Die Inschriften des ehemaligen Landkreises Querfurt

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Der vorliegende Band wurde unter der Zielstellung erarbeitet, möglichst sämtliche noch vorhandenen oder kopial überlieferten Inschriften des ehemaligen Landkreises Querfurt zu erfassen. Als entscheidendes Kriterium für deren Eingliederung in den Katalog galt allerdings, daß der Wortlaut zumindest fragmentarisch erhalten oder zitiert worden sein muß. Hingegen fanden nur indirekt formulierte Hinweise auf verlorene Inschriftenträger – auch unter Paraphrasierung der darauf verzeichneten [Druckseite LXII] Texte – keine Aufnahme. Außerdem blieben diejenigen Inschriften unberücksichtigt, die bereits so stark zerstört sind, daß kein einziger Buchstabe bzw. keine einzige Ziffer mehr eindeutig identifiziert werden konnte, und für die keine Kopialüberlieferung vorliegt. Um diese Inschriftenträger jedoch nicht zu übergehen, sollen sie an dieser Stelle benannt und lokalisiert werden.

Zu den noch vorhandenen Inschriften, deren Wortlaut heute nicht mehr rekonstruierbar ist, zählen in alphabetischer Reihenfolge ihrer Standorte:

1) Querfurt, Burg, Marterturm. Im zweiten Obergeschoß befinden sich an der inneren Südmauer beiderseits und oberhalb der vierbogigen Fensternische wie auch innerhalb der Laibung Wandmalereien, die in starkem Verfall begriffen sind. Erkennen lassen sich lediglich Reste von Figurendarstellungen, umgeben von ca. 5 cm breiten Spruchbändern, die ehemals Inschriften trugen.229) Eine Identifizierung der etwa 2 cm großen, in Schwarz aufgetragenen Buchstaben war nicht möglich. Es scheint sich um eine Gotische Minuskel zu handeln.

2) Schraplau, ev. Kirche (St. Johannes d. Täufer). An der nördlichen Außenseite des Chores sitzt in etwa 1 m Höhe über Bodenniveau ein Mauerquader, der mit einer dreizeilig angeordneten Zeichenfolge versehen ist. Seine Oberfläche ist so stark verwittert, daß eine Lesung nicht mehr gelang. Möglicherweise handelt es sich um eine Humanistische Minuskel.

3) Sittichenbach, Nord-Ost-Bau der ehemaligen Klosteranlage. Nach den Untersuchungen von Reinhard Schmitt existiert im nordöstlichen Erdgeschoßzimmer eine verdeckte gotische Inschrift: „in Fensternische des Wohnzimmers vermauert, Buntsandstein. 1978 mit Gips überzogen.“230) Eine Begehung des Hauses und Überprüfung dieses Hinweises war während des Aufnahmezeitraums nicht möglich.

Bekannt sind weiterhin folgende verlorene Inschriftenträger, deren Texte nicht überliefert sind:

4) Großosterhausen, ev. Kirche (St. Wigbert). Im ältesten Kirchenbuch des Pfarramts ist vermerkt, daß sich der Name des Pfarrers George Jahn an der Kanzel befunden habe.231) Möglicherweise handelte es sich um eine Bauinschrift, in der die damaligen Amtsträger aufgeführt waren.232) Jahn stammte offenbar aus Plauen (Sachsen) und hatte seinen Dienst in Großosterhausen 1569 angetreten.233) Wenig später ist er von Calvinisten aus dem Dorf vertrieben worden.234)

5) Lodersleben, ev. Kirche (St. Pankraz). Im Jahre 1468 wurde für diese Kirche eine ältere Glocke umgegossen. Außerdem ließ man in den Jahren 1486 bzw. 1513 zwei weitere neu gießen.235) Wie aus den Rechnungen hervorgeht, dürfte zumindest die jüngere aus der Hütte eines ehemals in Halle ansässigen Glockengießers stammen. Keine von ihnen ist erhalten geblieben; die Verlustumstände sind unbekannt. Offenbar waren die entsprechenden Jahreszahlen inschriftlich vermerkt.

