlichen Seitenschiffs, der in Rot einen goldenen gekrönten preußischen Adler zeigt und in einer fragmentarischen grünen Umschrift auf blauem Grund – vermutlich aus dem Jahr 1860 – wohl auf eine Stiftung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. für den Dom hinweist, muß im Katalog unberücksichtigt bleiben. Sofern zu den erst im 19. Jahrhundert entstandenen Inschriften in den Bildfenstern nicht im Rahmen der einzelnen Artikel zu den mittelalterlichen Glasmalereien Stellung genommen wurde, sei hier auf den Band XVII des Corpus Vitrearum Medii Aevi verwiesen, der die Glasmalereien des Halberstädter Domes behandelt.315) Auch diejenigen mit den Namen der Prophetenfiguren in den Wandnischen des Lettners, die der Bildhauer Heinrich Weltring (1847–1917) im Jahr 1881 geschaffen hat, waren nicht in den Katalog aufzunehmen.316)

Objekte, die weder für den Halberstädter Dom bestimmt waren noch vor dem Stichjahr 1650 ihren Standort dort hatten, finden nach den Richtlinien des deutschen Inschriftenwerkes, selbst wenn sie sich heute im Dom befinden, ebenfalls keinen Eingang in den Katalog. Hier sei auf das Triumphkreuz an der Südwand des südlichen Seitenschiffs im vorletzten Joch hingewiesen, das sich früher im nördlichen Kreuzarm befunden hatte.317) Der Kruzifixus entstand nach Ernst Schubert im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts und stammt aus Harsleben „wo [er noch im 19. Jahrhundert] in einer Rumpelkammer lag“318). Der Kreuzesstamm, auf dem er angebracht und in dessen oberem Dreipaßabschluß ein Engel als Sinnbild des Evangelisten Matthäus zu sehen ist, der ein Spruchband mit seinem Namen S[an]ctus · matteus als Titulus trägt, wurde wohl erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts geschaffen. Eine Ausnahme bilden einige Gegenstände aus der Liebfrauenkirche bzw. aus der niedergelegten Kirche St. Paul, die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts im Domschatz befinden und die natürlich seither niemand in einem der beiden anderen Bestände erwarten würde. (Nr. 21, 27, 33, 37, 190)

Auf das Fragment eines Wandbehanges im Berliner Kunstgewerbemuseum, das Inschriften aufweist und nach den Forschungen von Renate Kroos um 1160/70 entstand, ist hier nicht einzugehen, da seine Entstehung in der Gegend von Halberstadt, obzwar mit Nachdruck behauptet, nur zu vermuten, [Druckseite LIX] und gar seine Bestimmung für den Halberstädter Dom nicht nachweisbar ist.319) Die unter der Inv. Nr. 552 im Halberstädter Domschatz aufbewahrten Pausen eines gewebten Teppichfragments, das 1879 noch im Rathaus von Langensalza bewahrt wurde, identifizieren durch ihre Inschriften den Wandbehang als Tristanteppich und sind ebenfalls im Inschriftenband zum Halberstädter Dom nicht zu behandeln.320) Ein Teppichfragment mit Wappen und Wappenbeischriften, das ins Germanische Nationalmuseum nach Nürnberg gelangt ist und das bei ungeklärter Erwerbsituation nach dem Katalog der dortigen Gewebesammlung aus „dem Dom zu Halberstadt“ herrühren soll, konnte durch seine Inschrift pertinet in derneborch dat[um] // [per] uta(m) de // schulen[borch] nach Kloster Derneburg verwiesen werden und wurde an die Kollegin der Göttinger Akademie der Wissenschaften abgegeben, die zur Zeit den Landkreis Hildesheim bearbeitet.321)

