Die Inschriften der Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Gesammelt und bearbeitet von Sabine Wehking

2. Die Inschriften der Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671 – Zeugnisse der Personengeschichte

Der zweite Band der Braunschweiger Inschriften unterscheidet sich hinsichtlich des Materials ganz gravierend von dem ersten. Der Inschriftenbestand aus der Zeit vor der Reformation setzt sich im wesentlichen aus Stücken des Welfenschatzes und der Ausstattung des Domes St. Blasii auf der einen und aus kurzen Baudaten auf der anderen Seite zusammen. Die Bürger der damals größten Stadt Niedersachsens treten hier kaum in Erscheinung, sieht man einmal von ihrer regen Bautätigkeit im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts ab, die sich in den zahlreichen Baudaten dokumentiert. Ganz anders der exakt 800 Nummern umfassende Inschriftenbestand aus der Zeit von 1529 bis zum Ende der Stadtfreiheit 1671: Hier präsentiert sich in den Inschriften der Grabdenkmäler, Gemälde, kirchlichen Ausstattungsstücke und vor allem auch der Wappenglasscheiben der Personenkreis, der die wichtigen Funktionen in der Stadt bekleidete und für deren Geschichte verantwortlich zeichnete.

Die topographische Entwicklung der Stadt Braunschweig innerhalb der alten Grenzen hatte kurz vor der Durchführung der Reformation im Jahr 1528 ihren Abschluß gefunden. In den Jahren 1514 bis 1526 wurde der Mauerring, der alle Weichbilde umfaßte, auch im Süden geschlossen, um die zwischen der Altstadt und St. Ägidien erbauten Häuser zu schützen.7) Innerhalb dieses Mauerrings war die Stadt voll ausgebaut. Die einzelnen Weichbilde Altstadt, Hagen, Altewiek, Neustadt und Sack bildeten innerhalb des Ganzen ebenso kleinere, verwaltungsmäßig abgeschlossene Einheiten wie die beiden Freiheiten, der Burgbezirk um den Dom St. Blasii und der Bezirk von St. Ägidien. Jedes der Weichbilde hatte seinen eigenen Rat und eine eigene Pfarrkirche. Entsprechend der Rangstellung der Weichbilde innerhalb der Gesamtstadt wiesen die beiden vornehmsten, die Altstadt und der Hagen, mit St. Martini und St. Katharinen auch die bedeutendsten Pfarrkirchen auf. Zum Weichbild der Altenwiek gehörte die Pfarrkirche St. Magni, zum Weichbild Neustadt die Pfarrkirche St. Andreas, und die Einwohner des jüngsten Weichbildes, des Sacks, waren der Kirche [Druckseite XV] St. Ulrici zugewiesen, die 1544 abgerissen und deren Gemeinde an die Brüdernkirche verlegt wurde. Auf eine Darstellung der baulichen Entwicklung der Kirchen kann hier verzichtet werden, da diese im ersten Braunschweiger Inschriftenband umfassend behandelt worden ist und zum Zeitpunkt der Reformation bereits weitgehend abgeschlossen war.8) So spiegelt der jüngere Braunschweiger Inschriftenbestand auch nicht die Baugeschichte der Kirchen, sondern in hohem Maße die Geschichte ihrer Ausstattung und – da diese in vielen Fällen von Bürgern gestiftet wurde – die Geschichte der gehobenen Braunschweiger Bürgerschaft.

Dem glücklichen Umstand, daß für die Stadt Braunschweig eine im 18. Jahrhundert angelegte geschlossene Inschriftenüberlieferung vorliegt (vgl. dazu Kap. 3. 1.), ist es zu verdanken, daß der Braunschweiger Inschriftenbestand des 16. und 17. Jahrhunderts ein dichtes Bild des damaligen städtischen Lebens ergibt. Dies gilt allerdings wie üblich nur für diejenigen Gesellschaftsschichten, die Eingang in die Inschriften finden, d. h. für den Kreis der Bürger, der die Geschicke der Stadt maßgeblich mitbestimmte. Dieser Personenkreis ist in Braunschweig größer als in anderen niedersächsischen Städten der damaligen Zeit, zum einen, weil Braunschweig mit etwa 15000 Einwohnern zu Beginn des hier behandelten Zeitraums die größte Stadt Niedersachsens war, zum anderen aber auch durch die Teilung in fünf Weichbilde mit je einem eigenen Rat. Die große Zahl der in den Inschriften genannten Bürgermeister und Ratsherren erklärt sich durch diese Struktur.8) Bis zum Jahr 1614 gab es in der Gesamtstadt in jeder Ratsperiode 103 Ratsherren, an denen die Alt-stadt mit 34 Ratsherren den größten, der Hagen mit 24 den zweitgrößten und die Neustadt mit 18 den drittgrößten Anteil hatte; die Weichbilde Altewiek und Sack hatten mit 15 bzw. 12 Ratsherren einen vergleichsweise kleinen Anteil an der Gesamtheit. Eine ähnliche Verteilung des politischen Schwergewichts gab es auch bei den insgesamt 21 Bürgermeistern, von denen je sieben in einem Jahr der dreijährigen Ratsperiode amtierten, davon je zwei aus der Altstadt und aus dem Hagen und je einer aus den drei anderen Weichbilden. In der Altstadt und im Hagen fungierten jeweils ein Großer und ein Kleiner Bürgermeister, während die drei anderen Weichbilde nur einen amtieren-den Bürgermeister hatten. Der Große Bürgermeister der Altstadt hatte zugleich den Vorsitz in den gesamtstädtischen Gremien. Durch die neue Verfassung von 1614 wurde die Gesamtzahl der Ratsmitglieder von 103 auf 56 reduziert, wobei die unterschiedliche Gewichtung nach Weichbilden erhalten blieb. Durch Einführung einer nur noch zweijährigen Ratsperiode gab es insgesamt nur noch 14 Bürgermeister, von denen wie gehabt jeweils sieben die Geschäfte führten. Das Gremium, das die Geschicke der Gesamtstadt bestimmte, war der sogenannte ‘Küchenrat’, der nach der Verfassungsänderung des Jahres 1614 als ‘Enger Rat’ bezeichnet wurde. Er umfaßte vor 1614 die 21 Bürgermeister der Ratsperiode sowie vier Kämmerer, nach 1614 alle 14 Bürgermeister und den Oberkämmerer der Stadt.9) Angesichts dieser Zahlen ist es nicht weiter verwunderlich, daß das Epitheta-Register dieses Bandes allein unter dem Stichwort ‘Bürgermeister’ 66 Belege für inschriftlich so bezeichnete Personen enthält.10)

