Der Band umfaßt die kommentierte Edition von 800 Inschriften der Stadt Braunschweig von 1529 bis zum Jahr 1671 und schließt damit an den Band Stadt Braunschweig 1 an. Aufgenommen sind nicht nur die im Original erhaltenen Inschriften, sondern auch diejenigen, die nur noch in älteren Abschriften, Zeichnungen oder Photographien vorliegen. In einem umfangreichen Anhang sind die vor allem für Braunschweiger Bürgerhäuser zahlreich überlieferten Jahreszahlen und Initialen zusammengefaßt, weitere Anhänge enthalten die Graffiti des Chorgestühls von St. Ulrici-Brüdern, Nachträge zum ersten Braunschweiger Inschriftenband sowie die im Zusammenhang von Inschriften auftretenden Meisterzeichen und Hausmarken.

Die 800 Inschriften, die für den Zeitraum von der Durchführung der Reformation in Braunschweig bis zum Ende der selbständigen Stadtherrschaft überliefert sind, stehen vor allem auf Grabdenkmälern, an Häusern, auf Gemälden, kirchlichen Ausstattungsstücken und auf Wappenglasscheiben. In den vielfältigen, sehr dicht überlieferten Inschriften spiegeln sich die Repräsentanten der damaligen Stadt und ihre Familien. Das Material gibt Aufschluß darüber, in welch unterschiedlicher Weise sich die verschiedenen Gesellschaftskreise – die Ratsfamilien, die städtischen und herzoglichen Beamten, die Geistlichen und der Adel – in den Inschriften darstellen.

Die Einleitung des Bandes stellt Bezüge zwischen dem Inschriftenbestand und der Stadtgeschichte her und wertet die Inschriften in unterschiedlicher Hinsicht aus. Der daran anschließende Katalogteil bietet eine genaue Wiedergabe der Texte unter Auflösung der Abkürzungen. Lateinische Texte werden übersetzt. Eine Beschreibung des jeweiligen Inschriftenträgers vermittelt einen Eindruck von dem Zusammenhang, in dem die Inschrift steht. Im Kommentar werden wichtige die Inschrift oder den Inschriftenträger betreffende Fragestellungen erörtert. Zehn Register erschließen dem Leser das Material unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ein ausführlicher Tafelteil ergänzt die Edition.

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1. Vorworte, Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

1.1 Vorwort Dietrich Mack

Meine Geburtsstadt ist Braunschweig, wo Vorfahren von mir seit mehr als 200 Jahren zuhause waren.

Als man mir 1946 die Aufgabe übertrug, die Inschriften meiner Heimat nach dem Muster der Heidelberger Akademie zu sammeln und zu deuten, sagte ich zu, ohne zu ahnen, daß damit eine Verpflichtung auf mich zukam, die mein Tun ein ganzes Leben lang bestimmen würde.

Die Zahl der Inscriptionen bis 1671 ist umfangreicher als die anderer Städte und Landschaften unseres Vaterlandes. Erschwerend kommt hinzu, daß infolge von Kriegseinwirkungen vor allem in Braunschweigs Altstadt mehr als 70 % aller Objekte nicht mehr an Ort und Stelle einsehbar sind. Sie sind verloren und müssen daher archivalisch erforscht werden.

Die Fülle des Materials ist bedingt durch die Größe der Stadt im Mittelalter. Sie war Mitglied der Hanse und deren Zentrale in Mitteldeutschland. Sie hatte damit über Jahrhunderte Aufgaben zu erfüllen, die in Nordeuropa, in einem wirtschaftlich, kulturell und politisch zu beherrschenden Raum, mit denen von Lübeck, Köln, Danzig, Riga und Narva vergleichbar sind.

Zudem wirkten in Braunschweig zwei Instanzen zugleich, nur selten gemeinsam, oft gegeneinander. Die Stadt war Zentrale aller welfischen Herzogtümer und deren gemeinsames Eigentum. Nach Abzug der Wolfenbütteler Linie, seit 1432, hat sie sich aber fast wie eine freie Reichsstadt selbständig demokratisch von ihren eigenen Bürgern verwalten lassen.

Das vom Herzog verwaltete Teilgebiet hat seinen Mittelpunkt in der Burg Dankwarderode. Auf dem Platz, der das Rondell davor umgibt, steht das Denkmal des Löwen, an seinem Rand der Blasiusdom, an dessen Pforte Heinrichs des Löwen Namensgeber – der Sage nach – seine Tatzen gepreßt hat. Dem Herzog eigen war auch das Cyriakusstift am Alten Bahnhof und das Ägidienkloster; er und die Seinen schufen auch den Welfenschatz.

Das wichtigste Zeichen des Bürgerbereichs sind die Häuser des gemeinen Rates und der fünf Weichbilde Altstadt, Neustadt, Hagen, Altewiek und Sack, überragt von zehn Kirchen, zwei Kapellen, zwei Hospitälern und drei Klöstern. Die Zünfte schufen sich hier ihre Gildehäuser, speziell das Gewandhaus. Auf dem Wollmarkt erhebt sich neu die Alte Waage; in deren Nähe liegt der Hafen, von dem die Handelskoggen zur Nordsee aufbrachen. Vergessen dürfen wir aber auch nicht die Stadtmauer, die prächtigen Stadttore und die zahlreichen Brücken über die Oker rundum und quer durch die Stadt.

Diese Oker, Braunschweigs Bindeglied in die Welt, möge Sinnbild für das Wirken aller Mitarbeiter an den Inschriften sein. Von der Quelle bis zum Städtischen Hafen erstreckt sich meine Arbeit: ich suchte die Ursprünge und nahm all die Zuflüsse auf, die erreichbar waren, zu Anfang als Wanderer mit schwerem Schritt; später, als die Oker schiffbar wurde, ging es aufs Boot und dann auf Kähne, die die große Last tragen mußten. An Braunschweigs Hafen – ich war 40 Jahre am Werk – versagten die Kräfte und das Schifflein verlangte, daß seine Fracht auf tragfähigere Wasserfahrzeuge übergesetzt wurde. Da kamen für die letzten 40 Kilometer bis zur Flußmündung in die Aller Helfer: Frau Dr. Boockmann und Frau Dr. Wehking, die erste unterstützt von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, die zweite von der Stiftung NORD/LB . ÖFFENTLICHE in Braunschweig und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Sie haben alles dafür getan, daß die Sammlung erweitert, gesichtet, der Öffentlichkeit übergebbar und für jedermann lesbar wurde. Der Ring, in dem jeder von uns nur ein Kettenglied war – denn wir dürfen auch die Vorgänger aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert nicht vergessen – ist geschlossen: ihnen und uns zur Freude!

Zum Schluß habe ich noch eine Bitte. In die Inschriftensammlung dürfen nur die Objekte übernommen werden, die individuell gefertigte Inschriften tragen und nicht der Serienproduktion entstammen. Bei meiner Arbeit ist manches angefallen, was diese Vorgabe nicht erfüllte. Das waren vor allem die gußeisernen Ofenplatten, von denen Braunschweig etwa 300 besitzt. Diese sind vor allem zur Zeit der Reformation und in deren Gefolge entstanden. Ich habe angeregt durch Herrn [Druckseite VIII] Prof. Kippenberger (Marburg) seit 1950 zur Entzifferung und Deutung beigetragen. Ich würde mich freuen, wenn sich jemand fände, der auch dieses opus der Allgemeinheit nahebrächte.

Braunschweig, den 4. August 2001

Dietrich Mack

1.2 Vorwort Sabine Wehking

Der zweite Band der Braunschweiger Inschriften entstand in den Jahren 1996 bis 2001 im Auftrag der Inschriftenkommission der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Das Zustandekommen dieses vergleichsweise umfangreichen Bandes ist ganz wesentlich der Stiftung NORD/LB . ÖFFENTLICHE in Braunschweig zu verdanken, die die Hälfte der für die Finanzierung anfallenden Honorarmittel getragen und einen wesentlichen Zuschuß zu den Druckkosten geleistet hat. Ohne die Bewilligung dieser beträchtlichen Mittel durch die Stiftung hätte das große Projekt des zweiten Braunschweiger Inschriftenbandes nicht in Angriff genommen werden können. Daher ist der Stiftung NORD/LB . ÖFFENTLICHE an erster Stelle für die großzügige Förderung Dank zu sagen.

Die vorliegende Edition wurde aufgrund der von Herrn Dr. Dietrich Mack in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg angelegten Inschriftensammlung erarbeitet, die für die Jahre von 1529 bis 1671 ca. 600 Inschriften sowie ca. 250 Baudaten enthält. Für die Zeit von 1650 bis 1671, der auch von Herrn Dr. Mack befürworteten Zeitgrenze der Braunschweiger Inschriftenedition, sind in seiner Sammlung nur wenige Inschriften aufgenommen, so daß für diesen Zeitraum noch einmal eine systematische Sammlung erforderlich war. Auch für den Zeitraum bis 1650 konnte der Bestand noch um einige in der Sammlung Mack nicht enthaltene Inschriften erweitert werden, bei denen es sich in erster Linie um magazinierte Museumsbestände handelt. Auf diese Weise kamen zu dem Bestand der Inschriftensammlung Mack noch etwa 200 Inschriften hinzu, die eine längere Bearbeitungszeit als zunächst geplant erforderten. Daß die Bearbeitung des 800 Inschriften umfassenden Bestandes trotzdem innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit erfolgen konnte, ist der akribischen Vorarbeit von Herrn Dr. Mack zu verdanken, dessen präzise Angaben zu Archivalien und Literatur einen gezielten Zugriff auf die benötigten Materialien ermöglichten und langes Suchen ersparten. Die hohe Zuverlässigkeit seiner Vorarbeiten und die guten Zugriffsmöglichkeiten auf die Bestände des Stadtarchivs erlaubten es, die in den Zusammenhang der Inschriften gehörenden Archivalien für die Kommentierung zu berücksichtigen – was unter anderen Umständen aus Zeitgründen hätte unterbleiben müssen. Um so trauriger ist es, daß Dr. Dietrich Mack das Erscheinen des zweiten Braunschweiger Inschriftenbandes nicht mehr erlebt hat. Er ist am 11. August 2001 – wenige Tage nachdem er das Vorwort zu diesem Band verfaßt hat – gestorben. Seine Arbeit, die weit über das Sammeln von Inschriften hinausging, hat die genealogische Forschung zu Braunschweiger Familien einen bedeutenden Schritt vorangebracht. Dem gilt unser großer Respekt.

In Braunschweig habe ich bei meinen Arbeiten überall freundliche Unterstützung erhalten. Die Herren Dr. Christof Römer (Braunschweigisches Landesmuseum) und Dr. Alfred Walz (Herzog Anton Ulrich-Museum) waren mir bei der Suche nach Inschriftenträgern in den Beständen der beiden Museen behilflich. Herr Dr. Gerd Spies (Städtisches Museum) verschaffte mir Zugang zu den Magazinen seines Hauses und ermöglichte damit die Bearbeitung schwer zugänglicher Inschriftenträger, zu denen vor allem eine große Anzahl damals noch magazinierter Häuserbalken gehörte. Die langwierigen Arbeiten im Städtischen Museum und im Altstadtrathaus wurden in äußerst freundlicher Weise betreut von Frau Dr. Haase, Frau Dr. Eschebach und Herrn Rensch. Sehr hilfsbereit waren auch die Pastoren und Küster der Braunschweiger Kirchen, unter denen vor allem Herr Harry Elpelt (Kirchenvogt an St. Martini) hervorzuheben ist, der uns bei den Arbeiten vor Ort mit Rat und Tat zur Seite stand. Während der Bearbeitung dieses Bandes habe ich einen großen Teil der Zeit im Stadtarchiv Braunschweig zugebracht. Herr Dr. Manfred Garzmann und seine Mitarbeiter haben meine Arbeiten jederzeit freundlich und kompetent unterstützt und damit ganz wesentlich dazu beigetragen, daß mir die Forschung im Stadtarchiv sehr viel Freude gemacht hat. Ihnen gilt mein Dank ebenso wie Herrn Koch vom ev.-luth. Stadtkirchenbauamt in Braunschweig, den Damen und Herren des Staatsarchivs Wolfenbüttel und des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Hannover.

Ohne die tatkräftige Unterstützung der in der Arbeitsstelle der Inschriftenkommission in Göttingen beschäftigten Hilfskräfte hätte dieser Band nicht in so kurzer Zeit fertiggestellt werden [Druckseite X] können. Frau Christiane Sommer hat die Zettelkartei der Inschriftensammlung Mack in den Computer eingegeben. Frau Anika Ilse hat mich bei den Arbeiten an den Objekten in Braun-schweig unterstützt und dabei durch ein hohes Maß an Einsatz und Umsicht dazu beigetragen, daß die Außenarbeiten in vergleichsweise kurzer Zeit erledigt werden konnten. Frederick Czech, Anika Ilse, Irene Mayer und Meike Willing haben verschiedene Korrekturdurchgänge an dem umfangreichen Manuskript durchgeführt. Die Meisterzeichen und Hausmarken hat Annette Schwandt (Hamburg) gezeichnet.

Der Vorsitzende der Göttinger Inschriftenkommission Herr Prof. Ulrich Schindel hat das umfangreiche Manuskript durchgesehen und vor allem die Übersetzungen der lateinischen Inschrif-ten geprüft. Hierfür danke ich ihm ebenso wie für die engagierte Unterstützung des gesamten Projektes. Die Zusammenarbeit mit dem Dr. Ludwig Reichert-Verlag, besonders mit Frau Ursula Reichert, sowie mit der Druckerei gestaltete sich in gewohnt freundlicher und kooperativer Art.

Allen Genannten und Ungenannten, die an dem Zustandekommen dieses Inschriftenbandes beteiligt waren, sage ich hiermit Dank. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Wolfgang A. Jünke (Braunschweig), dessen große Kenntnis der Braunschweiger Kunstdenkmäler eine wesentliche Hilfe während des gesamten Arbeitsprozesses war und der sich zudem noch der Mühe der Manuskriptdurchsicht unterzogen hat, sowie Frau Dr. Christine Wulf (Göttingen), die wie üblich den Band während seiner ganzen Entstehungszeit mit tatkräftiger Hilfe und konstruktiver Kritik begleitet hat.

Göttingen im Sommer 2001

Sabine Wehking

1.3 Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

Die vorliegende Edition umfaßt die Inschriften der Stadt Braunschweig im Zeitraum von 1529 bis 1671 und setzt damit den ersten Band der Braunschweiger Inschriften (DI 35) fort. Das Jahr 1671 wurde als obere Zeitgrenze angesetzt, weil mit ihm die Selbständigkeit der Stadt Braunschweig endete. Das in den Inschriftenbänden üblicherweise als Zeitgrenze geltende Jahr 1650 wird daher hier mit Rücksicht auf diese deutliche Zäsur in der Stadtgeschichte vernachlässigt. Ausgeklammert sind in diesem Band diejenigen – heute in den Museen aufbewahrten – Stücke, die in den Umkreis der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel gehören und damit der Residenz Wolfenbüttel zuzuordnen sind; dies betrifft vor allem die häufig mit Inschriften versehenen Waffen, die großenteils in Braunschweig hergestellt wurden, aber nicht im eigentlichen Sinne zum Inschriftenbestand der Stadt Braunschweig gehören.

Als Kriterium für die Aufnahme von Inschriften in den Band gilt das Provenienzprinzip, d. h. berücksichtigt wurden nur solche Stücke, die sich vor 1672 in Braunschweig befunden haben. Aufgenommen wurden sowohl original als auch kopial überlieferte Inschriften. Dabei ist Vollständigkeit angestrebt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß sich nach Abschluß der Arbeiten noch die eine oder andere original oder kopial überlieferte Inschrift findet. Was die original erhaltenen Inschriften betrifft, ist dies umso wahrscheinlicher, als nicht nur bekannt ist, daß sich unter dem jetzigen Fußboden des Doms St. Blasii noch etliche Grabplatten in situ befinden, sondern auch um die Kirchen herum Steinplatten als Pflaster dienen, die das Format von Grabplatten haben und sehr wahrscheinlich auf der Unterseite Inschriften tragen. Die kopiale Überlieferung dagegen macht dank der Sammelleidenschaft des Anton August Beck (vgl. Kap. 3. 1.) den Eindruck, daß die im 18. Jahrhundert noch vorhandenen Inschriften der Kirchen und Häuser einigermaßen vollständig aufgenommen worden sind.

Die Aufnahme und Anordnung der Inschriften sowie die Einrichtung der einzelnen Artikel folgt den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften. Entsprechend wurden alle Inschriften aufgenommen, die nicht Gegenstand anderer Disziplinen wie der Sphragistik und Numismatik sind.

Der Katalogteil

Die Inschriften sind chronologisch angeordnet. Für undatierte Inschriften wurde eine möglichst enge Eingrenzung ihres Entstehungszeitraums angestrebt. Sie sind jeweils an das Ende des ermittelten Zeitraums gestellt. Konnte ein Terminus post oder ante quem ermittelt werden, ist der Katalogartikel vor oder nach dem nächstliegenden Datum eingeordnet. Mehrere Inschriften mit gleicher Datierung sind nach alphabetischer Abfolge der Standorte und Inschriftenträger wiedergegeben.

Kopial überlieferte Inschriften von Grabdenkmälern mit mehreren, separat angebrachten Grab-schriften sind auch dann berücksichtigt, wenn die Todesdaten der Grabschriften teils in die Zeit vor, teils in die Zeit nach dem Ende des Jahres 1671 fallen. An erhaltenen Beispielen zeigt sich, daß oft ein Grabdenkmal nach dem Tod eines Ehepartners angefertigt wurde und die Grabschrift oder die Todesdaten für den anderen später nachgetragen wurden.

Die Katalogartikel sind untergliedert in Kopfzeile, beschreibenden Teil, Wiedergabe des Inschriftentextes, Kommentar und Apparat.

Die Kopfzeile enthält die laufende Nummer, die Bezeichnung des Standortes und die Datierung(en) der Inschrift(en). Die Zählung beginnt im Anschluß an die letzte Nummer des ersten Braunschweiger Inschriftenbandes mit Nr. 411.

Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet Inschriften, deren Original verlo-ren ist.
†? Ungeklärter Verbleib des Inschriftenträgers.
(†) Nur ein Teil der Inschriften ist noch im Original erhalten.
17. Jh.? Ein Fragezeichen bezeichnet eine zweifelhafte Datierung.

Der beschreibende Teil eines Artikels enthält Angaben zur Ausführung der Inschrift(en) und des Inschriftenträgers. Die Beschreibung erfolgt vom Blickpunkt des Betrachters aus. Handelt es sich um mehrere Inschriften auf einem Inschriftenträger, so werden diese mit A, B, C ... bezeichnet.

Sind die Inschriften im Original überliefert, werden die Maße des Inschriftenträgers, die Buchstabenhöhe und die Schriftart angegeben. Sind die Inschriften nur kopial überliefert, ist die Quelle, nach der zitiert wird, genannt.

Der Inschriftentext ist eingerückt. Mehrere Inschriften auf einem Inschriftenträger sind entsprechend der Beschreibung mit A, B, C ... bezeichnet. Die Zeilenumbrüche des Originals werden bei der Wiedergabe der Inschriften nicht eingehalten, sondern nur bezeichnet. Verse werden auch dann voneinander abgesetzt, wenn das Original den Text fortlaufend wiedergibt.

Befinden sich mehrere mit A, B, C ... bezeichnete Inschriften auf einem Inschriftenträger, markiert ein Kreuz hinter dem jeweiligen Buchstaben eine im Unterschied zu anderen Inschriften desselben Trägers nicht erhaltene Inschrift.
[...] Eckige Klammern mit Punkten darin bezeichnen Textverlust, bei dem sich die Zahl der ausgefallenen Buchstaben einigermaßen genau bestimmen läßt. Ein Punkt steht jeweils für einen ausgefallenen Buchstaben. Ergänzter Text steht ebenfalls in eckigen Klammern.
[ – – – ] Eckige Klammern mit Strichen darin stehen für Textverlust, dessen Umfang sich nicht bestimmen läßt. Im Fall kopial überlieferter Inschriften, die nach der Sammlung Sack ediert sind, stehen diese Klammern auch in Bibelzitaten, die diese Überlieferung häufig nur auszugsweise wiedergibt.
( ) Kürzungen werden in runden Klammern aufgelöst. Bei der Auflösung der Abkürzungen ist AE- oder E-Schreibung je nach Usus der Inschrift eingesetzt, ebenso U- oder V-Schreibung. Wenn die Inschrift keinen Anhaltspunkt gibt, wird nach klassischem Gebrauch verfahren. Punkte nach Abkürzungen auf der Grundlinie oder hochgestellte Punkte werden nur dann beibehalten, wenn die Inschrift durchgehend mit Worttrennern versehen ist. Die Abkürzung einer Bibelstellenangabe innerhalb einer Inschrift wird nicht aufgelöst, die Abkürzung des Wortes sanctus zur Bezeichnung eines oder einer Heiligen nur in besonderen Fällen.
<...> In spitzen Klammern stehen spätere Nachträge in Inschriften oder für Nachträge frei-gelassene Stellen. Später auf dem Inschriftenträger hinzugefügte Inschriften sind nicht in spitze Klammern gesetzt, sondern mit einem zusätzlichen Datum in der Kopfzeile ver-zeichnet.
/ Ein Schrägstrich markiert das Zeilenende.
// Zwei Schrägstriche markieren den Wechsel des Inschriftenfeldes.
AE Die Unterstreichung zweier Buchstaben bezeichnet eine Ligatur.

