Informationstexte des Rundgangs

Kirche des Bischofs

Bischof Bernward von Hildesheim gründet das Benediktinerkloster St. Michaelis

Nordwestlich des Doms gründete der von 993 bis zu seinem Tod im Jahr 1022 in Hildesheim amtierende Bischof Bernward das Benediktinerkloster St. Michaelis. Er schenkte ihm großzügig seinen gesamten Besitz und schmückte es mit herausragenden Kunstschätzen, die zu einem Großteil heute noch erhalten sind. Mit dieser monumentalen Stiftung wollte er sicherstellen, dass die Mönche von St. Michael für ewige Zeiten ihres Stifters gedachten und ihn in ihr Gebet einschlossen.

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1010 legt Bischof Bernward den Grundstein für die Michaeliskirche

Der heute in die Wand eingemauerte Grundstein der Michaeliskirche wurde 1918 im Fundament der Kirche gefunden. Er trägt den Namen des Kirchengründers, des Hildesheimer Bischofs Bernward. Der Name ist allerdings nicht ausgeschrieben, sondern abgekürzt durch ein B mit einem darüber gesetzten Querstrich. Bernward hatte in einem feierlichen liturgischen Akt im Jahr 1010 den ersten Stein zu seinem neuen Kirchenbau gesetzt. Diese Jahreszahl 1010 ist in den römischen Ziffern M und X in der vierten Zeile der Inschrift ausgeführt. Grundsteine legten in mittelalterlicher Auffassung nicht nur das materielle Fundament eines Kirchenbaus, sondern stellten ihn auch in geistlicher Hinsicht auf einen festen Grund.

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Im Jahr 1015 lässt Bischof Bernward zwei monumentale Türflügel gießen

Vielleicht hat Bischof Bernward an diesen südwestlichen Eingang seiner Kirche gedacht, als er im Jahr 1015 zwei fast fünf Meter hohe bronzene Türflügel gießen ließ. Nach dem Willen ihres Stifters sollten sie IN FACIEM ANGELICI TEMPLI hängen, also an der Vorderseite der Engelskirche. Bei einer Engelskirche denkt man natürlich sofort an die dem heiligen Michael geweihte Michaelis-Kirche. Dort sollten sie – auch das sagt die Inschrift - zum ewigen Angedenken des Stifters dienen. Ob die Türflügel aber tatsächlich jemals in St. Michaelis gehangen haben, ist zweifelhaft, denn im Jahr 1015, das in der Inschrift als Entstehungsjahr genannt ist, war die Kirche wahrscheinlich noch nicht so weit gediehen, dass man die Türen dort hätte anbringen können. Bald nach dem Tod Bernwards jedenfalls wurden sie im Dom aufgehängt – wo sie bis heute zu bewundern sind.

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1015 – Bernward weiht die Krypta der Michaeliskirche

Die Krypta der Michaeliskirche hatte Bischof Bernward als seine Grablege bestimmt. Sie im Westen der Kirche anzuordnen ist ein Verweis auf das Petrusgrab im Petersdom in Rom, das sich ebenfalls auf der Westseite des Bauwerks befindet. Die Hildesheimer Krypta ist räumlich in zwei Bereiche gegliedert. Ein recht hoher, tonnengewölbter Umgang mit Fenstern und Nischen umgibt einen dreischiffigen, kreuzgratgewölbten Innenraum. Im Mittelschiff befindet sich der Sarkophag Bischof Bernwards, östlich dahinter steht der Altar. Die Kombination einer Umgangskrypta mit einer Hallenkrypta ist eine ungewöhnliche Lösung, die auf die Entwicklung hin zu großen Hallenkrypten vorausweist.
Aus einer im westlichen Scheitel der Krypta aufgemalten Inschrift, die heute verloren ist, kennen wir das Weihedatum dieses Teils der Kirche. Die Inschrift besagte, dass Bischof Bernward am Tag des heiligen Michael, am 29. September des Jahres 1015, diese Krypta zu Ehren der Gottesmutter, des Erzengels Michael und der himmlischen Heerscharen geweiht hat.

