Der Band enthält die kommentierte Edition von 170 Inschriften der Stadt Einbeck in ihren heutigen Grenzen bis zum Jahr 1650 sowie weitere 48 Baudaten und Initialen. Erfasst werden nicht nur die erhaltenen Inschriften, sondern auch diejenigen, die nur noch in älteren Abschriften oder Photographien vorliegen.

Den Schwerpunkt des Bestandes bilden die Inschriften des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Dabei entfallen ein Drittel der Katalognummern alleine auf das Stift St. Alexandri, dem unter den im Stadtgebiet liegenden Kirchen besondere historische Bedeutung zukommt. Es diente zeitweilig den Herzögen von Grubenhagen als Grablege und wurde von Herzig Heinrich Mirabilis – wie eine Inschrift bezeugt – im Jahre 1288 mit der Stiftung eines Chorgestühls bedacht, das heute zu den ältesten in Deutschland zählt. Den größten Anteil an dem hier vorgelegten Bestand haben die Grabdenkmäler. Ihre Inschriften bieten für einzelne Einbecker Familien eine große Zahl von personengeschichtlichen Zeugnissen, deren Informationswert in vielen Fällen weit über den anderer stadtgeschichtlicher Quellen hinausgeht. Besondere Bedeutung kommt in der Fachwerkstadt Einbeck den zahlreichen für das Stadtbild Einbecks charakteristischen Hausinschriften zu. Sie zeichnen sich durch besonders schmuckvolle und zum Teil mit originellen figürlichen Darstellungen kombinierte Schriftformen aus.

Die Inschriftentexte werden unter Auflösung der Abkürzungen ediert und kommentiert. Lateinische Inschriften und Texte älterer deutscher Sprachstufen werden übersetzt.

1. Vorwort, Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

1.1 Vorwort

Die vorliegende Sammlung der Inschriften der Stadt Einbeck wurde zu Beginn der achtziger Jahre zunächst in privater Initiative von Horst Hülse begonnen und später in Zusammenarbeit mit der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen von ihm fortgesetzt. In den letzten Jahren von ernster Krankheit bedroht, hat Horst Hülse gleichwohl nie den Mut und die Arbeitsenergie verloren, die ein solches Vorhaben erfordert. Er wollte der Stadt, in der er die Schule besucht hat und in der er später viele Jahre am Gymnasium tätig war, diesen Dienst leisten. Kurz vor seinem Tod am 20. April 1994 hat er die Sammlung abschließen können. Sie zum Druck zu bringen, hat er anderen überlassen müssen. So wird dies Buch, abgesehen von seinem soliden Gewinn für die Inschriftenforschung, als Zeugnis eines ungebrochenen Wissenschaftsethos und beständiger Heimatliebe zugleich einen besonderen Platz in der Reihe der DI einnehmen.

Das Manuskript wurde von den Mitarbeiterinnen der Inschriftenarbeitsstelle für den Druck überarbeitet, mit einer Einleitung und Registern versehen sowie um einzelne Kommentare ergänzt. Die verschiedenen Arbeiten haben Frau Dr. Hildegund Hölzel M.A., Frau Christiane Sommer M.A., Frau Dr. Sabine Wehking (Einleitung) und Frau Dr. Christine Wulf erledigt. Ihnen gebührt ein ausdrücklicher Dank für die sorgfältige und zügige Erledigung dieser z. T. nicht unbeträchtlichen Abschlußarbeiten, die neben den laufenden Geschäften der Arbeitsstelle zu bewältigen waren. Die Inschriftenkommission der Göttinger Akademie der Wissenschaften hat das Manuskript als 7. Band der Göttinger Reihe innerhalb der „Deutschen Inschriften“ zum Druck angenommen.

Der Band hätte nicht fertiggestellt werden können ohne die freundliche und engagierte Unterstützung von vielen Seiten. Das Institut für Denkmalpflege, das Niedersächsische Hauptstaatsarchiv (beide Hannover), das Städtische Archiv, das Städtische Museum, das Kirchenbuchamt und die Neustädter Kirchengemeinde St. Marien (alle Einbeck) haben Bild- und Schriftquellen zur Verfügung gestellt. Herr Dr. Harald Drös, Inschriftenkommission Heidelberg, hat bei den Wappenbeschreibungen geholfen. Reproduktionen einzelner älterer Photographien hat Herr Axel Schmider, ebenfalls Inschriftenkommission Heidelberg, angefertigt. Die Zeichnungen der Marken im Anhang 2 stammen von Frau Annette Schwandt. Herr Erich Strauß und Herr Hellmut Hainski vom Einbecker Geschichtsverein haben das gesamte Manuskript vor dem Druck durchgesehen. Frau Dr. Elke Heege und Herr Dr. Andreas Heege (beide Einbeck) haben den Bearbeiterinnen bei der Fertigstellung des Bandes in jeder Phase mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ihnen wie auch den vorher Genannten gilt der Dank der Göttinger Inschriftenkommission.

Besonders zu danken ist für die beträchtliche finanzielle Unterstützung, die von zahlreichen Einbecker Firmen und Institutionen sowie von der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft, Hannover, gewährt worden ist. Sie hat uns ermöglicht, den Band ohne Aufschub zum Druck zu geben.

Göttingen, im April 1996

Ulrich Schindel

1.2 Vormerkungen und Hinweise zur Benutzung

Die vorliegende Untersuchung hat die Inschriften der Stadt Einbeck in ihren heutigen Grenzen zum Gegenstand. Es sind daher auch diejenigen Inschriftenträger berücksichtigt, die den jetzt zur Stadt Einbeck gehörenden eingemeindeten Orten zuzuordnen sind. Die in den Inschriftenbänden üblicherweise eingehaltene Zeitgrenze von 1650 bietet sich auch im Fall Einbecks als sinnvoller Einschnitt an, da die Stadt während des Dreißigjährigen Krieges nach einem bereits zuvor einsetzenden wirtschaftlichen Niedergang ihre politische Eigenständigkeit einbüßte und zunehmend in die Abhängigkeit vom Landesherrn geriet.

Als Kriterium für die Aufnahme von Inschriften in dieses Corpus gilt das Provenienzprinzip, d. h. berücksichtigt wurden nur solche Stücke, die sich vor dem Jahr 1650 in der Stadt Einbeck und den eingemeindeten Orten befanden. Aufgenommen wurden sowohl original als auch kopial überlieferte Inschriften. Dabei ist Vollständigkeit angestrebt; es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß sich nach Abschluß dieser Arbeit noch die eine oder andere original oder auch kopial überlieferte Inschrift findet. Dies gilt insbesondere für die in Einbeck zahlreichen Inschriften an Fachwerkhäusern, die nicht selten unter Putz verborgen sind und erst durch die Renovierung eines Hauses zutage gebracht werden.

Die Aufnahme und Anordnung der Inschriften sowie die Einrichtung der einzelnen Artikel und der Register folgt den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften. Entsprechend wurden alle Inschriften aufgenommen, die nicht Gegenstand anderer Disziplinen wie der Sphragistik oder Numismatik sind.

Jahreszahlen und Initialen, die nicht in Verbindung mit anderen Inschriften stehen, sind in Anhang 1 chronologisch aufgeführt. Unberücksichtigt bleiben grundsätzlich Haus- und Künstlermarken, es sei denn, sie erscheinen in Verbindung mit Inschriften. In diesem Fall sind sie in Anhang 2 (Marken) wiedergegeben. Der Verweis auf die Marken erfolgt durch die Signatur (M) im Katalogteil. Die Einbecker Stadtmarke, ein in bekrönter oder unbekrönter Form erscheinendes abgeschlossenes E der gotischen Majuskel, ist nicht als Inschrift, sondern nur als Marke (M30) im Anhang verzeichnet.

Die Inschriften sind chronologisch angeordnet. Für undatierte Inschriften wurde eine möglichst enge Eingrenzung ihres Entstehungszeitraums vorgenommen. Sie sind jeweils an das Ende des ermittelten Zeitraums gestellt. Konnte ein Terminus post oder ante quem ermittelt werden, ist der Artikel vor oder hinter der Inschrift mit dem nächstliegenden Datum eingeordnet. Mehrere Inschriften mit gleicher Datierung sind nach alphabetischer Abfolge der Standorte wiedergegeben.

1.3 Der Aufbau der Katalogartikel

Die Katalogartikel sind untergliedert in Kopfzeile, beschreibenden Teil, Wiedergabe des Inschriftentextes, Kommentar und Apparat.

Die Kopfzeile enthält die laufende Nummer, die Bezeichnung des Standortes und die Datierung(en) der Inschrift(en).

Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet Inschriften, deren Original verloren ist. Ein Kreuz hinter der Angabe des Standortes bezeichnet nicht mehr vorhandene Gebäude.
(†) Nur ein Teil der Inschriften ist noch im Original erhalten.
(1575) Die Klammern markieren eine genaue Datierung, die nicht aus der Inschrift selbst hervorgeht.
13. Jh.? Ein Fragezeichen bezeichnet eine zweifelhafte Datierung.

Der beschreibende Teil eines Artikels enthält Angaben zur Ausführung der Inschrift(en) und des Inschriftenträgers. Die Beschreibung erfolgt mit Ausnahme der Wappen vom Blickpunkt des Betrachters aus. Handelt es sich um mehrere Inschriften auf einem Inschriftenträger, so werden diese mit A, B, C bezeichnet. Sind die Inschriften im Original überliefert, werden die Maße des Inschriftenträgers, die Buchstabenhöhe und die Schriftart angegeben. Sind die Inschriften kopial überliefert, ist die Quelle, nach der zitiert [Druckseite X] wird, genannt. Bei photographischer Überlieferung wird darauf entsprechend verwiesen. Soweit aus der kopialen Überlieferung die Schriftart bekannt ist, wird diese mit einem entsprechenden Verweis übernommen.

Der Inschriftentext ist eingerückt. Die Zeilenumbrüche des Originals werden bei der Wiedergabe der Inschriften nicht eingehalten, sondern nur bezeichnet. Verse werden auch dann voneinander abgesetzt, wenn das Original den Text fortlaufend wiedergibt.

[...] Punkte in eckigen Klammern bezeichnen Textverlust, der nicht ergänzt werden kann. Läßt sich die Länge des verlorenen Textes feststellen, markiert ein Punkt jeweils einen ausgefallenen Buchstaben.
[ . . . ] Läßt sich die Länge des verlorenen Textes nicht feststellen, stehen drei durch Spatien getrennte Punkte. Ergänzter Text steht ebenfalls in eckigen Klammern.
( ) Kürzungen werden in runden Klammern aufgelöst. Bei der Auflösung der Abkürzungen ist AE- oder E-Schreibung je nach Usus der Inschrift eingesetzt, ebenso U und V. Wenn die Inschrift keinen Anhaltspunkt gibt, wird nach klassischem Gebrauch verfahren. Punkte auf der Grundlinie oder hochgestellte Punkte werden nach Abkürzungen nur dann beibehalten, wenn die Inschrift durchgehend mit Worttrennern versehen ist. Abkürzungen von Bibelstellenangaben innerhalb einer Inschrift werden nicht aufgelöst, die Abkürzung des Wortes sanctus zur Bezeichnung eines oder einer Heiligen nur in besonderen Fällen.
/ Ein Schrägstrich markiert das Zeilenende.
// Doppelte Schrägstriche markieren einen Wechsel des Inschriftenfeldes.
_ Ein unter die Zeile gesetzter Strich bezeichnet eine aus zwei oder mehreren Buchstaben bestehende Ligatur.

Einer lateinischen Inschrift schließt sich unmittelbar die Übersetzung an. Übersetzungen niederdeutscher Inschriften finden sich, soweit es sich als notwendig erwies, in den Ziffernanmerkungen. Niederdeutsche Bibelzitate wurden nicht übersetzt.

Bei metrischen Inschriften folgt die Bestimmung des Versmaßes.

Der Kommentarteil enthält Erläuterungen zu verschiedenen – mit der Inschrift oder dem Inschriftenträger zusammenhängenden – Fragestellungen. Diese können sich beispielsweise auf Besonderheiten der Schrift, der Sprache oder des Inhalts einer Inschrift beziehen, historische oder biographische Angaben enthalten oder der Erklärung ikonographischer Zusammenhänge dienen.

Der Apparat gliedert sich in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen sowie Nachweise der kopialen Überlieferung. Die Buchstabenanmerkungen beziehen sich auf textkritische Probleme der Inschrift, sie enthalten abweichende Lesarten der Parallelüberlieferung, soweit sie relevant sind, und weisen auf orthographische Besonderheiten oder fehlerhafte Stellen hin. Die Ziffernanmerkungen enthalten Erläuterungen und Literaturnachweise.

Die am Schluß der Inschrift aufgeführten Literaturangaben beziehen sich auf die wichtigsten kopialen Überlieferungen der Inschrift und geben Abbildungsnachweise. Vollständigkeit ist hier nicht angestrebt. Ist die Inschrift lediglich kopial überliefert, steht an erster Stelle die Quelle, nach der die Inschrift zitiert wird. Wurde die Inschrift nach einer Photographie wiedergegeben, steht hier ein entsprechender Verweis.

2. Die Einbecker Inschriften – Einordnung in die Stadtgeschichte

Die Stadt Einbeck und die eingemeindeten Orte bilden seit April 1974 die kommunale Einheit, deren Inschriften in diesem Band erfaßt sind. Zuvor gehörten die Ortschaften Amelsen, Edemissen, Holtensen, Hullersen, Iber, Kohnsen, Negenborn, Odagsen, Salzderhelden, Strodthagen und Volksen zum Landkreis Einbeck.1) Geht man von den mittelalterlichen Verhältnissen aus, dann lagen die Orte Amelsen, Edemissen, Holtensen, Negenborn und Volksen in einem Territorium, das zunächst den Grafen von Dassel und seit 1310 dem Hochstift Hildesheim gehörte. Die übrigen Orte waren wie Einbeck zunächst Eigentum der Grafen von Katlenburg und gingen später in den Besitz der Welfen über. Hullersen, Iber, Kohnsen, Odagsen und Strodthagen gehörten zu dem grubenhagenschen Amt Rotenkirchen; Salzderhelden war Sitz eines eigenen Amtes und zugleich Residenz der Herzöge von Grubenhagen. Die dem Hochstift Hildesheim seit 1310 angehörenden Orte waren dem Amt Hunnesrück zugeordnet. Infolge der Hildesheimer Stiftsfehde kam das [Druckseite XI] Amt an die Herzöge von Calenberg-Göttingen, die die neuerbaute Erichsburg zum Amtssitz machten. Das Amt Erichsburg existierte in dieser Form bis zum Jahr 1643 und wurde danach wieder Hildesheim zugesprochen. Für die in diesem Band genannten eingemeindeten Orte Einbecks bedeutete dies, daß sie bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges und damit des Berichtszeitraums zu zwei verschiedenen Territorien gehörten.