Wappenbeischriften werden im allgemeinen im Anschluß an die übrigen Inschriften wiedergegeben. Bei Ahnenproben wird dabei soweit möglich die Anordnung der Wappen beibehalten. Fußnoten verweisen auf den Anmerkungsapparat, in dem die Blasonierungen und Wappen-nachweise zu finden sind.

Einer lateinischen Inschrift schließt sich die Übersetzung an.

Bei metrischen Inschriften folgt die Bestimmung des Versmaßes. [Druckseite XIII]

Soweit sich auf dem Inschriftenträger Wappen befinden, werden die Namen in einer der Anordnung auf dem Inschriftenträger oder der früheren Anordnung soweit wie möglich entsprechenden Form wiedergegeben. In Fällen, in denen dies bereits durch die Wiedergabe der Wappenbeischriften geleistet wird, kann hierauf verzichtet werden. Fußnoten verweisen auf den Anmerkungsapparat, in dem die Blasonierungen und Wappennachweise zu finden sind. Wappen, die in der kopialen Überlieferung nur namentlich bezeichnet sind, werden auch dann nicht blasoniert, wenn der Wappeninhalt bekannt ist.

Der Kommentarteil enthält Erläuterungen zu verschiedenen mit der Inschrift oder dem Inschriftenträger zusammenhängenden Fragestellungen. Diese können sich beispielsweise auf Besonderheiten der Schrift oder des Inhalts einer Inschrift beziehen, historische oder biographische Angaben enthalten oder der Erklärung ikonographischer Zusammenhänge dienen. In einigen Fällen ist als Quelle biographischer Angaben die Personenkartei Mack genannt. Es handelt sich hierbei um eine von Dietrich Mack angelegte genealogische Zettelkartei mit stichwortartigen Angaben zu Personen.1) Auf eine Überprüfung der Angaben an den Quellen im Stadtarchiv Braunschweig wurde in diesen Fällen aus Zeitgründen verzichtet, da die genealogischen Erhebungen Macks außerordentlich zuverlässig sind.

Der Apparat gliedert sich in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen sowie Quellenangaben.

Die Buchstabenanmerkungen beziehen sich auf textkritische Probleme der Inschrift, sie enthalten abweichende Lesarten der Parallelüberlieferung, soweit sie relevant sind, und weisen auf orthographische Besonderheiten oder fehlerhafte Stellen hin.

Die Ziffernanmerkungen enthalten Erläuterungen und Literaturnachweise. Bei Hausinschriften findet sich am Beginn der Ziffernanmerkungen ein Nachweis der alten Häusernummer (Nro.).2)

Die am Schluß des Artikels angeführten Quellenangaben beziehen sich auf die wichtigsten kopialen Überlieferungen der Inschrift und geben Abbildungsnachweise. Enthält eine Publikation lediglich eine Abbildung und keine Textwiedergabe der Inschrift, so ist diese am Ende des Absatzes unter der Rubrik ‘Abb.:’ angeführt. Vollständigkeit ist bei den Quellennachweisen nicht angestrebt. Ist die Inschrift lediglich kopial überliefert, steht an erster Stelle diejenige Quelle, nach der die Inschrift zitiert wird.

Ein besonderes Problem betrifft die Übersetzung der Wendung aetatis suae und das Verständnis der deutschen Entsprechung seines Alters. Der Braunschweiger Bestand weist zahlreiche Inschriften auf, in denen Altersangaben enthalten sind. Im Fall der lateinischen Texte ergibt sich das Problem, ob die Angabe aetatis suae oder aetatis mit ‘im Alter von ..’ (Kardinalzahl) oder mit ‘im .. Lebensjahr’ (Ordinalzahl) zu übersetzen ist. Zur Klärung dieser Frage wurden sämtliche Inschriften mit Altersangaben daraufhin überprüft, ob sich eine sichere Entscheidung für den jeweiligen Fall treffen läßt. Für die häufig auf Gemälden vorkommenden Altersangaben ist dies zumeist auch dann nicht möglich, wenn das Geburtsdatum der betreffenden Person bekannt ist, da sich das Entstehungsdatum innerhalb des Jahres für die Gemälde nicht bestimmen läßt. Anders verhält es sich bei den Grabinschriften, die in vielen Fällen eine genaue Bestimmung der auf das Todesdatum bezogenen Altersangabe erlauben. Von 19 Inschriften, die eine genaue Bestimmung des Alters zuließen, wurde in neun Inschriften3)aetatis suae im Sinn von ‘im Alter von ..’ verwendet, in zehn Inschriften4)im Sinn von ‘im .. Lebensjahr’. Dabei scheint es in der Zeit vom 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts eine gewisse Verlagerung der Bedeutung in der Weise zu geben, daß die Formel im 16. Jahrhundert häufiger für ‘im Alter von ..’ steht, während sie nach der Mitte des 17. Jahrhunderts – zumindest im Braunschweiger Inschriftenmaterial – fast ausschließlich im Sinn von ‘im .. Lebensjahr’ vorkommt. Ein Blick auf die in den Inschriften oft verwendete deutsche Entsprechung seines [Druckseite XIV] Alters .. oder seines Alters .. Jahr zeigt, daß diese ebenfalls für beide Bedeutungen Verwendung findet.5) Präzise ist dagegen die genauso häufig verwendete deutsche Formel seines Alters im .. Jahr,6) die ausnahmslos ‘im .. Lebensjahr’ meint, ebenso wie deren lateinische Entsprechung anno aetatis suae.

Um mit der Übersetzung nicht eine Entscheidung vorzugeben, die sich ohne Kenntnis des Geburtsdatums oder des Entstehungsdatums eines Porträts nicht treffen läßt, wurde in den Zweifelsfällen die deutsche Formel ‘seines Alters’ gewählt, die – wie die Auswertung gezeigt hat – für beide Möglichkeiten steht und eine wörtliche Übersetzung darstellt. Lediglich in den eindeutig zu klärenden Fällen wurde aetatis suae oder aetatis mit ‘im .. Lebensjahr’ oder ‘im Alter von ..’ übersetzt.

Die Anhänge

Jahreszahlen und Initialen, die nicht mit anderen Inschriften in Verbindung stehen, sind in Anhang 1 chronologisch aufgeführt. Anhang 2 umfaßt die Graffiti des Gestühls der Brüdernkirche, die lediglich zu einem Teil in den Bearbeitungszeitraum fallen, aber nur in ihrer Gesamtheit ediert werden konnten. Anhang 3 enthält Nachträge zum ersten Band der Braunschweiger Inschriften (DI 35). Hausmarken und Meisterzeichen, die in Verbindung mit Inschriften stehen, sind in Anhang 4 (Marken) in Zeichnung wiedergegeben.

2. Die Inschriften der Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671 – Zeugnisse der Personengeschichte

Der zweite Band der Braunschweiger Inschriften unterscheidet sich hinsichtlich des Materials ganz gravierend von dem ersten. Der Inschriftenbestand aus der Zeit vor der Reformation setzt sich im wesentlichen aus Stücken des Welfenschatzes und der Ausstattung des Domes St. Blasii auf der einen und aus kurzen Baudaten auf der anderen Seite zusammen. Die Bürger der damals größten Stadt Niedersachsens treten hier kaum in Erscheinung, sieht man einmal von ihrer regen Bautätigkeit im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts ab, die sich in den zahlreichen Baudaten dokumentiert. Ganz anders der exakt 800 Nummern umfassende Inschriftenbestand aus der Zeit von 1529 bis zum Ende der Stadtfreiheit 1671: Hier präsentiert sich in den Inschriften der Grabdenkmäler, Gemälde, kirchlichen Ausstattungsstücke und vor allem auch der Wappenglasscheiben der Personenkreis, der die wichtigen Funktionen in der Stadt bekleidete und für deren Geschichte verantwortlich zeichnete.

Die topographische Entwicklung der Stadt Braunschweig innerhalb der alten Grenzen hatte kurz vor der Durchführung der Reformation im Jahr 1528 ihren Abschluß gefunden. In den Jahren 1514 bis 1526 wurde der Mauerring, der alle Weichbilde umfaßte, auch im Süden geschlossen, um die zwischen der Altstadt und St. Ägidien erbauten Häuser zu schützen.7) Innerhalb dieses Mauerrings war die Stadt voll ausgebaut. Die einzelnen Weichbilde Altstadt, Hagen, Altewiek, Neustadt und Sack bildeten innerhalb des Ganzen ebenso kleinere, verwaltungsmäßig abgeschlossene Einheiten wie die beiden Freiheiten, der Burgbezirk um den Dom St. Blasii und der Bezirk von St. Ägidien. Jedes der Weichbilde hatte seinen eigenen Rat und eine eigene Pfarrkirche. Entsprechend der Rangstellung der Weichbilde innerhalb der Gesamtstadt wiesen die beiden vornehmsten, die Altstadt und der Hagen, mit St. Martini und St. Katharinen auch die bedeutendsten Pfarrkirchen auf. Zum Weichbild der Altenwiek gehörte die Pfarrkirche St. Magni, zum Weichbild Neustadt die Pfarrkirche St. Andreas, und die Einwohner des jüngsten Weichbildes, des Sacks, waren der Kirche [Druckseite XV] St. Ulrici zugewiesen, die 1544 abgerissen und deren Gemeinde an die Brüdernkirche verlegt wurde. Auf eine Darstellung der baulichen Entwicklung der Kirchen kann hier verzichtet werden, da diese im ersten Braunschweiger Inschriftenband umfassend behandelt worden ist und zum Zeitpunkt der Reformation bereits weitgehend abgeschlossen war.8) So spiegelt der jüngere Braunschweiger Inschriftenbestand auch nicht die Baugeschichte der Kirchen, sondern in hohem Maße die Geschichte ihrer Ausstattung und – da diese in vielen Fällen von Bürgern gestiftet wurde – die Geschichte der gehobenen Braunschweiger Bürgerschaft.

Dem glücklichen Umstand, daß für die Stadt Braunschweig eine im 18. Jahrhundert angelegte geschlossene Inschriftenüberlieferung vorliegt (vgl. dazu Kap. 3. 1.), ist es zu verdanken, daß der Braunschweiger Inschriftenbestand des 16. und 17. Jahrhunderts ein dichtes Bild des damaligen städtischen Lebens ergibt. Dies gilt allerdings wie üblich nur für diejenigen Gesellschaftsschichten, die Eingang in die Inschriften finden, d. h. für den Kreis der Bürger, der die Geschicke der Stadt maßgeblich mitbestimmte. Dieser Personenkreis ist in Braunschweig größer als in anderen niedersächsischen Städten der damaligen Zeit, zum einen, weil Braunschweig mit etwa 15000 Einwohnern zu Beginn des hier behandelten Zeitraums die größte Stadt Niedersachsens war, zum anderen aber auch durch die Teilung in fünf Weichbilde mit je einem eigenen Rat. Die große Zahl der in den Inschriften genannten Bürgermeister und Ratsherren erklärt sich durch diese Struktur.8) Bis zum Jahr 1614 gab es in der Gesamtstadt in jeder Ratsperiode 103 Ratsherren, an denen die Alt-stadt mit 34 Ratsherren den größten, der Hagen mit 24 den zweitgrößten und die Neustadt mit 18 den drittgrößten Anteil hatte; die Weichbilde Altewiek und Sack hatten mit 15 bzw. 12 Ratsherren einen vergleichsweise kleinen Anteil an der Gesamtheit. Eine ähnliche Verteilung des politischen Schwergewichts gab es auch bei den insgesamt 21 Bürgermeistern, von denen je sieben in einem Jahr der dreijährigen Ratsperiode amtierten, davon je zwei aus der Altstadt und aus dem Hagen und je einer aus den drei anderen Weichbilden. In der Altstadt und im Hagen fungierten jeweils ein Großer und ein Kleiner Bürgermeister, während die drei anderen Weichbilde nur einen amtieren-den Bürgermeister hatten. Der Große Bürgermeister der Altstadt hatte zugleich den Vorsitz in den gesamtstädtischen Gremien. Durch die neue Verfassung von 1614 wurde die Gesamtzahl der Ratsmitglieder von 103 auf 56 reduziert, wobei die unterschiedliche Gewichtung nach Weichbilden erhalten blieb. Durch Einführung einer nur noch zweijährigen Ratsperiode gab es insgesamt nur noch 14 Bürgermeister, von denen wie gehabt jeweils sieben die Geschäfte führten. Das Gremium, das die Geschicke der Gesamtstadt bestimmte, war der sogenannte ‘Küchenrat’, der nach der Verfassungsänderung des Jahres 1614 als ‘Enger Rat’ bezeichnet wurde. Er umfaßte vor 1614 die 21 Bürgermeister der Ratsperiode sowie vier Kämmerer, nach 1614 alle 14 Bürgermeister und den Oberkämmerer der Stadt.9) Angesichts dieser Zahlen ist es nicht weiter verwunderlich, daß das Epitheta-Register dieses Bandes allein unter dem Stichwort ‘Bürgermeister’ 66 Belege für inschriftlich so bezeichnete Personen enthält.10)

Die Ratsmitglieder rekrutierten sich zunächst einmal aus den sogenannten ‘Geschlechtern’, den alten, vorwiegend im Fernhandel tätigen Familien der Altstadt, die sich im Jahr 1569 durch Bildung einer Gesellschaft nach außen hin abschlossen10) und den ersten Stand bildeten, sowie aus dem zweiten Stand ‘der weißen Ringe’, dem die vornehmen Familien des Hagens und der Neustadt sowie die aufsteigenden Kaufmannsfamilien angehörten,11) und – in geringerem Maße – dem dritten Stand der Handwerksgilden. Die Wirtschaft der Hansestadt Braunschweig wurde nicht nur vom Handel geprägt, sondern auch von verschiedenen Gewerbezweigen, vor allem von der Metallverarbeitung [Druckseite XVI], der Verarbeitung von Leder, der Herstellung von Tuchen und Leinengewebe und nicht zuletzt der Produktion von Bier. Das meiste Ansehen genossen naturgemäß die mit dem Fernhandel beschäftigten Familien, deren Mitglieder in den ständisch abgeschlossenen Gilden der Wandschneider und Wechsler in der Altstadt organisiert waren. Ein wenig offener für Zugänge aus ande-ren Gesellschaftskreisen waren die Wandschneider des Hagens und der Neustadt, die zusammen mit den Textilproduzenten in einer Wandschneider- und Lakenmachergilde organisiert waren.12) Zu den vornehmen Gilden können, wenngleich mit gewissen Abstrichen gegenüber den Wandschneidern und Wechslern, auch die Beckenwerker und Goldschmiede gezählt werden, denen einige Familien des Standes ‘der weißen Ringe’ angehörten.13) Die den dritten Stand bildenden Handwerksgilden sind in diesem Inschriftenband vor allem durch die sogenannten Handwerksaltertümer, z. B. durch ein Aquamanile (Nr. 518), ein Gildeszepter (Nr. 931), Schilder am Willkomm (Nr. 943, 954, 1152) oder eine Lade (Nr. 705) vertreten, aber auch durch Stücke, die bei Begräbnissen Verwendung fanden wie Sargschilder (Nr. 730, 858, 873, 874) und Besatzstücke vom Leichenlaken (Nr. 617). Diese Stücke gehörten den Gilden der Beutler, Dach- und Schieferdecker, Glaser, Kupferschmiede, Leineweber und Schmiede. Angehörige der Handwerksgilden sind auch des öfteren namentlich in Inschriften genannt, allerdings ohne daß ihre Gildezugehörigkeit erwähnt ist. Auch wenn die Handwerksgilden im Laufe der Zeit an Einfluß gewannen, vor allem seit der Verfassungsänderung von 1614, so gelang es ihnen doch nicht, die alten Kräfte völlig aus der Regierungsverantwortung zu verdrängen.

Gesellschaftlich dem ersten Stand gleichgestellt waren alle Ratsherren, hohen Kirchenleute, Syndici und Sekretäre; Pastoren, Rektoren und Konrektoren waren gesellschaftlich dem zweiten Stand zugeordnet. In den Inschriften dieses Bandes kommen überwiegend Personen des ersten und zweiten Standes sowie die eben genannten Geistlichen, Syndici und andere städtische Funktionsträger vor, darüber hinaus Mitglieder der außerhalb dieser Ordnung stehenden Adelsgeschlechter, die über Besitz in der Stadt verfügten,14)seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zunehmend auch herzogliche Beamte und Räte des Wolfenbütteler Hofes. Nimmt man die lange Reihe der Namen in den Inschriften dieses Bandes, so läßt sich daran ohne weiteres die Geschichte der Stadt Braunschweig in der Zeit von 1529 bis 1671 schreiben. Die von Spieß verfaßte Stadtgeschichte15) handelt dementsprechend von vielen Protagonisten der Ereignisgeschichte, die auch in den Grabinschriften, den Inschriften der Wappenglasscheiben, der Gemälde, der kirchlichen Ausstattungsstücke und der Häuser genannt sind. Die Inschriften als solche geben allerdings nur in den wenigsten Fällen Aufschluß darüber, in welcher Weise der Betreffende maßgeblich an der Stadtgeschichte beteiligt war oder sein Leben durch diese beeinflußt wurde.

Das auch in der Stadt Braunschweig einschneidendste Ereignis des 16. Jahrhunderts war die Reformation, die hier einigermaßen reibungslos verlief. Auch in Braunschweig verbreitete sich das reformatorische Gedankengut zunächst in den unteren Bevölkerungsschichten, um dann jedoch in vergleichsweise kurzer Zeit alle Kreise des Bürgertums zu erfassen. Der beim Volk außerordentlich beliebte Prediger Heinrich Lampe trug Wesentliches zur Verbreitung der lutherischen Lehre in Braunschweig bei – anfänglich noch gegen den Willen von vorgesetzten Geistlichen und Rat. Lampe, der zunächst Prediger an St. Michaelis, später Prediger und schließlich Pastor an St. Magni wurde, wird in seiner Grabschrift (Nr. 587) gerühmt, die Dunkelheit des Katholizismus aus Braunschweig vertrieben zu haben. Lampes Predigten veranlaßten seine Anhänger, eine Abordnung an den Rat zu schicken, deren Führung der Lizentiat der Rechte Autor Sander16) übernahm.17) Damit wurde eine Entwicklung eingeleitet, die den Rat veranlaßte, im Frühjahr 1528 Johannes Bugenhagen aus Wittenberg nach Braunschweig zu berufen, der in der Folgezeit hier das evangelische Kirchenregiment einrichtete.18) Allerdings gab es im Rat noch Kräfte, die am katholischen Glauben festhielten; 21 der 103 Ratsmitglieder wurden aus diesem Grund durch einen im November 1529 [Druckseite XVII] getroffenen Beschluß zu Beginn des Jahres 1530 entlassen, darunter der Kleine Bürgermeister der Altstadt Barthold Lafferde (Nr. 461). Die führenden Bürgermeister der fünf Weichbilde hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits alle der Reformation zugewandt und blieben daher im Amt.19) Unter ihnen befand sich auch der Bürgermeister der Altstadt Gerhard Pawel, dessen Epitaph die Bildnisse von Luther und Melanchthon zeigt (Nr. 475).

Nach der Einführung der Reformation verlagerte sich der geistliche Schwerpunkt von St. Blasii auf die Bürgerkirchen, vor allem auf St. Martini und St. Katharinen. Dies zeigt sich deutlich auch an der Gewichtung der Inschriften; St. Martini und St. Katharinen weisen jeweils etwa doppelt so viele Inschriftenträger auf wie der Dom St. Blasii.20) Die Stiftskirchen St. Blasii und St. Cyriaci, die den Braunschweiger Herzögen unterstanden, bildeten zunächst noch einen Rückhalt für die katholischen Kräfte. Im Jahr 1543 – unter der schmalkaldischen Herrschaft (s. u.) – wurde jedoch eine Kirchenordnung für St. Blasii erlassen, wonach der Katholizismus auch an dieser Kirche abgeschafft war. Die Stiftskirche St. Cyriaci vor dem Michaelistor wurde im Oktober 1545 abgerissen, um zu verhindern, daß Herzog Heinrich d. J. diese als Ausgangspunkt für eine Belagerung der Stadt nutzte. Schon im Jahr zuvor hatte man die Pfarrkirche St. Ulrici auf dem Kohlmarkt, die dem Patronat des Landesherrn unterstand, unter dem Vorwand der Baufälligkeit abgerissen und die Gemeinde an die Brüdernkirche verwiesen, deren zugehöriges Kloster wie die anderen Braunschweiger Klöster schon 1529 aufgehoben worden war.21)

Den führenden Geistlichen, die die Reformation in Braunschweig durchführten und die in der Folgezeit für die Etablierung der lutherischen Lehre an den Kirchen der Stadt sorgten, sind vier große Programme mit Inschriften gewidmet: drei Reihen von Gemälden in der Brüdernkirche (Nr. 667), in der Katharinenkirche (Nr. 900) und in der Magnikirche (Nr. 955), sowie insgesamt zehn Tafeln mit Gedenkinschriften in St. Martini (Nr. 677). Letztere enthalten Kurzbiographien der ersten Braunschweiger Superintendenten. Der für die Stadt Braunschweig bedeutendste Theologe des 16. Jahrhunderts war der auch inschriftlich besonders vielfältig dokumentierte22) Martin Chemnitz, der sich seit dem Jahr 1554 zunächst als Koadjutor und von 1567 bis 1584 als Superintendent für die Bewahrung der reinen lutherischen Lehre einsetzte. Da Chemnitz wie sein Vorgänger Joachim Mörlin ein strenger Vertreter des Luthertums war, gelang es dem Calvinismus und den hin und wieder aufkeimenden reformatorischen Nebenströmungen nicht, in Braunschweig Fuß zu fassen. Vielmehr wurde die Stadt zum Zufluchtsort von Lutheranern vor dem Calvinismus, wie der Fall des ehemaligen Bremer Bürgermeisters Johannes Esich zeigt, dessen Grabschrift (Nr. 577) auf seine Vertreibung aus Bremen durch die Calvinisten Bezug nimmt. Auch die Grabschrift (Nr. 775) auf dem Epitaph des von 1606 bis 1622 amtierenden Braunschweiger Superintendenten Johannes Wagner, der als Pastor in Jever von Calvinisten vertrieben wurde, thematisiert die nach Ansicht der strengen Lutheraner vom Calvinismus wie vom Katholizismus ausgehenden Gefahren.