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Die Ausstattung des Marienaltars in der Krypta

Im Jahr 1015 weihte Bernward den Altar in der Krypta der Gottesmutter Maria. Ihr als Patronin schenkte er auch die zu einer Altarstiftung gehörende Ausstattung. Vielleicht hatte Bernward das kleine Bernwardkreuz, die silbernen Leuchter oder das heute im Hildesheimer Domschatz aufbewahrte so genannte „Kostbare Evangeliar“ für diesen Altar anfertigen lassen. Die beiden Bilder des Stifters und der Gottesmutter in dieser Handschrift illustrieren jedenfalls seine Vorstellung von der Übergabe eines solchen Geschenkes. Auch der Text auf ihrem Einband nimmt die Gottesmutter in den Blick und bittet sie, das Geschenk zu beachten: HOC OPVS EXIMIVM BERNWARDI PRESVLIS ARTE // FACTVM CERNE DEVS MATER ET ALMA TVA „Dieses hervorragende Werk, das durch die Kunst des Bischofs Bernward geschaffen worden ist, sieh an, Gott, und deine hehre Mutter.“

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Bischof Bernward bittet um Gebetsgedenken (vor 1022)

Mit der Inschrift VENITE CONCIVES ...“Kommt meine Mitbürger“ bittet Bernward alle, die diesen Stein betrachten, seiner im Gebet zu gedenken. Wir können nur vermuten, wo dieser Stein angebracht war: vielleicht im Westen außen an der Krypta. Dort wäre die Aufforderung zum Gebet weithin sichtbar gewesen, denn die breit ausgehauenen Buchstaben der Inschrift waren wahrscheinlich mit einem hell glänzenden Material ausgelegt. Eine solche Bitte um Gedenken im Gebet war für alle Menschen im Mittelalter ein zentrales Anliegen, denn das Gebet der Lebenden sollte die Gnade Gottes erwirken und dem Verstorbenen zur Auferstehung verhelfen.

Links neben dem Stein mit der Inschrift VENITE CONCIVES ist eine verwitterte steinerne Büste des heiligen Bernward mit dem für ihn typischen Kreuz in der linken Hand aufgestellt. Die Figur wurde am Ende des 12. Jahrhunderts aus einer der ausgetauschten Säulen des Bernward-Baus herausgearbeitet. So wurde eine „Reliquie“ des originalen Bernward-Baus zu einem Bild des neuen Heiligen umgestaltet

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Bernward stirbt 1022 und wird in der Krypta in einem Sarkophag beigesetzt.

Bischof Bernward starb im Jahr 1022 und wurde in der Krypta in einem Sarkophag beigesetzt – so wie er es bereits zu Lebzeiten festgelegt hatte. Sogar die Inschrift auf dem Sarkophag hatte er selbst ausgesucht und dafür einen seit langem in der Totenliturgie verwendeten Text gewählt. Dieses Zitat aus dem alttestamentlichen Buch Hiob SCIO QUOD REDEMPTOR MEUS VIVIT gilt bis heute als Ausdruck der christlichen Hoffnung auf Auferstehung. Der Anfang der Inschrift lautet in Übersetzung „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und ich am Jüngsten Tag von der Erde auferstehen werde, und ich werde wiederum mit meiner Haut umkleidet, und in meinem Fleisch werde ich Gott, meinen Heiland, sehen.“

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Die Grabplatte Bischof Bernwards von 1022

Für seine Grabplatte hat Bernward einen schwierig zu deutenden Text formuliert, in dem er theologisch-philosophisch sehr komplex ein durchaus ambivalentes Bild von sich selbst entwirft. Der Text dieser vier in lateinischen Versen verfassten Inschriften lautet in Übersetzung:

„Teil der Menschheit war ich, Bernward. Jetzt liege ich gepresst in diesem schrecklichen Sarg, wertlos und, sieh nur, Asche. Weh mir, dass ich mein so hohes Amt nicht gut geführt habe! Gnädiger Friede sei meiner Seele beschieden. Und Ihr, singt Euer Amen. "

Mit dieser Schlussformel bittet Bernward die Mönche von St. Michael wiederum, ihn in ihr Chorgebet einzuschließen, damit seine Seele in Frieden ruhen könne.

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Bernward zwischen Engeln im Himmel

Die Seitenflächen des Sarkophagdeckels zeigen neun Engelsfiguren zwischen Wolkenbergen. In diesem Bild hat Bernward vielleicht am deutlichsten zum Ausdruck gebracht, dass er sich nach seinem Tod inmitten von Engeln liegen sah. Damit setzt er ins Bild, was er im Hinblick auf den Tod derjenigen formuliert hat, die sich im irdischen Leben durch ihr Verdienst und Werk von allen unterscheiden haben: in der Ewigkeit sind sie den Engeln gleichgestellt. Bernward sah sich als einer derjenigen Menschen, die sich durch ein Gebäude von Verdiensten den Himmel verdienen wollten.