Der Name Einbeck tritt zuerst als Bezeichnung für ein Vorwerk auf, das Kaiser Konrad II. (1024–1039) dem Grafen Udo von Katlenburg verlieh.2) Dessen Enkel, Dietrich II. von Katlenburg, begründete um das Jahr 1080 in Einbeck ein Chorherrenstift, das unter das Patronat des heiligen Alexander gestellt wurde. Als Vorgänger des heutigen gotischen Kirchenbaues konnte eine romanische Basilika mit einem von zwei Rundtürmen flankierten Westwerk ergraben werden. Ihre stattlichen Ausmaße belegen die Bedeutung des Stifts, das durch eine Heilig-Blut-Reliquie schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts zum Wallfahrtsort wurde. Nach dem Aussterben der Grafen von Katlenburg kam das zu dieser Zeit noch im wesentlichen aus Vorwerk und Stift St. Alexandri bestehende Einbeck auf dem Erbweg zunächst in den Besitz der Grafen von Northeim und über diese in den 40er Jahren des 12. Jahrhunderts in den Besitz der Welfen. Heinrich der Löwe gewährte hier dem Mainzer Erzbischof Heinrich I. Zuflucht, der im Jahr 1153 wegen seiner Opposition gegen Kaiser Friedrich I. in einer Reichsversammlung für abgesetzt erklärt wurde. Nur wenige Wochen nach seiner Absetzung starb Heinrich I. in Einbeck und wurde im Stift St. Alexandri beigesetzt. Bei Bauarbeiten in der Kirche im Jahr 1976 wurde sein Grab zerstört. Von den Grabbeigaben sind noch eine Bleimanschette mit Inschrift (Nr. 1) und eine hölzerne Krümme erhalten. Die Inschrift des Grabdenkmals für den Mainzer Erzbischof ist lediglich kopial überliefert (Nr. 2). Bei den Inschriften für den Mainzer Erzbischof handelt es sich um die beiden ältesten und zugleich um die einzigen aus dem 12. Jahrhundert überlieferten Inschriften der Stadt Einbeck. Die drei anderen Inschriften dieses Bestandes aus dem 12. Jahrhundert stammen aus den Orten Odagsen, Edemissen und Iber. Unter den Inschriftenträgern – einem Tympanon (Nr. 3), einer Glocke (Nr. 5) und einem Kelch (Nr. 4) – nimmt letzterer eine Sonderstellung ein. Die spätromanische Kuppa des Iber-Kelches zählt aufgrund ihres von Inschriften begleiteten Bildprogramms zu den besonders qualitätvollen Goldschmiedearbeiten ihrer Zeit.

Für die Stadt Einbeck ist aus dem 13. und 14. Jahrhundert nur jeweils eine aus dem Stift St. Alexandri stammende Inschrift überliefert. In beiden Fällen ist der Inschriftenträger im Original erhalten. Es handelt sich um das im Jahr 1288 angefertigte Chorgestühl der Stiftskirche (Nr. 6) und um die Bronzegrabplatte des 1367 verstorbenen Propstes des Stifts St. Alexandri, Johannes von Braunschweig-Grubenhagen (Nr. 7). Angesichts der Stadtgeschichte wäre aus dem 13. und 14. Jahrhundert eine deutlich größere Zahl überlieferter Inschriften zu erwarten, da Einbeck in dieser Zeit einen erheblichen Aufschwung erlebte. Der Umstand, daß sich nur zwei Inschriften erhalten haben, läßt sich in erster Linie durch den großen Stadtbrand des Jahres 1540 erklären, zu einem gewissen Teil jedoch auch mit der in Einbeck spät einsetzenden Chronistik und der demzufolge fehlenden frühen kopialen Überlieferung. Vor allem für die Grabdenkmäler ist in diesem Zusammenhang die Baugeschichte der Kirchen von Bedeutung, deren Errichtung und Erweiterung den Erfordernissen der sich entwickelnden Stadt Rechnung trug.

Südlich des an einem Hang liegenden Stiftsbezirks St. Alexandri entstand im 12. Jahrhundert eine Marktsiedlung, als deren Pfarrkirche St. Jacobi in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisbar ist. Um das Jahr 1203 wurde das Hospital Beatae Mariae Virginis vor der Stadt begründet. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts ist eine Ausdehnung Einbecks nach Süden hin zu belegen; die sogenannte Neustadt bildete mit der 1318 erstmalig erwähnten Neustädter Marienkirche einen eigenen Pfarrbezirk. Eine politische Trennung zwischen Altstadt und Neustadt gab es in Einbeck nicht. Um 1300 war die gesamte Stadt mit einer gemeinsamen Mauer umgeben und damit der Bereich umgrenzt, auf den die Stadt Einbeck bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts beschränkt blieb. Innerhalb des Mauerrings lagen die drei großen Kirchen sowie weitere geistliche und soziale Einrichtungen, die sich in der Zeit vom 13. bis zum 15. Jahrhundert herausbildeten.

Die Bedeutung des Stifts St. Alexandri wurde dadurch hervorgehoben, daß der Mainzer Erzbischof es um 1300 aus dem Diakonat Nörten ausgliederte und zum Mittelpunkt eines eigenen Diakonats machte, dem die beiden Einbecker Stadtkirchen und die Kirchen der umliegenden Orte unterstellt waren. Im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts wurde auf dem Gelände des Stifts mit der Errichtung einer gotischen Hallenkirche anstelle der bisherigen romanischen Basilika begonnen, deren Bau erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts abgeschlossen wurde. In einer Bauinschrift an einem Pfeiler des Langhauses nennt sich der Baumeister Molderam im Jahr 1416 (Nr. 8). Das Baudatum 1503, das vermutlich den Abschluß der Baumaßnahmen dokumentiert, findet sich auf der Nordseite der Kirche über einem Fenster neben dem Turm (Anhang 1, 1503). Die Veranlassung für den Neubau der Kirche St. Alexandri ging wohl von dem Landesherrn Herzog Heinrich Mirabilis von Braunschweig-Grubenhagen aus, der in St. Alexandri eine Grablege für sich und seine Familie [Druckseite XII] einrichtete und dem Stift – wie auch anderen Einbecker Kirchen – eine besondere Förderung angedeihen ließ. Herzog Heinrich Mirabilis schenkte der Kirche im Jahr 1288 das hölzerne Chorgestühl, das in einer Inschrift seinen Stifter nennt (Nr. 6) und eines der ältesten erhaltenen Chorgestühle Deutschlands darstellt. Im Jahr 1322 wurde Herzog Heinrich in St. Alexandri bestattet. Sein Grab ist jedoch ebensowenig erhalten wie das anderer in St. Alexandri beigesetzter Mitglieder der Herzogsfamilie. Es findet sich lediglich noch die bereits genannte Bronzegrabplatte für den 1367 verstorbenen Sohn Heinrichs, den Propst Johannes (Nr. 7).

Die Kirche St. Alexandri hat mit dem Radleuchter (Nr. 9) und dem Taufbecken (Nr. 10) zwei bemerkenswerte Stücke des spätmittelalterlichen Bronzegusses aufzuweisen; während die Künstlerinschrift des Taufbeckens den Bronzegießer Henning Regner nennt, kann der Radleuchter nur aufgrund einer auffälligen stilistischen Ähnlichkeit vor allem auch der Inschriften demselben Künstler zugewiesen werden. St. Alexandri wurde als Begräbnisort vom Einbecker Bürgertum bevorzugt. Darauf verweisen die zahlreichen kopial überlieferten oder original erhaltenen Grabdenkmäler der Einbecker Familien, die zum überwiegenden Teil aus der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen und sich in der Kirche oder auf dem Kirchhof befanden. Den hohen Rang von St. Alexandri als Begräbnisort dürfte die landesherrliche Grablege wesentlich bestimmt haben.

Wie im Fall der Stiftskirche St. Alexandri traten auch anstelle der ältesten Bauten der beiden Pfarrkirchen im Spätmittelalter größere Kirchengebäude, deren Errichtung sich jeweils über einen längeren Zeitraum hinzog. Die Marktkirche St. Jacobi, deren heutiges Kirchenschiff auf das 13. Jahrhundert zurückgeht, erfuhr im 14. und 15. Jahrhundert einen Ausbau, der mit der Fertigstellung des Turmes um das Jahr 1500 endete. Der spätgotische Bau der Neustädter St. Marienkirche wurde um die Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen und um 1525 abgeschlossen. Die über einer Sonnenuhr auf einem Stützpfeiler angebrachte Jahreszahl 1467 markiert einen Abschnitt der Baumaßnahmen (Nr. 16). Die Kirche wurde im Jahr 1963 wegen Baufälligkeit abgebrochen; ein Nachfolgebau wurde 1968 am Sülbecksweg errichtet.

Vor dem Tiedexer Tor lag die 1297 zum Kollegiatsstift erhobene und ebenfalls mit Pfarrechten versehene Kirche Beatae Mariae Virginis, die von Herzog Heinrich Mirabilis mit reichen Gütern ausgestattet worden war. Nach Einführung der Reformation ließ der Rat der Stadt Einbeck die Kirche im Jahr 1547 abbrechen. Der 20 Jahre später errichtete Nachfolgebau wurde im Dreißigjährigen Krieg entfernt, um feindlichen Truppen keinen Unterschlupf vor den Stadtmauern zu bieten. Ein 1503 entstandener Altar aus dem Kapitelhaus des Stifts befindet sich heute in der Landesgalerie Hannover (Nr. 35).

Im Jahr 1314 wurde mit Zustimmung des Herzogs Heinrich Mirabilis in Einbeck ein Augustiner-Eremiten-Kloster begründet, dem der Rat ein zwischen dem Ostertor und der Langen Brücke gelegenes Grundstück für den Bau der Klosterkirche überlassen mußte. Die Klostergebäude wurden im 18. Jahrhundert wegen Baufälligkeit abgerissen. Ein vor dem Benser Tor gelegenes Kloster der Augustinerinnen wurde auf Betreiben Herzog Heinrichs im Jahr 1318 in die Stadt verlegt. Das Maria-Magdalenen-Kloster wurde bei der Neustädter St. Marienkirche eingerichtet, die den Nonnen als Klosterkirche diente. Das Kloster verfiel nach der Reformation. An seiner Stelle wurde im 17. Jahrhundert die Ratsschule errichtet. Aus einem Beginenkonvent entwickelte sich im 15. Jahrhundert das Clarissinnenkloster Heilig-Kreuz an der Maschenstraße (Nr. 105), das nach dem Tod der letzten Konventualin im Jahr 1582 als Privathaus genutzt wurde.

In Einbeck sind vier Hospitäler nachzuweisen. Innerhalb der Stadtmauern wurde im Jahr 1274 das Spital St. Spiritus begründet, das Unterkunft für alte Leute und Findelkinder bot. Die Krypta und der Chor der Kapelle werden noch in das 13. Jahrhundert datiert, der übrige Bau ist im 14. Jahrhundert entstanden. Aus dem Hospital stammen zwei Kruzifixe aus dem 16. Jahrhundert (Nr. 128, 129) sowie ein ursprünglich spätgotischer, 1625 übermalter Flügelaltar (Nr. 17, 153), der heute – nach Entfernung der Übermalung – in der Marktkirche St. Jacobi aufgestellt ist. Vor den Toren der Stadt gab es neben dem bereits erwähnten Hospital Beatae Mariae Virginis das Leprosenhaus St. Bartholomäus. Der mit Wandgemälden (Nr. 31) ausgestattete Chor der Bartholomäuskapelle stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts; das Langhaus ist laut Bauinschrift (Anhang 1, Nr. 6) im Jahr 1510 fertiggestellt worden. Das Gebäude des Hospitals wurde während des Dreißigjährigen Krieges niedergebrannt, aber nur zwei Jahre später wiedererrichtet. Hierauf verwies eine Bauinschrift auf einer Tafel an dem neuen Hospital aus dem Jahr 1634 (Nr. 158), die beim Abbruch des Hauses im Jahr 1962 verlorenging. Vor dem Benser Tor befand sich das Hospital St. Gertrudis, bei dem ein Friedhof angelegt war.

Den Mittelpunkt der Stadt bildete der Markt mit der Marktkirche St. Jacobi und dem Rathaus. Anstelle des heutigen, laut Baudaten (Nr. 73) zwischen 1550 und 1556 errichteten Rathauses an der Südseite des Marktplatzes stand bis zum Stadtbrand von 1540 ein Vorgängerbau aus dem 13. Jahrhundert, dessen Kellergeschoß noch erhalten ist und eine Vorstellung von den Ausmaßen des spätmittelalterlichen Rathauses gibt. Die dreischiffige, mit ihrer Längsseite zum Marktplatz liegende Halle erstreckt sich über fünf Joche; sie diente als Lagerraum. Über die ehemalige Gestaltung der darüberliegenden Stockwerke ist nichts weiter bekannt. [Druckseite XIII]

Der im 13. Jahrhundert errichtete Rathausbau dokumentierte ebenso wie die um die Wende zum 14. Jahrhundert abgeschlossene Befestigung der Stadt nach außen eine Erstarkung der bürgerlichen Selbstverwaltung. Obwohl die Herzöge von Grubenhagen die Stadt Einbeck zum Hauptort ihres kleinen Territoriums bestimmten, gelang es der Stadt, eine vom jeweiligen Landesherrn weitgehend unabhängige Verwaltung aufzubauen – wohl nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, daß die Herzöge von Grubenhagen nicht in Einbeck selbst, sondern auf der nahe der Stadt gelegenen Burg Salzderhelden residierten. Der sich seit dem 12. Jahrhundert entwickelnden städtischen Selbstverwaltung entsprach die Verleihung des Stadtrechts für Einbeck nach dem Vorbild Braunschweigs, die Herzog Heinrich Mirabilis im Jahr 1279 vollzog. Der Stadt wurde damit vom Landesherrn eine eigene hohe und niedere Gerichtsbarkeit gewährt sowie die Befugnis, Maße und Gewichte festzusetzen. Die Genehmigung, eigene Münzen zu prägen, erhielt Einbeck erst im 15. Jahrhundert. Als Siegel führte die Stadt seit dem Ende des 13. Jahrhunderts die Wappendarstellung eines von zwei Türmen flankierten Bogens über ein Gewässer, über dem der welfische Löwe steht. Zum Stadtsiegel kommt später die Marke der Stadt Einbeck hinzu, die als – häufig bekröntes – E in abgeschlossener gotischer Majuskel gestaltet ist. Ebenso wie das Stadtwappen tritt sie oft in Verbindung mit Inschriften auf (vgl. Anhang 2, M30). Die im Stadtwappen dokumentierte welfische Herrschaft beschränkte sich im 14. bis 16. Jahrhundert im wesentlichen auf die Einnahme der von der Stadt zu leistenden Geldzahlungen und die Verpflichtung der Stadt zu militärischer Folge. Gegen landesherrliche Übergriffe versuchte sich Einbeck durch Bündnisse mit anderen niedersächsischen Städten zu schützen.