Die Ratsmitglieder rekrutierten sich zunächst einmal aus den sogenannten ‘Geschlechtern’, den alten, vorwiegend im Fernhandel tätigen Familien der Altstadt, die sich im Jahr 1569 durch Bildung einer Gesellschaft nach außen hin abschlossen10) und den ersten Stand bildeten, sowie aus dem zweiten Stand ‘der weißen Ringe’, dem die vornehmen Familien des Hagens und der Neustadt sowie die aufsteigenden Kaufmannsfamilien angehörten,11) und – in geringerem Maße – dem dritten Stand der Handwerksgilden. Die Wirtschaft der Hansestadt Braunschweig wurde nicht nur vom Handel geprägt, sondern auch von verschiedenen Gewerbezweigen, vor allem von der Metallverarbeitung [Druckseite XVI], der Verarbeitung von Leder, der Herstellung von Tuchen und Leinengewebe und nicht zuletzt der Produktion von Bier. Das meiste Ansehen genossen naturgemäß die mit dem Fernhandel beschäftigten Familien, deren Mitglieder in den ständisch abgeschlossenen Gilden der Wandschneider und Wechsler in der Altstadt organisiert waren. Ein wenig offener für Zugänge aus ande-ren Gesellschaftskreisen waren die Wandschneider des Hagens und der Neustadt, die zusammen mit den Textilproduzenten in einer Wandschneider- und Lakenmachergilde organisiert waren.12) Zu den vornehmen Gilden können, wenngleich mit gewissen Abstrichen gegenüber den Wandschneidern und Wechslern, auch die Beckenwerker und Goldschmiede gezählt werden, denen einige Familien des Standes ‘der weißen Ringe’ angehörten.13) Die den dritten Stand bildenden Handwerksgilden sind in diesem Inschriftenband vor allem durch die sogenannten Handwerksaltertümer, z. B. durch ein Aquamanile (Nr. 518), ein Gildeszepter (Nr. 931), Schilder am Willkomm (Nr. 943, 954, 1152) oder eine Lade (Nr. 705) vertreten, aber auch durch Stücke, die bei Begräbnissen Verwendung fanden wie Sargschilder (Nr. 730, 858, 873, 874) und Besatzstücke vom Leichenlaken (Nr. 617). Diese Stücke gehörten den Gilden der Beutler, Dach- und Schieferdecker, Glaser, Kupferschmiede, Leineweber und Schmiede. Angehörige der Handwerksgilden sind auch des öfteren namentlich in Inschriften genannt, allerdings ohne daß ihre Gildezugehörigkeit erwähnt ist. Auch wenn die Handwerksgilden im Laufe der Zeit an Einfluß gewannen, vor allem seit der Verfassungsänderung von 1614, so gelang es ihnen doch nicht, die alten Kräfte völlig aus der Regierungsverantwortung zu verdrängen.

Gesellschaftlich dem ersten Stand gleichgestellt waren alle Ratsherren, hohen Kirchenleute, Syndici und Sekretäre; Pastoren, Rektoren und Konrektoren waren gesellschaftlich dem zweiten Stand zugeordnet. In den Inschriften dieses Bandes kommen überwiegend Personen des ersten und zweiten Standes sowie die eben genannten Geistlichen, Syndici und andere städtische Funktionsträger vor, darüber hinaus Mitglieder der außerhalb dieser Ordnung stehenden Adelsgeschlechter, die über Besitz in der Stadt verfügten,14)seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zunehmend auch herzogliche Beamte und Räte des Wolfenbütteler Hofes. Nimmt man die lange Reihe der Namen in den Inschriften dieses Bandes, so läßt sich daran ohne weiteres die Geschichte der Stadt Braunschweig in der Zeit von 1529 bis 1671 schreiben. Die von Spieß verfaßte Stadtgeschichte15) handelt dementsprechend von vielen Protagonisten der Ereignisgeschichte, die auch in den Grabinschriften, den Inschriften der Wappenglasscheiben, der Gemälde, der kirchlichen Ausstattungsstücke und der Häuser genannt sind. Die Inschriften als solche geben allerdings nur in den wenigsten Fällen Aufschluß darüber, in welcher Weise der Betreffende maßgeblich an der Stadtgeschichte beteiligt war oder sein Leben durch diese beeinflußt wurde.