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Die Christussäule

Im Bernward-Bau der Michaeliskirche stand im südöstlichen Querhausarm eine monumentale Bronzesäule. Die Säule erinnert an die antike Trajans-Säule in Rom, die Bernward bei seinem Aufenthalt dort gesehen haben dürfte. Anders als ihr Vorbild zeigt die Hildesheimer Säule aber nicht die kriegerischen Taten eines Kaisers, sondern in einem von unten nach oben verlaufenden Spiralband das irdische Leben und Wirken Christi von der Taufe im Jordan bis zum Einzug in Jerusalem. Bernward hatte die Säule für die St. Michaelis-Kirche gestiftet, seit dem 19. Jahrhundert ist sie aber im Dom zu besichtigen.

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Reliquien „stabilisieren“ Bernwards Kirchenbau

Die zwei nordöstlichen Säulen im Mittelschiff stammen noch aus dem ursprünglichen Bernward-Bau, während die übrigen Säulen am Ende des 12. Jahrhunderts durch neue ersetzt worden sind. Oben an den Kapitellen dieser Säulen sind jeweils drei Namen angebracht, auf der östlichen Säule liest man:  SANCTI MACHARII MARTYRIS / SANCTAE AGATHAE VIRGINIS / SANCTAE TECLAE VIRGINIS. Diese Namen bezeichnen die in den Säulen eingelegten Reliquien des heiligen Märtyrers Makarius und der heiligen Jungfrauen Agatha und Thekla. Das Einmauern von Reliquien war im Mittelalter eine vielfach geübte Praxis. Auf diese Weise sollten die Säulen durch die Kraft der in ihnen ruhenden Heiligen den Bau der Kirche, aber auch das geistliche Gebäude der gläubigen Christenheit in besonderem Maße stabilisieren.

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Kirche des Heiligen

1193 - Bernward wird heiliggesprochen

1193 sollte sich Bernwards Absicht, ein Heiliger zu werden, endlich erfüllen. An seinem Grab waren Wunder geschehen, wodurch den Mönchen von St. Michaelis deutlich wurde, dass Gott ihrem Klostergründer die besondere Position eines Heiligen zugedacht hatte. Schon 1150 war die Verehrung Bernwards in St. Michaelis gestattet worden, aber erst 1193 folgte in Rom die offizielle Heiligsprechung, die Kanonisation. Dafür musste in St. Michael kurzfristig noch eine Vita verfasst werden, die dann auf einem gefährlichen Weg über die Alpen vom Abt des Klosters transportiert und dem Papst vorgelegt wurde. Diese originale Handschrift hat sich bis heute erhalten. Am 16. August 1194 wurden dann die Gebeine Bernwards zur Ehre der Altäre erhoben, in kostbare Reliquiare gebettet und auf viele Kirchen verteilt. Zentrum der Bernward-Verehrung blieb aber die Michaeliskirche, die in der Folgezeit als Kirche des Heiligen prachtvoll ausgestaltet wurde.

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Allegorische Figuren der Seligpreisungen als Schmuck der Kirche des Heiligen

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, bald nachdem die lokale Verehrung Bernwards gestattet worden war, setzten in der Kirche umfangreiche Baumaßnahmen ein. In diesem Zusammenhang sind die acht Stuckfiguren im südlichen Seitenschiff entstanden. Sie halten Spruchbänder in den Händen, die heute leer sind. Ursprünglich aber waren sie jeweils mit Inschriften versehen, welche die acht „Seligpreisungen“ aus dem Matthäus-Evangelium zitieren. Zum Beispiel: „Selig sind die Sanftmütigen“ oder „Selig sind die Trauernden“. Solche figürlichen Darstellungen dienten im Mittelalter häufig dazu, den Gläubigen komplexe Glaubensinhalte oder Bibeltexte eindringlich zu vermitteln.

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Die nördliche Chorschranke – Der neue Heilige im Bild (Ende 12. Jh.)