6) Niedereichstädt (Gem. Langeneichstädt), ev. Kirche (St. Wenzel). Aus einer mit „Memorial“ überschriebenen Zusammenstellung verschiedener orts- und baugeschichtlicher Daten, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts vermutlich durch einen Niedereichstädter Organisten namens Täntzer aufgezeichnet wurden, geht hervor, daß die Kirche zu dieser Zeit noch eine große, im Jahre 1599 gegossene Glocke besaß. Deren Verlustumstände sind unbekannt.236)

7) Obhausen, ev. Kirche (St. Peter). Auf Anfrage des „Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erforschung vaterländischen Altertums und Erhaltung seiner Denkmäler“ gab der Obhausener Richter [Druckseite LXIII] Kelle (?) am 29. September 1828 unter anderem auch über die damals vorhandenen drei Kirchenglocken Auskunft. Dabei führte er die Inschrift der kleinsten an, die offenbar 1723 unter Verwendung einer älteren aus dem Jahre 1581 gegossen worden war: Zum ersten Mahle hat mich gegossen George Beinroth anno 1581. Zum zweiten Mahle hat mich umgegossen Martin Heinze aus Leipzig 1723. Die Kosten gab Zacharias Esselbach. Gott der allmächtige ruft Psalm 50 V(ers) 1. Seine Diener rufen auch Esaias 58 V(ers) 1. Und wir rufen mit Joel 1. V(ers) 14. M(agister) Andreas Vollrad.237) Die späteren Verlustumstände dieser Glocke sind unbekannt.

8) Querfurt, Alter Friedhof. Auf dem Alten Stadtgottesacker nahe des Nebraer Tores hat laut Webels Zeugnis auch der Grabstein für den 1566 im Alter von zwei Jahr verstorbenen Sohn des Diakons Johann Gamstadt namens Christian gestanden.238) Die Verlustumstände sind unbekannt.239)

9) Querfurt, Burg, Pariser Turm. Christian Webel zufolge kamen im Jahre 1661 zwei Seigerglocken auf den Turm, um das neu eingerichtete Uhrwerk damit auszustatten.240) Während die größere von beiden ein Neuguß war, hatte man die kleinere aus der Burgkirche übernommen. Webels Anmerkung, diese sei „Anno 1211“ gegossen worden,241) ist zu entnehmen, daß sie offenbar einen inschriftlichen Herstellungsvermerk trug. Der Verlust muß noch vor 1741/42 eingetreten sein, da zu dieser Zeit bereits eine neue, von Johann Georg Ulrich zu Laucha gegossene Glocke als Ersatz angeschafft wurde.242)

10) Querfurt, Burginnenhof. Caspar Schneider berichtet in seiner Chronik über die Bautätigkeit Brunos VI. auf der Querfurter Burg: „Sonst sind auch noch andere Gebäu in diesem Hofe; als die Scheune, Hoffmeisterey, etliche Ställe etc. so gantz von Stein, und ümbs Jahr 1469. von Herr Brunen, dem XI. dieses Namens, mögen erbauet worden seyn, wie etliche Steine, mit der jahrzahl bezeichnet, ausweisen.“243)

11) Querfurt, Friedhof. Der älteste Grabstein auf dem heutigen Friedhof war 1574 gesetzt worden und erinnerte an die in jenem Jahr verstorbene Ehefrau des Querfurter Organisten Sebastian Hartung. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts stand er als der „Letzte und Aeußerste auff den ietzigen Gottes-Acker“.244) Seine späteren Verlustumstände sind unbekannt.

12) Querfurt, ev. Kirche (St. Lambert). Mit der Einführung der Reformation wurde in Querfurt Valentin Pacaeus zum Pfarrer ordiniert, der am 12. oder 13. November 1542 in der Stadtkirche den ersten evangelischen Gottesdienst abhielt.245) Zur Erinnerung an dieses denkwürdige Ereignis hatte man an der äußeren Südmauer des Gebäudes eine Inschrift angebracht. Diese konnte bereits 1742 von Pocarus246) nicht mehr entdeckt werden, und ihr Wortlaut ist auch sonst nirgends überliefert. Infolge der späteren Konversion Pacaeus’ zum Alten Glauben247) dürfte die Inschrift wohl bald wieder getilgt worden sein.