Die Konsequenz, mit der in Braunschweig ohne größere Reibungsverluste das evangelische Kirchenregiment eingeführt wurde, und die Sorgfalt, mit der auf die Einhaltung der lutherischen Lehre geachtet wurde, resultierten auch aus der Notwendigkeit, gegenüber dem Landesherrn eine innerstädtische Einigkeit demonstrieren zu müssen. Dasselbe gilt für das Zusammenwirken der fünf selbstverwalteten Weichbilde in der gesamtstädtischen Politik. Die Stadt Braunschweig, die bis zum Jahr 1671 der direkten Herrschaft des Gesamthauses Braunschweig unterstellt war, hatte sich immer wieder gegen den Versuch der Braunschweiger Herzöge, insbesondere der Herzöge von Wolfenbüttel, zur Wehr zu setzen, die politische Autonomie der Stadt zu beenden und die Stadt der Regierung der Herzöge zu unterwerfen. Schon zu Beginn des hier behandelten Zeitraums kam es wieder einmal zu schwerwiegenden Gegensätzen zwischen Stadt und Landesherrn, als Herzog Heinrich d. J. für seine Lande den Augsburger Reichstagsabschied für verbindlich erklärte. Die Stadt Braunschweig protestierte dagegen und stellte sich damit offen gegen den Landesherrn. Von hier war es nur noch ein kurzer Schritt zum Eintritt in den Schmalkaldischen Bund, der im Sommer 1531 erfolgte. Die Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn in den folgenden Jahren veranlaßten die Stadt zu einem Ausbau der Befestigungsanlagen, der auch durch Bauinschriften [Druckseite XVIII] dokumentiert ist (Nr. 438, 440). Eine Inschrift am Michaelistor aus dem Jahr 1541 (Nr. 441) enthielt die ausdrückliche Aufforderung an die Bürger, für die von den Vätern erworbene Freiheit der Stadt zu kämpfen. Im Zuge der Kriegsvorbereitungen wurden auch Fahnen mit der protestantischen Devise Verbum Domini manet in aeternum angefertigt (Nr. 445). Der offene Krieg begann im Juni 1542 mit der Zerstörung der Klöster Steterburg und Riddagshausen durch Truppen der Stadt Braunschweig; kurz darauf erfolgte die Belagerung Wolfenbüttels, an der außer stadtbraunschweigischen Truppen auch Soldaten des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und des Landgrafen Philipp von Hessen teilnahmen. Am 12. August mußte Wolfenbüttel den Schmalkaldischen Truppen übergeben werden. Die – auch als Erfolg für die Stadt Braunschweig bewertete – Belagerung zeigt ein Gemälde im Altstadtrathaus (Nr. 446).

Nach der Einnahme Wolfenbüttels setzte der Schmalkaldische Bund dort ein Regierungskollegium ein, zu dem auch der Braunschweiger Bürgermeister Franz Kale (Nr. 498) gehörte.23) Nach einem vergeblichen Versuch Herzog Heinrichs d. J. im Herbst 1545, Wolfenbüttel zurückzugewinnen, der mit seiner Gefangennahme endete, unternahm die Stadt Braunschweig erneut Maßnahmen zum Ausbau ihrer Befestigungsanlagen (Nr. 453, 454), um der drohenden Kriegsgefahr begegnen zu können. Der Schmalkaldische Krieg begann Ende 1546 und wurde am 24. April des folgenden Jahres in der Schlacht bei Mühlberg zugunsten der kaiserlichen Seite entschieden. In der Schlacht fiel Heinrich von Beust; ihm wurde später in St. Martini ein Epitaph gesetzt, dessen Inschrift seine Kriegstaten rühmt (Nr. 525). Der Sieg, den die Truppen der norddeutschen Städte in der Schlacht von Drakenburg am 23. Mai für den Schmalkaldischen Bund errangen, blieb nach der Niederlage von Mühlberg bedeutungslos. Mit Stolz berichtete von diesem Sieg eine Inschrift in St. Ulrici-Brüdern, die von dem im Dienst der Stadt Braunschweig an der Schlacht beteiligten Hauptmann Brun von Bothmer veranlaßt wurde (Nr. 455). Trotz dieses militärischen Erfolgs stand die Stadt nach dem Schmalkaldischen Krieg wieder in demselben Gegensatz zu dem Landesherrn Heinrich d. J. wie zuvor und war auf kaiserlichen Schutz angewiesen. Daher entsandte sie eine vierköpfige Delegation an den Kaiserhof, die um Gnade und Schutz für die Stadt bat. Der Delegation gehörten der Jurist Dr. Konrad Pawel (Nr. 475, 480) und der damals noch am Anfang seiner Karriere als Braunschweiger Bürgermeister stehende Jost Kale (Nr. 496, 597599, 616) an.24)

Da 1549 der Versuch Herzog Heinrichs d. J., Braunschweig mit Hilfe des Bürgerhauptmanns Warner Gralherr einzunehmen (vgl. Nr. 618), mißlungen war, unternahm der Herzog im nächsten Jahr erfolglose Anstrengungen, die Stadt durch eine Belagerung zu bezwingen, der noch weitere folgen sollten. Nachdem Truppen der Stadt Braunschweig in der Schlacht von Sievershausen (vgl. Nr. 464) und in der Schlacht von Gittelde (vgl. Nr. 508) auf Seiten des Calenberger Herzogs Erich II. gegen Heinrich d. J. gekämpft und verloren hatten, wurde die Stadt 1553 erneut von Herzog Heinrich d. J. belagert und heftig beschossen. An den Beschuß erinnerte eine am Haus Steinweg 8 unter einer Kanonenkugel angebrachte Jahreszahl (Nr. 422). Die Belagerung endete mit dem Abschluß eines Friedensvertrages, der für beide Seiten einen Kompromiß bedeutete und die Stadt Braunschweig zur Huldigung, d. h. zur offiziellen Unterwerfung unter die Hoheit des Landesherrn verpflichtete. Zum Aussöhnungstermin mit Herzog Heinrich d. J. wurden u. a. die Bürgermeister Franz Kale (Nr. 498) und Heinrich Schrader (Nr. 595) entsandt.25) Ein weiterer Vertrag von 1561 regelte offen gebliebene strittige Punkte zwischen Herzog und Stadt, deren angespanntes Verhältnis jedoch erst mit dem Tod Herzog Heinrichs d. J. im Jahr 1568 beendet wurde. Mit dessen Nachfolger, Herzog Julius, schloß die Stadt 1569 einen Huldigungsvertrag, der vorübergehend für Frieden zwischen beiden Parteien sorgte. An den Vertragsverhandlungen nahmen sieben der amtieren-den Bürgermeister teil, unter denen Jost Kale (u. a. Nr. 597, s. o.), Johann Doring (Nr. 562) und Hans Schwalenberg (Nr. 546, 662) waren.

Die führenden Vertreter der Stadt in der nun folgenden Friedenszeit waren der Bürgermeister der Altstadt Jost Kale (u. a. Nr. 597, s. o.), der Syndikus der Stadt Johann Rosbeck (Nr. 588) und der Superintendent Martin Chemnitz (u. a. Nr. 522, s. o.). Alle drei verstarben in den 80er Jahren ebenso wie der Herzog Julius. Nach ihrem Tod veränderte sich die innen- und die außenpolitische Lage. Das Verhältnis zum Landesherrn verschlechterte sich, und in der Stadt gelangten zwei Männer in die Spitzenposition des Altstädter Bürgermeisters, die nicht aus den vornehmen Familien des ersten und zweiten Standes stammten. Autor Pralle (Nr. 673) amtierte seit 1581 als Großer [Druckseite XIX] Bürgermeister; Thile Bühring (Nr. 664) übernahm 1588 die Ratsstelle des Jost Kale.26) In Religionsfragen kam es vorübergehend zu Spannungen, weil der Nachfolger des Martin Chemnitz im Amt des Superintendenten, Johannes Heidenreich, dem Calvinismus zuneigte. Heidenreich wurde 1589 aus dem Amt entlassen, und an seine Stelle trat der überzeugte Lutheraner Polykarp Leyser.27) Die Bewertung von Heidenreichs Wirken in Braunschweig läßt sich auch an den Inschriften ablesen. Während er nur in einer Bildserie von Braunschweiger Superintendenten genannt ist (Nr. 900), kommt sein Nachfolger dreimal in einer Reihe bedeutender Kirchenmänner vor (Nr. 667, 900, 955). Der Nachfolger Leysers, Lukas Martini, ist im Braunschweiger Inschriftenbestand nur mit der Inschrift seiner Grabplatte (Nr. 674) vertreten. Auch er wurde entlassen, weil er in seinen Ansichten von der lutherischen Lehre abwich.

Die innerstädtische Entwicklung, die sich mit der Wahl von Pralle und Bühring als Bürgermeister der Altstadt bereits angedeutet hatte, mündete in politische Unruhen, die ihren Höhepunkt in der sogenannten ‘Brabandtschen Revolution’ von 1602 bis 1604 fanden. Die von der unterhalb der ratsfähigen Gilden stehenden Bevölkerung und deren Vertretern, den Bürgerhauptleuten, ausgehende Bewegung zielte auf eine Entmachtung der vornehmen Geschlechter ab. Zu den inneren Spannungen kam noch der äußere Druck hinzu, als sich das Verhältnis zu dem seit 1589 regierenden Herzog Heinrich Julius immer mehr verschlechterte und dieser die Stadt im Jahr 1600 durch Sperrung der Straßen vom Handelsverkehr abschnitt und damit das Wirtschaftsleben in Braunschweig lahmlegte. Den alten Familien, die oft ländlichen Grundbesitz vom Herzog zu Lehen hatten, warf man vor, aus eigenem Interesse gemeinsame Sache mit dem Herzog zu machen und die Interessen der Stadt infolgedessen nicht konsequent zu vertreten. Führer der Opposition gegen die alten Kräfte im Rat war der Bürgerhauptmann Henning Brabandt (Nr. 702). Dieser erzwang im Mai 1601 den Abschluß eines Vertrags, der die Rechte der Gildemeister und Bürgerhauptleute auf Beteiligung am Stadtregiment betonte. Derart unter Druck gesetzt sahen sich der 1602 regierende Bürgermeister Cord Doring und die beiden Syndici Joachim von Broitzem und Johann Rörhandt veranlaßt, ihr Amt niederzulegen und die Stadt zu verlassen. Im Januar 1602 kam es zur Entlassung von 20 Ratsherren, unter ihnen neben dem schon genannten Doring auch Cordt von Scheppenstedt (Nr. 585, 764), Autor Pralle (Nr. 673) und Heinrich Kalm (Nr. 870). Daß diese Umgestaltung des Rates längst nicht so spektakulär war, wie zunächst zu vermuten, zeigt zum einen, daß nur 20 von insgesamt 103 Ratsherren ausgewechselt wurden, zum anderen, daß keiner der neuen Ratsherren der Gesamtvertretung der Stadt, dem Küchenrat, angehörte.28) Und so gelang es dem neugewählten Rat auch in kürzester Zeit, erfolgreich gegen Brabandt und seine Anhänger als Aufrührer vorzugehen, die Anfang September 1604 gefangengesetzt wurden. Henning Brabandt wurde am 17. September 1604 hingerichtet; der Bürgermeister Simon Lüddecke (Nr. 596, 663) verstarb 1607 in der Haft. Von der erfolgreichen Niederschlagung des Brabandtschen Aufruhrs berichtet eine Bauinschrift aus dem Jahr 1604 (Nr. 710).

Die Ablösung der alten Familien durch neue politische Kräfte im Rat war auf Dauer nicht mehr aufzuhalten. Nachdem Herzog Heinrich Julius 1605 einen erfolglosen Übergriff auf die Stadt unternommen hatte, entstand wieder eine starke Opposition gegen diejenigen Ratsherren, die verdächtigt wurden, als Lehnsbesitzer eine Politik im Sinne des Herzogs zu betreiben. Verschärft wurde die Lage noch dadurch, daß es Herzog Heinrich Julius gelang, beim Kaiser 1606 die Ächtung der Stadt Braunschweig zu bewirken, weil sie sich hartnäckig ihrem Landesherrn widersetzte. Für die Aufhebung der Acht setzte sich vergeblich der Syndikus Franz Drösemann ein (Nr. 902), der sich zu diesem Zweck von 1609 bis 1611 am Hof in Prag aufhielt. Die Acht wurde trotz seiner Bemühungen 1611 noch einmal erneuert. Die Frage, ob man nun Schutz in einem Bündnis mit den [Druckseite XX] Generalstaaten suchen sollte, spaltete den Rat in zwei Parteien. Die konservativen Kräfte hielten weiter an einer kaisertreuen Politik fest und lehnten ein solches Bündnis ab. Durch die Uneinigkeit im Rat sahen sich die Gemeinden in ihrem Bestreben bestätigt, eine stärkere Beteiligung an den politischen Entscheidungen einzufordern. Ihr Wortführer war Nikolaus Dohausen (Nr. 640, 726, 814, 860), der 1613 zum Bürgerhauptmann gewählt wurde. Bei der Ratswahl im Januar 1614 mußten 15 der konservativen Ratsmitglieder abdanken. Auf Betreiben der von Dohausen angeführten Kräfte wurde im Juni 1614 ein 78köpfiger Ausschuß gebildet, auf dessen Betreiben hin der Rat aufgelöst und im September 1614 ein neuer, in seiner Mitgliederzahl von 103 auf zunächst 51, dann dauerhaft auf 55 Mitglieder beschränkter Rat gewählt wurde (s. o.). Diese gravierende Änderung der Verfassung und die beiden Neuwahlen hatten zur Folge, daß die Angehörigen der alten Familien weitgehend aus dem Rat verdrängt wurden. Das Übergewicht von Altstadt und Hagen gegenüber den drei anderen Weichbilden wurde jedoch auch in der neuen Verfassung beibehalten.29) Daß es trotz der unruhigen Zeiten stetig verlaufende Karrieren geben konnte, zeigt das Beispiel des Joachim Hagen, der zunächst als Bürgerhauptmann und seit 1587 als Ratsherr des Hagens vom Gerichtsherrn über das Amt des Kämmerers 1596 zum Kleinen Bürgermeister und 1599 zum Großen Bürgermeister aufstieg und in diesem Amt allen Umbrüchen zum Trotz bis 1616 verblieb (Nr. 755).

Kaum war die innenpolitische Ruhe durch Schaffung einer dauerhaften neuen Verfassung wiederhergestellt, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn Herzog Friedrich Ulrich, der nach dem Tod des Herzogs Heinrich Julius im Jahr 1613 dessen Nachfolge angetreten hatte. Vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen den beiden Parteien, die an den Forderungen des Landesherrn scheiterten, neben einer jährlichen Tributzahlung auch die Festungswerke auszuliefern und die herzogliche Residenz in der Stadt aufzunehmen. Im Juli 1615 begannen die kriegerischen Auseinandersetzungen; eines der ersten Opfer auf herzoglicher Seite war Wolf Christoph von Rauchhaupt, der am 3. August vor dem Hohen Tor tödlich verwundet wurde. Auch wenn Rauchhaupt auf der gegnerischen Seite kämpfte, so wurde seiner Familie doch erlaubt, ihm an St. Martini ein großes Epitaph zu errichten (Nr. 758). Im September 1615 begann Herzog Friedrich Ulrich mit einer wochenlangen Beschießung der Stadt. Es sind aus dieser Zeit drei Inschriften überliefert, die auf den Einschlag von Kanonenkugeln verwiesen (Nr. 426, 742, 743). Der Bäckermeister Hans Hille (Nr. 788, 925), der 1616 das Amt des Bürgermeisters der Altenwiek übernehmen sollte, wurde auf dem Magnitorwall erschossen. Durch das Eingreifen niederländisch-hansischer Truppen am 21. Oktober wurde der Belagerungszustand aufgehoben. Im Dezember wurde der Friedensvertrag von Steterburg abgeschlossen, in dem sich die Stadt zur Erbhuldigung verpflichtete, der Herzog zur Anerkennung der städtischen Privilegien, einer Rückerstattung eingezogener Güter und einer Entschädigung für die daraus erhaltenen Einnahmen. Der Frieden von Steterburg ist auch Thema einer Inschrift, die auf einer Steintafel am Sockel des Burglöwen angebracht war und die neu gewonnene Eintracht zwischen dem Landesherrn und der Stadt verkündete (Nr. 746). Im Jahr 1617 wurde die Stadt auch aus der Reichsacht entlassen.30)

Der Dreißigjährige Krieg, der andere Städte an den Rand des völligen Ruins brachte, machte sich in Braunschweig, das von Besetzungen und Einquartierungen verschont blieb, vor allem durch den Zustrom von Flüchtlingen (vgl. Nr. 843, 844) bemerkbar. So verweisen die Inschriften dreier Glocken aus den Jahren 1642 und 1643 (Nr. 908, 917, 924) auch eher auf die allgemeine Notsituation im Reich als auf die Lage in Braunschweig. Daß die Stadt nicht so sehr unter dem Krieg zu leiden hatte, lag vor allem an ihrer nach wie vor selbständigen Stellung, die es erlaubte, sich rechtzeitig auf die Seite des Stärkeren zu schlagen. Im Jahr 1626 hatte Braunschweig sich offen auf die Seite des Kaisers gestellt und bot auch Herzog Friedrich Ulrich nach der Einnahme von Wolfenbüttel durch die Dänen im Jahr 1625 Zuflucht. Mit dem entmachteten Herzog lebte man in der Folgezeit in schönem Einvernehmen. Nach den zunehmenden militärischen Erfolgen der Schweden wechselte Braunschweig die Seite und nahm Verhandlungen auf, die dazu führten, daß Gustav Adolf die Stadt im Februar 1632 unter seinen Schutz stellte. In diesem Zusammenhang entstanden das im Altstadtrathaus befindliche Porträt Gustav Adolfs (Nr. 836) und zwei silberne Medaillen, die das Porträt des Schwedenkönigs zeigen (Nr. 824, 825). Nach dessen Tod erwirkte die Stadt bei dem schwedischen Kanzler Oxenstierna, daß dieser die alten Verpflichtungen gegenüber der Stadt anerkannte. Die Verhandlungen mit Oxenstierna führten der Syndikus Hermann Baumgarten (Nr. 867) [Druckseite XXI] und der Bürgermeister des Sacks Arendt Sauer (Nr. 864). Dadurch, daß die Stadt Braunschweig im Jahr 1635 dem Prager Frieden beitrat, erreichte sie wieder eine Annäherung an die kaiserliche Seite.31)

Als Herzog Friedrich Ulrich im Jahr 1634 kinderlos starb, fiel das Herzogtum Wolfenbüttel 1635 an Herzog August d. J., während die Stadt Braunschweig nach wie vor direkt dem ganzen Haus Braunschweig unterstellt blieb. Auch Herzog August d. J. schlug seinen Wohnsitz zunächst in Braunschweig auf und dokumentierte seine entschlossene Haltung gegenüber der Stadt dadurch, daß er begann, die Burg neu aufzubauen. Die Fronten zwischen Herzog und Stadt begannen sich wieder zu verhärten, und Huldigungsverhandlungen verliefen erfolglos. Nach der Befreiung Wolfenbüttels durch kaiserliche Truppen im Jahr 1643 konnte Herzog August d. J. die dortige Residenz in Besitz nehmen. Nach dem Abschluß des Westfälischen Friedens begannen erneut Verhandlungen zwischen Herzog und Stadt um einen Huldigungsvertrag. Hierbei vermittelte Heinrich Schrader (Nr. 1085), der als Sohn des Braunschweiger Bürgermeisters Henning Schrader in der Stadt aufgewachsen und nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte als Rat und Kanzler in die Dienste des Herzogs getreten war.32) Es kam jedoch auch weiterhin zu keiner Einigung. Im Jahr 1657 wurde die Stadt Braunschweig von einer besonders schweren Pestepidemie heimgesucht, die der Überlieferung zufolge mehr als 5000 Tote gefordert haben soll. An einige der Opfer erinnern Inschriften auf Grabdenkmälern (Nr. 1061, 1062), die aus diesem Jahr besonders zahlreich überliefert sind. Da die Todesursache nicht genannt ist, läßt sich in vielen Fällen allerdings nur vermuten, daß etliche der 20 inschriftlich bezeugten Todesfälle auf die Pest zurückgehen. Sicher ist dies bei der Familie Hille (Nr. 1073), da die Inschriften auf der Grabplatte den Tod beider Eltern und vier ihrer Kinder im Jahr 1657 dokumentieren. Der Pastor Justus Hesse von St. Katharinen starb ebenfalls an der Pest (Nr. 1067).33)