Das auch in der Stadt Braunschweig einschneidendste Ereignis des 16. Jahrhunderts war die Reformation, die hier einigermaßen reibungslos verlief. Auch in Braunschweig verbreitete sich das reformatorische Gedankengut zunächst in den unteren Bevölkerungsschichten, um dann jedoch in vergleichsweise kurzer Zeit alle Kreise des Bürgertums zu erfassen. Der beim Volk außerordentlich beliebte Prediger Heinrich Lampe trug Wesentliches zur Verbreitung der lutherischen Lehre in Braunschweig bei – anfänglich noch gegen den Willen von vorgesetzten Geistlichen und Rat. Lampe, der zunächst Prediger an St. Michaelis, später Prediger und schließlich Pastor an St. Magni wurde, wird in seiner Grabschrift (Nr. 587) gerühmt, die Dunkelheit des Katholizismus aus Braunschweig vertrieben zu haben. Lampes Predigten veranlaßten seine Anhänger, eine Abordnung an den Rat zu schicken, deren Führung der Lizentiat der Rechte Autor Sander16) übernahm.17) Damit wurde eine Entwicklung eingeleitet, die den Rat veranlaßte, im Frühjahr 1528 Johannes Bugenhagen aus Wittenberg nach Braunschweig zu berufen, der in der Folgezeit hier das evangelische Kirchenregiment einrichtete.18) Allerdings gab es im Rat noch Kräfte, die am katholischen Glauben festhielten; 21 der 103 Ratsmitglieder wurden aus diesem Grund durch einen im November 1529 [Druckseite XVII] getroffenen Beschluß zu Beginn des Jahres 1530 entlassen, darunter der Kleine Bürgermeister der Altstadt Barthold Lafferde (Nr. 461). Die führenden Bürgermeister der fünf Weichbilde hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits alle der Reformation zugewandt und blieben daher im Amt.19) Unter ihnen befand sich auch der Bürgermeister der Altstadt Gerhard Pawel, dessen Epitaph die Bildnisse von Luther und Melanchthon zeigt (Nr. 475).

Nach der Einführung der Reformation verlagerte sich der geistliche Schwerpunkt von St. Blasii auf die Bürgerkirchen, vor allem auf St. Martini und St. Katharinen. Dies zeigt sich deutlich auch an der Gewichtung der Inschriften; St. Martini und St. Katharinen weisen jeweils etwa doppelt so viele Inschriftenträger auf wie der Dom St. Blasii.20) Die Stiftskirchen St. Blasii und St. Cyriaci, die den Braunschweiger Herzögen unterstanden, bildeten zunächst noch einen Rückhalt für die katholischen Kräfte. Im Jahr 1543 – unter der schmalkaldischen Herrschaft (s. u.) – wurde jedoch eine Kirchenordnung für St. Blasii erlassen, wonach der Katholizismus auch an dieser Kirche abgeschafft war. Die Stiftskirche St. Cyriaci vor dem Michaelistor wurde im Oktober 1545 abgerissen, um zu verhindern, daß Herzog Heinrich d. J. diese als Ausgangspunkt für eine Belagerung der Stadt nutzte. Schon im Jahr zuvor hatte man die Pfarrkirche St. Ulrici auf dem Kohlmarkt, die dem Patronat des Landesherrn unterstand, unter dem Vorwand der Baufälligkeit abgerissen und die Gemeinde an die Brüdernkirche verwiesen, deren zugehöriges Kloster wie die anderen Braunschweiger Klöster schon 1529 aufgehoben worden war.21)

Den führenden Geistlichen, die die Reformation in Braunschweig durchführten und die in der Folgezeit für die Etablierung der lutherischen Lehre an den Kirchen der Stadt sorgten, sind vier große Programme mit Inschriften gewidmet: drei Reihen von Gemälden in der Brüdernkirche (Nr. 667), in der Katharinenkirche (Nr. 900) und in der Magnikirche (Nr. 955), sowie insgesamt zehn Tafeln mit Gedenkinschriften in St. Martini (Nr. 677). Letztere enthalten Kurzbiographien der ersten Braunschweiger Superintendenten. Der für die Stadt Braunschweig bedeutendste Theologe des 16. Jahrhunderts war der auch inschriftlich besonders vielfältig dokumentierte22) Martin Chemnitz, der sich seit dem Jahr 1554 zunächst als Koadjutor und von 1567 bis 1584 als Superintendent für die Bewahrung der reinen lutherischen Lehre einsetzte. Da Chemnitz wie sein Vorgänger Joachim Mörlin ein strenger Vertreter des Luthertums war, gelang es dem Calvinismus und den hin und wieder aufkeimenden reformatorischen Nebenströmungen nicht, in Braunschweig Fuß zu fassen. Vielmehr wurde die Stadt zum Zufluchtsort von Lutheranern vor dem Calvinismus, wie der Fall des ehemaligen Bremer Bürgermeisters Johannes Esich zeigt, dessen Grabschrift (Nr. 577) auf seine Vertreibung aus Bremen durch die Calvinisten Bezug nimmt. Auch die Grabschrift (Nr. 775) auf dem Epitaph des von 1606 bis 1622 amtierenden Braunschweiger Superintendenten Johannes Wagner, der als Pastor in Jever von Calvinisten vertrieben wurde, thematisiert die nach Ansicht der strengen Lutheraner vom Calvinismus wie vom Katholizismus ausgehenden Gefahren.