Der Einbecker Rat setzte sich aus den Mitgliedern der Gilden zusammen. Von den zwölf Ratsmitgliedern stellten im 14. Jahrhundert die Kaufgilde drei, die Bäcker- und Schuhmachergilde je zwei, die Knochenhauer-, Schmiede- und Kürschnergilde je einen Ratsherren. Zwei weitere Ratsherren kamen aus der sogenannten Meinheitsgilde, in der diejenigen Gewerbezweige vertreten waren, die keine eigene Gilde hatten. Die Gilden der Schneider, Krämer und Leineweber waren nicht ratsfähig. Der Rat und der Bürgermeister wurden jeweils am Michaelistag gewählt. Ratsherren und Bürgermeister konnten nur in jedem zweiten Jahr kandidieren; in dem auf ihre Amtszeit folgenden Jahr gehörten sie dem sogenannten stehenden Rat an und wurden bei wichtigen Entscheidungen gehört. Den Bürgermeister stellte in der Regel die Kaufgilde, deren Mitglieder – wie in anderen Städten auch – zusammen mit ihren Familien die städtische Oberschicht bestimmten. Die männlichen Angehörigen der alteingesessenen Kaufmannsfamilien trafen sich in der sogenannten Hohen Börse, einem Club, der in erster Linie dem geselligen Zusammensein diente. Für das durch den Stadtbrand im Jahr 1540 zerstörte, um 1580 wiedererrichtete Haus der Hohen Börse an der Marktstraße stifteten Angehörige der führenden Kaufmannsfamilien die heute noch erhaltenen Fenster (Nr. 110), in denen sich ihre Wappen und Namen finden. Neben den hier genannten Familien Papst (Pawest), Sebbexen, Rasche und Herbst ist als führende Familie der Einbecker Oberschicht ganz besonders die Familie Raven hervorzuheben, in deren Auftrag zahlreiche Inschriften entstanden. Die häufig mit dem Familienwappen in Verbindung stehenden Inschriften unterschiedlichster Art, die auf Mitglieder der Familie Raven verweisen, verdeutlichen die gesellschaftliche Stellung der Familie innerhalb der Stadt Einbeck.

Die Einbecker Wirtschaft war im wesentlichen auf die Selbstversorgung der Stadt abgestellt. Lediglich durch den Bierexport erlangte der Ort seit dem 14. Jahrhundert überregionale Bedeutung. Aufgrund seines Geschmacks und seiner Haltbarkeit fand das Einbecker Bier auch über Norddeutschland hinaus Abnehmer. Der Verkauf des Bieres trug wesentlich zum Wohlstand der Einbecker Bürger bei. Die Brauberechtigung war an den Besitz eines Hauses gebunden, dessen Eigentümer über den eigenen Bedarf hinaus beliebig viel Bier für den Verkauf herstellen konnte. Die Häuser mit Brauberechtigung befinden sich an den Hauptstraßen in der Stadtmitte. Von den zumeist in den Nebenstraßen gelegenen Häusern ohne Brauberechtigung, den sogenannten Buden, unterscheiden sie sich durch ihre Größe, den hohen Dachbereich für die Hopfenlagerung und durch die rundbogige Toreinfahrt. Zugleich verweisen sie durch repräsentative Gestaltung auf den Wohlstand ihrer Besitzer.

Anders als in vergleichbaren norddeutschen Städten gab es in Einbeck im 15. und 16. Jahrhundert weder Zunftrevolten noch Widerstand gegen die städtische Oberschicht. So war auch die Durchsetzung der Reformation hier nicht mit sozialen und politischen Forderungen der unteren Bevölkerungsschichten verknüpft, und demzufolge stellten nach Einführung der Reformation dieselben wenigen Familien die Ratsmitglieder wie zuvor. Entsprechend friedlich verlief der Prozeß der Reformation in der Stadt. Während in den um Einbeck liegenden Dörfern bereits 1522 lutherisch gepredigt wurde und auch die Mönche des Augustinerklosters in Einbeck die lutherische Lehre übernahmen, konnte sich diese bei der übrigen Geistlichkeit der Stadt zunächst nicht durchsetzen. Im Jahr 1528 wurden einige evangelisch gesinnte Bürger zu Ratsherren gewählt. In einem im November 1529 durch Vermittlung des Landesherrn, Herzog Philipp, geschlossenen Schlichtungsvertrag zwischen Bürgern und Geistlichen der Stadt Einbeck, in dem es vor allem um die Absenkung der von den Bürgern an die Geistlichkeit zu zahlenden Hypothekenzinsen ging, wurde eine vorläufige Duldung beider Konfessionen festgeschrieben und den Bürgern die freie Wahl des Bekenntnisses eingeräumt. Der Rat erhielt zugleich die Erlaubnis, eine eigene Schule zu begründen (Nr. 95, 119, [Druckseite XIV] 142). Dies war von besonderer Bedeutung, da das Stift St. Alexandri durch eine aus dem Jahr 1324 stammende landesherrliche Privilegierung bis zu diesem Zeitpunkt das Bildungsmonopol in der Stadt gehabt hatte. Die Marktkirche St. Jacobi und die Neustädter Marienkirche erhielten nun mit landesherrlicher Genehmigung evangelische Pastoren. Die Besetzung der Pastorenstellen an den Pfarrkirchen genehmigte seither der Rat, nicht mehr wie zuvor das Stift St. Alexandri. In der Folgezeit kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen dem evangelischen Teil der Bevölkerung und den Anhängern des alten Glaubens, in deren Verlauf der Überlieferung zufolge auch die Klöster geplündert wurden. Im Jahr 1545 wurde aufgrund einer landesherrlichen Verordnung in den Stiften St. Alexandri und Beatae Mariae Virginis die Reformation eingeführt. Die Klöster der Augustinerinnen und Clarissinnen wurden nach dem Tod ihrer letzten Konventualinnen aufgelöst.

Von einschneidender Bedeutung in der Geschichte der Stadt Einbeck war der mit den Vorgängen der Reformation in der Stadt aller Wahrscheinlichkeit nach in Verbindung stehende, schon verschiedentlich erwähnte Stadtbrand des Jahres 1540, durch den weite Teile der Innenstadt innerhalb weniger Stunden zerstört wurden. Der Brand brach am 26. Juli 1540 an mehreren Stellen zugleich aus. Besonders betroffen waren die um den Markt herum gelegenen Straßenzüge, deren Häuser ebenso zerstört wurden wie das Rathaus und die Ratsschule. Auch die Marktkirche wurde durch den Brand schwer beschädigt. Die Tatsache, daß das Stift St. Alexandri und möglicherweise auch einige Stiftskurien von dem Brand verschont blieben, gab der protestantischen Seite sofort nach der Katastrophe Anlaß zu Vermutungen über den Urheber der Brandstiftung. Als Anführer der Brandstifter, die an verschiedenen Stellen Feuer gelegt hatten, konnte im Verlauf der Untersuchungen Heinrich Diek überführt werden, der einer in der Stadt alteingesessenen Familie der Oberschicht angehörte. Dieser gab bei seiner Vernehmung zu Protokoll, die Brandstiftung sei von Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel sowie von den Bischöfen von Straßburg und Mainz als Maßnahme gegen evangelische Städte veranlaßt worden. Diese Aussage des kurze Zeit später hingerichteten Heinrich Diek bedeutete Zündstoff in den allgemeinen konfessionellen Auseinandersetzungen, zumal sich auch in anderen evangelischen Städten Brände ereigneten, und wurde von der evangelischen Seite gezielt für ihre Propaganda eingesetzt. Aus heutiger Sicht3) ist die Urheberschaft Herzog Heinrichs des Jüngeren, der innerhalb der Katholischen Liga eine führende Position bekleidete, zwar wahrscheinlich, sie läßt sich indessen nicht nachweisen.

Durch einen erneuten Brand im Jahr 1549, der die Straßenzüge zwischen dem Markt und dem Benser Tor betraf, wurden etliche der seit 1540 bereits wieder errichteten Häuser zerstört. Dies hatte zur Konsequenz, daß ein großer Teil der in der heutigen Altstadt stehenden Häuser in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbaut wurde. Auch aus der Zeit zwischen den beiden Bränden haben sich einige Gebäude erhalten; immerhin 15 Häuser sind nach Aussage ihrer Inschriften in den Jahren von 1541 bis 1548 errichtet worden, die meisten von ihnen an der Tiedexer Straße. Daß die beiden Brände sich innerhalb kürzester Zeit ausbreiten und verheerenden Schaden anrichten konnten, lag auch in der in Einbeck vorherrschenden Fachwerkbauweise begründet. Nach den Bränden baute man die Wohnhäuser ausschließlich in Fachwerk wieder auf. In Stein wurde höchstens der Unterbau ausgeführt. Das einzige – heute nicht mehr existierende – steinerne Bürgerhaus Einbecks ließ die Familie von Dassel im Jahr 1600 am Marktplatz anstelle eines 1540 zerstörten ebenfalls steinernen Vorgängerbaues errichten (Nr. 15, 130). Die zumeist traufenständigen Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert prägen noch heute das Bild der Einbecker Innenstadt. Die Geschosse sind häufig vorgekragt. Das Fachwerk ist mit Fächerrosetten, Vorhangbögen und Schiffskehlen verziert; einige Schwellbalken und Ständer tragen ein- oder mehrzeilige Inschriften; häufig finden sich Baudaten in Kombination mit Wappen oder Hausmarken und dem Namen des Erbauers über den Haustoren. Vereinzelt kommen auch figürliche Flachschnitzereien (Nr. 71, 74) vor; eine Besonderheit in Einbeck stellt das Haus Marktstr. 13 (Nr. 133) mit einem umfangreichen Bildprogramm dar. Daß sich in der Neustadt weniger Häuser aus dem Berichtszeitraum erhalten haben als in der Altstadt, ist darauf zurückzuführen, daß ein großflächiger Brand im Jahr 1826 viele Häuser der Neustadt vernichtete.

Der Brand des Jahres 1540 fällt zeitlich zusammen mit einer Wende in der Einbecker Stadtgeschichte, die sich allerdings unabhängig von dieser Katastrophe vollzog. Die wirtschaftliche Situation der Stadt verschlechterte sich mit einem deutlichen Rückgang des Bierexports. Nicht zuletzt waren hierfür auch die regierenden Herzöge verantwortlich, die durch die Errichtung eigener Brauereien in der Umgebung Einbecks der Stadt Konkurrenz machten. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts waren die Landesherren bemüht, wieder eine stärkere Kontrolle über die Städte zu bekommen und deren Selbstverwaltung einzuschränken. Auch für Einbeck wurde diese allgemeine Tendenz an zahlreichen kleineren Auseinandersetzungen mit der Regierung deutlich. Im Jahr 1596 starb die Linie der Herzöge von Grubenhagen aus; nach langen Rechtsstreitigkeiten [Druckseite XV] zwischen den Linien Braunschweig-Wolfenbüttel und Braunschweig-Lüneburg wurde das Herzogtum Grubenhagen durch einen Beschluß des Reichskammergerichts im Jahr 1609 den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg zugesprochen (Nr. 146). Diesen Besitzwechsel dokumentiert eine Inschrift an der Burg Salzderhelden aus dem Jahr 1617 (Nr. 146). Der Dreißigjährige Krieg beschleunigte wie andernorts auch den wirtschaftlichen Niedergang der Stadt und beendete zugleich die seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert andauernde städtische Selbstverwaltung. Für die Besetzung der Stadt durch kaiserliche Truppen im Jahr 1632 machte der Landesherr, Herzog Christian, und nach seinem Tod dessen Nachfolger, Herzog August von Braunschweig-Lüneburg, den Rat der Stadt verantwortlich, der beschuldigt wurde, den Truppen Pappenheims voreilig die Stadttore geöffnet zu haben. Unter diesem Vorwand erhielt die Stadt im Januar 1634 eine Stadtschulzen-Ordnung, nach welcher ein beständiger Rat eingesetzt wurde, der ohne den Schultheißen als Vertreter des Herzogs keinen Beschluß fassen durfte. Der Schultheiß erhielt verschiedene andere Befugnisse, die bis dahin Sache des Rates gewesen waren. Wenn die Stadt auch zwei Jahre darauf durch Zahlung einer Geldsumme an den Herzog die Einschränkungen ihrer Freiheit größtenteils wieder rückgängig machen konnte, so sind diese Vorgänge doch symptomatisch für die weitere Entwicklung. Der beständige Rat wurde auch nach 1636 aufrechterhalten. Zudem richtete Herzog August in Einbeck eine Garnison ein, die die landesherrliche Präsenz in der Stadt jederzeit spürbar machte und darüber hinaus eine finanzielle Belastung bedeutete. Im Jahr 1644 wurden dem Rat die kirchlichen Hoheitsrechte entzogen. Damit hatte die Einbecker Bürgerschaft am Ende des Dreißigjährigen Krieges nicht nur den im 14. und 15. Jahrhundert erlangten Wohlstand, sondern auch ihre politische Selbständigkeit eingebüßt; aus den in ihrer Selbstverwaltung eigenständigen Bürgern der Stadt wurden nun wie andernorts auch Untertanen des Landesherrn.