Ohne daß man sich auf einen Huldigungsvertrag geeinigt hatte, starb im September 1666 Herzog August d. J., und sein Sohn Herzog Rudolf August trat die Nachfolge an, der die Verhandlungen um einen Huldigungsvertrag mit der Stadt Braunschweig gar nicht erst aufnahm. Stattdessen wurde im Mai 1671 zwischen Herzog Rudolf August und den anderen lüneburgischen Herzögen vertraglich geregelt, daß die Stadt Braunschweig der Linie Wolfenbüttel übergeben wurde. Darüber, daß dieser Vertrag nur das Vorspiel zu einer Einnahme Braunschweigs war, gab es keinen Zweifel. Daher setzte sich die Stadt in Wehrbereitschaft (vgl. Nr. 909). Die Belagerung begann am 19. Mai. Am 4. Juni schlug eine Kanonenkugel in St. Martini ein. Die Inschrift (Nr. 1174), die sich unter der an dieser Stelle belassenen Kanonenkugel befand, steht für das Ende des in diesem Band behandelten Zeitabschnitts. Am 12. und 13. Juni 1671 wurde die Stadt von herzoglichen Truppen besetzt; am 16. Juni fand die Huldigung statt, die das Ende der selbständigen Stadt Braunschweig besiegelte. Die alte Ratsverfassung wurde abgeschafft und die Weichbildräte wurden aufgelöst. Zur Verwaltung der Stadt setzte der Herzog einen ständigen 16köpfigen Rat ein, der ihm und seiner Regierung unterstand.34)

3. Inschriften, Inschriftenträger und Überlieferung

Von den 800 Inschriften der Stadt Braunschweig aus der Zeit von 1529 bis 1671 werden 497 Inschriften hier erstmalig publiziert, weitere 54 Inschriften erstmalig vollständig. Die Erstpublikationen gehen zum großen Teil auf die handschriftliche kopiale Überlieferung zurück. 522 der insgesamt 800 Inschriften liegen nur noch in kopialer Überlieferung vor, d. h. nur ein Drittel des Inschriftenbestands ist im Original erhalten. Diese Zahlen könnten den Eindruck erwecken, daß hier im Laufe der Zeit mehr Inschriften zerstört worden sind als an anderen Orten. Der Eindruck täuscht jedoch; vielmehr ist die kopiale Inschriftenüberlieferung für Braunschweig besonders reichhaltig, so daß man es hier mit einer ziemlich vollständigen Dokumentation aller im 18. Jahrhundert in der Stadt Braunschweig in den Kirchen und an den Häusern befindlichen Inschriften zu tun hat (vgl. Kap. 3. 1.). Naturgemäß sind viele dieser Inschriftenträger heute nicht mehr erhalten, [Druckseite XXII] weil sie im Zuge von Renovierungen entfernt worden sind. Berücksichtigt man weiter, daß unter den 278 Originalen mindestens35) 125 Grabdenkmäler und andere kirchliche Ausstattungsstücke sind, so zeigt sich, daß die Kirchen der Stadt trotz der Kriegszerstörungen einen beträchtlichen Teil ihrer alten Ausstattung bewahrt haben. Für Braunschweig gilt die schon in anderen Städten gemachte Beobachtung, daß die Kirchenausstattungen bereits im 19. Jahrhundert große Einbußen zu verzeichnen hatten, da man bei Renovierungsmaßnahmen viele Stücke beseitigte.36) Auch etliche der Fachwerkhäuser wurden bereits im 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen; ihre Balken wurden jedoch, soweit sie eine künstlerisch wertvolle Gestaltung oder eine Inschrift aufwiesen, zumeist ins Museum gebracht und sind daher heute oft noch erhalten. Trotzdem ist unter den Hausinschriften der Anteil der durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten Inschriften am größten, während viele Stücke aus dem kirchlichen Bereich durch Auslagerung gerettet werden konnten. Ungeklärt ist der Verbleib verschiedener Stücke, von denen sich die meisten nach den Zerstörungen der Kirchen nachweislich noch an Ort und Stelle befanden, wie alte Aufnahmen belegen. Hierbei handelt es sich vor allem um Ölgemälde aus Epitaphien, in einem Fall auch aus einem Altar, deren Umrahmungen zurückblieben, sowie um Epitaphien und Bronzeleuchter.37) Gerade die Entfernung von Ölgemälden aus ihren Rahmen deutet darauf hin, daß es in den Wirren der Nachkriegszeit einen mehr oder weniger organisierten Kunstdiebstahl gab, der möglicherweise an anderen Orten im gleichen Maß stattgefunden hat, wo alle Stücke ungeprüft als Kriegszerstörungen abgeschrieben worden sind.

Soweit Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts noch vorhanden, sind die Häuser und die Ausstattungsstücke der Kirchen photographisch außerordentlich gut dokumentiert. In vielen Fällen war es daher möglich, auch nicht erhaltene Inschriften nach Photographien zu edieren. Ausgewertet wurden hierfür die umfangreichen Bestände des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Hannover und die Topographische Sammlung des Städtischen Museums Braunschweig. Da es bereits hierbei zu zahlreichen Überschneidungen des Materials kam, wurde aus Zeitgründen auf eine Sichtung der Photosammlung des Stadtarchivs verzichtet, von der keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.

3. 1. Die kopiale Überlieferung

Streng genommen sollte im Titel dieses Inschriftenbandes stehen: „Die Inschriften der Stadt Braunschweig seit 1529, gesammelt von Anton August Beck ...“, denn der allergrößte Teil der 800 Inschriften dieses Bestandes – wie auch schon der 410 Inschriften des ersten Braunschweiger Inschriftenbandes – ist in Zeichnung und Abschrift Becks in den Konvoluten der Sammlung Sack wiedergegeben. Als zentrale, diesem Band zugrundeliegende Inschriftensammlung wird die Sammlung Sack hier noch einmal ausführlich beschrieben, auch wenn dies schon im ersten Band der Braunschweiger Inschriften erfolgt ist.38) Gegliedert ist die zu den Beständen des Stadtarchivs Braunschweig (Signatur H V) gehörende Sammlung aus dem Nachlaß des Kreisgerichtsregistrators und manischen Sammlers Carl Wilhelm Sack (1792–1870) nach inhaltlichen Gesichtspunkten in 278 Nummern, die zum Teil wiederum aus mehreren Einzelkonvoluten bestehen. Nur die wenigsten dieser nach Sachthemen, die zum großen Teil die Geschichte der Stadt Braunschweig zum Gegenstand haben, alphabetisch gegliederten Sammelbände enthalten Inschriftenüberlieferung. Es sind dies im wesentlichen die Nummern 125 bis 141, die sich auf die Braunschweiger Kirchen beziehen, sowie die unter Nr. 90 zusammengefaßten Aufzeichnungen und Listen zu den Braunschweiger Bürgerhäusern. Kennzeichnend für den Sammler Sack war, daß er zu einem Thema die unterschiedlichsten Quellen zusammentrug. Dabei handelt es sich um eigene Notizen aus Literatur, Urkunden und anderen Quellen wie beispielsweise Leichenpredigten oder um Originalurkunden bzw. deren Abschriften sowie Aktenstücke und Briefe anderer Personen zum Thema. Für die hier [Druckseite XXIII] ausgewerteten Bestände sind vor allem die in die Sammlung Sack aufgenommenen umfangreichen Aufzeichnungen des Braunschweiger Kupferstechers Anton August Beck (1713–1787)39) sowie die Abschriften und Ergänzungen des Beckschen Materials durch den Vikar an St. Blasii Johann August Heinrich Schmidt (1767–1855) von Bedeutung. Aus heutiger Sicht liegen die Verdienste von Anton August Beck weniger in den von ihm gestochenen Kupferplatten als vielmehr in seinen Arbeiten zur Geschichte der Stadt Braunschweig, für den Epigraphiker besonders in der Inventarisation von Baudenkmälern aller Art. Er führte nicht nur eine später von Sack ergänzte Bestandsaufnahme sämtlicher Häuser der Braunschweiger Altstadt nach den alten Häusernummern geordnet durch, sondern fertigte auch Zeichnungen der an den Häusern angebrachten Inschriften, Jahreszahlen und Wappen, oft auch des figürlichen Schmucks an. Ähnlich zweigleisig verfuhr Beck bei der Inventarisierung der Kirchenausstattungen. Auch hier fertigte er vor allem von den Grabdenkmälern Zeichnungen oder zumindest grobe Skizzen an, die sowohl das Bildprogramm als auch die Inschriften berücksichtigten (vgl. Abb. 118, 119). Die Inschriften sind in den Zeichnungen weitgehend originalgetreu wiedergegeben, d. h. unter Beibehaltung von Abkürzungen und Zeilenumbrüchen. Korrekturen belegen, daß es Beck um eine möglichst genaue Wiedergabe ging. Zumeist ist auch die verwendete Schriftart bezeichnet und Majuskel- bzw. Minuskelschreibung beibehalten. Der Terminus Römische Schrift bezeichnet die Ausführung der Inschrift in Kapitalis, Kanzleischrift steht für Fraktur. Lediglich bei Bibelzitaten, die Beck als historisch und genealogisch Interessiertem naturgemäß weniger wichtig waren, begnügt er sich oft damit, die Texte nur anzuzitieren, allerdings auch in diesem Fall oft unter Angabe des an jedem Zeilenbeginn stehenden Wortes oder unter Markierung der Anzahl der ausgelassenen Zeilen. Neben diesen auf losen Blättern stehenden Zeichnungen und Skizzen gibt es immer auch eine Reinschrift der Kircheninventare in gebundener Form, in der allerdings viele Informationen, die die Zeichnungen und Skizzen enthalten, fehlen. Das Schwergewicht dieser Reinschriften, die auch viele genealogische Angaben aus anderen Quellen wie beispielsweise aus Leichenpredigten enthalten, liegt auf den biographischen Daten. Daher sind hier die Bibeltexte zumeist ganz weggelassen oder nur durch eine Stellenangabe berücksichtigt. Die Zeichnungen und Skizzen der Grabdenkmäler sind wie die Reinschriften mit einem Numerierungssystem versehen, das für alle Kirchen etwa demselben Schema eines Kirchenrundgangs folgt. Zunächst sind die in der Kirche angebrachten Epitaphien wiedergegeben, es folgen die zu Becks Zeit noch im Boden liegenden Grabplatten. Im Anschluß daran werden die außen an der Kirche angebrachten Grabdenkmäler und schließlich die Grabdenkmäler auf dem Kirchhof behandelt. Zur Lokalisierung ist jeweils die Skizze eines Lageplans beigefügt, der dieselben Nummern aufweist wie die Zeichnungen der Grabdenkmäler und die Reinschrift der Grabschriften. Die anderen Ausstattungsgegenstände der Kirche sind im Vergleich zu den Grabdenkmälern eher knapp behandelt, die Vasa Sacra von Beck kaum berücksichtigt. Deren Inschriften sind in einigen Fällen von der Hand Sacks am Ende der Reinschriften nachgetragen. Ansonsten hat sich Sack, dessen kleine, stark rechtsgeneigte Handschrift leicht von anderen zu unterscheiden ist, in den hier interessierenden Teilen seiner Sammlung auf einige zumeist biographische Ergänzungen enthaltende Anmerkungen zum Material Becks beschränkt.

Die umfangreichen Vorarbeiten Becks hatten offensichtlich eine mehrteilige große Arbeit über die Braunschweiger Kirchen zum Ziel, die durch Kupferstiche illustriert werden sollte. Die Vorarbeiten für einen Band über St. Martini waren beim Tode Becks weitgehend abgeschlossen. Beck hinterließ sowohl ein Titelkupfer als auch Stiche einiger Epitaphien und das Kupfer des Kirchenlageplans. Diese Kupferstiche wie auch die Materialien Becks eignete sich der Vikar an St. Blasii Johann August Heinrich Schmidt an und veröffentlichte sie in dem 1846 gedruckten Buch „Die St. Martinskirche in Braunschweig“ unter seinem eigenen Namen. Auf die Urheberschaft Becks, was die Kupferstiche betraf, mußte er dabei wohl oder übel im Vorwort hinweisen. Daß jedoch auch ein Großteil des Textes, die Sammlung der Inschriften sowie ihre Anordnung und Numerierung von Beck erarbeitet wurden, wird von Schmidt mit keinem Wort erwähnt. Auch für andere Kirchen existieren in den Konvoluten der Sammlung Sack Abschriften und Aufarbeitungen des Beckschen Materials von der Hand Schmidts, der wohl noch weitere Veröffentlichungen unter seinem Namen plante.

Aus dem Dargelegten ist unschwer zu erkennen, daß es vor allem zu den Grabinschriften in den Konvoluten der Sammlung Sack eine vielfache Überlieferung gibt. Bei der Edition der Inschriften in diesem Band wurde – soweit vorhanden – in der Regel die Zeichnung oder Skizze Becks [Druckseite XXIV] zugrundegelegt, da hier alle auf einem Denkmal vorhandenen Inschriften wiedergegeben oder zumindest anzitiert sind und da bei der Wiedergabe ein großes Gewicht auf Treue zum Original gelegt wurde durch Beibehaltung von Kürzungen, Zeilenumbrüchen und Fehlern in der Inschrift. Auch die Wappen sind hier berücksichtigt, in vielen Fällen sind die Wappeninhalte gezeichnet. Lediglich die U- und V-Schreibung für vokalisches u in den Kapitalisinschriften scheint nicht immer in Entsprechung zum Original wiedergegeben. Die verschiedenen Reinschriften weisen dagegen eine etwas stärkere Tendenz zu Normalisierungen und zur Beschränkung auf die biographisch verwertbaren Inschriften auf. Sie sind daher nur in Zweifelsfällen zur Klärung des Textbefundes herangezogen worden; auf das Vorkommen der Inschrift in den Reinschriften ist im Quellenteil verwiesen, bei mehreren identischen Reinschriften wurde jedoch nur ein Beleg angegeben. Außerhalb der Sammlung Sack gibt es im Stadtarchiv Braunschweig noch einen gebundenen Band, den sogenannten ‘Klebeband’ (Signatur H III 1,15), der zahlreiche Zeichnungen und Notizen sowie Kupferstiche Becks zu Bauten in der ganzen Stadt Braunschweig enthält. Hier trug Beck alles zusammen, was ihm von besonderem historischen Wert erschien, darunter auch wieder viele in Zeichnung wiedergegebene Inschriften, die in einigen Fällen dieser Edition zugrundeliegen.

Alle anderen kopialen Überlieferungen bleiben in ihrer Bedeutung weit hinter der Sammlung Sack zurück. Einige Inschriften, von denen die meisten in den Bereich des Domes St. Blasii gehören, überliefert Philipp Julius Rehtmeyer in seiner 1707 bis 1715 gedruckten Kirchen-Historie.40) Rehtmeyers Kirchengeschichte, die schon von Beck, Schmidt und Sack für ihre Arbeiten benutzt wurde, gibt die Inschriftentexte in normalisierter Form wieder; daher ist diese Überlieferung nur dann zugrundegelegt, wenn keine andere, originalgetreuere Version existiert. Eine Überlieferung ganz eigener Art stellt die vor 1886 entstandene Sammlung von Grabinschriften in deutschen Kirchen des Grafen Julius Karl Adolf Friedrich von Oeynhausen dar, die sich in der Landesbibliothek Hannover befindet.41) Oeynhausen überliefert insgesamt 17 Grabinschriften aus Kirchen der Stadt Braunschweig, davon acht42) als einzige Überlieferung. Wie ein Vergleich mit den von Beck überlieferten Inschriften zeigt, interessieren Oeynhausen an den Grabdenkmälern ausschließlich die heraldischen und genealogischen Informationen. Daher reduziert er die Grabinschriften auf die ihn interessierenden Passagen, normalisiert die Texte, gestaltet sie dabei auch regestenartig um und läßt alles ihm überflüssig Erscheinende wie Fürbitten oder Bibelzitate weg. Zumindest für die Braunschweiger Inschriften läßt sich mit Sicherheit feststellen, daß Oeynhausen die Inschriften nicht am Original aufgezeichnet hat; welche Quelle ihm zur Verfügung stand, war jedoch nicht zu ermitteln. Angesichts der Vollständigkeit der Sammlung Sack muß es verwundern, daß Oeynhausen acht Inschriften als einziger Überlieferer wiedergibt. In diesen Fällen sind gewisse Zweifel angebracht, ob sich die Inschriften tatsächlich in den von Oeynhausen benannten Braunschweiger Kirchen befanden oder ob nicht Verwechslungen mit anderen Orten vorliegen.

Als Kostprobe im Hinblick auf eine Edition aller Inschriften der Stadt Braunschweig publizierten Wilhelm Jesse und Dietrich Mack43) nach dem Zweiten Weltkrieg zwei kleinere Arbeiten, die einen Querschnitt durch sämtliche Arten der Braunschweiger Inschriften boten. Die Sammlung Braunschweiger Grabinschriften von Hans Adolf Schultz44) stellt eine Bestandsaufnahme dessen dar, was an Grabdenkmälern nach dem Zweiten Weltkrieg noch vorhanden war und heute noch vorhanden ist. Die Inschriften gibt Schultz häufig nach der älteren kopialen Überlieferung wieder. Da die von Schultz behandelten Grabdenkmäler am Original bearbeitet werden konnten, diente seine Sammlung für diese Edition lediglich als Anhaltspunkt bei der Suche nach erhaltenen Grabdenkmälern.

Für die Überlieferung der Braunschweiger Hausinschriften ist neben der Sammlung Sack vor allem der von Carl Steinacker 1935 abgeschlossene Häuserkatalog im Landesdenkmalamt Hannover [Druckseite XXV] von Bedeutung. Steinacker hat für seinen Zettelkatalog sowohl auf die Sammlung Sack als auch auf ein von Karl Brandes 1888/89 angelegtes Inventarverzeichnis der Braunschweiger Häuser zurückgegriffen, dessen Verbleib nicht geklärt werden konnte. Die Informationen beider Sammlungen hat Steinacker um eigene Beobachtungen ergänzt. Die Inschriften gibt Steinacker, dem es im Wesentlichen um die Datierung der Häuser und ihrer einzelnen Bauteile ging, in sehr unterschiedlicher Weise wieder, teils buchstabengetreu, teils aber auch normalisiert. Als Quelle der Inschriftenüberlieferung ist Steinacker in den Katalogartikeln nur dann verzeichnet, wenn er die Inschrift nicht ausdrücklich nach der Sammlung Sack zitiert. Neben Steinackers Häuserkatalog gibt es noch kleinere Publikationen, in denen jeweils eine Auswahl von Braunschweiger Hausinschriften zusammengestellt ist.45) Diesen Publikationen gemeinsam ist, daß es den Autoren mehr um die Inhalte als um die buchstabengetreue Wiedergabe der Inschriften ging.

Zwei weitere kopiale Überlieferungen, die der Mackschen Inschriftensammlung in der Nachkriegszeit zugrundegelegen haben, ließen sich trotz intensiver Nachforschungen in Braunschweig nicht ausfindig machen. Die ‘Sammlung Kail’ führt Mack für die Inschriften nach 1529 nur vergleichsweise selten als Überlieferung an. Anders dagegen der ‘Katalog Fricke’: es dürfte sich dabei um eine von Rudolf Fricke als Vorarbeit für sein Buch über die Braunschweiger Bürgerhäuser46) angelegte umfangreiche Sammlung gehandelt haben, die auch Inschriften enthielt. In einigen Fällen scheint der Katalog Fricke die einzige Überlieferung der Inschrift dargestellt zu haben. Ganz sicher läßt sich dies jedoch nicht beurteilen, da Mack in seinen Literatur- und Quellenangaben im allgemeinen nicht zwischen der Wiedergabe von Inschriften und Angaben zum Objekt differenziert. Daher ist in diesen Fällen als Quelle, die der Edition zugrundeliegt, die Inschriftensammlung Mack genannt. Dasselbe gilt für Inschriften, die Mack in der Nachkriegszeit noch am Original gelesen hat, die heute jedoch nicht mehr vorhanden sind.

Ein völlig anderes Problem, das hier noch kurz behandelt werden soll, ergibt sich aus dem Vergleich der kopialen Überlieferung, speziell der Aufzeichnungen Becks, mit den heute noch erhaltenen Stücken. Es betrifft die in Braunschweig in vergleichsweise hoher Zahl erhaltenen Holzepitaphien mit ihren gemalten Inschriften. Diese wurden im Laufe der Zeit verschiedentlich Renovierungen unterzogen, bei denen auch die Inschriften überarbeitet wurden. Wozu dies selbst bei Kapitalisinschriften führen kann, zeigt das Epitaph des Johannes Wagner (Nr. 775) in St. Martini mit einer völlig verrestaurierten Inschrift. Angesichts eines Falles wie diesem läßt sich vermuten, daß Abweichungen der Beckschen Überlieferung vom Original nicht unbedingt auf ungenaue Lesungen Becks zurückgehen, sondern möglicherweise auf eine ungenaue Restaurierung vor allem bei den oft nicht ganz eindeutig zu lesenden Frakturinschriften. Im allgemeinen handelt es sich in den überwiegend deutschen Texten jedoch nur um kleine Abweichungen, die nicht sinntragend sind, so daß auf einen Nachweis im Apparat verzichtet werden konnte. Fraglich ist auch, wie bei Restaurierungen mit den in gemalten Frakturinschriften häufig vorkommenden Diakritika verfahren wurde. Da diese in der kopialen Überlieferung nicht verzeichnet sind, bieten sich hier keine Anhaltspunkte für den Originalbefund, so daß sowohl Diakritika in den Inschriften übermalt, als auch bei Restaurierungen hinzugefügt sein können. Daß frühere Generationen von Restauratoren mit dem Buchstabenbefund im allgemeinen sehr nachlässig umgegangen sind, solange nur die Aussage stimmte, zeigen die Wappenbeischriften am Epitaph Werpup in St. Martini (Nr. 548). Bei der 1999 durchgeführten Restaurierung wurden jüngere Farbschichten entfernt, um die alte Farbfassung zutage zu fördern. Dabei stellte sich heraus, daß die Wappen anstelle der in der obersten Schicht stehenden Namen OEYNHAVSEN und SCHVLENBORCH im Originalzustand mit den Beischriften OYENHVSEN und SCVLENBORCH bezeichnet sind. Noch bedenkenloser verfuhr man mit den Wappen bei mehrteiligen Ahnenproben, die oft in willkürlicher Reihenfolge wieder angebracht wurden (u. a. Nr. 548, 711, 768), manchmal sogar am falschen Epitaph (Nr. 842).