Recht bald nach der Heiligsprechung Bernwards im Jahr 1193 fanden im Westteil der Kirche umfangreiche Baumaßnahmen statt, zu denen auch die bis heute erhaltenen Stuckverzierungen der nördlichen Chorschranke gehörten. Dargestellt sind umgeben von Heiligen die Gottesmutter in der Mitte und ganz rechts neben dem Durchgang der neue Heilige, Bernward. Er hält das Modell der Michaeliskirche in Händen. Die heute leeren Schriftbänder der Figuren trugen ursprünglich Inschriften, die im 19. Jahrhundert mit einem chemischen Verfahren kurzfristig sichtbar gemacht worden sind. Seither wissen wir, dass auf dem Spruchband der Bernward-Figur die Worte VENITE EXULTEMUS DOMINO standen, was so viel heißt wie: „Kommt, wir wollen dem Herrn jubeln“.

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Die Wurzel Jesse – ein Bild für den kommenden Christus

Die Holzdecke des Mittelschiffs der Michaeliskirche zeigt ein monumentales Bild der Abstammung Jesu, die sogenannte Wurzel Jesse. Das Deckenbild entstand in den ersten Jahrzehnten nach der Heiligsprechung Bischof Bernwards. Im von Westen aus gesehenen zweiten Bild der Mittelachse liegt der schlafende Jesse. Aus seiner Brust wächst ein Stamm, in dessen Verzweigungen alttestamentliche Könige und im vorletzten Bild Maria thronen. Vorgeschaltet ist dieser Reihe im Westen der Sündenfall, während im Osten ein heute allerdings nicht mehr originales Bild Christi die Reihe beschließt. In den äußeren Randleisten sind in runden Medaillons die Vorfahren Christi dargestellt. Die eckigen Felder, rechts und links neben der Mittelachse zeigen Apostel und Propheten. Sie halten Schriftbänder, die biblische Lesungen und gesungene liturgische Texte aufgreifen, die in der Adventszeit in St. Michael zu hören waren und auf das Kommen Christi verweisen.

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Architektur

Die Architektur der St. Michaelis-Kirche

Der Innenraum der Michaeliskirche ist aus verschiedenen Raumteilen unterschiedlicher Gestalt und Funktion gefügt. An das dreischiffige Langhaus schließen im Osten und im Westen zwei Querhäuser an. Auf der Ostseite ist an die Vierung in Verlängerung des Mittelschiffs eine große, halbrunde Apsis angesetzt. Sie wird von zwei kleineren, doppelgeschossigen Apsiden in den Achsen der Seitenschiffe begleitet. Auf der Westseite bildet ein erhöhter, im Grundriss quadratischer Chorraum mit halbrunder Apsis den Abschluss des Kirchenraums.

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Die Querhäuser der Michaeliskirche

Die Querhäuser der Michaeliskirche sind symmetrisch gestaltet. Bögen zum Mittelschiff und zu den Querarmen grenzen den Vierungsbereich von den anschließenden Raumteilen ab – man spricht von einer ausgeschiedenen Vierung, die hier in Hildesheim ein frühes Beispiel findet. In die Querarme sind mehrgeschossige Emporenanlagen eingefügt, die so genannten Engelsemporen. Sie stehen vor den nördlichen bzw. südlichen Abschlusswänden. Im Erdgeschoss gibt es zwei von einer Mittelsäule getragene Arkadenbögen, im Emporengeschoss darüber sind es vier und im obersten Geschoss sechs Bögen. Die Querhausemporen sind ein einzigartiges Merkmal der Michaeliskirche.  

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Die Seitenschiffe der Michaeliskirche

Die flachgedeckten, recht breiten Seitenschiffe sind durch Arkaden vom Mittelschiff abgeteilt. Je ein Pfeiler und zwei Säulen wiederholen sich dreimal, so dass eine Gliederung im so genannten Niedersächsischen Stützenwechsel entsteht. Zu den Querhäusern ist jeweils eine Doppelarkade mit Säule angeordnet. Die Säulenkapitelle der Nordarkade des Langhauses entstanden in unterschiedlichen Bauphasen: Die beiden östlichen Kapitelle stammen aus der Zeit Bischof Bernwards um 1015. Wegen ihrer Form als unten halbkugelig abgerundete Würfel werden sie als „Würfelkapitelle“ bezeichnet; sie fanden später in der romanischen Architektur weite Verbreitung. Die reicheren, zum Teil mit Figurenschmuck versehenen Kapitelle der weiteren Säulen wurden unter Bischof Adelog im ausgehenden 12. Jahrhundert eingefügt.

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Texte: Dr. Christine Wulf, Dr.-Ing. Ulrich Knufinke (Texte 1, 5 & 6)

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