3. Inschriften, Inschriftenträger und Überlieferung

Das Inschriftencorpus der Stadt Einbeck in ihren heutigen Grenzen umfaßt 170 Inschriften, von denen 113 im Original erhalten sind; die übrigen 57 Inschriften liegen nur noch in kopialer Überlieferung vor. Hinzu kommen 48 Jahreszahlen und Initialen, die in Anhang 1 erfaßt sind. 17 Nummern des Katalogteils entfallen auf die eingemeindeten Orte, die übrigen 153 Nummern auf die Stadt Einbeck. Der Umfang des Einbecker Corpus ist damit selbst für eine kleinere norddeutsche Bürgerstadt von durchschnittlicher Bedeutung verhältnismäßig gering.4) Zerstörungen von Inschriftenträgern durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, die in anderen Städten zu einer erheblichen Reduzierung von Inschriftenträgern führten, hat es in Einbeck nicht gegeben. Die Verlustrate von einem Drittel aller überlieferten Inschriften ist hier im wesentlichen auf die Umgestaltung oder den Abriß von Kirchen und anderen Gebäuden sowie die Auflassung von Friedhöfen zurückzuführen. Einige Inschriften sind auch noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchgeführten Baumaßnahmen zum Opfer gefallen.

Ausgehend von dem Bestand an kopial und original überlieferten Inschriften kann für die Stadt Einbeck mit einer gewissen Verlustrate an Inschriften aus dem Berichtszeitraum gerechnet werden, die sich besonders auf die Grabinschriften und die Hausinschriften bezieht. Was die Grabinschriften betrifft, so lassen schon die zahlreichen Hinweise bei Letzner5) auf die Existenz einer großen Menge weiterer Grabdenkmäler mit Inschriften schließen, die heute aus der Kirche St. Alexandri entfernt sind oder sich auf einem der nicht mehr existierenden Friedhöfe der Stadt befanden.6)Im Falle der Hausinschriften macht sich das Fehlen einer kopialen Inschriftenüberlieferung der dem Brand von 1826 zum Opfer gefallenen Häuser der Neustadt bemerkbar.

Unter den 170 Katalognummern bilden die Grabinschriften mit 45 Nummern den größten Bestand, es folgen die Hausinschriften mit 34 Nummern. Weitere kleine Sachgruppen bilden die – ausschließlich kopial überlieferten – Inschriften der Geschütze mit 22 Nummern, Inschriften auf Kirchengerät mit 15 Nummern sowie Glockeninschriften mit 9 Nummern. Die übrigen Katalogartikel haben unterschiedliche Inschriftenträger des kirchlichen und profanen Gebrauchs sowie Bauinschriften zum Gegenstand. Daß die Inschriften der Kirche St. Alexandri mit 49 Nummern, die sich im wesentlichen aus Grabinschriften und Inschriften auf Kirchengerät zusammensetzen, fast ein Drittel des Gesamtbestandes ausmachen, verdeutlicht die Bedeutung des Stifts innerhalb der Stadt Einbeck.

3.1. Die kopiale Überlieferung

Von den 170 Inschriften der Stadt Einbeck werden hier erstmalig die Texte von 36 noch im Original erhaltenen Inschriftenträgern veröffentlicht; die übrigen 134 Inschriften sind bereits ganz oder teilweise in verschiedenen Publikationen oder ungedruckten kopialen Überlieferungen erfaßt. Nur zwei Sammlungen, von denen sich eine lediglich auf die Geschütze der Stadt bezieht, befassen sich speziell mit den Inschriften. In allen anderen Fällen werden Inschriften in größerem Umfang entweder in Kunstdenkmälerinventaren im Zusammenhang mit der Beschreibung des Inschriftenträgers wiedergegeben oder in Untersuchungen zur Stadtgeschichte als Zeugnisse für gewisse historische Ereignisse oder als Quellen der Personengeschichte. Die umfangreichsten Zusammenstellungen von Inschriften sollen im folgenden vorgestellt werden, um einen Einblick in die Arbeitsweise des jeweiligen Sammlers und die Art und Zuverlässigkeit der Überlieferung zu geben.

Die größte Sammlung von Inschriften der Stadt Einbeck und der umliegenden Dörfer bietet H. W. H. Mithoff in dem entsprechenden Band der Kunstdenkmale und Alterthümer, der im Jahr 1873 veröffentlicht wurde.7)Dieses Kunstdenkmälerinventar, in dem immerhin 82 Inschriften dieses Bestandes, also über die Hälfte der Einbecker Inschriften ganz oder teilweise erfaßt sind, zeichnet sich durch eine zuverlässige Überlieferung der Texte aus. Die Inschriften werden entsprechend ihrer Ausführung in Groß- oder Kleinbuchstaben wiedergegeben, die im Fall von gotischer Minuskel und Majuskel durch die Wahl einer entsprechenden Drucktype dem Schriftbild der Inschrift angeglichen werden. Mithoff behält Kürzungen ebenso bei wie Worttrenner, die er generell als Punkte auf der Zeile wiedergibt. Die U/V-Schreibung des Originals übernimmt er.

Nach Mithoff bietet W. H. Friese in seinem Reiseführer aus dem Jahr 1890 mit 45 Inschriften aus dem Berichtszeitraum die zweitgrößte Überlieferung.8)In der Art der Wiedergabe ist er mit Mithoff zu vergleichen. Auch hier werden Kürzungen ebenso beibehalten wie die U/V-Schreibungen des Originals und die Worttrenner; die verschiedenen Schriftarten sind durch eine entsprechende Drucktype wiedergegeben. Friese unterlaufen bei der Lesung der Inschriften lediglich kleinere Ungenauigkeiten.

Die undatierte, vermutlich aus den 20er oder 30er Jahren des 20. Jahrhunderts stammende maschinenschriftliche Arbeit des K. W. Garbe über Die Kirchen der Stadt Einbeck und ihre Kunst9), in dem 44 Inschriften des Einbecker Corpus aufgezeichnet sind, enthält die Inschriften aus den Einbecker Kirchen, d. h. die Inschriften der Grabdenkmäler und der kirchlichen Ausstattungsstücke. Die Sammlung hebt sich von den beiden zuvor genannten Überlieferungen durch einen hohen Grad von Unzuverlässigkeit in der Wiedergabe der Texte ab. Garbe unterlaufen sowohl bei lateinischen als auch deutschen Inschriften häufig Lesefehler, die von kleineren Ungenauigkeiten bis zu sinnentstellenden Fehllesungen reichen. Worttrenner gibt Garbe nicht in allen Fällen und z. T. recht willkürlich wieder; er normalisiert die U/V-Schreibung; die Groß- und Kleinbuchstaben werden nicht in immer textgetreu beibehalten.

Die von W. Feise zu Beginn des 20. Jahrhunderts angelegte Inschriftensammlung, die in den Einbecker Jahresberichten 1915 publiziert wurde10), enthält 34 Inschriften aus dem Berichtszeitraum. Feise bietet eine im allgemeinen zuverlässige Überlieferung, die um die genaue Wiedergabe des Inschriftentextes bemüht ist. Kürzungen werden beibehalten. Die Inschriften sind unabhängig von der Ausführung im Original in einer normalisierten Groß- und Kleinschreibung wiedergegeben; auch die U/V-Schreibung ist normalisiert. Worttrenner finden bei Feise keine Berücksichtigung.

Demgegenüber stellt die früheste erhaltene Inschriftensammlung, die 1596 gedruckte Dasselische und Einbeckische Chronica des J. Letzner,11) eine Überlieferung von besonderer Bedeutung dar, die zugleich aber auch spezielle Probleme aufwirft. In ihr sind 29 Inschriften dieses Corpus enthalten, bei denen es sich – mit Ausnahme weniger Bauinschriften – um Grabinschriften handelt. Neben den im Kontext chronikalischer Erörterungen wiedergegebenen Inschriften ist vor allem das Kapitel 21 des ersten Teils der Einbecker Chronik von Bedeutung, in dem Letzner sich eingehend mit den verschiedenen Begräbnisplätzen der Stadt beschäftigt. Seine Bemerkungen zu den Begräbnissen in den Kirchen und auf den Friedhöfen werden im Zusammenhang [Druckseite XVII] der Grabinschriften noch behandelt werden.12)In diesem Kapitel wie auch verstreut in den anderen Kapiteln überliefert Letzner eine Reihe von Grabinschriften, deren Originale sich nicht erhalten haben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß er die U/V-Schreibung normalisiert, ae und oe prinzipiell als Ligatur wiedergibt und für et immer das Zeichen & verwendet. In Majuskelbuchstaben ausgeführte Inschriften gibt er durchgehend in einer weitgehend ungeregelten Groß- und Kleinschreibung wieder. Insgesamt normalisiert Letzner die Inschriftentexte stark und weicht dabei teilweise auch vom Wortlaut des Originals ab. Ein Beispiel hierfür ist die Grabschrift für Siegfried Rauscheplate (Nr. 41), die Letzner einmal in deutscher und einmal in lateinischer Sprache wiedergibt. Es läßt sich dabei nur vermuten, daß die lateinische Version auf dem Grabdenkmal ausgeführt war. Probleme wirft die Überlieferung von Grabinschriften bei Letzner vor allem auch deshalb auf, weil er zum einen aus Inschriften entnommene Textteile nicht explizit als solche kennzeichnet, zum anderen, weil die Abgrenzung zwischen dem auf dem Grabdenkmal ausgeführten Text und dem literarischen Totengedenken nicht in jedem Fall deutlich wird. So finden sich in dem Kapitel über die Begräbnisse – wie auch in anderen Kapiteln – eine Reihe von Sterbevermerken, die von Grabdenkmälern zu stammen scheinen. Ein Vergleich der Texte auf den heute noch erhaltenen Grabdenkmälern mit den bei Letzner verzeichneten Sterbevermerken zeigt, daß dieser die Texte stark modifiziert.13) Daher sind alle diejenigen Sterbevermerke, die Letzner nicht ausdrücklich als von einem Grabdenkmal stammend bezeichnet, hier für die kopiale Inschriftenüberlieferung nicht berücksichtigt. Dasselbe gilt auch für Grabgedichte, die ohne einen Verweis auf die inschriftliche Ausführung wiedergegeben werden, und für Grabinschriften, die auf Zitate von Texten auf Grabdenkmälern folgen, aber den Eindruck erwecken, als seien sie nicht auf dem Inschriftenträger ausgeführt gewesen. Im Fall dieser häufig sehr umfangreichen Texte, die Letzner als Epitaphium bezeichnet, handelt es sich um literarische Grabgedichte, die vermutlich zu großen Teilen aus den Leichenpredigten für die betreffenden Personen entnommen sind. Der zur Zeit der Abfassung seiner Chronik als Pastor der Kirche in Iber tätige Letzner hatte einen besonders guten Zugang zu diesen Texten; die zahlreichen deutschen und lateinischen Versgedichte in seinem Werk belegen ein besonderes Interesse des Autors an dieser Gattung.

Eine speziell auf die Geschützinschriften der Stadt Einbeck bezogene Sammlung mit dem Titel Relatio von denen großen Geschützen auf den Einbeckschen Stadtwällen nach deren Wapen und Inscriptionen findet sich in einer Akte des Stadtarchivs Einbeck, die sich mit dem Verkauf von Geschützen in der Zeit von 1731 bis 1743 befaßt.14) Die Veräußerung der Stücke als Rohmaterial sollte Geld in die Stadtkasse bringen, um den Bau des Jacobikirchturms finanzieren zu können. Zu diesem Zweck wurden verschiedene detaillierte Aufstellungen über die Geschütze angefertigt, darunter auch ein Verzeichnis aller Inschriften und Darstellungen auf den einzelnen Stücken, die nach ihrem Standort auf dem Stadtwall angeordnet sind. Das Verzeichnis diente offensichtlich dazu, mit Hilfe der Inschriften festzustellen, ob das betreffende Stück Besitz der Stadt oder Besitz einer der Gilden war, da letztere sich weigerten, ihre Geschütze als Rohmaterial zu verkaufen. Insgesamt sind 27 Geschütze aufgeführt, von denen 22 eine Inschrift trugen. Keines dieser Geschütze ist heute noch vorhanden. Die 17 im Besitz der Stadt befindlichen Geschütze wurden im Jahr 1743 schließlich als Rohmaterial verkauft. Über den Verbleib der übrigen Geschütze, die den Gilden gehörten, ist nichts bekannt (vgl. a. S. XXIIf.). Die Sammlung der Inschriften stellt die einzige Aufzeichnung der Geschützinschriften dar und liegt auch der Wiedergabe bei Mithoff15) und Harland16) zugrunde. Die Überlieferung der Texte erweckt den Eindruck, als ob Wortlaut und Schreibweise der Inschriften weitgehend beibehalten wurden. Normalisiert wurde die U/V-Schreibung. Die Entstehungsdaten der Geschütze legen die Vermutung nahe, daß etliche Inschriften in Kapitalis ausgeführt waren; die Überlieferung bietet jedoch für alle Inschriften eine normalisierte Groß- und Kleinschreibung.

Die Wiedergabe von ganz oder teilweise kopial überlieferten Inschriften im Katalogteil dieser Edition erfolgt – soweit es mehrere kopiale Überlieferungen gibt – jeweils nach der am zuverlässigsten erscheinenden Quelle. Im Fall einer ausschließlich kopialen Überlieferung wurde dabei der Text der Vorlage getreu übernommen. Lediglich auf die Übernahme der zumeist willkürlich gesetzten Interpunktion der kopialen Überlieferung wurde verzichtet. Soweit original erhaltene Inschriften nach älteren Aufzeichnungen ergänzt wurden, [Druckseite XVIII] wird die Schreibung in Majuskel- oder Minuskelbuchstaben und die U/V-Schreibung dem Usus des Originals entsprechend gehandhabt.