Die Konsequenz, mit der in Braunschweig ohne größere Reibungsverluste das evangelische Kirchenregiment eingeführt wurde, und die Sorgfalt, mit der auf die Einhaltung der lutherischen Lehre geachtet wurde, resultierten auch aus der Notwendigkeit, gegenüber dem Landesherrn eine innerstädtische Einigkeit demonstrieren zu müssen. Dasselbe gilt für das Zusammenwirken der fünf selbstverwalteten Weichbilde in der gesamtstädtischen Politik. Die Stadt Braunschweig, die bis zum Jahr 1671 der direkten Herrschaft des Gesamthauses Braunschweig unterstellt war, hatte sich immer wieder gegen den Versuch der Braunschweiger Herzöge, insbesondere der Herzöge von Wolfenbüttel, zur Wehr zu setzen, die politische Autonomie der Stadt zu beenden und die Stadt der Regierung der Herzöge zu unterwerfen. Schon zu Beginn des hier behandelten Zeitraums kam es wieder einmal zu schwerwiegenden Gegensätzen zwischen Stadt und Landesherrn, als Herzog Heinrich d. J. für seine Lande den Augsburger Reichstagsabschied für verbindlich erklärte. Die Stadt Braunschweig protestierte dagegen und stellte sich damit offen gegen den Landesherrn. Von hier war es nur noch ein kurzer Schritt zum Eintritt in den Schmalkaldischen Bund, der im Sommer 1531 erfolgte. Die Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn in den folgenden Jahren veranlaßten die Stadt zu einem Ausbau der Befestigungsanlagen, der auch durch Bauinschriften [Druckseite XVIII] dokumentiert ist (Nr. 438, 440). Eine Inschrift am Michaelistor aus dem Jahr 1541 (Nr. 441) enthielt die ausdrückliche Aufforderung an die Bürger, für die von den Vätern erworbene Freiheit der Stadt zu kämpfen. Im Zuge der Kriegsvorbereitungen wurden auch Fahnen mit der protestantischen Devise Verbum Domini manet in aeternum angefertigt (Nr. 445). Der offene Krieg begann im Juni 1542 mit der Zerstörung der Klöster Steterburg und Riddagshausen durch Truppen der Stadt Braunschweig; kurz darauf erfolgte die Belagerung Wolfenbüttels, an der außer stadtbraunschweigischen Truppen auch Soldaten des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und des Landgrafen Philipp von Hessen teilnahmen. Am 12. August mußte Wolfenbüttel den Schmalkaldischen Truppen übergeben werden. Die – auch als Erfolg für die Stadt Braunschweig bewertete – Belagerung zeigt ein Gemälde im Altstadtrathaus (Nr. 446).

Nach der Einnahme Wolfenbüttels setzte der Schmalkaldische Bund dort ein Regierungskollegium ein, zu dem auch der Braunschweiger Bürgermeister Franz Kale (Nr. 498) gehörte.23) Nach einem vergeblichen Versuch Herzog Heinrichs d. J. im Herbst 1545, Wolfenbüttel zurückzugewinnen, der mit seiner Gefangennahme endete, unternahm die Stadt Braunschweig erneut Maßnahmen zum Ausbau ihrer Befestigungsanlagen (Nr. 453, 454), um der drohenden Kriegsgefahr begegnen zu können. Der Schmalkaldische Krieg begann Ende 1546 und wurde am 24. April des folgenden Jahres in der Schlacht bei Mühlberg zugunsten der kaiserlichen Seite entschieden. In der Schlacht fiel Heinrich von Beust; ihm wurde später in St. Martini ein Epitaph gesetzt, dessen Inschrift seine Kriegstaten rühmt (Nr. 525). Der Sieg, den die Truppen der norddeutschen Städte in der Schlacht von Drakenburg am 23. Mai für den Schmalkaldischen Bund errangen, blieb nach der Niederlage von Mühlberg bedeutungslos. Mit Stolz berichtete von diesem Sieg eine Inschrift in St. Ulrici-Brüdern, die von dem im Dienst der Stadt Braunschweig an der Schlacht beteiligten Hauptmann Brun von Bothmer veranlaßt wurde (Nr. 455). Trotz dieses militärischen Erfolgs stand die Stadt nach dem Schmalkaldischen Krieg wieder in demselben Gegensatz zu dem Landesherrn Heinrich d. J. wie zuvor und war auf kaiserlichen Schutz angewiesen. Daher entsandte sie eine vierköpfige Delegation an den Kaiserhof, die um Gnade und Schutz für die Stadt bat. Der Delegation gehörten der Jurist Dr. Konrad Pawel (Nr. 475, 480) und der damals noch am Anfang seiner Karriere als Braunschweiger Bürgermeister stehende Jost Kale (Nr. 496, 597599, 616) an.24)