[Druckseite XXVI]

Die weitaus größte Gruppe der Inschriften dieses Bestandes bilden die Grabinschriften mit 332 Nummern, gefolgt von den Hausinschriften mit 137 Nummern, zu denen noch nahezu der gesamte Anhang 1 mit Jahreszahlen und Initialen hinzukommt. 111 Nummern gehören in den Bereich der kirchlichen Ausstattung, weitere 17 Nummern entfallen auf Vasa Sacra. Eine vergleichsweise große Gruppe bilden auch die Glasscheiben und Fenster mit 76 Nummern sowie die Gemälde – zumeist Porträts – mit 61 Nummern. Während die Inschriften auf Glas und auf Gemälden weitgehend im Original überliefert sind, überwiegt bei den Grab- und Hausinschriften die kopiale Überlieferung. Zwei kleine Gruppen stellen die Bauinschriften mit 28 Nummern und die Glocken mit 17 Nummern dar. Hinzu kommen noch etliche Einzelstücke, bei denen es sich um Gegenstände des täglichen Gebrauchs, Besitz der Handwerkergilden und anderes handelt. Wie sehr in dem jüngeren Braunschweiger Inschriftenbestand die Personen im Mittelpunkt stehen, zeigt die Tatsache, daß sich dieselben Namen in Inschriften verschiedener Art finden. So können auf einer Glocke Kirchenvorsteher genannt sein, für die zugleich ein Grabdenkmal überliefert ist und auch eine Wappenglasscheibe mit ihrem Namen (z. B. Heinrich Ridder: Glocke Nr. 917, Glasscheiben Nr. 987 u. 1076, Grabplatte Nr. 1078). An den Bürgerhauptmann Nikolaus Dohausen erinnerten eine Hausinschrift (Nr. 640), die Inschrift in einem Kirchenfenster (Nr. 726), ein von ihm gestiftetes Gemälde mit biblischer Szene (Nr. 814) und ein Epitaph (Nr. 860). Der Bürgermeister Jost Kale und seine Ehefrau Anna Wolmann sind durch Wappen an einem inschriftentragenden Haus präsent (Nr. 496), durch eine Hochzeitsschüssel (A1 1544), durch ein Porträt der Ehefrau (Nr. 589), das dieselben offensichtlich sehr realistisch wiedergegebenen Züge aufweist wie deren Darstellung auf der Grabplatte des Ehepaars (Nr. 616), durch eine Leuchterkrone (Nr. 598) und eine Hausinschrift (Nr. 599) sowie durch das Epitaph für die Eheleute (Nr. 597). Die hier aufgeführten Beispiele stellen keine Ausnahme dar, sondern stehen nur stellvertretend für etliche andere, wie die Verweise innerhalb der Katalognummern zeigen.

Auch die Künstler und Handwerker sind durch Signaturen ihrer Werke und durch Künstlerinschriften in diesem Bestand gut vertreten.47) Inschriftlich nennen sich vor allem die Gießer und Kupferstecher, während die Maler und Bildhauer ihre Werke zumeist nur mit einem Monogramm oder ihren Initialen signieren. Unter den Gießern sind es vor allem Hans Meißner48) und Ludolph Siegfried49), die jeweils auf mehreren Werken als ausführender Meister genannt sind. Während der Name Siegfrieds im Braunschweiger Bestand ausschließlich in Glockeninschriften vorkommt – in drei Fällen (Nr. 908, 917, 924) in Kombination mit dem Gießer Joachim Janke –, ist Hans Meißner als Gießer einer Glocke, eines Epitaphs und dreier Leuchterhalterungen genannt. Bemerkenswert ist vor allem die auf dem Epitaph (Nr. 489) angebrachte Künstlerinschrift samt Meisterzeichen, die sehr viel stärker hervortritt als die Darstellung und Grabschrift des Bürgermeisters Hermann von Vechelde, für den das Epitaph bestimmt ist. Im Vergleich zu den an zentraler Stelle stehenden Künstlerinschriften der Gießer nehmen sich die kurzen fecit-Vermerke der Kupferstecher Wilhelm Schwan und Conrad Buno50) auch durch den Platz ihrer Anbringung eher bescheiden aus. Noch unauffälliger sind die Signaturen der Maler und Bildhauer, die sich mit wenigen Ausnahmen51) auf Monogramme und Initialen beschränken. Der Maler Ludger tom Ring d. J., der 1572 das Braunschweiger Bürgerrecht erwarb und hier zahlreiche Porträts anfertigte,52) pflegte seine Signatur, ein kursives L mit durch einen Ring gesteckter Haste, auf seinen Gemälden teilweise geradezu zu verstecken. Auch der Maler Floris von der Mürtel53), der häufig mit dem Bildhauer Georg Röttger54) zusammenarbeitete (Nr. 648, 650, 660, 675, 711), signierte seine Werke wie auch Röttger nur durch ein Monogramm. Der Hildesheimer Bildhauer Ebert Wolf d. J., dessen Signatur EBW auf dem hölzernen Epitaph für Fritze von der Schulenburg (Nr. 621) und auf der Grabplatte für Ludolph Schrader (Nr. 624) vorkommt, ist durch diese Signatur deutlich von seinem Vater, dem Bildhauer [Druckseite XXVII] Ebert Wolf d. Ä. zu unterscheiden, der mit EW signiert.55) Über den Auftrag zur Anfertigung der Grabplatte und ihre Herstellung in der Hildesheimer Werkstatt des Bildhauers geben Archivalien Auskunft (vgl. Nr. 623, Kommentar). Das in Fragmenten erhaltene steinerne Epitaph für Fritze von der Schulenburg (Nr. 629) läßt sich Ebert Wolf d. J. aufgrund der für die Wolfsche Werkstatt charakteristischen Fraktur und der Gestaltung der Putten mit Sicherheit zuschreiben (vgl. Nr. 624 u. 629). Anders als für die Hildesheimer Werkstatt Wolf, in der Vater und Sohn offenbar die gleiche Frakturschrift mit ihren auffälligen Merkmalen verwendeten (vgl. Kap. 4. u. Nr. 629), lassen sich für die anderen in Braunschweig signierenden Künstler keine eindeutigen Schriftübereinstimmungen in ihren Werken feststellen.

Anhand des reichhaltigen Braunschweiger Materials zu Personen wird ein Unterschied zwischen den norddeutschen und den süddeutschen Inschriftenbeständen besonders augenfällig: Die Ehefrauen werden nicht mit dem Namen ihres Ehemannes genannt, sondern führen prinzipiell ihren Mädchennamen nach ihrer Hochzeit weiter. Zur Kennzeichnung ihres Familienstandes wird durchgängig der ganze Name des Ehemanns in der Formel ‘N.N. seine (eheliche) Hausfrau’ hinzugesetzt. Entsprechend dieser norddeutschen Gepflogenheit werden auch in den Katalogartikeln und im Namenregister die Mädchennamen der Ehefrauen beibehalten, im Namenregister steht unter der Familie des Ehemannes ein Verweis.

3. 2. Grabinschriften

Von den 332 Grabinschriften dieses Bandes sind 249 nach der kopialen Überlieferung ediert, nur 83 nach dem Original. Dies bedeutet nicht, daß alle 249 kopial überlieferten Grabinschriften tatsächlich verloren sind. Vielmehr ist bekannt, daß sich unter dem Fußboden des Domes noch Grabplatten in situ befinden, und die Maße der um die Braunschweiger Kirchen herum liegenden Steine lassen in vielen Fällen die Vermutung zu, daß man die als Straßenpflaster dienenden Platten nur umdrehen müßte, um die Originale zu erhalten. Der größte Teil der erhaltenen Grabdenkmäler findet sich heute in St. Martini und in St. Katharinen, die im hier behandelten Zeitabschnitt als Pfarrkirchen der Altstadt und des Hagens die Kirchen mit der vornehmsten Klientel an Bürgern darstellten. Erfreulicherweise haben sich in Braunschweig nicht nur steinerne Grabdenkmäler erhalten, sondern auch ein vergleichsweise hoher Anteil an Holzepitaphien, die in den bisher bearbeiteten norddeutschen Beständen eher die Ausnahme darstellen.

Auf eine Terminologie der Grabdenkmäler kann hier verzichtet werden, da diese in den zuletzt erschienenen Bänden dieser Reihe immer wieder behandelt worden ist.56) Dasselbe gilt für das in Braunschweig verwendete Formular von Grabinschriften, das sich nicht von dem ausführlich kommentierten Formular in den bereits edierten norddeutschen Beständen unterscheidet. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden daher im Folgenden nur die für das Braunschweiger Material spezifischen Merkmale behandelt. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, daß diese besonderen Merkmale nicht immer auf speziellen Gegebenheiten in der Stadt Braunschweig beruhen, sondern auch auf die außerordentlich dichte Überlieferungssituation zurückgeführt werden können. So ist sicherlich der ungewöhnlich hohe Anteil deutscher Grabinschriften zu erklären, der fast zwei Drittel aller Grabinschriften ausmacht. Nur 88 der 332 Grabinschriften sind in lateinischer Sprache verfaßt, in weiteren 42 Fällen handelt es sich um eine Kombination lateinischer und deutscher Inschriften auf einem Grabdenkmal. Zu Beginn des hier behandelten Zeitraums treten entsprechend der allgemeinen Entwicklung bereits Grabinschriften aller Art auf, von der einfachen Sterbeformel mit einer Fürbitte bis zu umfangreichen biographischen Grabinschriften in Prosa oder Versen, zu denen Bibelzitate hinzutreten können. An Grabdenkmälern finden sich neben den Grabplatten, die mit 204 Nummern den weitaus größten Teil ausmachen, 92 Epitaphien sowie aus dem zweiten und dritten Viertel des 16. Jahrhunderts die kopial überlieferten Inschriften von sechs Totenschilden. Gegen Ende des hier behandelten Zeitraums scheint die Anbringung der Epitaphien [Druckseite XXVIII] generell zurückzugehen, was möglicherweise auf den einfachen Grund zurückzuführen ist, daß sich in den Kirchen kaum noch ein freier Platz fand.

Auf die dichte Überlieferung aus der zweiten Hälfte des 16. und dem 17. Jahrhunderts ist es wohl zurückzuführen, daß dieser Band 45 Grabdenkmäler enthält, die allein für Frauen gesetzt sind, darunter eines der aufwendigsten Epitaphien überhaupt, das Denkmal für Elisabeth von Dageforde im Dom St. Blasii (Nr. 711, Abb. 58). 14 Grabdenkmäler sind ausschließlich für Kinder bestimmt. Eine Besonderheit unter diesen Grabdenkmälern bildet die heute leider stark verwitterte Grabplatte der Armgard von Bartensleben von 1644 (Nr. 933), auf der die im Kindbett Verstorbene im Relief mit einem Wickelkind im Arm dargestellt ist. Insgesamt sind die Darstellungen von Verstorbenen in Ganzfigur auf den Grabplatten dieses Bestandes keineswegs die Regel. Sie machen nur etwa ein Zehntel aller Grabplatten aus. Da die meisten kopial überlieferten Grabinschriften in der Sammlung Sack in Zeichnung wiedergegeben sind, lassen sich die Beobachtungen zur Gestaltung der Grabdenkmäler auch auf die nicht erhaltenen Stücke ausdehnen.

Die Gestaltung der Grabplatten ist über den ganzen behandelten Zeitraum hinweg äußerst vielfältig. Hochrechteckige Steine mit Ganzfiguren im Relief und zumeist umlaufender Inschrift sind zum großen Teil für Adlige angefertigt. Sie weisen daher oft vier- oder mehrteilige Ahnenproben auf (u. a. Nr. 757, 763, 813). Zwei der vermutlich qualitätvollsten Stücke dieser Art, die jeweils mit einer sechzehnteiligen Ahnenprobe versehen waren, stellten die nur noch in Zeichnungen überlieferten Grabplatten für Fritze von der Schulenburg (Nr. 622) und seine Ehefrau Ilse von Saldern (Nr. 720) dar. Auch der Rechtsgelehrte Ludolph Schrader (Nr. 624, Abb. 47) und der Syndikus Melchior Steigmann (Nr. 717, Abb. 68) sind in Ganzfigur dargestellt. Eine solche Gestaltung ist für die Grabplatten der alteingesessenen Ratsfamilien eher die Ausnahme. Hierzu gehört der Stein für die mit einem Hündchen und auffallendem Schutenhut dargestellte Anna Brandis (Nr. 902, Abb. 91) sowie die Platte für Jost Kale und Anna Wolmann, die das Ehepaar in Ganzfigur zeigt (Nr. 616, Abb. 38). Eine Variante, die in dieser Form die Ausnahme bleibt, stellt die Grabplatte für den Pastor Heinrich Lampe dar, die noch Reste der ehemaligen farbigen Fassung aufweist. Gerahmt von einer um den Stein verlaufenden Inschrift findet sich im oberen Teil des Innenfeldes eine Reliefdarstellung des Pastors in Halbfigur, im unteren Teil eine Schrifttafel (Nr. 587, Abb. 37).

Sehr häufig sind Grabplatten, deren einzige Bildelemente in einem oder mehreren Wappen bestehen und in deren Mittelpunkt die Inschriften gerückt sind. Diese kommen über den ganzen Erfassungszeitraum verteilt in vielen Varianten vor. Unterscheiden lassen sie sich in Stücke mit um den Stein verlaufender Inschrift und in Stücke mit zeilenweise auf der Platte angeordneter Inschrift. Die erste Gruppe läßt sich wiederum unterteilen in diejenigen Platten, in deren Innenfeld sich ein großes Vollwappen befindet (u. a. Nr. 461, 494, 555), und in diejenigen Platten, in deren Innenfeld ein oder mehrere Wappen in Kombination mit weiteren Inschriften stehen (u. a. Nr. 556, 567, 577). Im 17. Jahrhundert findet sich häufig die Variante mit außen zweizeilig umlaufenden Inschriften. Zumeist handelt es sich bei den umlaufenden Inschriften um Sterbevermerke für die Eheleute, während im Innenfeld Wappen und Bibelzitate angebracht sind (u. a. Nr. 759, 793, 1079). Auf der Grabplatte für Autor Odelem und seine beiden Ehefrauen (Nr. 1019) verlief ganz außen der Sterbevermerk für den Ehemann, darunter in zweiter und dritter Zeile die entsprechenden Inschriften für die beiden Ehefrauen; im Innenfeld stand ein Bibelzitat über den Wappen der drei Verstorbenen. Diese Art von Grabplatten wurde ganz offensichtlich oft schon nach dem Tod eines Ehepartners angefertigt und in dem Sterbevermerk des anderen Platz für den Nachtrag der Sterbedaten gelassen (u. a. Nr. 793, 929, 1033, 1070). Der umgekehrte Fall, daß außen um den Stein ein oder mehrere Bibelzitate verliefen, während die Grabschriften im Innenfeld standen (Nr. 865), blieb die Ausnahme. Auf der Grabplatte für die im Jahr 1657 an der Pest verstorbene Familie des Hans Hille (Nr. 1073) verliefen die Sterbevermerke für die Eheleute in zwei Zeilen um den Stein, die ihrer vier verstorbenen Kinder in der Mitte unter Wappenschilden. Grabplatten mit Inschriften auf der Rahmenleiste des Steins kommen bis zum Ende des hier behandelten Zeitraums vor. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts werden zunehmend auch Grabplatten mit zeilenweise angebrachten, untereinander stehenden Inschriften angefertigt (u. a. Nr. 748, 841, 850). Auch diese Stücke weisen häufig Wappen in den Ecken oder im Innenfeld auf. Eher die Ausnahme stellte jedoch die Grabplatte der Friedeke von Bülow aus dem Jahr 1636 dar, auf der um die Inschrift herum eine sechzehnteilige Ahnenprobe angeordnet war (Nr. 857). Bei Doppelgrabplatten konnten die zeilenweise verlaufenden Inschriften auch zweispaltig angeordnet sein (Nr. 1061, 1115).

Vergleichsweise häufig gab es in Braunschweig auch Grabplatten mit Messingeinlagen, von denen sich heute allerdings im Original bestenfalls die sehr unterschiedlich gestalteten Messingplatten [Druckseite XXIX] erhalten haben. Dabei handelt es sich zum Teil um quadratische, auf die Spitze gestellte gravierte Tafeln mit umlaufender Inschrift und weiteren Verzierungen wie einem Wappenschild im Innenfeld (Nr. 608) und Medaillons mit Evangelistensymbolen in den Ecken (Nr. 652, 662), zum Teil um Platten mit zeilenweise gravierter Inschrift (Nr. 604, 704, 892), oder um einen Stein mit Rahmenleisten und Wappenschilden aus Messing (Nr. 802).

Ähnlich wie bei den Grabplatten finden sich auch zu den heute verlorenen Epitaphien in der Sammlung Sack Skizzen oder Zeichnungen, die zumindest eine ungefähre Vorstellung von der Gestaltung des jeweiligen Grabdenkmals vermitteln. Auch Angaben zum Material werden hier gemacht. Daraus läßt sich eindeutig entnehmen, daß es sich bei den insgesamt 92 Epitaphien zum überwiegenden Teil um Grabdenkmäler aus Holz handelte, in die in vielen Fällen Ölgemälde eingefügt waren. Etliche dieser Epitaphien sind im 19. Jahrhundert bei Renovierungen beseitigt worden oder den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen. Zu den Besonderheiten des Braunschweiger Inschriftenbestandes gehört es jedoch, daß trotzdem verhältnismäßig viele Holzepitaphien erhalten und heute wieder in den Kirchen aufgehängt sind. Von den insgesamt 39 erhaltenen Epitaphien sind 19 aus Holz, nur 15 aus Stein, bei weiteren 5 Epitaphien bzw. deren erhaltenen Teilen handelt es sich um ursprünglich auf Holz befestigte oder in einen Holzrahmen gefaßte Messingtafeln (Nr. 562, 770, 880, 1034) oder Messingelemente (Nr. 489). Während die Epitaphien mit den Messingbestandteilen naturgemäß eher kleinere Ausmaße hatten, handelt es sich bei den Holzepitaphien ebenso wie bei den Epitaphien aus Stein um große mehrteilige Grabdenkmäler.

Bemerkenswert an diesen Epitaphien ist weniger ihre Ikonographie, die in den meisten Fällen dem üblichen Bildprogramm der Renaissanceepitaphien entspricht, als vielmehr das Verhältnis von Größe und Aufwand zu der gesellschaftlichen Position des Verstorbenen oder der betreffenden Familie. Hier lassen sich ganz erhebliche Unterschiede zwischen den vornehmen alten Ratsfamilien und den höheren Geistlichen auf der einen und den Adelsfamilien sowie den herzoglichen und städtischen Beamten auf der anderen Seite feststellen. Da über die Gestaltung und die Anzahl der Grabdenkmäler in der Regel von den betreffenden Personen noch zu Lebzeiten verfügt und zum Teil minutiöse Anordnungen getroffen wurden, die sich in etlichen Fällen erhalten haben, ist diese Art der Selbstrepräsentation außerordentlich aufschlußreich für die genannten gesellschaftlichen Gruppen.

Die alten Ratsfamilien präsentieren sich in ihren Grabdenkmälern sehr stilvoll; der von ihnen getriebene Aufwand liegt eher in der Qualität eines Grabdenkmals als in seiner Größe und in dem Umfang der Inschriften. Als Beispiel ist hier das Epitaph für den Bürgermeister Franz Kale und seine Ehefrau Cecilia Schacht (Nr. 498, Abb. 26) zu nennen, das sich durch die Verwendung von weißem vergoldeten Marmor und eine qualitätvolle Bildhauerarbeit auszeichnet. Die deutsche Grabschrift für den politisch einflußreichen Bürgermeister und seine Ehefrau ist als einfacher Sterbevermerk formuliert, in dem mit keinem Wort auf die Bedeutung des Verstorbenen hingewiesen ist; angefügt ist jeweils noch eine Fürbitte. In derselben Weise waren die Grabschriften für den Bürgermeister Jost Kale und seine Ehefrau Anna Wolmann auf deren Epitaph (Nr. 597) abgefaßt. Auch hier ist mit keinem Wort auf die Verdienste Kales hingewiesen, der als einer der bedeutendsten Männer der Stadt deren Geschicke in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts maßgeblich bestimmte. Die Beschreibung in der Sammlung Sack läßt den Schluß zu, daß das mehrteilige hölzerne Epitaph mit biblischen Darstellungen durchschnittliche Ausmaße hatte. Besonders qualitätvoll in der Ausführung, in diesem Fall in Messing, ist das kleine Epitaph für den Bürgermeister Hermann von Vechelde (Nr. 489, Abb. 25), dessen deutsche Grabschrift ebenfalls aus einem kurzen Sterbevermerk und einer Fürbitte besteht. Stellvertretend für weitere Epitaphien dieser Art sei hier noch auf das Marmorepitaph des Thile Bühring und seiner drei Ehefrauen verwiesen (Nr. 664, Abb. 51).