3.2. Grabinschriften

Von den 46 auf Grabdenkmälern oder Bauteilen überlieferten Grabinschriften17) der Stadt Einbeck, die in den Berichtszeitraum fallen, sind 27 ganz oder teilweise erhalten, 19 liegen nur noch in kopialer oder photographischer Überlieferung vor. Da Grabdenkmäler in den Kirchen und auf den Kirchhöfen immer in besonderer Weise der Gefahr ausgesetzt waren, Umbauten oder Umgestaltungen entsprechend dem Zeitgeschmack zum Opfer zu fallen, ist hier eine besonders hohe Verlustrate anzunehmen. Der weitaus größte Teil der 27 erhaltenen Grabdenkmäler befindet sich heute in der Stiftskirche St. Alexandri. Dagegen hat die Neustädter Kirche lediglich zwei im Original erhaltene Grabdenkmäler aufzuweisen, die sich heute in der Kirche am Sülbecksweg befinden (Nr. 97, 165). Daß diese niedrige Zahl nicht auf den Abriß der Kirche im Jahr 1963 zurückzuführen ist, zeigen die wenigen kopial überlieferten Inschriften von ehemals in der Kirche befindlichen Grabdenkmälern (Nr. 43, 114, 126), unter denen lediglich das Epitaph für Hans Diek vor dem Abbruch der Kirche noch vorhanden gewesen zu sein scheint. Letzner gibt hierzu an: In derselben Kirche ist jetziger Zeit nicht viel von Sepulturn zu sehn / Vor alters aber sind viel Priester und fürnehme Leut / auch was im Jungfrawen Kloster gestorben / in diese Kirch begraben worden / Und ob wol deren Gräber mit Steinen und Schrifft gezieret worden / hat der grosse Brandt doch alles hinweg genommen.18) In der Marktkirche St. Jacobi finden sich heute lediglich noch drei Epitaphien (Nr. 144, 161, 166), bei denen es sich ausnahmslos um mit Grabschriften kombinierte Gemälde handelt, deren Gegenstand die Vermutung nahelegt, daß die Grabdenkmäler nicht als solche, sondern vielmehr als Gemälde frommen Inhalts erhalten wurden. Eine kopiale Überlieferung von Grabinschriften der Marktkirche gibt es nicht. Offenbar kamen dort kaum Begräbnisse vor, denn Letzner vermerkt: In S. Jakobi Kirch werden der Ungelegenheit halben nicht viel Leut begraben / allein das die Pfarrherrn derselben Kirchen / wan ire Schuldt der Natur bezalet / dahin bestattet werden / finde aber davon keine Epitaphia.19) In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fanden die Begräbnisse bereits auf vor den Stadtmauern gelegenen Friedhöfen statt. Laut Letzner wurden die Gemeindemitglieder der Pfarreien St. Jacobi und St. Alexandri auf einem bei dem Stift Beatae Mariae Virginis vor dem Tiedexer Tor gelegenen Friedhof beigesetzt. Dieser dürfte nach dem Abriß der Kirche im Dreißigjährigen Krieg aufgelassen worden sein. Die Bewohner der Neustadt wurden auf dem Kirchhof St. Gertrudis vor dem Benser Tor begraben. Weil dieser überfüllt und der Grundwasserspiegel dort zu hoch war, richtete die Stadt im Jahr 1581 den etwas näher zum Stadttor hin gelegenen Johannisfriedhof ein.20) Grabdenkmäler aus dem Berichtszeitraum haben sich von diesen Friedhöfen, die vor den Stadtmauern lagen und daher in Kriegszeiten Verwüstungen preisgegeben waren, – soweit bekannt – nicht erhalten. Lediglich zwei von Letzner aufgezeichnete Grabinschriften vom Johannisfriedhof (Nr. 102, 107) liegen in kopialer Überlieferung vor.

Die im Original überlieferten Grabdenkmälertypen beschränken sich im vorliegenden Bestand auf die Grabplatte und das Epitaph. Grabstelen, also am Kopf eines Grabes aufgestellte Steine, und Totenschilde haben sich nicht erhalten. Während die Grabplatte zur Abdeckung eines Grabes in den Boden eingelassen und damit an den Platz des Begräbnisses gebunden war, handelt es sich bei dem Epitaph um ein Denkmal, das in keinem Bezug zum Grab stehen muß und in sehr unterschiedlicher Art gestaltet sein kann. Grabplatte und Epitaph sind vielfach begrifflich nicht eindeutig voneinander abzugrenzen, insbesondere dann nicht, wenn sie sich – wie in Einbeck zu beobachten ist – nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort befinden und folglich ihre Funktion nicht mehr eindeutig zu ermitteln ist. Darauf wird anhand konkreter Fälle noch näher einzugehen sein.

Der älteste überlieferte Inschriftenträger Einbecks – die Bleimanschette aus dem Grab des 1153 verstorbenen Mainzer Erzbischofs Heinrich (Nr. 1) – stellt zwar kein Grabdenkmal im strengen Sinne dar, sie ist jedoch als Träger einer Grabschrift in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Als eines der wenigen erhaltenen Stücke dieser Art, die als Identitätsnachweis mit ins Grab gegeben wurden, nimmt sie einen besonderen Rang unter den Einbecker Inschriftenträgern ein. [Druckseite XIX]

Die Grabplatte für den 1367 verstorbenen Propst von St. Alexandri, Johannes von Braunschweig-Grubenhagen (Nr. 7), ist das älteste erhaltene Grabdenkmal Einbecks. Es handelt sich um den im 14. und 15. Jahrhundert verbreiteten Typus der hochrechteckigen Platte mit einer Reliefdarstellung des Verstorbenen im Innenfeld und einer umlaufenden Inschrift. Zumeist ist diese Art von Grabdenkmal in Stein ausgeführt. In diesem Fall handelt es sich jedoch um die aufwendigere Ausführung als Bronzeguß. Metallgrabplatten scheinen sich in Einbeck einer besonderen Beliebtheit erfreut zu haben; darauf verweist neben der zweiten im Original erhaltenen Bronzegrabplatte des 1495 verstorbenen Stiftsherrn von St. Alexandri, Otto Ernst (Nr. 25), die Nennung von weiteren drei Metallgrabplatten aus dem 15. und beginnenden 16. Jahrhundert (Nr. 22, 38, 41). Der Umstand, daß es sich in allen fünf Fällen bei den Verstorbenen um Geistliche des Stifts St. Alexandri handelte, von denen einer auch noch Mitglied der landesherrlichen Familie war, zeigt, daß diese anspruchsvolle Form des Grabdenkmals Personenkreisen vorbehalten blieb, die eine gewisse gesellschaftliche Position bekleideten und sicherlich auch vermögend waren. Abgesehen von den beiden Bronzegrabplatten haben sich in Einbeck keine weiteren Grabplatten erhalten. Es ist jedoch zu vermuten, daß eine Reihe der kopial überlieferten Grabschriften als Umschriften auf hochrechteckigen Steinplatten ausgeführt waren, die im Innenfeld entweder eine Ritzzeichnung oder ein Relief mit der Darstellung des Verstorbenen aufwiesen. Darauf, daß zumindest in der Kirche St. Alexandri und in der Neustädter Marienkirche Grabplatten vorhanden waren, deuten auch die Angaben bei Letzner, der für St. Alexandri von einer größeren Anzahl abgetretener Steine berichtet, deren Inschriften er nicht mehr habe lesen können.21)

Das älteste in Stein ausgeführte Grabdenkmal, das sich zwar nicht im Original, aber doch in einer Photographie erhalten hat, hing bis zum Abbruch des Gebäudes 1963 an der Neustädter Marienkirche: die auf das Jahr 1530 datierte Steintafel für den Einbecker Ratsherren Hans Diek (Nr. 43). Anhand dieses Steins ist – wie oben bereits angedeutet – auf eine terminologische Schwierigkeit bei der Bezeichnung von Grabdenkmälern hinzuweisen, die auch für weitere Einbecker Stücke aus dem 16. und 17. Jahrhundert gilt. Es handelt sich jeweils um hochrechteckige Tafeln22), die im Innenfeld zumeist eine Reliefdarstellung des Verstorbenen in einer Nische zeigen. Die Inschrift verläuft entweder um den Stein oder um den Bogen der Nische und kann durch eine Inschriftenkartusche im Innenfeld ergänzt werden. Da sich keiner der Steine heute noch an seinem ursprünglichen Standort befindet, sondern alle innen oder außen an Kirchenwänden angebracht sind, ist kaum zu entscheiden, ob es sich bei einem solchen Inschriftenträger um eine Grabplatte oder um ein Epitaph handelt: Ihrer Form nach hätten die hochrechteckigen Steintafeln auch zur Abdeckung eines Grabes dienen können.

Eindeutig als Epitaph gekennzeichnet sind die Steine dann, wenn zu der hochrechteckigen Tafel ein bekrönender Aufsatz hinzutritt. In Einbeck ist diese Form des Grabdenkmals in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besonders beliebt gewesen. Darauf lassen die insgesamt acht Epitaphien schließen, die in dieser Weise gestaltet sind.23) Zwei weitere (Nr. 137, 145) sind als Doppelgrabmäler konzipiert, die jeweils aus zwei hochrechteckigen Tafeln bestehen. Im einen Fall trugen die Steine jeweils eine eigene Bekrönung, sind aber durch eine sich über beide Tafeln fortsetzende Inschrift als zusammengehörig bezeichnet; im anderen Fall sind die beiden Steintafeln durch einen ihnen aufliegenden gemeinsamen Architrav verbunden. Abgesehen von diesen beiden Doppelgrabsteinen weisen nur noch zwei weitere Steine aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die auch auf Grabplatten übliche Reliefdarstellung des Verstorbenen in einer Nische auf (Nr. 148, 157). Alle anderen Epitaphien, die aus einem hochrechteckigen Stein und einem bekrönenden Aufsatz bestehen, zeigen die Darstellung des Verstorbenen oder der gesamten Familie in Bethaltung unter dem Kreuz. Inschriften befinden sich in der Regel auf einem Feld unter dem Bildteil oder in der Bekrönung. Dabei wird für den Stein das alte hochrechteckige Format der Grabplatte beibehalten; der Wandel vollzieht sich somit nur in der Art der bildlichen Darstellung und der Plazierung von Inschriften. Als besonders qualitätvolles Grabdenkmal dieser Art ist das 1559 von einem Bildhauer I. R. angefertigte Epitaph für Hildebrand von Uslar (Nr. 85) hervorzuheben. Seinen künstlerischen Anspruch begründen sowohl die Darstellung einer Stadtsilhouette im Bildhintergrund wie die sorgfältig gestaltete Einrahmung der Kreuzigungsszene, die Darstellung der Evangelistensymbole in den Ecken des Steins und die Buchstabengestaltung der Inschriften.

Vier der Epitaphien mit einem Kreuzigungsrelief auf einem hochrechteckigen Stein (Nr. 92, 96, 97, 98) lassen sich aufgrund ihrer Künstlersignatur ebenso wie durch ihre übereinstimmende Gestaltung dem aus [Druckseite XX] Hildesheim stammenden Bildhauer Ewert Wolf zuschreiben. Sie sind in den Jahren 1570–75 entstanden. In allen vier Fällen verläuft eine Inschrift über die Pfeiler und den von ihnen getragenen Bogen, wodurch der Bildteil eingerahmt wird. Das Kreuz steht auf einem Epitaph in der Bildmitte, in den drei anderen Fällen ist es in die linke oder rechte Bildhälfte gerückt. Allen Epitaphien Wolfs in Einbeck gemeinsam ist der durch einen Vorhang im unteren Bildteil verhängte Hintergrund, vor dem die Stifterfiguren knien. Ebenso charakteristisch wie dieses Bildelement ist das große, weit flatternde Lendentuch Christi, das in seiner heftigen Bewegung im Gegensatz zu der starr und wenig ausdrucksvoll wirkenden Figur des Gekreuzigten steht. Auch der Kreuzestitulus ist auf allen vier Epitaphien gleich ausgeführt als flatterndes, an den Enden eingerolltes Schriftband. Die Epitaphien variieren lediglich in der Gestaltung des oberen Abschlusses, der Anbringung der Wappen und in der Auswahl der jeweils verwendeten Schriftarten (vgl. dazu unten Kap. 4.4. und Kap. 4.5.).

Noch zwei weitere Formen von Epitaphien sind für Einbeck zu nennen. Das Epitaph des 1605 verstorbenen Stiftsherrn von St. Alexandri, Andreas Meimberg (Nr. 138), entspricht einer sonst weit verbreiteten Form, die in Einbeck jedoch nur dieses eine Mal auftritt. Es handelt sich um ein mehrteiliges steinernes Epitaph mit einem hohen Architrav und seitlichem Rollwerk, das ein von Säulen begrenztes quadratisches Relief mit der üblichen Darstellung der Stifterfamilie unter dem Kreuz einfaßt. Die Inschriften stehen hier auf einer querrechteckigen Tafel unter dem Bildfeld sowie auf einer Kartusche darunter. In der mehrteiligen Gestaltung entsprechen diesem Steinepitaph drei Holzepitaphien aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, deren Mittelteil jeweils ein Gemälde bildet (Nr. 144, 161, 166). Zwei weitere Holzepitaphien aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestehen aus einem Gemälde und einem darüber angebrachten Fries mit Inschrift (Nr. 90, 111).

Dem geringen Variantenreichtum der äußeren Form der Einbecker Grabdenkmäler entsprechen auch die Texte der Grabinschriften, bei denen es sich im überwiegenden Fall um eine formelhafte Prosagrabschrift handelt, zu der in wenigen Fällen noch ein anderer Texttyp hinzutritt.24) Von den 45 Grabinschriften des Einbecker Bestandes sind 19 in lateinischer Sprache und 24 in deutscher Sprache abgefaßt. Auf einem Grabdenkmal (Nr. 124) erscheinen deutsche und lateinische Inschriften nebeneinander; in einem anderen Fall kann keine Aussage darüber gemacht werden, ob eine bei Letzner in beiden Sprachen parallel überlieferte Grabschrift ursprünglich lateinisch oder deutsch verfaßt worden ist (Nr. 41). Die deutsche Sprache tritt erstmals 1530 in einer Grabinschrift auf (Nr. 43), was angesichts der spärlichen Überlieferung aus der Zeit zuvor keine Schlüsse über das Verhältnis von Latein und Volkssprache im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert erlaubt.

Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts handelt es sich bei den Grabinschriften ausschließlich um kurze formelhafte Prosagrabschriften, die aus der Angabe des Todesdatums, dem Namen und Titel des Verstorbenen eventuell in Verbindung mit einem Epitheton und einer Fürbitte bestehen. Die Fürbitte lautet in den lateinischen Inschriften immer cuius anima requiescat in pace, nur in einem Fall heißt es cuius animam habeat dominus (Nr. 7). Die deutschsprachigen Inschriften enthalten durchgehend die Fürbitte der Seele Gott gnädig sei. In nur zwei Fällen ist die Formel geringfügig variiert: der Seele Gott gnädig und barmherzig sei (Nr. 92); Gott gnade seiner Seele (Nr. 148). Das stereotype Formular der kurzen Prosagrabschrift wird seit der zweiten Hälfte 16. Jahrhunderts gelegentlich durch die Angabe des Alters25), der Sterbestunde26) oder durch die Mitteilung der Amtsjahre27) des Verstorbenen erweitert.

Auf den Epitaphien treten seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verschiedene Arten von Texten nebeneinander auf. Dabei läßt sich an den Einbecker Grabinschriften die Bindung eines bestimmten Texttyps an eine Sprache beobachten: Während zu der kurzen deutschen Prosagrabschrift jeweils ein Bibelzitat in deutscher Sprache hinzutritt28), werden die lateinischen Prosagrabschriften durch lateinische Versgrabschriften ergänzt29). Sieht man von der in einem zweisilbig gereimten leoninischen Hexameter abgefaßten Fürbitte auf dem Epitaph des Mainzer Erzbischofs Heinrich (Nr. 2) ab, so weist der Einbecker Bestand lediglich sechs lateinische Versgrabschriften auf.30)Drei dieser Grabgedichte sind für Geistliche bestimmt, zwei weitere für Kinder von Pastoren; eine lateinische Versgrabschrift ist dem Einbecker Bürgermeister Andreas Olemann und seiner Frau gewidmet.

Insgesamt läßt sich die Tendenz erkennen, daß lateinische Grabinschriften eher für Vertreter des geistlichen Standes, deutsche Grabinschriften mehr für die Bürger der Stadt Verwendung finden. Ausnahmen von [Druckseite XXI] dieser Regel stellen lediglich vier in lateinischer Sprache verfaßte Grabinschriften für Bürger dar31), denen eine deutsche Grabschrift für einen Geistlichen gegenübersteht32). Auf eine der vier lateinischen Grabinschriften ist besonders hinzuweisen. Sie ist für Peter Werner Götz von Olenhusen bestimmt und stammt aus dem Jahr 1598 (Nr. 124). Es handelt sich dabei um das einzige Grabdenkmal Einbecks aus der Zeit vor 1650, auf dem in einer längeren Prosagrabschrift detaillierte Angaben zum Leben des Verstorbenen gemacht werden. Höchst ungewöhnlich ist, daß es hierbei um ein im Alter von drei Jahren gestorbenes Kind geht, das als Wunderkind gepriesen wird.

3.3. Hausinschriften

Die Hausinschriften, die innerhalb des Einbecker Corpus mit 34 Nummern die zweitgrößte Gruppe bilden, sind fast ausschließlich im Original erhalten. Lediglich zwei Inschriften sind nur noch kopial überliefert. Zu diesen gehört die älteste Inschrift an einem Bürgerhaus Einbecks, die sich an dem Haus Marktplatz 23 befand und aus dem Jahr 1460 stammte (Nr. 15). Sie ist die einzige aus der Zeit vor dem Stadtbrand 1540 überlieferte Hausinschrift und befand sich an dem einzigen steinernen Bürgerhaus Einbecks. Auch der Inhalt der in lateinischer Sprache formulierten Inschrift ist bemerkenswert, da sie darauf verweist, daß die Familie von Dassel als Eigentümer des Hauses einen Privatweg zur öffentlichen Nutzung freigab.

In ganz anderer Weise präsentieren sich die übrigen 32 Einbecker Hausinschriften. Sie bieten inhaltlich kaum Bemerkenswertes, zeichnen sich dafür jedoch in ihrer Buchstabengestaltung häufig durch besonders schmuckvolle und originelle Formen aus. Damit prägt sich eine wesentliche Funktion der Hausinschriften aus, die in der Verzierung von Bauelementen liegt. Die traufen- oder giebelständigen Fachwerkhäuser bieten hierfür ausreichend Platz. Man kann in Einbeck aber beobachten, daß die Schwellen der Fachwerkhäuser seltener mit Inschriften bedeckt sind als in vergleichbaren norddeutschen Städten wie etwa Hameln oder Hannover.33) Dadurch daß sich die Inschriften hier häufig nur auf Torbögen, Ständern oder Knaggen finden, treten an den Einbecker Häusern die Zierelemente wie Halb- oder Dreiviertelrosetten, Taubänder, Perlschnüre oder figürliche Darstellungen mehr in den Vordergrund. Abgesehen vom Rathaus weisen nur fünf Häuser Schwellbalken auf, die längere – zum Teil mehrzeilig ausgeführte – Inschriften tragen.34) An drei Häusern sind Balken mit Inschriften nachträglich eingebaut.35)In den meisten Fällen sind die Hausinschriften in Einbeck über den runden oder spitzbogigen Einfahrtstoren angebracht. Da weder die Bogenscheitel noch die Zwickel über den Torbogen viel Platz für die Ausführung einer Inschrift lassen, fällt diese in der Regel sehr kurz aus und besteht oft nur aus dem Namen des Bauherrn und dem Baudatum. 13 der 34 Einbecker Hausinschriften setzen sich lediglich aus diesen beiden Elementen zusammen. Hinzu kommt noch eine weitere Zahl von Baudaten oder Initialen, die hier in Anhang 1 wiedergegeben sind; auch diese sind zumeist am Torbogen plaziert.

Wenn man von den aus Baudaten und Namen bestehenden Inschriften absieht, wurde für die Inschriften an zehn Häusern die lateinische, an acht Häusern die deutsche Sprache gewählt. Längere Bibelzitate, die an fünf Häusern vorkommen, sind mit einer Ausnahme36) in deutscher Sprache ausgeführt37). Hierbei sind die formelhaften Bibelzitate nicht berücksichtigt: Das Psalmzitat Der Herr bewahre deinen Ausgang und Eingang kommt vor 1650 zweimal vor (Nr. 143, 155). An dem Haus Haspel 5 (Nr. 117) steht die protestantische Devise aus dem Römerbrief Si deus pro nobis quis contra nos; derselbe Spruch erscheint in deutscher Sprache am Haus Marktstraße 26 (Nr. 79). Ebenfalls um eine protestantische Devise38) handelt es sich bei dem Bibelzitat Verbum Domini manet in aeternum, das sich in Latein am Haus Tiedexer Str. 20 (Nr. 49) findet, in der deutschen Version Gottes Wort bleibt in Ewigkeit an dem Haus Marktstr. 6 (Nr. 74) und in der geringfügigen Abwandlung Des Herren Wort bleibt in Ewigkeit am Haus Altendorfer Str. 21/23 (Nr. 71). In den [Druckseite XXII] beiden letzten Fällen ist der Spruch auf die Anfangsbuchstaben der Worte reduziert. Besonders interessant sind die Initialen an dem zuletzt genannten Haus ausgeführt: Jeder der weit auseinander stehenden Buchstaben ist in einen ornamentalen Rahmen gesetzt, wodurch der Schmuckcharakter der Inschrift besonders betont wird. Der Umstand, daß das Bibelzitat in allen drei Fällen um die Mitte des 16. Jahrhunderts an den Häusern angebracht wurde – also zu einer Zeit, als die Initialen Devise und Kampfspruch der protestantischen Seite darstellten –, erlaubt den Schluß, daß mit der Wahl der Inschrift die persönliche Überzeugung des Bauherrn zum Ausdruck gebracht werden sollte. Dasselbe gilt für das genannte Zitat aus dem Römerbrief.

Ein frommer Inhalt, der in lateinische Versinschriften gekleidet ist, erscheint – abgesehen vom Rathaus (Nr. 73) – nur an zwei Häusern in Einbeck. Das Distichon am Haus Marktstr. 6 (Nr. 74) stellt eine Paraphrase des Psalmverses 120,8 dar; den Inschriften am Rathaus und an dem Haus Marktstr. 2 (Nr. 84) liegt der in Psalm 126,1 enthaltene Gedanke zugrunde, daß ohne Gottes Hilfe das Haus und die Stadt nicht florieren können. Hierbei handelt es sich um ein in vielfacher Abwandlung immer wiederkehrendes Thema lateinischer Versinschriften, das sich vor allem an Bürgerhäusern und öffentlichen Gebäuden findet.39)

Vermutlich ebenfalls als Distichon abgefaßt war die lateinische Inschrift am Haus Marktplatz 17 (Nr. 50), die dadurch besondere Bedeutung erhält, daß sie eine der beiden überlieferten Hausinschriften ist, in denen der Stadtbrand des Jahres 1540 thematisiert wird.40) Umso bedauerlicher ist es, daß der Text nur noch in Bruchstücken erhalten ist und keinen sinnvollen Zusammenhang mehr ergibt. Die zweite an einem Haus angebrachte Inschrift, die Bezug auf den Brand nimmt, befindet sich auf einem Sandsteinquader, der vom Haus Marktstr. 23 stammt (Nr. 130). Darüber hinaus wurde der Stadtbrand noch in einer Bauinschrift am Hullerser Tor angesprochen (Nr. 103).

Abschließend soll noch auf das Haus Marktstr. 13 (Nr. 133) hingewiesen werden, das unter den Einbecker Bürgerhäusern aufgrund seiner Gestaltung eine Sonderstellung einnimmt. Ein so reichhaltiges Figurenprogramm trat in ähnlicher Form vor allem an den im Zweiten Weltkrieg zum überwiegenden Teil zerstörten Bürgerhäusern Hildesheims auf; für Einbeck und viele andere Fachwerkstädte Norddeutschlands ist es singulär. An dem sogenannten Eickeschen Haus sind verschiedene Figurenprogramme ausgeführt. Neben Aposteln und Propheten stehen allegorische Darstellungen der Gestirne, der Künste, der Musen, der fünf Sinne und der Tugenden. Alle Figuren sind zugleich durch ein Attribut und durch eine Namensbeischrift gekennzeichnet. Mit Ausnahme der fünf Sinne sowie Sonne und Mond unter den Gestirnen, die in deutscher Sprache bezeichnet sind, tragen die anderen allegorischen Gestalten ihre lateinischen bzw. in die lateinische Sprache übernommenen griechischen Namen. Die vier am Haus auf Tafeln angebrachten Bibelzitate in deutscher Sprache formulieren allgemeine Weisheiten, nach denen ein frommer Bürger sein Leben ausrichten sollte.

3.4. Geschützinschriften

Der Umstand, daß die Inschriften von 22 Einbecker Geschützen überliefert sind, schafft eine gewisse Materialbasis für eine genauere Betrachtung dieser Inschriftengattung. Der größte Teil der Geschützinschriften stammt aus der Zeit unmittelbar nach dem Stadtbrand des Jahres 1540. Der Rat der Stadt und die Gilden hielten es aufgrund der unsicheren – von konfessionellen Auseinandersetzungen geprägten – politischen Lage offensichtlich für besonders vordringlich, die Stadt möglichst schnell wieder in Verteidigungsbereitschaft zu setzen. Sie beauftragten mit der Herstellung der Geschütze den Bronzegießer Cordt Mente, der in Norddeutschland zu den bekanntesten Vertretern seines Handwerks gehörte. Der Name Mentes und sein Meisterzeichen (M4) fanden sich auf einigen der von ihm gefertigten Einbecker Stücke.41) Eine Geschützinschrift aus dem Jahr 1541 berichtet, daß Cordt Mente an einem Tag 15 Geschütze goß (Nr. 46). Auch in den beiden darauffolgenden Jahren fertigte der Gießer noch weitere signierte und datierte Stücke für die Stadt Einbeck. Von den 27 im Jahr 1743 noch vorhandenen Geschützen (vgl. S. XVII) stammten 19 nachweislich aus den Jahren nach 1540, lediglich drei sind auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts datiert42), die übrigen fünf trugen keine Inschriften. Man kann daher davon ausgehen, daß das nach dem Stadtbrand angeschaffte Verteidigungsgerät in den nächsten zweihundert Jahren weitgehend als ausreichend zur Sicherung der Stadt betrachtet wurde. Anläßlich des geplanten Verkaufs der Geschütze als Rohmaterial wurde in der ersten [Druckseite XXIII] Hälfte des 18. Jahrhunderts allerdings darauf hingewiesen, daß etliche Stücke aufgrund ihres Alters nicht mehr einsatzbereit seien.43)

Das anläßlich des Verkaufs 1743 angefertigte Verzeichnis der Geschütze nach ihren Inschriften gibt offensichtlich sämtliche auf einem Geschütz befindlichen Inschriften, Darstellungen, Wappen und Marken wieder. Man kann daher ausgehend von dieser kopialen Überlieferung gewisse Rückschlüsse ziehen, welche Texttypen sich auf dieser Art Inschriftenträger besonders häufig finden. Dabei ist vorauszuschicken, daß die Beobachtungen, die sich am Material der Einbecker Geschützinschriften machen lassen, ohne weiteres auch auf die Geschützinschriften der Stadt Hannover übertragen werden können, deren Entstehung sich – anders als die der Einbecker Inschriften – gleichmäßig über einen Zeitraum von der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Berichtszeitraums verteilt.44) Die Sprache der Geschützinschriften ist nahezu ausnahmslos deutsch. Dies ist nicht durch das Material und die damit befaßten Bronzegießer zu erklären, wie der Vergleich mit den in denselben Werkstätten gefertigten Glocken zeigt, die häufig Inschriften in lateinischer Sprache tragen. Es liegt daher der Schluß nahe, daß die Inschriften der Geschütze, die auf den Stadtwällen aufgestellt und somit allgemein zugänglich waren, auf eine größere Volkstümlichkeit zielten. Nicht nur die Wahl der Volkssprache, die oft in Reimverse gesetzt ist, macht dies deutlich, sondern auch die Art der Inschriften. Eine Ausnahme ist in diesem Zusammenhang der einzige lateinische Satz auf einem Einbecker Geschütz, in dem sich der Gießer Cordt Mente nennt (Nr. 56). Solche Meisterinschriften finden sich häufig auf Geschützen, ebenso die Jahreszahl des Gusses.