Da 1549 der Versuch Herzog Heinrichs d. J., Braunschweig mit Hilfe des Bürgerhauptmanns Warner Gralherr einzunehmen (vgl. Nr. 618), mißlungen war, unternahm der Herzog im nächsten Jahr erfolglose Anstrengungen, die Stadt durch eine Belagerung zu bezwingen, der noch weitere folgen sollten. Nachdem Truppen der Stadt Braunschweig in der Schlacht von Sievershausen (vgl. Nr. 464) und in der Schlacht von Gittelde (vgl. Nr. 508) auf Seiten des Calenberger Herzogs Erich II. gegen Heinrich d. J. gekämpft und verloren hatten, wurde die Stadt 1553 erneut von Herzog Heinrich d. J. belagert und heftig beschossen. An den Beschuß erinnerte eine am Haus Steinweg 8 unter einer Kanonenkugel angebrachte Jahreszahl (Nr. 422). Die Belagerung endete mit dem Abschluß eines Friedensvertrages, der für beide Seiten einen Kompromiß bedeutete und die Stadt Braunschweig zur Huldigung, d. h. zur offiziellen Unterwerfung unter die Hoheit des Landesherrn verpflichtete. Zum Aussöhnungstermin mit Herzog Heinrich d. J. wurden u. a. die Bürgermeister Franz Kale (Nr. 498) und Heinrich Schrader (Nr. 595) entsandt.25) Ein weiterer Vertrag von 1561 regelte offen gebliebene strittige Punkte zwischen Herzog und Stadt, deren angespanntes Verhältnis jedoch erst mit dem Tod Herzog Heinrichs d. J. im Jahr 1568 beendet wurde. Mit dessen Nachfolger, Herzog Julius, schloß die Stadt 1569 einen Huldigungsvertrag, der vorübergehend für Frieden zwischen beiden Parteien sorgte. An den Vertragsverhandlungen nahmen sieben der amtieren-den Bürgermeister teil, unter denen Jost Kale (u. a. Nr. 597, s. o.), Johann Doring (Nr. 562) und Hans Schwalenberg (Nr. 546, 662) waren.

Die führenden Vertreter der Stadt in der nun folgenden Friedenszeit waren der Bürgermeister der Altstadt Jost Kale (u. a. Nr. 597, s. o.), der Syndikus der Stadt Johann Rosbeck (Nr. 588) und der Superintendent Martin Chemnitz (u. a. Nr. 522, s. o.). Alle drei verstarben in den 80er Jahren ebenso wie der Herzog Julius. Nach ihrem Tod veränderte sich die innen- und die außenpolitische Lage. Das Verhältnis zum Landesherrn verschlechterte sich, und in der Stadt gelangten zwei Männer in die Spitzenposition des Altstädter Bürgermeisters, die nicht aus den vornehmen Familien des ersten und zweiten Standes stammten. Autor Pralle (Nr. 673) amtierte seit 1581 als Großer [Druckseite XIX] Bürgermeister; Thile Bühring (Nr. 664) übernahm 1588 die Ratsstelle des Jost Kale.26) In Religionsfragen kam es vorübergehend zu Spannungen, weil der Nachfolger des Martin Chemnitz im Amt des Superintendenten, Johannes Heidenreich, dem Calvinismus zuneigte. Heidenreich wurde 1589 aus dem Amt entlassen, und an seine Stelle trat der überzeugte Lutheraner Polykarp Leyser.27) Die Bewertung von Heidenreichs Wirken in Braunschweig läßt sich auch an den Inschriften ablesen. Während er nur in einer Bildserie von Braunschweiger Superintendenten genannt ist (Nr. 900), kommt sein Nachfolger dreimal in einer Reihe bedeutender Kirchenmänner vor (Nr. 667, 900, 955). Der Nachfolger Leysers, Lukas Martini, ist im Braunschweiger Inschriftenbestand nur mit der Inschrift seiner Grabplatte (Nr. 674) vertreten. Auch er wurde entlassen, weil er in seinen Ansichten von der lutherischen Lehre abwich.

Die innerstädtische Entwicklung, die sich mit der Wahl von Pralle und Bühring als Bürgermeister der Altstadt bereits angedeutet hatte, mündete in politische Unruhen, die ihren Höhepunkt in der sogenannten ‘Brabandtschen Revolution’ von 1602 bis 1604 fanden. Die von der unterhalb der ratsfähigen Gilden stehenden Bevölkerung und deren Vertretern, den Bürgerhauptleuten, ausgehende Bewegung zielte auf eine Entmachtung der vornehmen Geschlechter ab. Zu den inneren Spannungen kam noch der äußere Druck hinzu, als sich das Verhältnis zu dem seit 1589 regierenden Herzog Heinrich Julius immer mehr verschlechterte und dieser die Stadt im Jahr 1600 durch Sperrung der Straßen vom Handelsverkehr abschnitt und damit das Wirtschaftsleben in Braunschweig lahmlegte. Den alten Familien, die oft ländlichen Grundbesitz vom Herzog zu Lehen hatten, warf man vor, aus eigenem Interesse gemeinsame Sache mit dem Herzog zu machen und die Interessen der Stadt infolgedessen nicht konsequent zu vertreten. Führer der Opposition gegen die alten Kräfte im Rat war der Bürgerhauptmann Henning Brabandt (Nr. 702). Dieser erzwang im Mai 1601 den Abschluß eines Vertrags, der die Rechte der Gildemeister und Bürgerhauptleute auf Beteiligung am Stadtregiment betonte. Derart unter Druck gesetzt sahen sich der 1602 regierende Bürgermeister Cord Doring und die beiden Syndici Joachim von Broitzem und Johann Rörhandt veranlaßt, ihr Amt niederzulegen und die Stadt zu verlassen. Im Januar 1602 kam es zur Entlassung von 20 Ratsherren, unter ihnen neben dem schon genannten Doring auch Cordt von Scheppenstedt (Nr. 585, 764), Autor Pralle (Nr. 673) und Heinrich Kalm (Nr. 870). Daß diese Umgestaltung des Rates längst nicht so spektakulär war, wie zunächst zu vermuten, zeigt zum einen, daß nur 20 von insgesamt 103 Ratsherren ausgewechselt wurden, zum anderen, daß keiner der neuen Ratsherren der Gesamtvertretung der Stadt, dem Küchenrat, angehörte.28) Und so gelang es dem neugewählten Rat auch in kürzester Zeit, erfolgreich gegen Brabandt und seine Anhänger als Aufrührer vorzugehen, die Anfang September 1604 gefangengesetzt wurden. Henning Brabandt wurde am 17. September 1604 hingerichtet; der Bürgermeister Simon Lüddecke (Nr. 596, 663) verstarb 1607 in der Haft. Von der erfolgreichen Niederschlagung des Brabandtschen Aufruhrs berichtet eine Bauinschrift aus dem Jahr 1604 (Nr. 710).