Ähnlich wie bei den Ratsfamilien verhielt es sich bei der Geistlichkeit. Das zu Lebzeiten angefertigte kleine Epitaph des Pastors Joachim Jordan (Nr. 880, Abb. 86), eine in einen hölzernen Rahmen gefaßte, gestochene Messingplatte, zeichnet sich durch seine Qualität aus. Im Mittelpunkt stehen mit den Darstellungen kombinierte lateinische und deutsche Bibelzitate. Die lateinische Prosagrabschrift besteht aus äußerst knapp gefaßten biographischen Angaben, die mit einem religiösen Text kombiniert sind. Ganz entschieden setzte sich der bedeutendste Kirchenmann Braunschweigs, der 1587 verstorbene Theologe und Superintendent Martin Chemnitz, dafür ein, daß ihm nur ein bescheidenes Grabdenkmal gesetzt und bei seinem Begräbnis kein allzu großer Aufwand getrieben wurde. Testamentarisch verfügte er, daß im Mittelpunkt seines einfach zu gestaltenden [Druckseite XXX] Epitaphs (Nr. 574, Abb. 28) ein Porträt stehen sollte, das schon zu seinen Lebzeiten entstanden war. Darüber hinaus legte er bereits den knappen Text seiner lateinischen Grabschrift fest und beugte so umfänglichen Lobeshymnen vor. Eine solche erhielt er dann allerdings doch noch – wenn auch nicht allzu ausführlich – in der auf einer Messingtafel ausgeführten lateinischen Prosagrabschrift seiner Grabplatte (Nr. 604).

Im krassen Gegensatz zu den Verfügungen, die der Superintendent Martin Chemnitz traf, stehen die minutiösen Anordnungen seines Zeitgenossen, des Rechtsgelehrten Ludolph Schrader. Schrader, der sich mit einem großen Teil seiner Angehörigen und auch mit seiner Ehefrau derart zerstritten hatte, daß er sie allesamt enterbte, überließ, was sein Begräbnis anging, nichts dem Zufall oder der ihm möglicherweise nicht allzu wohlgesonnenen Nachwelt. Nach seiner testamentarischen Verfügung sollte ihm ein Epitaphium von der besten art im Wert von ungefähr 1000 Talern gesetzt werden (vgl. Nr. 623). Entsprechend dieser für ein Grabdenkmal ausgesprochen hohen Summe fertigte der Braunschweiger Bildhauer Georg Röttger das – zumindest heute – größte Epitaph der Katharinenkirche an. Die daran angebrachte lateinische Inschrift, die wortreich die Verdienste des bedeutenden Rechtsgelehrten sowie seinen vornehmen Umgang hervorhebt und gleich noch einmal auf einer Messingtafel über dem Begräbnis angebracht wurde, hat Schrader seinem Testament zufolge selbst verfaßt. Auch über die Gestaltung der Grabplatte (Nr. 624), die sein Bildnis zeigen sollte, traf Schrader genaue Verfügungen ebenso wie über den Ablauf seines Begräbnisses, für das – gegen entsprechende Bezahlung – die gesamte Braunschweiger Geistlichkeit sowie die Schulen von St. Katharinen, St. Martini und St. Ägidien mobilisiert werden sollten.

Auch der herzogliche Rat Heinrich Schrader traf, was seine Grabdenkmäler anging, genaue Vorkehrungen. Er ließ schon zu Lebzeiten Grabplatten für sich und seine Ehefrau sowie ein Epitaph anfertigen und legte sich mit den Kirchenvorstehern von St. Katharinen sowohl wegen der Größe der Grabplatten als auch wegen des Anbringungsortes des Epitaphs an (vgl. Nr. 1085). Bei der Errichtung des großen, vielteiligen Epitaphs im Jahr 1659 setzte er sich über die Vereinbarungen mit den Kirchenvorstehern hinweg und ließ es an einem ihm besser erscheinenden Platz direkt gegenüber der Kanzel aufhängen, was zu jahrelangen Streitigkeiten führte, die schließlich mit Geld beigelegt wurden. Anders als Ludolph und Heinrich Schrader, die beide aus Braunschweig stammten, kam Johann Rosbeck als Syndikus von außerhalb in die Stadt. Ähnlich wie Ludolph Schrader war auch er um seinen inschriftlichen Nachruhm besorgt und verfügte daher, daß an sein Epitaph, da es sich immer schicken will etzliche carmina, in denen angedeutet werde, in was guten ehrlichen ansehen Ich bei der Key: Mayst. unnd dem Haus Sachssen Weymarschen theils gewesen, unnd was ich auch beij dieser Stad Braunschweig gethan, daran gemacht werden sollten (vgl. Nr. 588, Abb. 31). Die carmina fielen dann mit sechs Distichen allerdings vergleichsweise bescheiden aus. Zugleich verfügte Rosbeck jedoch auch über die Anbringung von Bibelzitaten und einer biblischen Szene auf seinem Epitaph. Eine Auswahl in Frage kommender Sprüche findet sich in seinem Testament.

Als Beispiele für aufwendige Begräbnisse des in Braunschweig ansässigen Adels sind vor allem das 1589 eingerichtete Begräbnis des Fritze von der Schulenburg und der Ilse von Saldern in der St. Johannis-Kapelle und das Begräbnis des Georg von der Schulenburg und der Lucia von Veltheim in der Katharinenkirche aus den Jahren 1619 bis 1621 zu nennen. Die kleine Johannis-Kapelle, die zu dem im Besitz des Ehepaars befindlichen Prioratshof gehörte, wurde von diesem praktisch zu einer Grabkapelle umgestaltet. In der von Beck in seinem Lageplan57) als adliche Schulenb. Seite bezeichneten Hälfte ließ Ilse von Saldern nach dem Tod ihres Mannes 1589 vier Grabdenkmäler errichten: eine Grabplatte (Nr. 622) und ein steinernes Epitaph (Nr. 629) für Fritze von der Schulenburg, eine Grabplatte für sich selbst (Nr. 720) sowie ein hölzernes Epitaph (Nr. 621) für beide Eheleute. Die deutschen Inschriften der Grabdenkmäler sind von eher bescheidenem Umfang. In den Grabschriften des Epitaphs für das Ehepaar, die vor allem die Auferstehungshoffnung zum Inhalt haben, sind nur knappe biographische Daten mitgeteilt. Die drei anderen Grabdenkmäler enthalten lediglich die Geburts- und Sterbedaten, auf der Grabplatte für den Ehemann ist noch eine Fürbitte hinzugesetzt.

Ähnlich wie die Johannis-Kapelle wurde das Innere der Katharinenkirche von dem Begräbnis des Georg von der Schulenburg und seiner Ehefrau Lucia von Veltheim geprägt, für dessen Genehmigung insgesamt 1000 Taler an die Kirche gezahlt wurden. Über die Ausgestaltung des mit einer Inschriftenplatte (Nr. 756) abgedeckten Grabgewölbes liegen detaillierte Informationen vor. Die von der Kirche erteilte Erlaubnis bezog sich auf zwei Grabplatten (Nr. 757, 763) sowie ein [Druckseite XXXI] Epitaph, das den Bestimmungen zufolge die Sicht durch die Kirche nicht behindern sollte. Angefertigt wurde als Epitaph stattdessen ein hinter dem Laienaltar aufgestellter Lettner (Nr. 768, Abb. 65), der den gesamten Innenraum der Kirche dominierte. Im Kontrast zu dem aufwendigen Bildprogramm und den beiden sechzehnteiligen Ahnenproben für die Eheleute steht auch hier die kurze, nur aus knappen Sterbevermerken bestehende deutsche Grabschrift für das Ehepaar.

In diesen Beobachtungen zu den Grabdenkmälern unterschiedlicher Bevölkerungskreise deutet sich schon an, daß auch die Sprache und die Form der Grabinschriften eng mit dem gesellschaftlichen Status des jeweiligen Verstorbenen zusammenhängen. Es lassen sich hier verhältnismäßig klare Unterscheidungen treffen. Fast ausnahmslos in lateinischer Sprache sind die Grabinschriften für Pastoren und Kanoniker (u. a. Nr. 568, 574, 628, 647), die überregional tätigen Räte (u. a. Nr. 883, 1045, 1055), Rechtsgelehrten, Syndici (u. a. Nr. 611, 623, 770) und Ärzte (Nr. 828/829, 963, 1004) abgefaßt. Dasselbe gilt für deren Frauen (u. a. Nr. 748, 784, 1051) und Kinder (u. a. Nr. 545, 833, 941). Zumeist handelt es sich bei diesen lateinischen Inschriften um Prosatexte von unterschiedlicher Länge. Lateinische Grabgedichte wie für den Pastor Heinrich Lampe (Nr. 587) oder für den Syndikus Paschasius Brismann (Nr. 611) kommen insgesamt nur elfmal vor und umfassen jeweils nur wenige Distichen. Völlig aus dem Rahmen fallen daher die aus 14 Distichen bestehende Grabschrift für den Superintendenten Johannes Wagner (Nr. 775), die dem Leser Anweisungen zum richtigen Leben im lutherischen Glauben gibt, und die 19 Distichen umfassende Grabschrift für Heinrich von Beust (Nr. 525), die die Kriegstaten des Gefallenen schildert.

Die Inschriften für Angehörige der eingesessenen bürgerlichen Familien und der Adelsfamilien sind zum weit überwiegenden Teil in deutscher Sprache abgefaßt, in den meisten Fällen als kurze die Lebensdaten enthaltende Texte, denen eine Fürbitte und Bibelzitate hinzugesetzt werden konnten. Lange biographische Texte wie die Grabschrift für Burkhard von Steinberg (Nr. 927) und den Hauptmann Thomas Fillier (Nr. 972) bleiben die Ausnahme. Eher selten sind für die beiden genannten gesellschaftlichen Gruppen lateinische Prosatexte (Nr. 475, 521, 562, 960). Lateinische Versinschriften kommen hier nur viermal vor und zwar für Heise Oschersleben (Nr. 433), die Braunschweiger Bürgermeister Bernt von Broitzem (Nr. 493) und Johannes Becker (Nr. 505) sowie für den ehemaligen Bremer Bürgermeister Johannes Esich (Nr. 577). Im Fall des Johannes Becker wurde die Grabschrift von seinem Sohn, einem Doktor der Theologie und späteren Superintendenten, veranlaßt und wahrscheinlich auch verfaßt. Völlig ohne Parallele und wohl für immer rätselhaft bleibt die sieben Distichen umfassende, ausgesucht poetisch formulierte Grabschrift für den Beckenwerker Heise Oschersleben, dessen Testament ihn als einen eher bedeutungslosen und nicht sonderlich vermögenden Mann erscheinen läßt.

Unter den 332 Grabschriften dieses Bestandes sind lediglich drei in deutschem Reimvers verfaßt. Während das deutsche Grabgedicht für Wilhelm von der Ow, das mit einer lateinischen Prosagrabschrift kombiniert ist (Nr. 741), das Leben des Kanonikers von St. Blasii schildert, dient die in deutschen Reimversen verfaßte Grabschrift für Ilse Bussmann (Nr. 939) in kurioser Weise vor allem dazu, die Fruchtbarkeit der Verstorbenen und ihrer Kinder zu betonen. Auf dem Epitaph für Henning Philipp von Mahrenholtz (Nr. 979) findet sich neben zwei lateinischen Prosainschriften ein Gedicht zum Thema ‘Nichtigkeit alles Irdischen’ in deutschem Reimvers, das auch der wohlwollendste Leser nur als schwülstig einstufen kann. Auf zwei Kuriosa unter den Grabinschriften soll am Ende dieses Kapitels noch hingewiesen werden. Welche Ungelegenheiten ein einziges Wort in einer Grabschrift bereiten kann, zeigt der Fall des zunächst boßlich später erbaermlich vom Leben zum tod gebrachten Ludolf von Wenden (Nr. 478). Eine tiefe Überzeugung von der Sinnlosigkeit aller Inschriften spricht aus der Grabschrift für den Arzt Hermann Conerding (Nr. 774).

3. 3. Hausinschriften

Die Hausinschriften machen mit 137 Nummern die zweitgrößte Gruppe in diesem Inschriftenband aus. Davon sind lediglich 22 im Original erhalten, 115 Inschriften sind nach der kopialen Überlieferung ediert. Hinzu kommen noch zahlreiche Initialen und Jahreszahlen an den Braunschweiger Häusern, die in Anhang 1 zusammengefaßt sind. In Relation zu dem Gesamtbestand von 800 Inschriften sind 137 Hausinschriften für eine norddeutsche Fachwerkstadt ein eher kleiner Bestand. In den Inschriftenbänden Hameln, Hannover und Goslar machen die Hausinschriften [Druckseite XXXII] jeweils ein Drittel des Gesamtbestandes aus.58) Der vergleichsweise geringe Anteil der Braunschweiger Hausinschriften relativiert sich ein wenig, wenn man die – allerdings in etlichen Fällen nur aus Baudaten bestehenden – 199 Hausinschriften des vorreformatorischen Braunschweiger Inschriftenbandes hinzunimmt. Es ergibt sich dann eine Zahl von 336 Hausinschriften bei einem Gesamtbestand von 1210 Nummern, d. h. die Hausinschriften machen mehr als ein Viertel aller Inschriften aus. In diesen Zahlen deutet sich schon eine Besonderheit des Braunschweiger Hausinschriftenmaterials an. Die Stadt Braunschweig bietet einen im Vergleich zu den anderen norddeutschen Fachwerkstädten sehr frühen Bestand an Hausinschriften, an dem sich die Anfänge und die Entwicklung dieser Inschriftengattung gut verfolgen lassen. Die Entwicklung der Bauformen im Fachwerk und das Formular der frühen Braunschweiger Hausinschriften sind in der Einleitung des ersten Bandes bereits behandelt worden.59) Ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei jedoch außer Acht gelassen worden: Die frühen Braunschweiger Hausinschriften zeichnen sich weniger durch ihren Inhalt als durch ihre äußere Form60) aus. Diese ist einzigartig und in vergleichbaren Inschriftenbeständen so kaum anzutreffen.

Als älteste Form der Verzierung von Schwellen kommt in Braunschweig seit der Mitte des 15. Jahrhunderts der Treppenfries vor, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Fronten zahlreicher Bürgerhäuser ziert. In den Feldern unter und über der Treppe finden sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts häufig figürliche Darstellungen und über die einzelnen Felder verteilte Baudaten, oft in Kombination. Die Buchstabenoberfläche dieser frühen Baudaten ist nicht einfach flach aus einem vertieften Feld herausgearbeitet worden, sondern weist eine plastische Struktur auf, die den Inschriften einen besonderen Schmuckcharakter verleiht. Fragmente eines Schwellbalkens vom Haus Heydenstr. 2 von 1470 (A3 Nr. 181, Abb. 5) zeigen ein von zwei Drachenköpfen eingerahmtes m und von zwei Zeigehänden eingefaßt die Zahlbuchstaben cccc. Die Brechungen der gotischen Minuskel sind in diesem Fall als umgeschlagenes Band plastisch umgesetzt. Ein besonders schönes Beispiel plastischer Buchstabengestaltung stellt der Schwellbalken vom Haus Wendenstr. 6 von 1512 (A3 Nr. 349, Abb. 6 u. 7) dar. In den bogenförmig abgeschlossenen Feldern über der Treppe ist ein Baudatum in frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt, dessen Buchstaben sich durch eine besonders kunstvolle Gestaltung einzelner Bestandteile wie die durch die Hasten und Bögen hindurchgesteckten Balken und Zierstriche auszeichnen (vgl. hierzu Kap. 4.).

Eine weitere sehr verbreitete Schmuckform der Schwellen ist der in Braunschweig datiert erstmals 1517 auftretende Laubstab,61) dem oft zu einem Baudatum gehörende Buchstaben in kleinere Gruppen verteilt aufgelegt sind (Nr. 421423, vgl. a. Abb. 11). Auch hier haben die einzelnen Buchstaben noch ganz wesentlich ornamentalen Charakter. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich eine Vielfalt an Schmuckformen der Schwellbalken. Der Laubstab, der zunächst von plastischem Blattwerk umschlungen war, wurde immer mehr auf ein einfaches Bogenornament reduziert. Daneben gab es Verzierungen durch Fächerrosetten, für die über die Schwellbalken hinaus auch die Ständer und Winkelhölzer mit einbezogen wurden. Als besonders kunstvolles Beispiel können zwei in Fächerrosetten übergehende Maskenköpfe am Haus Wendenstr. 14 in Braunschweig von 1536 gelten, die eine Jahreszahl einrahmen (A1 1536, Abb. 11). Die zuletzt erwähnten Beispiele zeigen zugleich, daß die Oberflächenstruktur der Buchstaben im 16. Jahrhundert längst nicht mehr so plastisch gestaltet wird wie in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In dem Moment, wo man mehrere Inschriften auf die Schwellbalken eines Hauses verteilt, die Texte länger werden und über das bloße Baudatum hinausgehen, verliert der Schmuckcharakter des einzelnen Buchstabens an Bedeutung. Die Hausinschriften haben auch weiterhin vor allem durch die hier gerne verwendeten Frakturversalien ornamentalen Charakter und eine Schmuckfunktion für das Haus. Betont wird dies zumeist durch eine Hervorhebung der eingehauenen oder erhaben herausgearbeiteten Buchstaben mit goldener Farbe. Die Oberfläche der erhabenen Buchstaben bleibt jedoch in späterer Zeit glatt und die Inschriften sind seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht mehr in ein plastisches Ornament eingebunden wie in den Treppenfriesen oder auf den Laubstabbalken.

Die inhaltlich wirklich bemerkenswerten Braunschweiger Hausinschriften des zweiten Bandes lassen sich leicht aufzählen, da der Großteil der Hausinschriften nach 1528 lediglich das Baudatum und den Erbauernamen enthält oder nicht über so gängige Sprüche wie Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut (u. a. Nr. 513, 581, 703) oder den Bibelvers Verbum Domini manet in aeternum (u. a. Nr. 496, 514, 561) hinauskommt. Die Gründe hierfür sind möglicherweise darin zu suchen, daß die Errichtung der Fachwerkbauten in Braunschweig im letzten Viertel des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht hatte, so daß die stattlichen Fachwerkbauten mit ihrem aufwendigen ornamentalen und figürlichen Schmuck auch von späteren Generationen als repräsentativ genug erachtet und nicht durch Neubauten ersetzt wurden. Vergleicht man die kunstvollen Zimmermanns- und Bildhauerarbeiten dieser Zeit mit den späteren vergleichsweise schlichten Fachwerkhäusern, so könnte man auch auf die Idee kommen, die einfachere Bauweise mit dem Rückgang der städtischen Wirtschaftskraft im 16. Jahrhundert in Verbindung zu bringen. Zu konstatieren ist jedenfalls, daß humanistische Inschriftenprogramme oder Bild-Text-Programme, wie sie im benachbarten Hildesheim zahlreich vorkommen,62) in Braunschweig fehlen, obwohl es hier keinen Mangel an gebildeten Bauherren gab.63)

Für zwei Häuser, die unmittelbar nach der Einführung der Reformation in der Stadt erbaut worden sind, wurden wohl mit Bedacht ausführliche Zitate aus der Lutherbibel als Inschriften ausgewählt. An den Häusern Hintern Brüdern 5/6 (Nr. 416) und Fallersleberstr. 15 (Nr. 418) von 1531 wurden offensichtlich von derselben Werkstatt Schwellbalken mit von männlichen Figuren gehaltenen verschlungenen Schriftbändern darauf angebracht. Die Bibelzitate, die mit keiner der niederdeutschen Lutherbibeln wörtlich übereinstimmen, gehen wohl mehr auf den mündlichen Gebrauch der lutherischen Übersetzung zurück. Einer der vom Haus Fallersleberstr. 15 erhaltenen Schwellbalken zeigt am Balkenende noch die groteske Figur eines Orgelpfeifen haltenden bebrillten Esels, dem der Spruch Ick kan so vel Nich lesen vnd gselle vesen zugeordnet ist. Als inhaltlich etwas aufschlußreichere Hausinschriften in deutscher Sprache sind hier noch die in Reimverse gefaßten Betrachtungen über die allgemeinen Mißstände der Zeit am Haus Reichsstr. 6 aus dem Jahr 1552 zu nennen (Nr. 463) und die auf die Einrichtung eines Armenhauses bezogene Stifterinschrift am Haus Ölschlägern 13 aus dem Jahr 1588, der noch ein passendes Bibelzitat hinzugefügt ist (Nr. 618). Besonderen Schmuckcharakter hat die in deutschen Reimversen abgefaßte und in weithin sichtbaren Goldbuchstaben ausgeführte Fürbitte im Treppengiebel der Steinfasssade am Haus Kohlmarkt 1 (um 1590, Nr. 640).

Eine Stiftungsinschrift in lateinischer Vers- und deutscher Prosaversion findet sich an dem für die Pfarrwitwen bestimmten Haus Echternstr. 14/15 (1559, Nr. 483). In den Bereich privater Bautätigkeit fallen weitere Häuser, deren lateinische Inschriften auf einen gehobenen Bildungsstand des Bauherrn schließen lassen. Die Inschriften an den Häusern Neuestr. 5 (um 1550, Nr. 458) und Kleine Burg 14 (1622, Nr. 773) haben einen in lateinische Verse gefaßten frommen Inhalt. Ebenfalls in Verse gefaßte Sentenzen religiösen wie allgemeinen Inhalts standen am Haus Gördelingerstr. 42 (1572, Nr. 537). Eine in ein Chronogramm gekleidete Fürbitte steht am Haus Hintern Brüdern 8a (1619, Nr. 754) und am Haus Ziegenmarkt 7 (1623, Nr. 780). Ovidzitate finden sich am Haus Kohlmarkt 2 (1584, Nr. 596), hier zusammen mit einem lateinischen Spruch religiösen Inhalts, und am Haus Gördelingerstr. 41 (1637, Nr. 863) in einer etwas seltsamen Kombination mit einem deutschen Bibelvers und einem lateinischen religiösen Spruch.