Konstitutiv für eine Geschützinschrift ist die Verwendung der 1. Person Sg., in der das Geschütz zu dem Bürger oder auch zum Feind spricht. Diese Ich-Perspektive findet sich in allen 22 Einbecker Geschützinschriften. Dabei versichert das Geschütz in vielen Fällen denjenigen, der es in Auftrag gegeben hat, seines Beistands: de Heren und Borgeren von Eimibeck sta ich bi (Nr. 47), der kramer gilden sta ick bi mit seten (= Schießen) (Nr. 61), und stellt sich oft mit seinem Namen vor: Der kleine Jokop bin ich genant (Nr. 46), Der Schwan ich heiß (Nr. 77). Es fällt auf, daß die Inschriften tragenden Geschütze, die die Stadt Einbeck gießen ließ, mit einer Ausnahme alle einen Namen haben, während die von den Gilden in Auftrag gegebenen Geschütze – ebenfalls mit einer Ausnahme – namenlos sind. Dies könnte damit zusammenhängen, daß letztere durch die inschriftlich vermerkte Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gilde bereits in gewisser Weise bezeichnet waren. Geschütznamen können aus sehr unterschiedlichen Bereichen gewählt werden. In Einbeck überwiegen die auch andernorts sehr beliebten Namen von biblischen Personen, in diesem Fall der Evangelisten, die vollzählig vertreten sind45) sowie der Apostel46). Eine Gruppe von Geschützen mit den Namen einer entsprechenden Gruppe von biblischen Personen zu benennen, war allgemein gebräuchlich. Darüber hinaus finden sich in Einbeck neben einer Bezeichnung aus dem Tierreich, der Schwan (Nr. 77), zwei Namen, deren Bedeutung sich heute nicht mehr klären läßt: die möglicherweise auch falsch überlieferte Bezeichnung der Schawerdt (Nr. 65) sowie der Hartzbock (Nr. 56). Während die meisten Bezeichnungen sicherlich darauf abzielten, Assoziationen vom Macht, Stärke und Überlegenheit hervorzurufen – manchmal aber auch spöttisch gemeint waren –, wollte man sich mit der Wahl des Namens einer biblischen Gestalt oder eines Heiligen wohl eher des himmlischen Beistands in Kriegszeiten versichern. Eine solche Funktion hat auch die auf den Einbecker Geschützen nur zweimal auftretende Fürbitte für schlechte Zeiten (Nr. 52, 60). Häufiger findet sich hier eine an den Gegner gerichtete Drohung: den ich drefe krich balde seinen ende (Nr. 48), Wen ich drefe de werdt bange (Nr. 65), bist du vor mick, so hot du dick (Nr. 57). Daneben stehen auf den Geschützen auch Sprüche frommen Inhalts47) sowie allgemeine Lebensweisheiten. Auffällig ist, daß diese Sentenzen allgemeiner Art – für ein nur in Kriegszeiten Verwendung findendes Gerät sehr passend – ausschließlich eine negative Sicht der Dinge wiederspiegeln und vor dem Bösen in der Welt warnen: trwe is mislich in düßer welt (Nr. 47), Ebreker (= Gesetzesbrecher) fint me an mer enden (Nr. 53), Der egennut is ser in dem Svang (Nr. 65).

4. Die Schriftformen

Das Einbecker Inschriftencorpus bietet kaum Material für die älteren Majuskelschriften, da lediglich sechs original überlieferte Inschriften aus der Zeit vor 1400 stammen. Die aus dem 15. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Original überlieferten Inschriften sind zum überwiegenden Teil in gotischer [Druckseite XXIV] Minuskel ausgeführt. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts tritt neben die Minuskelschrift die frühhumanistische Kapitalis bzw. eine Kapitalis mit einzelnen Elementen der frühhumanistischen Kapitalis. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts dominiert bis zum Ende des Berichtszeitraums die Kapitalis in den Einbecker Inschriften. Als Minuskelschrift wird nun die Fraktur verwendet; Beispiele für die humanistische Minuskel finden sich in Einbeck nicht.

4.1 Die mittelalterliche Majuskelschriften

Die sechs original überlieferten Einbecker Inschriftenträger aus der Zeit vor 1400 bieten Beispiele für die Schriftform der Kapitalis sowie der romanischen und der gotischen Majuskel. Darunter ist die aus dem 12. Jahrhundert stammende Glocke aus Edemissen (Nr. 5) aufgrund der wenig sorgfältigen Buchstabengestaltung der hier verwendeten Kapitalis schriftgeschichtlich nicht von Bedeutung. Zwei weitere Kapitalisinschriften finden sich auf der Bleimanschette für Erzbischof Heinrich von Mainz aus dem Jahr 1153 (Nr. 1) sowie auf dem Kelch von Iber aus dem Ende des 12. Jahrhunderts (Nr. 4). Obwohl die eingeritzte Inschrift A der Bleimanschette und die gravierten Kelchinschriften wegen der Unterschiede in der Ausführung nur eingeschränkt miteinander zu vergleichen sind, zeigen die Buchstaben des Iberkelchs gegenüber denjenigen der Bleimanschette bereits Formen, in denen sich die Entwicklung hin zur gotischen Majuskel andeutet. Übereinstimmend ist in den Kapitalisinschriften beider Stücke lediglich das E durchgehend unzial gestaltet. Die kapitalen Buchstaben des Iberkelches weisen jedoch bereits fortgeschrittenere Gestaltungselemente auf wie die keilförmigen Verbreiterungen der Hasten- und Bogenenden sowie ausgeprägte Sporen. Eine weitere aus dem 12. Jahrhundert stammende Inschrift auf dem Tympanon in Odagsen (Nr. 3) ist in romanischer Majuskel ausgeführt; sie nimmt aufgrund der eigentümlichen Buchstabengestaltung eine Sonderstellung ein und erlaubt keine Einordnung in die schriftgeschichtliche Entwicklung.

Die beiden aus dem 13. und 14. Jahrhundert überlieferten Inschriftenträger, das Chorgestühl von St. Alexandri aus dem Jahr 1288 (Nr. 6) und eine Bronzegrabplatte aus dem Jahr 1367 (Nr. 7) tragen in gotischer Majuskel ausgeführte Inschriften. Die in einer Konturschrift eingravierten Buchstaben der Bronzegrabplatte zeigen die Merkmale der späten gotischen Majuskel: die E und C weisen Abschlußstriche auf; Bogenschwellungen und keilförmige Verdickungen der Hasten bestimmen das Schriftbild; als Zierformen treten Nodi und Halbnodi auf. Abgesehen von den beiden genannten Inschriftenträgern findet sich die gotische Majuskel in Einbeck lediglich auf einem Altargemälde aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Nr. 17) sowie auf den Nodi zweier Kelche aus späterer Zeit (Nr. 27, 121).

4.2 Gotische Minuskel

Die gotische Minuskel tritt in Einbeck erstmalig in einer Bauinschrift aus dem Jahr 1416 (Nr. 8) auf, also zu einem Zeitpunkt, als sie im deutschen Sprachraum bereits allgemein verbreitet war.48) Die sehr sorgfältig gehauene Inschrift an der Kirche St. Alexandri, in der sich ein Baumeister Molderam nennt, ist in erhabenen Buchstaben mit besonders breiten Hasten und entsprechend ausgeführten umgebrochenen Bogenabschnitten gestaltet. Die Buchstaben sind in ein durch vertiefte Zeilen betontes Zweilinienschema eingefügt, über das die Ober- und Unterlängen nur wenig hinausreichen. Eine Entwicklung der gotischen Minuskel oder ein Zusammenhang zwischen Material und Schriftgestaltung läßt sich innerhalb des Einbecker Bestandes nicht beobachten. Lediglich die allgemein gültige Feststellung, daß Metall den Künstlern einen größeren Gestaltungsspielraum gab als Stein oder Holz, trifft auch für die Einbecker Inschriftenträger zu. Ansonsten variiert die Schrift in erhabener oder vertiefter Ausführung sowie – auch je nach Qualität – in der Gestaltung von Einzelbuchstaben. Die enge gitterartige gotische Minuskel mit schlanken hohen Buchstaben tritt in Einbeck nicht auf. Hier wird durchgehend eine Schrift mit eher großzügiger Raumaufteilung verwendet. So finden sich die Merkmale der Bauinschrift von 1416 – flächige Gestaltung der erhabenen Buchstaben, Einordnung in ein Zweilinienschema – auch Ende des 15. Jahrhunderts noch auf der Bronzegrabplatte für den 1495 verstorbenen Otto Ernst (Nr. 25). Die großzügige Spationierung bietet Platz für besonders sorgfältig gestaltete Worttrenner. Im Fall der Bronzegrabplatte sind diese als zwei verschiedene Arten von Blüten ausgeführt, von denen die als Rosetten gestalteten Worttrenner ein im Innenfeld der Platte verwendetes Blütenmotiv wieder aufgreifen.

[Druckseite XXV] Sowohl aufgrund der Worttrenner als auch aufgrund der Buchstabengestaltung bemerkenswert sind die Inschriften des Radleuchters und der Bronzetaufe aus St. Alexandri (Nr. 9, 10), die beide dem Bronzegießer Henning Regner zugeschrieben werden können. Zwar sind die Inschriften des Radleuchters heute durch Ölfarbe überstrichen und weitgehend unkenntlich gemacht, es läßt sich an einigen Stellen jedoch noch feststellen, daß es sich um dieselbe Gestaltung von Buchstaben und Worttrennern handelt wie auf der Bronzetaufe. Die Schrift entspricht zudem den Inschriften auf der Bronzetaufe der Kreuzkirche in Hannover, die derselben Werkstatt entstammt.49) Die gotische Minuskel der Bronzetaufe, die glatt vor schraffiertem Hintergrund ausgeführt ist, zeichnet sich vor allem aus durch vor die Hasten gesetzte Quadrangeln, wodurch die sonst nur imaginäre vierte Ecke der Quadrangeln sichtbar gemacht wird, sowie durch die durch den Schaft von f und t gesteckten Querbalken. Als Zierelemente tragen die Enden der Buchstabenbestandteile tropfenförmige Verdickungen; die Ausrichtung der Quadrangeln ist jeweils durch zwei schrägparallele Striche in ihrem Zentrum betont. Die Worttrenner sind in Form unterschiedlich gestalteter Blättchen, blattartig eingekerbter oder oben und unten tropfenförmig auslaufender Quadrangeln gestaltet.

4.3 Frühhumanistische Kapitalis

Anders als in den bis jetzt publizierten niedersächsischen Inschriftenbeständen findet in Einbeck die frühhumanistische Kapitalis oder eine Kapitalis mit einzelnen Elementen der frühhumanistischen Kapitalis bereits in den letzten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts Verwendung, zunächst auf Goldschmiedearbeiten (Nr. 20, 24, 26), bald darauf in der Tafelmalerei (Nr. 32, 34). Offenbar erfreute sich die aufgrund ihres Formenreichtums besonders dekorative Schrift, die Elemente der gotischen Majuskel und der Kapitalis mit neugeschaffenen Formen verbindet, in Einbeck großer Beliebtheit, was ihre Verwendung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts belegt. Der weite Gestaltungsspielraum der frühhumanistischen Kapitalis bedingt große Unterschiede in der Erscheinungsform der einzelnen Inschriften, die unter diesem Oberbegriff zusammengefaßt werden.

Die frühesten Beispiele dieser Schriftart greifen weitgehend auf das Kapitalisalphabet zurück und enthalten nur einzelne Buchstaben in Form der frühhumanistischen Kapitalis, vor allem A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Querbalken sowie epsilonförmiges E. Einen großen Formenreichtum weist dagegen der auf die Zeit um 1500 datierte Marienaltar in St. Alexandri (Nr. 34) mit seinen Nimben- und Gewandsauminschriften auf. Gerade zur dekorativen Gestaltung von Gewandsäumen wurde der hier auftretende sehr manieristische Typ der frühhumanistischen Kapitalis in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts häufig verwendet. Anders als in vielen Fällen, in denen die Buchstaben reinen Schmuckcharakter haben und keine sinnvolle Lesung erlauben, handelt es sich bei der Gewandsauminschrift der Erasmusfigur um einen längeren Text. Alle Inschriften dieses Altars zeigen epsilonförmiges E, byzantinisches M, offenes unziales D, A mit senkrechten Hasten und linksschrägem Mittelbalken sowie Ausbuchtungen an den Hasten vieler Buchstaben.

Das einzige Beispiel einer als Lapidarinschrift ausgeführten frühhumanistischen Kapitalis stammt aus dem Jahr 1530; es handelte sich um das heute nicht mehr erhaltene Epitaph des Hans Diek an der Neustädter St. Marienkirche (Nr. 43). Neben dieser Inschrift kommt in Einbeck nur noch eine weitere Inschrift in Stein vor, in der sich Elemente der frühhumanistischen Kapitalis finden. Dieser Tatbestand ist dadurch zu erklären, daß die diffizile Gestaltung der Buchstaben sich eher für gemalte oder geschnitzte Inschriften eignete. Bei der zweiten Lapidarinschrift, die Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis aufweist, handelt es sich um das Epitaph für Hildebrand von Uslar aus dem Jahr 1559 (Nr. 85). Die in schlanken hohen Buchstaben ausgeführten Inschriften enthalten oben offenes D, A mit Deckbalken nach rechts und H mit nach oben ausgebuchtetem Querbalken; als Besonderheiten sind auch die schrägrechts gestellte Haste des L und der kurze Mittelteil des M zu nennen.

In den Hausinschriften tritt die frühhumanistische Kapitalis erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts auf; dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Überlieferung der Hausinschriften erst nach dem Stadtbrand von 1540 einsetzt. Aus den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts sind verschiedene Beispiele für frühhumanistische Kapitalis an Einbecker Häusern überliefert (Nr. 49, 74, 79, 81, 84). Die älteste erhaltene Hausinschrift in dieser Schriftform am Haus Marktstr. 4–6 (Nr. 74) stammt aus dem Jahr 1550. Besonders dekorativ ist die frühhumanistische Kapitalis am Haus Knochenhauerstr. 4 (Nr. 81) aus dem Jahr 1555 ausgeführt. Die Inschriften enthalten epsilonförmiges E, retrogrades sowie unziales N, A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Querbalken, eingerolltes, offenes D sowie ein ähnlich gestaltetes G; auffällig sind die spitz ausgezogenen Bogenverdickungen und die keilförmig verbreiterten Hasten- und Bogenenden.