Die Ablösung der alten Familien durch neue politische Kräfte im Rat war auf Dauer nicht mehr aufzuhalten. Nachdem Herzog Heinrich Julius 1605 einen erfolglosen Übergriff auf die Stadt unternommen hatte, entstand wieder eine starke Opposition gegen diejenigen Ratsherren, die verdächtigt wurden, als Lehnsbesitzer eine Politik im Sinne des Herzogs zu betreiben. Verschärft wurde die Lage noch dadurch, daß es Herzog Heinrich Julius gelang, beim Kaiser 1606 die Ächtung der Stadt Braunschweig zu bewirken, weil sie sich hartnäckig ihrem Landesherrn widersetzte. Für die Aufhebung der Acht setzte sich vergeblich der Syndikus Franz Drösemann ein (Nr. 902), der sich zu diesem Zweck von 1609 bis 1611 am Hof in Prag aufhielt. Die Acht wurde trotz seiner Bemühungen 1611 noch einmal erneuert. Die Frage, ob man nun Schutz in einem Bündnis mit den [Druckseite XX] Generalstaaten suchen sollte, spaltete den Rat in zwei Parteien. Die konservativen Kräfte hielten weiter an einer kaisertreuen Politik fest und lehnten ein solches Bündnis ab. Durch die Uneinigkeit im Rat sahen sich die Gemeinden in ihrem Bestreben bestätigt, eine stärkere Beteiligung an den politischen Entscheidungen einzufordern. Ihr Wortführer war Nikolaus Dohausen (Nr. 640, 726, 814, 860), der 1613 zum Bürgerhauptmann gewählt wurde. Bei der Ratswahl im Januar 1614 mußten 15 der konservativen Ratsmitglieder abdanken. Auf Betreiben der von Dohausen angeführten Kräfte wurde im Juni 1614 ein 78köpfiger Ausschuß gebildet, auf dessen Betreiben hin der Rat aufgelöst und im September 1614 ein neuer, in seiner Mitgliederzahl von 103 auf zunächst 51, dann dauerhaft auf 55 Mitglieder beschränkter Rat gewählt wurde (s. o.). Diese gravierende Änderung der Verfassung und die beiden Neuwahlen hatten zur Folge, daß die Angehörigen der alten Familien weitgehend aus dem Rat verdrängt wurden. Das Übergewicht von Altstadt und Hagen gegenüber den drei anderen Weichbilden wurde jedoch auch in der neuen Verfassung beibehalten.29) Daß es trotz der unruhigen Zeiten stetig verlaufende Karrieren geben konnte, zeigt das Beispiel des Joachim Hagen, der zunächst als Bürgerhauptmann und seit 1587 als Ratsherr des Hagens vom Gerichtsherrn über das Amt des Kämmerers 1596 zum Kleinen Bürgermeister und 1599 zum Großen Bürgermeister aufstieg und in diesem Amt allen Umbrüchen zum Trotz bis 1616 verblieb (Nr. 755).

Kaum war die innenpolitische Ruhe durch Schaffung einer dauerhaften neuen Verfassung wiederhergestellt, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn Herzog Friedrich Ulrich, der nach dem Tod des Herzogs Heinrich Julius im Jahr 1613 dessen Nachfolge angetreten hatte. Vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen den beiden Parteien, die an den Forderungen des Landesherrn scheiterten, neben einer jährlichen Tributzahlung auch die Festungswerke auszuliefern und die herzogliche Residenz in der Stadt aufzunehmen. Im Juli 1615 begannen die kriegerischen Auseinandersetzungen; eines der ersten Opfer auf herzoglicher Seite war Wolf Christoph von Rauchhaupt, der am 3. August vor dem Hohen Tor tödlich verwundet wurde. Auch wenn Rauchhaupt auf der gegnerischen Seite kämpfte, so wurde seiner Familie doch erlaubt, ihm an St. Martini ein großes Epitaph zu errichten (Nr. 758). Im September 1615 begann Herzog Friedrich Ulrich mit einer wochenlangen Beschießung der Stadt. Es sind aus dieser Zeit drei Inschriften überliefert, die auf den Einschlag von Kanonenkugeln verwiesen (Nr. 426, 742, 743). Der Bäckermeister Hans Hille (Nr. 788, 925), der 1616 das Amt des Bürgermeisters der Altenwiek übernehmen sollte, wurde auf dem Magnitorwall erschossen. Durch das Eingreifen niederländisch-hansischer Truppen am 21. Oktober wurde der Belagerungszustand aufgehoben. Im Dezember wurde der Friedensvertrag von Steterburg abgeschlossen, in dem sich die Stadt zur Erbhuldigung verpflichtete, der Herzog zur Anerkennung der städtischen Privilegien, einer Rückerstattung eingezogener Güter und einer Entschädigung für die daraus erhaltenen Einnahmen. Der Frieden von Steterburg ist auch Thema einer Inschrift, die auf einer Steintafel am Sockel des Burglöwen angebracht war und die neu gewonnene Eintracht zwischen dem Landesherrn und der Stadt verkündete (Nr. 746). Im Jahr 1617 wurde die Stadt auch aus der Reichsacht entlassen.30)

