Die Inschriften der Stadt Bonn

4. Inschriften und Inschriftenträger

4.1. Inschriften des Totengedenkens

4.1.1. Überlieferung und Gestaltung der Grabdenkmäler

Von den 490 im Katalog behandelten Inschriftenträgern tragen 325, also zwei Drittel, Inschriften des Totengedenkens.72) Diese hohe Zahl ist allerdings nicht auf eine gleichmäßig intensive Überlieferung über die Jahrhunderte hinweg zurückzuführen, sondern auf eine außerordentlich starke Zunahme des [Druckseite XXI] Bestandes im 17. Jahrhundert. Eine Übersicht über die zeitliche Verteilung der Träger mit Inschriften des Totengedenkens ergibt folgendes Bild:

Zeitraum (Jh.) 10.–12. 13. 14. 15. 16. 17.
Anzahl der Träger 22 1 4 9 14 266

Innerhalb des 17. Jahrhunderts läßt sich wiederum ein deutliches Anwachsen der Überlieferung in der zweiten Jahrhunderthälfte feststellen:

Zeitraum 1601–1650 1651–1689 unsicher datiert
Anzahl der Träger 64 146 56

Diese extreme Schwerpunktbildung erklärt sich aus einer erheblichen Erweiterung des Auftraggeberkreises für Inschriften des Totengedenkens im 17. Jahrhundert. Wurden Grabdenkmäler und Gedenksteine aus dauerhaftem Material (Stein oder Metall) bis dahin nur für den Klerus, den Adel und wohlhabende Bürger angefertigt, so war es seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert und zunehmend im Laufe des 17. Jahrhunderts auch weniger begüterten Bürgern und sogar der ländlichen Bevölkerung der umliegenden (heute eingemeindeten) Dörfer möglich, die Erinnerung an die Verstorbenen durch steinerne Monumente, im allgemeinen Grabkreuze, zu sichern.

Die hauptsächliche Aufgabe der Grab- und Memorialinschriften besteht in der Sicherung des Totengedenkens. Bis zur Reformation und in katholischen Gebieten auch darüber hinaus wurde das Gebet der Lebenden für die Verstorbenen als bedeutsam betrachtet für deren Aussichten, das ewige Leben zu erlangen. Inschriften des Totengedenkens sind daher nicht nur an den eigentlichen Grabdenkmälern angebracht, die den Bestattungsort kennzeichnen, also auf Grabplatten, Grabkreuzen, Grabsteinen; sie befinden sich vielmehr auch an davon unabhängigen Trägern im kirchlichen Bereich, etwa Gedenksteinen, Epitaphien oder (leeren) Tumben. Den Augen der Lebenden entzogen sind Inschriften auf Bleitafeln, die zum Verstorbenen in den Sarg gelegt wurden.

Nur selten beinhalten die Inschriften eine ausdrückliche Grabbezeugung.73) Im allgemeinen sind es die Gestaltung und der Anbringungsort des Trägers, die seine Inschrift als Grabschrift im eigentlichen Sinne ausweisen. Eindeutig feststellbar ist dies etwa bei Grabkreuzen und körper- oder sogar überkörpergroßen Grabplatten mit Abnutzungsspuren. Da sich aber nur vier (!) der 325 Träger mit Inschriften des Totengedenkens in Bonn heute noch am ursprünglichen Anbringungsort befinden,74) ergeben sich in manchen Fällen Fragen zur eigentlichen Funktion der Denkmäler.