Inschriften, die nur den Eindruck erwecken, in den Bearbeitungszeitraum zu gehören – etwa durch Imitation älterer Schriftformen – werden ebenfalls nicht in den Inschriftenkatalog aufgenommen, z. B. eine Jahreszahl, die sich unterhalb eines Wasserspeiers am fünften Strebepfeiler der Südseite befindet. Der verwitterte Wasserspeier und die Jahreszahl in gotisierender Minuskel erwecken den Eindruck, sie seien im 15. Jahrhundert entstanden. Die Zeichen der Jahreszahl ließen sich zunächst als M C ccc l ix, mithin 1459 lesen. Eine genauere Untersuchung erwies jedoch, daß ein für ein großes C gehaltenes Zeichen eigentlich, wie aus dem leicht überstehenden Schaft zu folgern ist, ein Minuskel-d mit sehr gerundetem Bogen ist, die Jahreszahl also als M d ccc l ix (1859) zu lesen ist. Das beigefügte Steinmetzzeichen kommt genau so am Westportal, wo im 19. Jahrhundert offensichtlich Säulen der Blendnischen des 13. Jahrhunderts ersetzt worden waren, und an der Nordseite des Doms vor. Im Domkalender 1861, der die Ereignisse des vorhergehenden Jahres verzeichnet, ist die Wiederherstellung der äußeren Strebepfeiler und der Türme angegeben, wozu wohl auch der Ersatz des Wasserspeiers im Jahr zuvor gehörte.322) Allerdings hätte es auch nach der Mitte des 15. Jahrhunderts nach Blitzschlag und Turmbrand im Dezember 1454 einen Anlaß für Bauarbeiten gegeben. Eine aufgemalte Inschrift an der Südwand des südlichen Seitenschiffs, die die Bibelstelle Johannes 3,16 wiedergibt, ist vermutlich in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts angebracht worden, wie die ein wenig exaltierte Schrift und bestimmte Lautbehandlungen nahelegen.

Nachträge und ein revidierter Katalogartikel

Die Inschriften, die sich im vorliegenden Band zum Bestand Halberstadt Dom erstmalig finden, resultieren entweder aus dem Handschriftenfund eines Kollegen in der Landesbibliothek Hannover zu Inschriften in Norddeutschland und Polen, die sich als Quelle für eine jüngere Überlieferung erwies, die zuvor benutzt worden war, oder aber sie sind Neufunde, die im Anschluß an die Publikation von DI 75 (Halberstadt Dom) durch Dritte gemacht wurden. Ein weiterer Artikel ergab sich aus der erneuten Inaugenscheinnahme eines Objektes, dessen Inschriften kaum mehr erkennbar sind und zuvor nach kopialer Uberlieferung ediert worden waren. Die vergebenen Nummern entsprechen der chronologischen Einordnung in den Katalog DI 75 (Halberstadt Dom).

Zitationshinweis:

DI 75, Halberstadt (Dom), Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Hans Fuhrmann), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di075l003e008.

  1. Kloos 1992, S. 2. »
  2. Janke 2006, Nr. 14 S. 197–199 mit Abb. 49, 50. »
  3. Ebd., Nr. 10 b S. 189–191, Nr. 9 a S. 184 f., Nr. 20 b S. 213–216, Nr. 34 d S. 260 f., Nr. 34 e S. 261, siehe insgesamt Katalog Nr. 1–35 S. 133–265. »
  4. Ebd., Nr. 5 S. 150–154, Nr. 4 S. 147–150, Nr. 16 S. 200–202. »
  5. Ebd., Nr. 8 a S. 177–180, Nr. 8 d S. 184–185, Nr. 8 c S. 182–184. »
  6. Vgl. Krause 2002, S. 6–12; Janke 2006, Nr. 11 S. 191–193. »
  7. BKD, S. 299 Nr. 382. »
  8. Fitz 2003. »
  9. Hermes 1896, S. 57. »
  10. Dehio Sachsen-Anhalt I, S. 323 (Ernst Schubert). »
  11. BKD, S. 292.  »
  12. Vgl. Kroos 1970, S. 26–28, Nr. 1 S. 113 f. mit Abb. 3, 7, 8 mit der vorausgegangenen Literatur; Schuette/Müller-Christensen 1963, Nr. 110 S. 32 mit Abb.; Wilckens 1991, S. 195 mit Abb. 219; zuletzt Kohwagner-Nikolai 2006, S. 12 mit Abb. 2. 5. »
  13. Vgl. auch Fouquet 1971, S. 55 f. »
  14. Hampe 1896, Nr. 677 S. 112; Kurth 1926, S. 198 mit Abb. 91; Wilckens 1991, S. 73. »
  15. DKK 1861, S. 8. »