13) Querfurt, ev. Kirche (St. Lambert). Der Kirchtum war ehemals mit einer Läutevorrichtung für sechs Glocken ausgestattet. Die größte von ihnen stammte – wie offenbar aus ihrer nirgends überlieferten Inschrift hervorging – aus dem Jahre 1352 und hatte ein Gewicht von 43,5 Zentner. Sie zersprang während des Stadtbrandes von 1655.248)

Zitationshinweis:

DI 64, Querfurt, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Ilas Bartusch), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002e009.

  1. Vgl. hierzu LAD Halle, Fotoarchiv, Aufnahme von 1963, o. Neg.-Nr. (Fotograf: Pflug); Schmitt 2002, S. 106, 275 (Abb. 121); Schmitt 1992, S. 10.; Voigt 1915, S. 101 f.; Voigt 1913, S. 27; Kdm. (Querfurt) 1909, S. 215–217 (Fig. 118). »
  2. Vgl. LAD Halle, Schmitt 1978, S. 90 Kat.-Nr. 51 (Abb. 11 b). »
  3. Vgl. PfA Großosterhausen, Kb. 1, S. 1 (Pfarrerliste): „Georgius Janus cuius nomen in cathedra osterhusana reperire licet, Anno 1569.“ S. a. Dietmann 1/3, 1754, S. 811. »
  4. S. a. die etwa gleichzeitig entstandene Inschrift Nr. 107»
  5. Vgl. zur Herkunft Matrikel Leipzig 1, 1895, S. 659; zum Dienstbeginn und zu weiteren biographischen Angaben vgl. Dietmann 1/3, 1754, S. 811; Biering 1742, S. 231; Vulpius 1691, o. S. (6. Kap.); PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 61. S. a. das auf George Jahn verfaßte Epitaphium in Regebrand 1580, S. 65. »
  6. Vgl. Biering 1742, S. 231. »
  7. Vgl. PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 35 f. S. a. Nr. 15 Anm. 3. »
  8. Vgl. PfA Langeneichstädt, Memorial, o. S. Ich danke Herrn Backhaus, Langeneichstädt, für den Hinweis auf diese Quelle. »
  9. LHASA Merseburg, Landraths Acta, fol. 89 r. »
  10. Vgl. Webel [1714/15], S. 150 Anm. (a). »
  11. Der Alte Friedhof wurde bis 1572 belegt. Wann die letzten Grabsteine entfernt wurden, ist nicht überliefert. Im Jahre 1927 nutzte man die Bodenfläche bereits als Gartenland, vgl. hierzu Schütz 1927, 7/8, S. 120. »
  12. Vgl. Webel [1714/15], S. 22. S. a. Schmitt 2002, S. 30; Voigt 1913, S. 26 f. »
  13. Vgl. Webel [1714/15], S. 22. »
  14. Vgl. Schmitt 2002, S. 111. »
  15. Vgl. Schneider [1654], S. 15 f. Siehe dazu auch Nr. 33 sowie Schmitt 2002, S. 95; HB Eisleben, Biering 1724, fol. 685 v; Spangenberg 1590, S. 439. »
  16. Webel [1714/15], S. 131 mit Anm. (a). S. a. Dietmann I/3, 1754, S. 698 Anm. t. »
  17. Vgl. wie auch im folgenden Schneider [1654], S. 48; Webel [1714/15], S. 98 Anm. (b); Voigt 1926, S. 1 Anm. 2 (Lit.); Voigt 1928, S. 349 (hier auch zum zweifelhaften Datum). »
  18. Vgl. Pocarus 1742, S. 1 Anm. (+). »
  19. Vgl. Voigt 1928, S. 352 f.; zur Biographie des Pacaeus allg. Voigt 1926. »
  20. Vgl. Webel [1714/15], S. 129. Webel scheint in seinem Manuskript zunächst 1334 als Gußjahr angegeben und dieses danach zu 1352 korrigiert zu haben. Zu der in demselben Jahr gegossenen Glocke mittlerer Größe vgl. Nr. 24»