Der Dreißigjährige Krieg, der andere Städte an den Rand des völligen Ruins brachte, machte sich in Braunschweig, das von Besetzungen und Einquartierungen verschont blieb, vor allem durch den Zustrom von Flüchtlingen (vgl. Nr. 843, 844) bemerkbar. So verweisen die Inschriften dreier Glocken aus den Jahren 1642 und 1643 (Nr. 908, 917, 924) auch eher auf die allgemeine Notsituation im Reich als auf die Lage in Braunschweig. Daß die Stadt nicht so sehr unter dem Krieg zu leiden hatte, lag vor allem an ihrer nach wie vor selbständigen Stellung, die es erlaubte, sich rechtzeitig auf die Seite des Stärkeren zu schlagen. Im Jahr 1626 hatte Braunschweig sich offen auf die Seite des Kaisers gestellt und bot auch Herzog Friedrich Ulrich nach der Einnahme von Wolfenbüttel durch die Dänen im Jahr 1625 Zuflucht. Mit dem entmachteten Herzog lebte man in der Folgezeit in schönem Einvernehmen. Nach den zunehmenden militärischen Erfolgen der Schweden wechselte Braunschweig die Seite und nahm Verhandlungen auf, die dazu führten, daß Gustav Adolf die Stadt im Februar 1632 unter seinen Schutz stellte. In diesem Zusammenhang entstanden das im Altstadtrathaus befindliche Porträt Gustav Adolfs (Nr. 836) und zwei silberne Medaillen, die das Porträt des Schwedenkönigs zeigen (Nr. 824, 825). Nach dessen Tod erwirkte die Stadt bei dem schwedischen Kanzler Oxenstierna, daß dieser die alten Verpflichtungen gegenüber der Stadt anerkannte. Die Verhandlungen mit Oxenstierna führten der Syndikus Hermann Baumgarten (Nr. 867) [Druckseite XXI] und der Bürgermeister des Sacks Arendt Sauer (Nr. 864). Dadurch, daß die Stadt Braunschweig im Jahr 1635 dem Prager Frieden beitrat, erreichte sie wieder eine Annäherung an die kaiserliche Seite.31)

Als Herzog Friedrich Ulrich im Jahr 1634 kinderlos starb, fiel das Herzogtum Wolfenbüttel 1635 an Herzog August d. J., während die Stadt Braunschweig nach wie vor direkt dem ganzen Haus Braunschweig unterstellt blieb. Auch Herzog August d. J. schlug seinen Wohnsitz zunächst in Braunschweig auf und dokumentierte seine entschlossene Haltung gegenüber der Stadt dadurch, daß er begann, die Burg neu aufzubauen. Die Fronten zwischen Herzog und Stadt begannen sich wieder zu verhärten, und Huldigungsverhandlungen verliefen erfolglos. Nach der Befreiung Wolfenbüttels durch kaiserliche Truppen im Jahr 1643 konnte Herzog August d. J. die dortige Residenz in Besitz nehmen. Nach dem Abschluß des Westfälischen Friedens begannen erneut Verhandlungen zwischen Herzog und Stadt um einen Huldigungsvertrag. Hierbei vermittelte Heinrich Schrader (Nr. 1085), der als Sohn des Braunschweiger Bürgermeisters Henning Schrader in der Stadt aufgewachsen und nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte als Rat und Kanzler in die Dienste des Herzogs getreten war.32) Es kam jedoch auch weiterhin zu keiner Einigung. Im Jahr 1657 wurde die Stadt Braunschweig von einer besonders schweren Pestepidemie heimgesucht, die der Überlieferung zufolge mehr als 5000 Tote gefordert haben soll. An einige der Opfer erinnern Inschriften auf Grabdenkmälern (Nr. 1061, 1062), die aus diesem Jahr besonders zahlreich überliefert sind. Da die Todesursache nicht genannt ist, läßt sich in vielen Fällen allerdings nur vermuten, daß etliche der 20 inschriftlich bezeugten Todesfälle auf die Pest zurückgehen. Sicher ist dies bei der Familie Hille (Nr. 1073), da die Inschriften auf der Grabplatte den Tod beider Eltern und vier ihrer Kinder im Jahr 1657 dokumentieren. Der Pastor Justus Hesse von St. Katharinen starb ebenfalls an der Pest (Nr. 1067).33)

Ohne daß man sich auf einen Huldigungsvertrag geeinigt hatte, starb im September 1666 Herzog August d. J., und sein Sohn Herzog Rudolf August trat die Nachfolge an, der die Verhandlungen um einen Huldigungsvertrag mit der Stadt Braunschweig gar nicht erst aufnahm. Stattdessen wurde im Mai 1671 zwischen Herzog Rudolf August und den anderen lüneburgischen Herzögen vertraglich geregelt, daß die Stadt Braunschweig der Linie Wolfenbüttel übergeben wurde. Darüber, daß dieser Vertrag nur das Vorspiel zu einer Einnahme Braunschweigs war, gab es keinen Zweifel. Daher setzte sich die Stadt in Wehrbereitschaft (vgl. Nr. 909). Die Belagerung begann am 19. Mai. Am 4. Juni schlug eine Kanonenkugel in St. Martini ein. Die Inschrift (Nr. 1174), die sich unter der an dieser Stelle belassenen Kanonenkugel befand, steht für das Ende des in diesem Band behandelten Zeitabschnitts. Am 12. und 13. Juni 1671 wurde die Stadt von herzoglichen Truppen besetzt; am 16. Juni fand die Huldigung statt, die das Ende der selbständigen Stadt Braunschweig besiegelte. Die alte Ratsverfassung wurde abgeschafft und die Weichbildräte wurden aufgelöst. Zur Verwaltung der Stadt setzte der Herzog einen ständigen 16köpfigen Rat ein, der ihm und seiner Regierung unterstand.34)

Zitationshinweis:

DI 56, Stadt Braunschweig II, Einleitung, 2. Die Inschriften der Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671 – Zeugnisse der Personengeschichte (Sabine Wehking), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di056g009e007.