4.4 Kapitalis

Die Renaissancekapitalis löst in Einbeck um die Mitte des 16. Jahrhunderts die gotische Minuskel und die frühhumanistische Kapitalis ab und wird zu der in den Inschriften vorherrschenden Schrift. Den Übergang zur Kapitalis markiert das bereits genannte Epitaph des Hildebrand von Uslar (Nr. 85) aus dem Jahr 1559, das das älteste Beispiel eines längeren in Renaissancekapitalis ausgeführten Textes in Einbeck darstellt. Daran schließen sich in dichter Folge weitere Inschriften aus der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts an.50) Kapitalis tritt auf Stein ebenso auf wie auf Holz an den Fachwerkbauten und wird für deutsche und lateinische Texte gleichermaßen verwendet. Die Buchstabenformen entsprechen kaum den klassischen Proportionen; dies gilt vor allem für die in Kapitalis ausgeführten Hausinschriften, die in etlichen Fällen eine eher unregelmäßige Buchstabengestaltung aufweisen. Nicht selten finden sich in den Kapitalisinschriften bis 1650 noch vereinzelte Elemente der frühhumanistischen Kapitalis. Für die Entwicklung der Schrift bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts kann weitgehend dasselbe gelten, was bereits anläßlich des Hannoverschen Inschriftenbestandes konstatiert wurde.51) Auch in Einbeck vollziehen sich innerhalb der anderthalb Jahrhunderte keine wesentlichen Wandlungen der Kapitalisbuchstaben. Lediglich die Buchstaben M und U/V können als Anhaltspunkt für eine Datierung in Betracht kommen, die jedoch vage bleiben muß. Während der Buchstabe M zunächst durchgehend in mehr oder weniger konischer Form auftritt, findet sich seit 1589 (Nr. 111) neben dieser Form auch M mit geraden Hasten. Die Kapitalisinschriften der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts weisen durchgehend V-Schreibung für vokalisches u auf; erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts tritt in zwei Einbecker Kapitalisinschriften U-Schreibung auf (Nr. 142, 161). Die V-Schreibung bleibt hier jedoch bis zum Ende des Berichtszeitraums vorherrschend.

Drei der Einbecker Inschriftenträger weisen in ihren Kapitalisinschriften derart charakteristische Gemeinsamkeiten auf, daß sie derselben Werkstatt zugewiesen werden können. Es handelt sich um das Doppelepitaph für Andreas Olemann und seine Frau aus der Zeit nach 1604 (Nr. 137), das Epitaph des Andreas Meimberg aus dem Jahr 1605 (Nr. 138) und die Inschrift über dem Portal der ehemaligen Ratsschule (Nr. 142). Die auffälligste Übereinstimmung findet sich in der Gestaltung des G mit einer in den Bogen eingestellten Cauda. Neben dieser sonst nicht gebräuchlichen Buchstabenform ist den Inschriften der drei Stücke auch das R mit nach oben gebogener Cauda, die nicht auf die Grundlinie reicht, und das T mit seitlich abgeschrägtem Deckbalken gemeinsam.

4.5 Fraktur

Der Einbecker Inschriftenbestand hebt sich von den bisher bearbeiteten niedersächsischen Inschriftenbeständen dadurch ab, daß sich hier einige Beispiele für eine voll ausgeprägte Fraktur52) finden lassen. Die ältesten überlieferten Frakturinschriften Einbecks stammen aus der Werkstatt des Hildesheimer Bildhauers Ewert Wolf.53) Es handelt sich um vier zwischen 1570 und 1575 entstandene steinerne Epitaphien (Nr. 92, 96, 97, 98), die sich durch besonders sorgfältige Gestaltung der Buchstabenformen – vor allem auch der Versalien – auszeichnen. Auf allen vier Epitaphien stehen Inschriften in Fraktur neben solchen in Kapitalis. In allen Fällen ist der Kreuzestitulus in Kapitalis ausgeführt, auf zwei Epitaphien finden sich deutsche Bibelzitate in Kapitalis, auf einem eine lateinische Fürbitte. Die Frakturinschriften der Epitaphien zeigen die für diese Schriftart charakteristischen Merkmale wie einstöckiges a, Schleifen-s, Tendenz des o zu mandelförmiger Gestaltung, entsprechend auch der untere Teil des d. Die Ober- und Unterlängen ragen deutlich über das Mittelband hinaus. Schaft-s und f weisen Schwellschäfte auf, die unter der Grundlinie spitz ausgezogen sind; der Bogen des h ist als Schwellzug gestaltet und endet unter der Grundlinie. Auch die Versalien tragen die typischen Merkmale und Zierformen der Fraktur. Die Buchstaben sind in Schwellzüge aufgelöst, Buchstabenbestandteile durch Zierstriche und Schnörkel begleitet oder in Schleifenform ausgeführt.

Anders als auf den Epitaphien Wolfs finden sich in der auf das Jahr 1584 datierten Inschrift am Haus Marktstr. 2 (Nr. 84) außer Merkmalen der Fraktur auch noch verschiedene Elemente der gotischen Minuskel. So steht hier das doppelstöckige a der gotischen Minuskel neben mandelförmigem o, Schleifen-s sowie Versalien der Fraktur. Aufgrund der Zierformen ihrer Versalien sowie der Ober- und Unterlängen der [Druckseite XXVII] Minuskelbuchstaben sind noch die Inschriften am Haus Neuer Markt 35 aus dem Jahr 1611 (Nr. 143) hervorzuheben. Hier treten die für die Fraktur charakteristischen sogenannten Elefantenrüssel auf; Ober- und Unterlängen sind als mehrfache Schlingen gestaltet. An diesem Beispiel läßt sich die Übernahme einzelner Buchstaben, besonders der Versalien, aus den von Schreibmeistern entworfenen kalligraphisch geprägten Musteralphabeten in die Monumentalschrift besonders gut veranschaulichen.

Zitationshinweis:

DI 42, Einbeck, Einleitung (Horst Hülse), in: inschriften.net,   urn:nbn:de:0238-di042g007e003.

  1. Zum folgenden: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover, Bd. 3, 1, bearb. v. Manfred Hamann, Jörg Walter, Peter Bardehle. Göttingen 1983, S. 244f.; Erich Strauß, Hellmut Hainski, Einbecks Dörfer – Bilder aus vergangenen Zeiten. Duderstadt 1995, S. 9–18. »
  2. Die folgenden Ausführungen zur Stadtgeschichte basieren auf: Geschichte der Stadt Einbeck, bearb. v. Horst Hülse u. Claus Spörer. 2 Bde., Einbeck 1990 u. 1992. »
  3. Vgl. Helge Steenweg, Einbeck im Zeitalter der reformatorischen Bewegung. In: Geschichte Stadt Einbeck, S. 125–154, hier S. 148. »
  4. Zum Vergleich: Das Hamelner Inschriftencorpus umfaßt 189 Nummern (DI 28); die Inschriftensammlung der Stadt Goslar (DI 45) verzeichnet (ohne Anhänge) 180 Nummern. »
  5. Johannes Letzner, Dasselische und Einbeckische Chronica. Erfurt 1596. Buch VI, Teil 1, bes. Kap. 21. »
  6. Vgl. hierzu Kap. 3. 1., S. XVI. »
  7. Hektor Wilhelm Heinrich Mithoff, Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen. Bd. 2: Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen nebst dem hannoverschen Theile des Harzes und der Grafschaft Hohnstein. Hannover 1873. Nachdruck Hannover-Döhren 1974. Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde von Niedersachsen und Bremen, Serie A: Nachdrucke, 2. »
  8. W. H. Friese, Einbeck und seine Umgebungen. Einbeck o. J. (1890). »
  9. Das Manuskript befindet sich im Archiv der Neustädter Kirche am Sülbecksweg. »
  10. Wilhelm Feise, Allerlei Denkmäler an Bürgerhäusern und Kirchen in Einbeck. In: Jahresbericht 10 (1913–1915), S. 51–84. »
  11. Wie Anm. 5. »
  12. Vgl. S. XVIII. »
  13. So lautet die Grabschrift für Brun Raven im Original: ANNO • DOMIN(I) • 1579 • AHM DAG / ALLER • HEILIGEN • DES • NACHTS • ZWISCHE(N) • 12 VND 1 / [...................] / VORNEME • BRVN • RAVEN • SELICH • ENTSLAFEN • DES SE[LE] • // GOT • WOLTE • GNEDICH • SEIN •; in der Version Letzners (Chronica, VI, Teil 1, 21, fol. 89r): Anno 1579 am Tag aller Heiligen ist der Erbar Bruno Raben in Gott verstorben. »
  14. StA Einbeck, D Ha Nr. 2. »
  15. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 52. »
  16. Heinrich Ludolph Harland, Geschichte der Stadt Einbeck, nebst geschichtlichen Nachrichten [...]. 2 Bde., Einbeck 1854 u. 1859, hier Bd. 2, S. 435–439. »
  17. Die Bezeichnung „Grabinschrift“ ist im folgenden klar von der Bezeichnung „Grabschrift“ zu unterscheiden. Unter den Oberbegriff „Grabinschrift“ werden alle diejenigen Inschriften gefaßt, die in den Kontext eines Begräbnisses oder eines Grabdenkmals einzuordnen sind. Der Terminus „Grabschrift“ bezeichnet dagegen ausschließlich die Textsorte einer Inschrift, d. h. nur solche Inschriften, in denen der Tod eines einzelnen thematisiert wird. Dies kann in Form eines kurzen Sterbevermerks ebenso geschehen wie in einem in Verse gefaßten Grabgedicht. »
  18. Letzner, Chronica VI, Teil 1, 21, fol. 89v. »
  19. Ebd., fol. 89r. »
  20. Ebd., fol. 90r. »
  21. Letzner, Chronica VI, Teil 1, 21, fol. 88r: Weil aber die Schrifft auff den Grab und Leichsteinen meistentheils vertretten / hab ich davon nicht vollkomenes setzen können. Was die Neustädter Marienkirche betrifft, so vermerkt Letzner, daß dort zwar viele Leute begraben seien, die Steine jedoch durch den großen Stadtbrand 1540 zerstört worden seien, so daß es nur noch wenige erhaltene Begräbnisse gebe (fol. 89v). »
  22. Bei den als Epitaph bezeichneten Inschriftenträgern Nr. 82, 101, 104, 120, 157 könnte es sich jeweils auch um eine Grabplatte gehandelt haben. »
  23. Nr. 85, 91, 92, 96, 98, 124, 148, 165»
  24. Einschränkend sei hierzu jedoch angemerkt, daß im Fall der kopial überlieferten Inschriften keine Aussage darüber gemacht werden kann, ob sich außer der überlieferten Inschrift noch ein anderer Text auf dem Grabdenkmal befand. »
  25. Nr. 124, 148, 157, 165, 166»
  26. Nr. 120, 145, 157, 165, 166»
  27. Nr. 114, 138»
  28. Nr. 92, 97, 98, 104, 111, 145; in Nr. 96 tritt noch ein Gedicht in deutschen Reimversen hinzu. »
  29. Nr. 90, 114, 137»
  30. Nr. 85, 90, 102, 107, 114, 137»
  31. Nr. 91, 124, 137, 161»
  32. Nr. 138 »
  33. Vgl. DI 28 (Hameln) u. DI 36 (Hannover). »
  34. Nr. 78, 84, 93, 117, 143»
  35. Nr. 49, 50, 132»
  36. Steinweg 17, Nr. 132»
  37. Nr. 78, 81, 133, 143»
  38. Der Bibelspruch wurde von Friedrich dem Weisen seit 1522 als Devise verwendet. Die Initialen VDMIE fanden sich auf der Kleidung der sächsischen Hofleute ebenso wie auf den Münzen des Kurfürstentums Sachsen. Bald darauf wurde die Devise auch von anderen führenden Persönlichkeiten der Reformation übernommen. Auf dem Reichstag von Speyer 1526 wiesen die auf die Gewandärmel gestickten Initialen des Bibelzitats die protestantischen Teilnehmer aus. In der Folgezeit fand die Devise weitere Verbreitung – vor allem auch unter den Mitgliedern des Schmalkaldischen Bundes. Vgl. hierzu: Frederic John Stopp, Verbum Domini Manet In Aeternum – The Dissemination of a Reformation Slogan. In: Essays in German Language, Culture and Society, hg. v. S. S. Prawer, R. H. Hinton u. L. Forster. London 1969, S. 123–135. »
  39. Vgl. a. die Bauinschrift am Hullerser Tor (Nr. 103) sowie DI 28 (Hameln), Nr. 64; DI 36 (Hannover), Nr. 82, 116, 176»
  40. Dies erscheint besonders im Vergleich zu dem Osnabrücker Inschriftenmaterial bemerkenswert. Dort wird in der Hälfte aller Inschriften der nach dem Stadtbrand 1613 errichteten Häuser auf das Ereignis Bezug genommen. Vgl. DI 26 (Osnabrück), S. XXIII»
  41. Nr. 46, 52, 53, 56, 58, 59, 65, 77»
  42. Nr. 160, 162, 163»
  43. StA Einbeck, D Ha Nr. 2. »
  44. DI 36 (Hannover), Nr. 54, 58, 66, 83, 84, 85, 86, 102, 151, 152, 156, 203, 204, 205, 250, 251, 315, 316, 325, 337»
  45. Nr. 47, 48, 52, 53»
  46. Nr. 46, 57, 76. Der Gedanke liegt nahe, daß es noch weitere nach 1540 gegossene und 1743 nicht mehr existente Geschütze gab, die die Namen der übrigen Apostel trugen. »
  47. Nr. 52, 56, 58, 65»
  48. Zu Auftreten und Verbreitung der gotischen Minuskel allgemein vgl. Fuchs, DI 29 (Worms), S. LXIX, u. Nikitsch, DI 34 (Bad Kreuznach), S. XLIX»
  49. Die Verbreitung der Kapitalis in Einbeck entspricht dem Auftreten der Schrift in Hannover, die auch dort seit der Mitte des 16. Jahrhunderts dominierte. Vgl. DI 36 (Hannover), S. XXIX»
  50. Ebd. »
  51. Zur Übernahme der Fraktur in die Inschriften allgemein vgl. Fuchs, DI 29 (Worms), S. LXXIf., u. Nikitsch, DI 34 (Bad Kreuznach), S. LIf. »
  52. Vgl. S. XX»