3. 4. Sonstige Inschriftenträger

Eine Besonderheit des Braunschweiger Inschriftenbestandes macht die hohe Zahl von 60 zumeist erhaltenen Wappenglasscheiben aus, zu denen noch 16 Fenster hinzukommen. Zum Teil handelt es sich dabei um Stiftungen für Kirchenfenster, ein großer Teil dieser Scheiben entstammt jedoch dem privaten Bereich. Im 16. Jahrhundert bildete sich der Brauch aus, zu allen möglichen Gelegenheiten [Druckseite XXXIV] Wappenglasscheiben anfertigen zu lassen und zu verschenken. Diese Sitte nahm solche Formen an, daß sich der Rat 1573 genötigt sah, durch Festsetzen von Höchstpreisen Auswüchsen Einhalt zu gebieten.64) In der Folgezeit wurden immer wieder ähnliche Bestimmungen erlassen, was belegt, daß die Braunschweiger Bürger weiterhin zahlreiche Glasscheiben anfertigen ließen. Probleme bereitete es, daß die Glaser sich gleichzeitig als Glasmaler betätigten und sich dabei nicht auf die Darstellung der Wappen beschränkten, sondern diese mit den verschiedensten Darstellungen kombinierten. Im Jahr 1650 wurde ein Vergleich geschlossen, daß auf die Wappenglasscheiben lediglich die Wappen und keine anderen Darstellungen wie Apostel, Evangelisten, Vögel oder Blumen gemalt werden durften.65) Im Jahr 1663 wurde diese Anordnung offensichtlich nicht mehr befolgt, denn dreizehn besonders schöne Glasscheiben einer Serie aus diesem Jahr zeigen neben den Wappen auch Obstarrangements und besonders aufwendig gemalte unterschiedliche Blumen (Nr. 1111, Abb. 110). Die Inschriften der Wappenglasscheiben bestehen durchgängig aus einfachen Wappenbeischriften, die außer dem Namen auch eine Jahreszahl und ein Epitheton enthalten können.

Eine Gruppe von sehr unterschiedlichen Inschriftenträgern bilden die 111 kirchlichen Ausstattungsstücke, zu denen noch 17 Vasa Sacra und 17 Glocken hinzukommen. Was viele der kirchlichen Ausstattungsstücke verbindet, ist die Tatsache, daß sie auf Stiftungen inschriftlich genannter Braunschweiger Bürger zurückgehen. Von den 111 Stücken sind nur noch 23 im Original überliefert, die anderen 88 wurden wohl überwiegend bei Restaurierungen im Laufe der Zeit beseitigt. Dies liegt daran, daß Gegenstände der Kircheneinrichtung zu allen Zeiten in ihrer Erhaltung besonders gefährdet waren, da sie in hohem Maße vom Zeitgeschmack abhängig waren. Den Innenraum der Kirchen prägten vor allem die umfangreichen Bildprogramme mit Darstellungen biblischer Szenen an den Priechen, von denen mit Ausnahme von St. Martini jede der Braunschweiger Pfarrkirchen mindestens eines aufzuweisen hatte (Nr. 485, 663, 804, 881, 952, 981, 1096). Neben den Bilderzyklen an den Priechen gab es im Chor der Kirchen St. Katharinen (Nr. 900), St. Magni (Nr. 955) und St. Ulrici-Brüdern (Nr. 667) Gemäldezyklen mit Darstellungen bedeutender Theologen, von denen sich die Gemälde im Gestühl von St. Ulrici-Brüdern heute noch in situ befinden. Jedes einzelne Gemälde aller genannten Bilderzyklen trägt den Namen und manchmal auch das Wappen seines Stifters. In St. Petri (Nr. 786) und St. Michaelis (Nr. 952) ging der Schmuck je einer Prieche auf einen einzelnen Stifter zurück; in St. Katharinen war die Orgelprieche mit den Wappenbildern der Stifter versehen (Nr. 779).

Einzelpersonen stifteten neben den zahlreichen Gemälden auch andere kirchliche Einrichtungsgegenstände wie den Kanzeldeckel (Nr. 749) und den Taufdeckel von St. Martini (Nr. 751), Leuchterkronen (u. a. Nr. 598, 966, 1092) und Leuchterhalterungen (u. a. Nr. 462, 479, 531), sowie Abendmahlsgerät (u. a. Nr. 512, 515, 626, 882, 915). Der St. Johannis-Kapelle schenkten Fritze von der Schulenburg und seine Ehefrau Ilse von Saldern mehrere Gegenstände, auf denen sie inschriftlich als Stifter genannt sind: zwei Altardecken (Nr. 635), ein Antependium (Nr. 636) und einen Kelch (Nr. 638). Auf eine Stifterinschrift ganz besonderer Art ist hier noch hinzuweisen, obwohl sie in die vorreformatorische Zeit fällt. Der im ersten Braunschweiger Inschriftenband nicht aufgenommene Grundstein mit darin eingelassener Kupfertafel der Maria-Magdalenen-Kapelle (A3 Nr. 269A, Abb. 8/9) trägt eine Urkundeninschrift, in der die den Neubau der Kapelle finanzierenden Stifter genannt sind.

3. 5. Hochdeutsch und Niederdeutsch in den Braunschweiger Inschriften

Eine Untersuchung zum Übergang vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen in den Inschriften kann sich prinzipiell nur auf die im Original erhaltenen Inschriften gründen, mit gewissen Einschränkungen auch auf diejenige kopiale Überlieferung, die den Sprachstand der Inschriften sicher bewahrt. Letzteres gilt in Braunschweig für die Sammlung Sack ebenso wie für verschiedene andere Überlieferer, aber immer nur mit der Einschränkung, daß leichte Abweichungen vom Original in der Wiedergabe vorkommen können. Ein weiteres Problem ergibt sich aus den zahlreichen gemalten, in Fraktur ausgeführten Inschriften, da hier selbst am Original nicht unbedingt feststellbar ist, [Druckseite XXXV] ob es sich nach verschiedenen Restaurierungen tatsächlich noch um den originalen Sprachstand handelt.

Wie schon am Inschriftenbestand der Stadt Hannover beobachtet66) ist unter sprachgeschichtlichen Gesichtspunkten nach Grabinschriften und Hausinschriften zu trennen. Auch in Braunschweig zeigen diese beiden größten Inschriftengruppen eine unterschiedliche Entwicklung. Einschränkend ist hierzu noch zu bemerken, daß das Braunschweiger Hausinschriftenmaterial für die einschlägige Zeit von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts nur eine verhältnismäßig kleine Zahl verwertbarer Inschriften bietet. Dies liegt vor allem daran, daß in dieser Zeit nur wenige Inschriften mit umfangreicheren Texten an den Häusern angebracht wurden (vgl. dazu Kap. 3. 3.). Die älteste datierte niederdeutsche Inschrift Braunschweigs (DI 35, Nr. 57) stammt aus dem Jahr 1379. Es handelt sich dabei um eine Bauinschrift an St. Michaelis und damit um eine Inschriftenart, für die zu dieser Zeit oft die allgemein in Inschriften noch nicht gebräuchliche Volkssprache Verwendung fand. Die älteste niederdeutsche Grabinschrift (DI 35, Nr. 58) stammt aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts, für die seit Beginn des 15. Jahrhunderts auftretenden – allerdings nur aus kurzen Texten bestehenden – Hausinschriften wurde von Beginn an neben der lateinischen Sprache auch das Niederdeutsche verwendet.

Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts weisen sämtliche volkssprachigen Inschriften durchgängig niederdeutsche Merkmale auf. Kurz nach der Jahrhundertmitte setzt der Übergang vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen ein und zwar zunächst in den Inschriften der Grabdenkmäler. Für die Übergangszeit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind Mischformen charakteristisch. Auch hier trifft bereits die am hannoverschen Material gemachte Beobachtung zu, daß es sich bei den Mischformen überwiegend um hochdeutsche Texte mit gelegentlichen niederdeutschen Einsprengseln handelt, kaum jedoch um den umgekehrten Fall. Läßt man die Inschrift einer Elle (Nr. 448) aufgrund der unsicheren Provenienz des Stücks außer Betracht, so finden sich die ältesten hochdeutschen Merkmale in der Inschrift einer Gedenktafel von 1547 (Nr. 455). Die im Sprachstand wohl zuverlässig kopial überlieferte Inschrift zeigte neben den hochdeutschen Worten ZV, DIE, IST und GESCHEHEN die niederdeutsche Form SLACHT sowie zwei Mischformen: DRACKENBORG statt hochdeutsch ‘Drackenburg’ bzw. niederdeutsch ‘Drackenborch’ und MANTAGS statt hochdeutsch ‘Montags’ bzw. niederdeutsch ‘Mandags’. Ein ähnliches Gemisch niederdeutscher und hochdeutscher Elemente zeigen die Inschriften auf der Grabplatte für den Bürgermeister Barthold Lafferde von 1552 (Nr. 461). Dagegen ist das Bibelzitat auf einer Leuchterhalterung aus demselben Jahr durchgängig in hochdeutscher Sprache ausgeführt; auf eine gewisse Unsicherheit im Umgang damit könnte jedoch die Verwendung von LIECHT für ‘Licht’ und FVSSTE für ‘Füsse’ hindeuten. Der Gießer nennt sich hier noch in der niederdeutschen Variante HANS MISSENER, während er sich im Jahr 1560 auf einem Epitaph (Nr. 489) hochdeutsch als HANS MEISNER bezeichnet, allerdings in Verbindung mit der niederdeutsch/hochdeutschen Formel GOTH MICH. Die Grabschrift dieses Epitaphs weist durchgängig hochdeutsche Sprachmerkmale auf, lediglich die Worte DACH (‘Tag’) und BRVNSCHWIG zeigen noch niederdeutsche Prägung. Die Grabschriften auf dem Epitaph und der Grabplatte des Bernt von Broitzem von 1561 (Nr. 493 u. 494) stellen den eher seltenen Fall von durchgängig niederdeutschem Text mit einzelnen hochdeutschen Merkmalen (sein, BORGEMEISTER) dar.

Nach 1575 sind die Inschriften der Grabdenkmäler in hochdeutscher Sprache verfaßt und weisen höchstens ganz vereinzelt noch niederdeutsche Elemente auf. Als deutliche Ausnahmen heben sich die Grabinschriften des Friedrich Bode (1587, Nr. 608), des Fritze von der Schulenburg (1589, Nr. 622 u. 629) und des Reinhard Reinerdes (1594, Nr. 652), die noch etliche niederdeutsche Formen enthalten, von den anderen Grabinschriften des letzten Viertels des 16. Jahrhunderts ab. Die Grabschriften für Fritze von der Schulenburg enthalten die niederdeutsche Form dage, die in Mantags noch einmal in hochdeutscher Variante in Verbindung mit einem niederdeutschen Wortbestandteil vorkommt. In der Grabschrift des Reinhard Reinerdes steht niederdeutsch STARFF neben STERBEN, MIN gegenüber EINE und VORLEIHE. Ein solches Nebeneinander von gleichen oder vergleichbaren Wörtern oder Phänomenen in nieder- und hochdeutscher Form in einer Inschrift ist keine Seltenheit, sondern kann ebenso wie das Nebeneinander von nieder- und hochdeutschen Elementen in einem Wort als charakteristisch für die Übergangszeit gelten.67) Als ein sehr spätes Beispiel dieser Art sei hier noch auf die Glasscheiben Nr. 729 von 1609 verwiesen, [Druckseite XXXVI] auf denen neunmal NAGELATEN neben zweimal NAGELASEN steht. Um diese Zeit finden sich allgemein kaum noch niederdeutsche Merkmale in den Inschriften. Auch die Hausinschriften, in denen sich das Hochdeutsche sehr viel langsamer durchsetzt, sind zu dieser Zeit in hochdeutscher Sprache verfaßt.

Ein ausgesprochen frühes Beispiel einer durchgehend hochdeutschen Hausinschrift stellt das mit einer lateinischen Inschrift kombinierte Bibelzitat am Haus Gördelingerstr. 42 von 1572 dar. Wenn hier die kopiale Überlieferung den Sprachstand tatsächlich zuverlässig wiedergegeben hat, läßt sich die Verwendung des Hochdeutschen wohl mit dem gehobenen Bildungsstand des Erbauers erklären. Ein weiterer Grund könnte sein, daß Bibelzitate eher in hochdeutscher Form angebracht wurden als frei formulierte Texte, die noch eher die Sprache der Auftraggeber repräsentierten. Dies zeigen die Inschriften am Haus Ölschlägern 13 von 1588 (Nr. 618). Hier steht ein rein hochdeutsches Bibelzitat neben einer rein niederdeutschen Stifterinschrift, die als einziges hochdeutsches Element die Initiale z – aufzulösen als z(u) – enthält. Was die für Hausinschriften relevante Übergangszeit vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen betrifft, lassen sich anhand des Braunschweiger Inschriftenmaterials kaum allgemeingültige Beobachtungen machen, da aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts nur 12 deutsche Hausinschriften mit nennenswertem Text vorliegen. Hier finden sich in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts noch niederdeutsche Elemente. Für die beiden nächsten – für die Sprachgeschichte der Hausinschriften entscheidenden – Jahrzehnte sind lediglich eine niederdeutsche und vier hochdeutsche Hausinschriften überliefert. Die Inschrift am Gildehaus der Schmiede von 1607 (Nr. 722) DUT IS DER SMEDE GILLHUS wurde möglicherweise in Anknüpfung an eine ältere Inschrift in Niederdeutsch angebracht. Aber auch auf einer Glocke aus der gleichen Zeit (Nr. 733) finden sich noch ein Bibelzitat mit überwiegend niederdeutschen Elementen und eine Meisterinschrift, in der MIR anstelle von ‘mich’ verwendet wurde. Letzteres dürfte darauf zurückgehen, daß der Dativ und der Akkusativ des Personalpronomens im Niederdeutschen zusammenfallen konnte. In ähnlicher Form nennt sich derselbe Gießer auch auf einem Mörser von 1608 (Nr. 725): HANS WILKEN GOS MI IN BRVNSWICK, in der der Ortsname ‘Braunschweig’ letztmalig in niederdeutscher Form erscheint. Die genannten Beispiele zeigen, daß sich vereinzelt niederdeutsche Bestandteile auch noch in den Inschriften aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts nachweisen lassen. Generell kann als Zeitgrenze aber auch in Braunschweig der Wechsel vom 16. zum 17. Jahrhundert angesehen werden.

Trotz des eher spärlichen Materials an Hausinschriften läßt sich auch in Braunschweig an den Grabinschriften und Hausinschriften ein Unterschied im Übergang vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen beobachten. Während das Hochdeutsche in die Grabinschriften schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts verstärkt Eingang findet und sich sehr schnell als vorherrschende Sprachform durchsetzt, weisen die Hausinschriften noch länger niederdeutsche Merkmale auf. Dies läßt auf verschiedene Verfasser der beiden Inschriftengruppen schließen und ist parallel zu setzen mit der Entwicklung im städtischen Schriftverkehr. Es ist verschiedentlich gezeigt worden, daß sich die Städte im überregionalen Schriftverkehr sehr viel früher der hochdeutschen Sprache bedienten als in den für den internen Gebrauch bestimmten Schriftstücken, in denen sich noch bis ins 17. Jahrhundert hinein niederdeutsche Sprachmerkmale finden.68) Der grundlegenden Untersuchung von Gabrielsson zufolge vollzog sich der Wechsel vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen im Unterricht der Braunschweiger Schreibschulen erst um den Wechsel vom 16. zum 17. Jahrhundert.69) Damit korrespondiert die längere Bewahrung niederdeutscher Elemente in den Hausinschriften, die wohl allgemein von den Erbauern der Häuser konzipiert, möglicherweise auch von den ausführenden Zimmerleuten vorgeschlagen wurden, ebenso wie in anderen Inschriften, beispielsweise den genannten Meisterinschriften des Gießers Hans Wilken (Nr. 725, 733). Für die [Druckseite XXXVII] Grabinschriften kann man davon ausgehen, daß sie von einem Personenkreis verfaßt wurden, der durch Studium und Beruf sehr früh mit dem überregional gebrauchten Hochdeutschen vertraut war wie Syndici, Schreiber, Pastoren und Lehrer. Daß sich dieser Personenkreis zum überwiegenden Teil nicht aus den eingesessenen Bürgern rekrutierte, sondern von außen in die Stadt geholt wurde, hat der Verwendung des Hochdeutschen sicher noch Vorschub geleistet. Treten diese Personen als Bauherren auf und lassen eine Inschrift an ihrem Haus anbringen, so ist diese zumeist in Latein verfaßt (vgl. Kap. 3. 3.). Umgekehrt ließe sich vermuten, daß die oben genannten vier Grabinschriften mit niederdeutschen Elementen aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts (Nr. 608, 622, 629, 652) auf Textentwürfe der Verstorbenen oder deren Familien zurückgehen.

4. Schriftformen

Schriftgeschichtlich bietet der Bestand der Braunschweiger Inschriften ab 1529 kaum Relevantes, zum einen aufgrund des hohen Anteils an kopial überlieferten Inschriften, zum anderen weil der überwiegende Teil der in Kapitalis oder Fraktur ausgeführten erhaltenen Inschriften gemalt ist. Anders als bei den Inschriften in Holz, Stein oder in Metall ist hier mit einer Verfälschung des ursprünglichen Schriftcharakters durch Überarbeitungen zu rechnen, so daß beispielsweise die in Fraktur gemalten Inschriften der Holzepitaphien über die bloße Schriftbestimmung hinaus wenig Aussagen zulassen.

Als Nachtrag zum ersten Braunschweiger Inschriftenband ist hier auf die in Stein gehauenen Inschriften der Graffiti im Dom in gotischer Majuskel und in gotischer Minuskel aus der Zeit um 1400 hinzuweisen (A3 Nr. 57A), bei denen es sich zum großen Teil um professionell ausgeführte Inschriften handelt. Die Inschrift eines Kelchs aus dem Jahr 1453 (A3 Nr. 136) ist in der auf Goldschmiedearbeiten häufig zu findenden gotischen Minuskel mit glatten breit ausgeführten Buchstaben vor schraffiertem Hintergrund ausgeführt; durch die auffällig große Ausführung der Buchstaben bedeckt die zweizeilig umlaufende Inschrift den gesamten Kelchfuß und wird damit zum vorherrschenden Schmuckelement. Ebenfalls nachzutragen ist die in gotischer Minuskel mit Versalien gravierte Inschrift einer Kupfertafel (A3 Nr. 269A), die in den Grundstein der Maria Magdalenen-Kapelle von 1499 eingelassen ist. Die zwischen vorgravierten Linien ausgeführte gotische Minuskel zeichnet sich durch gegabelte Ober- und Unterlängen und Verzierungen in Form von Schleifen und Zierhäkchen aus. Besonders kunstvoll ist der Buchstabe e gestaltet, bei dem an den abgeknickten oberen Bogenabschnitt eine Schleife angesetzt ist, die fast bis zur Grundlinie reicht und wieder bis zum oberen Bogenabschnitt zurückgeführt ist. Beim a ist der linke Teil des gebrochenen oberen Bogens zu einem geschwungenen Zierstrich reduziert, der zwischen den senkrechten Teilen der gebrochenen Bögen bis fast auf die Grundlinie geführt ist. Die Fahne des r besteht aus einem Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich. Die Versalien sind mit schlingen- und schleifenförmigen Verzierungen versehen. Zwei der J-Versalien weisen Dornen als Zierformen auf, in einem Fall am Schaft, im anderen an dem den Schaft begleitenden Zierstrich; der Schaft des letztgenannten Versals endet in einer Doppelschlinge.

Noch einmal ausführlicher behandelt werden soll hier die spezielle Ausführung der gotischen Minuskel in den Hausinschriften, da in der Einleitung zum ersten Band der Braunschweiger Inschriften der unzutreffende Eindruck entsteht, als handle es sich hierbei generell um die gitterartige Variante der frühen gotischen Minuskel, die lediglich durch Versalien aufgelockert wird. Dies trifft jedoch schon deshalb nur auf wenige Fälle zu, weil die aus kurzen Bauinschriften bestehenden Inschriften dieser Zeit zumeist in einzelnen Gruppen von zwei bis vier Buchstaben quer über die gesamte Breite der mit einem Treppenfries oder mit Laubstab verzierten Schwellbalken verteilt sind. Charakteristisch für die gotische Minuskel der frühen Hausinschriften des 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts ist vielmehr das Bemühen der Zimmerleute oder Bildhauer, jedem einzelnen Buchstaben durch plastische Gestaltung einen besonderen Schmuckcharakter zu verleihen – in der Kombination mit dem Laubstabornament werden die auf den Stab zwischen die Blätter verteilten Buchstaben Teil des Ornaments. Die Ausformung jedes einzelnen Buchstabens erreichte hier ihren Höhepunkt, der in dem Moment überschritten wurde, als man längere Texte an den Häusern anbrachte und naturgemäß der Ausführung der Einzelbuchstaben weniger Bedeutung zumaß. Die ältere und schlichtere Form dieser Inschriften sind die auf die einzelnen Felder eines Treppenfrieses verteilten Baudaten. Stellvertretend für andere Inschriften dieser Art können hier zwei Baudaten [Druckseite XXXVIII] an den Häusern Poststr. 10 (A3 Nr. 160) und Breite Straße 3 (A3 Nr. 161) aus dem Jahr 1467 genannt werden. Die Hastenbrechungen der gotischen Minuskel sind hier in beiden Fällen plastisch umgesetzt, indem die umgebrochenen oberen und unteren Hastenenden über bzw. unter die jeweilige Haste gelegt sind. Dies erfolgt jedoch auf unterschiedliche Art. Während die Hastenenden im einen Fall (A3 Nr. 160) in einer geschwungenen Linie weich umgelegt sind und die Hasten ansonsten flach gestaltet sind, weisen die Buchstaben im anderen Fall (A3 Nr. 161) deutliche Brechungen mit vor die Hasten gelegten Quadrangeln und hinter die Hasten gelegten oberen Bogenabschnitten auf; die Hasten selbst sind hier durch einen rechtsschräg verlaufenden Mittelgrad plastisch gestaltet. In derselben Weise sind die Buchstaben des Baudatums vom Haus Heydenstr. 2 (A3 Nr. 181) ausgeführt. Auch in Kombination mit dem Laubstabornament treten noch in dieser Weise plastisch gestaltete Schriften auf (A1 1531), die aufwendigen Blattornamente werden aber auch mit in ihrer Oberfläche glatten Buchstaben der gotischen Minuskel kombiniert (Nr. 421).