  1. Vgl. Spieß, Geschichte, S. 588. »
  2. Bei der Anlegung des Sachregisters wurde bewußt auf die Stichworte ‘Ratsherr’ und ‘Bürgermeister’ verzichtet, weil die Zahl der in den Inschriften enthaltenen Belege zu groß gewesen wäre. »
  3. Spieß,  Ratsherren, passim; Spieß, Geschichte, S. 523–529. »
  4. Der Gesellschaft von 1569 gehörten die folgenden Familien an, die sich oft auch in den Inschriften nennen: Adenstedt, Bode, Breyer, Broitzem, Broke, Damm, Doring, Engelnstedt, Glümer, Horn, Huddessem, Kale, Kogel, v. d. Leine, Lucke, Nieding, Ohmann, Pawel, Peine, Pralle, Scheppenstedt, Schipphauer, Segemeier, Sesen, Strombeck, Vechelde, Velstedt, Volmerot, Walbeck, Westphal. Vgl. Spieß, Geschichte, S. 476. Mit dem Zusammenschluß von 1569 dokumentieren die Geschlechter bereits ein Bewußtsein dafür, wie sehr ihre gesellschaftliche Stellung gefährdet war. Dennoch behielten diese Familien bis zum Ende des hier behandelten Zeitraums einen nicht unbedeutenden Einfluß innerhalb der Stadt. »
  5. Die in dem Kirchenfenster von St. Blasii aus dem Jahr 1558 (Nr. 486) mit ihren Wappen dargestellten Familien bieten eine Reihe repräsentativer Namen des ersten und zweiten Standes. »
  6. Spieß, Geschichte, S. 470. »
  7. Es handelte sich u. a. um die Familien Boeling, Steinhausen und Geitel (Beckenwerker), sowie um die Familien Brandes, Moller, Remmers und Kammann (Goldschmiede), die auch verschiedentlich in diesem Inschriftenbestand vertreten sind (vgl. Register 2.). Spieß, Geschichte, S. 487f. »
  8. Hierbei handelte es sich um die Adelsgeschlechter Bortfeld, Mahrenholtz, Saldern, Schulenburg, Steinberg und Veltheim. »
  9. Spieß, Stadtgeschichte, bes. S. 19–227. »
  10. Vgl. dessen Epitaph an der Nikolaikapelle in Hannover, DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 70»
  11. Zu Lampes Tätigkeit vgl. Spieß, Geschichte, S. 53–56. »
  12. Spieß, Geschichte, S. 58ff. »
  13. Spieß, Ratsherren, S. 36f. »
  14. Vgl. Register 1. Standorte. Auf den Zufall der Überlieferung geht diese Ungleichgewichtung nicht zurück, da mit der Sammlung Sack für alle Kirchen eine einigermaßen vollständige kopiale Überlieferung vorliegt. »
  15. Spieß, Geschichte, S. 81–84. »
  16. Neben den genannten Programmen vgl. zwei Porträts (Nr. 522, 612), eine Wappenglasscheibe (Nr. 558), sein Epitaph (Nr. 574), die Messingtafel von seiner Grabplatte (Nr. 604). »
  17. Spieß, Geschichte, S. 76–80. »
  18. Spieß, Geschichte, S. 84–88. »
  19. Spieß, Geschichte, S. 98–101. »
  20. Spieß, Geschichte, S. 130f. Die Fernkaufleute Pralle und Bühring waren bereits seit längerer Zeit Mitglieder des Altstädter Rats und verfügten somit bereits über politische Erfahrung. Aus ihrer weniger vornehmen Herkunft abzuleiten, daß es ihnen an politischem Fingerspitzengefühl gemangelt habe, wie Spieß es tut, erscheint äußerst fragwürdig. »
  21. Spieß, Geschichte, S. 132–137. »
  22. Spieß, Ratsherren, S. 38f. Spieß neigt mit seiner Vorliebe für die alten Familien zu einer Überbewertung dieser Vorgänge. Die eigentliche – in Braunschweig wie auch anderswo – sehr langsam verlaufende Entwicklung, durch die neue Kräfte allmählich die alten Familien aus der Stadtherrschaft verdrängten, gerät ihm dadurch ein wenig aus dem Blick. Zu den Geschehnissen in Braunschweig um 1600 vgl. a. die objektivere Darstellung von Christof Römer, Die Krise um Brabandt und Dohausen und das Verlöschen revolutionärer Potentiale im 17. Jahrhundert. In: Schicht – Protest – Revolution in Braunschweig 1292 bis 1947/48, hg. v. Birgit Pollmann, Braunschweig 1995 (Braunschweiger Werkstücke Reihe A Bd. 37, Gesamtreihe Bd. 89), S. 67–73. »
  23. Spieß, Ratsherren, S. 41–46. »
  24. Spieß, Geschichte, S. 175–181. »
  25. Spieß, Geschichte, S. 184–194. »
  26. Spieß, Geschichte, S. 203f. »
  27. Spieß, Geschichte, S. 204f. »
  28. Spieß, Geschichte, S. 216–226. »