Eine Ausnahmestellung – schon durch die hier verwendete Schriftart der frühhumanistischen Kapitalis – nimmt die Inschrift vom Haus Wendenstr. 6 aus dem Jahr 1512 ein (A3 Nr. 349), deren Buchstabengruppen in oben rundbogig abgeschlossenen Feldern in einem Treppenfries stehen. Der Schmuckcharakter, den die Inschrift schon durch die Wahl der Schriftart erhält, wird noch durch weitere Elemente betont. Eine besondere Plastizität gewinnen die Buchstaben dadurch, daß ihre Hasten und Bögen jeweils einen den Verlauf der Schattenachse betonenden Grat aufweisen. Das A in A(N)NO hat einen durch die Schräghasten gesteckten, gebrochenen Balken, dessen Enden eingerollt sind; in gleicher Weise ist auch ein in das spitzovale O eingestelltes S-förmiges Zierelement gleichsam in die Bögen eingehängt. Die plastische Gestaltung geht bis in das kleinste Detail; den I sind im Wechsel kleine in der Mitte vertiefte Dreiecke mit ausgezogenen Spitzen und kleine in der Mitte vertiefte Kreise übergesetzt. Weitere Beispiele für frühhumanistische Kapitalis in Braunschweig finden sich auf drei Kelchen (A3 Nr. 277, 398A, 398B) und an dem Haus Neuestr. 5 (Nr. 458).

Die in dem jüngeren Braunschweiger Inschriftenbestand vorherrschende Schrift ist – wie bereits in Hannover – die Kapitalis. Daneben findet sich hier aber auch eine ganze Reihe von Inschriften, die in – zumeist gemalter – Fraktur ausgeführt sind. Vor allem in den Hausinschriften hält sich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts noch eine Spätform der gotischen Minuskel mit Versalien, die in gotischer Majuskel, frühhumanistischer Kapitalis oder Fraktur ausgeführt sind. Was die Kombination von Schriften auf demselben Inschriftenträger anlangt, so wurde am Haus Echternstr. 14/15 (Nr. 483) für die lateinische Versinschrift die Kapitalis gewählt, während die deutsche Prosaversion des Textes in gotischer Minuskel ausgeführt ist. Generell läßt sich anmerken, daß es sich bei den Frakturinschriften in der Regel um deutsche Texte handelt; der Umkehrschluß gilt jedoch nicht, da auch viele deutsche Inschriften in Kapitalis ausgeführt sind. Besonders interessant ist die Verwendung ganz unterschiedlicher Schriftarten auf einem Epitaph mit gemalten Inschriften aus dem Jahr 1583 (Nr. 588). Die deutsche Prosagrabschrift ist in einer Fraktur mit teilweise sehr aufwendig gestalteten Frakturversalien ausgeführt, für die lateinischen Bestandteile dieses Textes wurde jedoch die Kapitalis verwendet. Ebenso fand die Kapitalis Verwendung für eine lateinische Versinschrift und für ein deutsches Bibelzitat, bei dem man allerdings eher eine Fraktur als die passende Schriftart erwartet hätte. Besonders eigenwillig ist die für die lateinische Versinschrift ausgewählte Mischschrift, die Merkmale der humanistischen Minuskel und der Fraktur in sich vereint, und mit Kapitalisversalien kombiniert ist. Die Hervorhebung einzelner zumeist lateinisch geprägter Wörter innerhalb von deutschen Frakturinschriften durch Verwendung von Kapitalis kommt vor allem in den jüngeren gemalten Inschriften des Braunschweiger Bestandes häufiger vor. Umgekehrt ist in der in Kapitalis ausgeführten lateinischen Grabschrift auf dem Epitaph des Wilhelm von der Ow (Nr. 741) der deutsche Name zweimal in Fraktur ausgeführt.

Etwa gleichzeitig mit der Fraktur gewinnt um die Mitte des 16. Jahrhunderts auch die Renaissancekapitalis für die Braunschweiger Inschriften an Bedeutung und entwickelt sich innerhalb kurzer Zeit zur vorherrschenden Schrift. Die Braunschweiger Kapitalisinschriften orientieren sich in der Regel nicht an den klassischen Proportionen, sondern weisen eher hohe schlanke Buchstaben auf. Dies gilt mit Ausnahme des Epitaphs des Joachim Jordan (Nr. 880) auch für die in Messingtafeln gravierten Inschriften wie das Epitaph des Johann Doring (Nr. 562). Klassische Einflüsse läßt am ehesten die eingehauene Inschrift auf der Grabplatte des Heinrich Lampe von 1583 (Nr. 587) erkennen, die M mit geraden Hasten und bis auf die Grundlinie reichendem Mittelteil und ein breiteres Konstruktionsprinzip als andere Kapitalisinschriften dieser Zeit aufweist. Im 16. Jahrhundert und auch überwiegend noch in der Zeit bis 1671 wird der [Druckseite XXXIX] Buchstabe M mit geraden oder schrägen Hasten und bis zur Mittellinie reichendem Mittelteil ausgeführt. Erste Beispiele für M mit einem bis zur Grundlinie reichenden Mittelteil finden sich seit dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts (Nr. 842; Nr. 892; Nr. 1177). Ein Wechsel von U- und V-Schreibung für vokalisches u läßt sich am Original erstmals 1616 (Nr. 746) nachweisen, durchgängig wird U erstmals auf einem Epitaph von 1622 verwendet (Nr. 775). Generell überwiegt aber im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts noch die V-Schreibung. Erst um die Jahrhundertmitte setzt sich U-Schreibung durch, daneben gibt es aber auch immer noch V für vokalisches u (Nr. 936, 965, 1006). Die in Renaissance-Kapitalis ausgeführten Steininschriften des 16. Jahrhunderts sind zum größten Teil erhaben gehauen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts mehren sich die eingehauenen Inschriften; seit dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts sind die im Original erhaltenen Steininschriften in Kapitalis ausnahmslos eingehauen.

Abschließend soll hier noch auf die Schriftbesonderheiten der in Braunschweig lediglich mit zwei im Original erhaltenen Stücken vertretenen Werkstatt Ebert Wolfs d. J. hingewiesen werden. Auf der Grabplatte des Ludolph Schrader (Nr. 624) führte Wolf eine erhabene Kapitalis aus. Es handelt sich dabei um eine schlanke rechtsgeneigte Kapitalis mit ausgeprägten Sporen an den Hastenenden. Besonderes Kennzeichen dieser Schrift sind an den Bogenenden von S und C ansetzende Häkchen, die nach links zurückgebogen sind und über die vertiefte Zeile hinausgreifen. Die erhabene Fraktur auf dem Epitaph des Fritze von der Schulenburg (Nr. 629) ist typisch für die Wolfsche Werkstatt. Sie wurde in voller Ausprägung schon von Ebert Wolf d. Ä. verwendet und dann offensichtlich von seinem Sohn übernommen (vgl. dazu Nr. 629). Ein besonders auffälliges Merkmal dieser Schrift sind neben der aufwendigen Gestaltung von Frakturversalien die kleinen dreieckigen Ausbuchtungen links an der Schaftmitte von b, h und l. Von den Inschriften seines Vaters unterscheidet sich Ebert Wolf d. J. bei dieser Inschrift in der Gestaltung der Unterlänge des g, die hier immer eingerollt ist.

Zitationshinweis:

DI 56, Stadt Braunschweig II, Einleitung (Sabine Wehking), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di056g009e007.

  1. Eine Kopie dieser Kartei befindet sich in der AdW Göttingen, Arbeitsstelle der Inschriftenkommission. »
  2. Im ersten Band der Braunschweiger Inschriften sind die alten Häusernummern mit ‘Ass.’ für ‘Assekuranznummer’ bezeichnet. Da die Nummern jedoch viel älter sind als das Versicherungswesen, ist hier die von Beck (Sammlung Sack, Nr. 90) in seinem Verzeichnis der Häuser verwendete Bezeichnung ‘Nro.’ übernommen worden. »
  3. Nr. 522, 538, 574, 784, 847, 950, 1005, 1055, 1064»
  4. Nr. 752, 789, 842, 884, 921, 960, 1117, 1124, 1158, 1176»
  5. Seines Alters in der Bedeutung von ‘im .. Lebensjahr’: u. a. Nr. 848, 962, 968, 1032; in der Bedeutung von ‘im Alter von ..’: u. a. Nr. 841, 1043, 1064, 1072, 1179»
  6. Vgl. u. a. Nr. 1079, 1151, 1153»
  7. Vgl. Spieß, Geschichte, S. 588. »
  8. Bei der Anlegung des Sachregisters wurde bewußt auf die Stichworte ‘Ratsherr’ und ‘Bürgermeister’ verzichtet, weil die Zahl der in den Inschriften enthaltenen Belege zu groß gewesen wäre. »
  9. Spieß,  Ratsherren, passim; Spieß, Geschichte, S. 523–529. »
  10. Der Gesellschaft von 1569 gehörten die folgenden Familien an, die sich oft auch in den Inschriften nennen: Adenstedt, Bode, Breyer, Broitzem, Broke, Damm, Doring, Engelnstedt, Glümer, Horn, Huddessem, Kale, Kogel, v. d. Leine, Lucke, Nieding, Ohmann, Pawel, Peine, Pralle, Scheppenstedt, Schipphauer, Segemeier, Sesen, Strombeck, Vechelde, Velstedt, Volmerot, Walbeck, Westphal. Vgl. Spieß, Geschichte, S. 476. Mit dem Zusammenschluß von 1569 dokumentieren die Geschlechter bereits ein Bewußtsein dafür, wie sehr ihre gesellschaftliche Stellung gefährdet war. Dennoch behielten diese Familien bis zum Ende des hier behandelten Zeitraums einen nicht unbedeutenden Einfluß innerhalb der Stadt. »
  11. Die in dem Kirchenfenster von St. Blasii aus dem Jahr 1558 (Nr. 486) mit ihren Wappen dargestellten Familien bieten eine Reihe repräsentativer Namen des ersten und zweiten Standes. »
  12. Spieß, Geschichte, S. 470. »
  13. Es handelte sich u. a. um die Familien Boeling, Steinhausen und Geitel (Beckenwerker), sowie um die Familien Brandes, Moller, Remmers und Kammann (Goldschmiede), die auch verschiedentlich in diesem Inschriftenbestand vertreten sind (vgl. Register 2.). Spieß, Geschichte, S. 487f. »
  14. Hierbei handelte es sich um die Adelsgeschlechter Bortfeld, Mahrenholtz, Saldern, Schulenburg, Steinberg und Veltheim. »
  15. Spieß, Stadtgeschichte, bes. S. 19–227. »
  16. Vgl. dessen Epitaph an der Nikolaikapelle in Hannover, DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 70»
  17. Zu Lampes Tätigkeit vgl. Spieß, Geschichte, S. 53–56. »
  18. Spieß, Geschichte, S. 58ff. »
  19. Spieß, Ratsherren, S. 36f. »
  20. Vgl. Register 1. Standorte. Auf den Zufall der Überlieferung geht diese Ungleichgewichtung nicht zurück, da mit der Sammlung Sack für alle Kirchen eine einigermaßen vollständige kopiale Überlieferung vorliegt. »
  21. Spieß, Geschichte, S. 81–84. »
  22. Neben den genannten Programmen vgl. zwei Porträts (Nr. 522, 612), eine Wappenglasscheibe (Nr. 558), sein Epitaph (Nr. 574), die Messingtafel von seiner Grabplatte (Nr. 604). »
  23. Spieß, Geschichte, S. 76–80. »
  24. Spieß, Geschichte, S. 84–88. »
  25. Spieß, Geschichte, S. 98–101. »
  26. Spieß, Geschichte, S. 130f. Die Fernkaufleute Pralle und Bühring waren bereits seit längerer Zeit Mitglieder des Altstädter Rats und verfügten somit bereits über politische Erfahrung. Aus ihrer weniger vornehmen Herkunft abzuleiten, daß es ihnen an politischem Fingerspitzengefühl gemangelt habe, wie Spieß es tut, erscheint äußerst fragwürdig. »
  27. Spieß, Geschichte, S. 132–137. »
  28. Spieß, Ratsherren, S. 38f. Spieß neigt mit seiner Vorliebe für die alten Familien zu einer Überbewertung dieser Vorgänge. Die eigentliche – in Braunschweig wie auch anderswo – sehr langsam verlaufende Entwicklung, durch die neue Kräfte allmählich die alten Familien aus der Stadtherrschaft verdrängten, gerät ihm dadurch ein wenig aus dem Blick. Zu den Geschehnissen in Braunschweig um 1600 vgl. a. die objektivere Darstellung von Christof Römer, Die Krise um Brabandt und Dohausen und das Verlöschen revolutionärer Potentiale im 17. Jahrhundert. In: Schicht – Protest – Revolution in Braunschweig 1292 bis 1947/48, hg. v. Birgit Pollmann, Braunschweig 1995 (Braunschweiger Werkstücke Reihe A Bd. 37, Gesamtreihe Bd. 89), S. 67–73. »
  29. Spieß, Ratsherren, S. 41–46. »
  30. Spieß, Geschichte, S. 175–181. »
  31. Spieß, Geschichte, S. 184–194. »
  32. Spieß, Geschichte, S. 203f. »
  33. Spieß, Geschichte, S. 204f. »
  34. Spieß, Geschichte, S. 216–226. »
  35. Eine präzise Zahl läßt sich nicht ermitteln, weil es unter den zahlreich erhaltenen Glasscheiben viele Stücke gibt, deren Provenienz sich nicht mehr feststellen läßt und die daher in dieser Zahl nicht berücksichtigt worden sind. »
  36. Vgl. u. a. DI 36 (Stadt Hannover), S. XVI, u. DI 46 (Stadt Minden), S. XIX»
  37. Es handelt sich um Nr. 481, 493, 531, 548, 588, 593, 604, 671, 775, 786, 878, 970, 972 (ganzes Epitaph), 1177. Vgl. hierzu bes. Jühnke, Zerstörte Kunst, passim. »
  38. DI 35 (Stadt Braunschweig 1), S. XXXVIIIf. »
  39. Zu Anton August Beck und seiner Tätigkeit vgl. Spies, Bild einer Stadt, S. 31–36. »
  40. Philipp Julius Rehtmeyer, Der berühmten Stadt Braunschweig Kirchen-Historie. 4 Teile in Bd. 1, Braunschweig 1707–1715; Teil 5: Beylagen auf die Supplementa, Braunschweig 1720. »
  41. Landesbibliothek Hannover, Oy - H V,42. »
  42. Nr. 449, 451, 490, 525, 554, 646, 670, 672»
  43. Wilhelm Jesse, Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis zum Jahre 1650. In: Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft Bd. I,1, 1949, S. 137–144. Dietrich Mack, Mittelalterliche Inschriften der Stadt Braunschweig als historische Quelle. In: Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 4, 1952, S. 196–227. »
  44. Hans Adolf Schultz, Die Grabmale in Braunschweiger Kirchen. In: Braunschweigische Heimat 48, 1962, S. 106–110 (Dom); 49, 1963, S. 1–8 (St. Martini), S. 38–42 (St. Katharinen), S. 75–83 (Brüdernkirche). »
  45. C. St., Alte Bürgerhäuser und Häuserinschriften in der Stadt Braunschweig. In: Braunschweigische Anzeigen vom 31. Mai 1897. Rudolf Fricke, Haussprüche und Inschriften Alt–Braunschweigs, in: Braunschweigische Heimat 57, 1971, S. 40–48. W. J., Von alten Hausinschriften. In: Braunschweiger Landeszeitung vom 23. 12. 1912. W. J., Von alten Hausinschriften. In: Braunschweiger Landeszeitung vom 23. 12. 1912. Heinrich Edel, Die Fachwerkhäuser der Stadt Braunschweig. Braunschweig 1928. »
  46. Rudolf Fricke, Das Bürgerhaus in Braunschweig, Tübingen 1975 (Das deutsche Bürgerhaus, Bd. 20). Die Zeichnungen, die als Vorarbeiten zu diesem Buch entstanden, befinden sich im Städtischen Museum Braunschweig. »
  47. Generell sei hier zu den Künstlern angemerkt, daß die von Paul Jonas Meier in seinen Arbeiten getroffenen Zuschreibungen Braunschweiger Werke an bestimmte Künstler nur in den seltensten Fällen in die Katalogartikel übernommen worden sind, da die meisten Zuschreibungen Meiers äußerst willkürlich erscheinen und einer dringenden Überarbeitung bedürften, die jedoch in diesem Rahmen nicht geleistet werden kann. »
  48. Nr. 462, 466, 476, 489, 531»
  49. Nr. 908, 917, 924, 1047, 1052, 1086, 1126»
  50. Nr. 770, 774, 807, 808, 824, 825, 864, 989 (Schwan); Nr. 880, 1034 (Buno). »
  51. Nr. 528, 547, 846, 852, 750, 765?. »
  52. Nr. 520, 522, 528, 529, 535, 538, 544, 547 (Epitaph), 550, 553, 557, 589»
  53. Nr. 588, 597, 621, 648, 650, 656, 660, 663, 675, 711»
  54. Nr. 587, 611, 620, 648, 650, 660, 675, 711, 749, 759, 766, 768»
  55. Vgl. DI 32 (Einbeck), Nr. 92, 96–98. »
  56. Die Terminologie folgt dem im Band DI 36 (Stadt Hannover), S. XXIIIXXIV, Dargelegten. Die Grabplatte steht immer in enger Beziehung zum Begräbnisort und diente zur Abdeckung des Grabes. Das Epitaph ist dagegen ebenso wie der Totenschild nicht an den Begräbnisplatz gebunden und wird häufig zusätzlich zur Grabplatte errichtet. »
  57. Sammlung Sack, Nr. 135, p. 4. »
  58. DI 28 (Hameln), DI 36 (Stadt Hannover), DI 45 (Goslar). »
  59. Zu en Fachwerkhäusern und zum Formular der vorreformatorischen Hausinschriften in Braunschweig vgl. DI 35 (Stadt Braunschweig 1), S. XLXLII u. S. XLVIXLIX»
  60. Am Fall der älteren Braunschweiger Hausinschriften zeigt sich auch, daß eine generell in einen Anhang verschobene unkommentierteWiedergabe von Jahreszahlen nicht immer sinnvoll ist, da auch die Ziffern eines Baudatums epigraphisch von Bedeutung sein können, wenn sie so kunstvoll ausgeführt sind wie in Braunschweig. »
  61. DI 35 (Stadt Braunschweig 1), Nr. 361 u. 363»
  62. Inschriftensammlung Hildesheim, AdW Göttingen, Arbeitsstelle der Inschriftenkommission. »
  63. Um den Gründen für diesen interessanten Umstand auf die Spur zu kommen, bedürfte es einer genauen flächendeckenden Untersuchung über die Bautätigkeit in Braunschweig im 16. und 17. Jahrhundert. Die Vorussetzungen dazu wären dank den in der Sammlung Sack, Nr. 80, und im Steinackerschen Häuserkatalog verzeichneten Baudaten der Häuser gegeben, die Arbeit kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht geleistet werden. »
  64. Spieß, Geschichte, S. 344. Fuhse, Handwerksaltertümer, S. 344. »
  65. Fuhse, ebd. »
  66. DI 36 (Stadt Hannover), S. XXVIf. »
  67. Vgl. ebd., S. XXVII. »
  68. Vgl. u. a. Hans Teske, Das Eindringen der hochdeutschen Schriftsprache in Lüneburg. Halle 1927. Dieter Möhn, Deutsche Stadt und Niederdeutsche Sprache. In: Niederdeutsches Jahrbuch 96, 1973, S. 111–126. Christian Fischer, Die Stadtsprache von Soest im 16. und 17. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 1998 (Niederdeutsche Studien 43). »
  69. Artur Gabrielsson, Das Eindringen der hochdeutschen Sprache in die Schulen Norddeutschlands im 16. und 17. Jahrhundert, in: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 58/59, 1932/33, S. 1–79, hier bes. S. 44–50. Gabrielsson (S. 47f.) vermerkt: „Die Unterrichtssprache aber bleibt bis gegen Ende des Jahrhunderts niederdeutsch und es ist bezeichnend für die besonderen Verhältnisse in Braunschweig, daß auch jetzt der Anstoß zu endgültigen Aufnahme des Hochdeutschen nicht etwa vom Rat oder von den Lehrern, sondern von der Geistlichkeit ausgeht.“ »