Am Beginn der Bonner Überlieferung steht das verlorene Grabdenkmal für die Ende des 10. Jahrhunderts verstorbenen Gründer des Kanonissenstiftes Vilich, Megingoz und Gerberga (Nr. 1). Über dessen Errichtung als Hochgrab und spätere Umgestaltung zum Bogengrab läßt sich anhand der Überlieferung allerdings lediglich spekulieren. Jedenfalls kann man davon ausgehen, daß die Grabstätte der hochverehrten Stiftsgründer aufwendig gestaltet war und darin der inhaltlich und sprachlich herausragenden Inschrift entsprach.75)

Aus hochmittelalterlicher Zeit ist eine Reihe von querformatigen Steinplatten mit zeilenweise angeordneten Inschriften überliefert.76) Eine dieser Platten wurde wohl im 12. Jahrhundert für einen Goldschmied Heinrich angefertigt und befand sich der Grabbezeugung in ihrer Inschrift zufolge unzweifelhaft am Grab selbst, ist also als Grabplatte oder Grabstein anzusprechen (Nr. 23). Der zeichnerischen Wiedergabe der heute verlorenen, aus dem Münster stammenden Platte nach war in ihre Oberfläche ein Kreuz großflächig eingraviert, das aber nicht – wie bei den sog. Memoriensteinen – als Schriftfeld diente. Vielmehr war die Inschrift ober- und unterhalb des Längsbalkens auf dem Stein angebracht, wobei sie den Querbalken des Kreuzes durchschnitt. Eine nur durch einen profilierten [Druckseite XXII] Rahmen ornamentierte, ebenfalls im Münster aufgefundene Platte wohl aus dem 11., vielleicht sogar aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ist nur fragmentarisch erhalten (Nr. 11). Daß es sich dabei um eine Grabplatte oder einen Gedenkstein handelte, läßt sich anhand der wenigen verständlichen Textbruchstücke nur vermuten. Der mehrzeilige, zwischen doppelten Linien eingehauene Text nimmt die ganze Oberfläche des Steins in Anspruch. Bemerkenswert ist ein wohl der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zuzuordnender Stein aus Dottendorf mit einer in Zeilen angeordneten Memorialinschrift für eine Gerlint (Nr. 14). Der breite Rand ist auffällig, aber etwas grob mit Doppelschlingen zwischen Blattfächern in Flachrelief ornamentiert. Dem Schmuck dient hier in ausgeprägter Weise auch die Schrift mit einer Vielzahl von Formen und stark variierender Buchstabengröße. In Ermangelung eindeutiger Hinweise ist auch in diesem Fall fraglich, ob wir es mit einer Grabplatte bzw. einem Grabstein oder mit einem Gedenkstein zu tun haben. In die Gruppe der querrechteckigen Steinplatten mit zeilenweise angeordneten Inschriften gehören schließlich zwei Inschriftenträger, die zum Gedenken an die herausragende Persönlichkeit des Cassiusstiftes im 12. Jahrhundert, Propst Gerhard von Are, angefertigt wurden (Nrn. 17, 20). Die noch erhaltene Platte (Nr. 17) besticht durch die sorgfältige Ausführung der zwischen Linien eingehauenen Schrift. Ob dies auch für die andere Memorialinschrift galt, ist nicht feststellbar, da sie lediglich kopial bzw. in Abzeichnung überliefert ist. In der Tradition dieser hochmittelalterlichen Steine stehen zwei Gedenksteine des 14. bzw. 15. Jahrhunderts (Nrn. 35, 45). Auch sie tragen – nun allerdings in gotischer Minuskel – mehrzeilige Memorialinschriften, die die ganze Oberfläche des Steins beanspruchen. In Form und Schriftanordnung vergleichbar ist die Bleitafel aus dem Sarg Gerhards von Are (Nr. 18), die aber – ihrem Aufbewahrungsort entsprechend – deutlich kleiner und deren Schrift, wohl auch durch die Oberflächenbeschaffenheit des Materials bedingt, weniger dekorativ ist.

Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert fanden mehrere Kölner Erzbischöfe ihre letzte Ruhe im Bonner Münster. Engelbert II. von Falkenburg († 1274), Siegfried von Westerburg († 1297), Heinrich von Virneburg († 1332)77) und Ruprecht von der Pfalz († 1480) wurden in schlichten Särgen in Grüften beigesetzt78) und erhielten ein Grabdenkmal in Form einer steinernen Tumba79) im Kircheninnenraum. Die beiden erhaltenen Tumbendeckplatten tragen Inschriften, die am Kopfende beginnen, an einer Langseite weitergeführt werden und an der unteren Schmalseite enden. Daraus ergibt sich, daß die Tumben – wie es bei der Tumba Ruprechts von der Pfalz heute noch der Fall ist – mit der unbeschrifteten Langseite vor einer Wand aufgestellt waren. Dasselbe gilt im übrigen für die Tumba des Propstes Gerhard von Are (Nr. 19, † 1169) und ist auch für die Tumben Siegfrieds von Westerburg und Heinrichs von Virneburg anzunehmen. Wie in vielen Fällen, so wurden auch im Bonner Münster die Tumben mit einer Ausnahme im Laufe der Jahrhunderte abgebrochen. Während aber andernorts die Figurendeckplatten erhalten blieben und senkrecht an der Wand aufgestellt wurden, geschah dies in Bonn nur mit der Deckplatte der Tumba Engelberts von Falkenburg.

Für weniger bedeutende Verstorbene wurden schlichtere Formen des Grabdenkmals gewählt, vor allem Grabplatten, die ein Grab (im allgemeinen in der Kirche) flach abdeckten. Insgesamt 38 Grabplatten mit ganz oder teilweise noch lesbaren Inschriften sind im heutigen Bonner Stadtgebiet überliefert. Man muß ganz ohne Zweifel mit sehr erheblichen Verlusten an Grabplatten rechnen, die aus dem Vergleich mit der archivalischen Überlieferung über Bestattungen in Kirchen ersichtlich werden.80) Die Platten waren in den Fußboden verschiedener Kirchen eingelassen, befinden sich aber heute ausnahmslos nicht mehr am ursprünglichen Standort, sondern wurden im Zuge von Umbauarbeiten im 19. oder 20. Jahrhundert entfernt und innen oder außen an den Wänden der jeweiligen Kirche oder, soweit vorhanden, im Kreuzgang aufgestellt. Mehrere Grabplattenfragmente kamen bei Bauarbeiten oder Grabungen im Bereich untergegangener Kirchen zutage.81) Eine größere Anzahl von Grabplatten ist heute in den Boden und die Mauern des Münsterkreuzgangs eingefügt. Richard Pick schreibt 1869: „Die jetzt als Platten für den Fußboden des Kreuzganges benutzten, zum Theil fragmentierten Grabsteine, 64 an der Zahl, lagen vormals im Münster, und wurden hieraus bei der neuen Beplattung vor etwa zehn Jahren entfernt.“82) Bereits für Pick waren ihre Inschriften allerdings „größtentheils ausgetreten und unleserlich“, und tatsächlich können lediglich die Inschriften von zwei der heute auf dem Boden befindlichen Grabplatten in sehr fragmentarischer Lesung geboten werden (Nrn. 53, 59). In besserem Zustand befinden sich die an den Wänden angebrachten Platten.

[Druckseite XXIII] Zwölf von ihnen entstanden im Bearbeitungszeitraum.83) Sie erinnern ganz überwiegend an Stiftsmitglieder oder mit dem Stift verbundene Geistliche, doch befinden sich darunter auch die Grabplatten für den Deutschordenskomtur Johann von Reuschenberg (Nr. 108, † 1610) und für den Juristen Gottfried Lommessem (Nr. 208, † 1648). Bei den umfangreichen Grabungen im östlichen Bereich der Münsterkirche wurden 1928/29 zahlreiche Gräber aufgefunden, darunter Kanonikergräber in der Krypta (mit einer Ausnahme in deren Ostteil) sowie in der Nord- und der Armseelenkapelle.84) Auch im Ostflügel des Kreuzgangs stieß man bei Bauarbeiten auf Gräber.85) Diese mittelalterlichen und neuzeitlichen Gräber dürften mit Grabplatten abgedeckt gewesen sein, die dann im Zuge von Umbauarbeiten von der Grabstätte entfernt wurden. Grabplatten sind auch aus dem Bereich der Dietkirche (Nrn. 37, 51), der alten Remigiuskirche (Nr. 392), der Minoritenkirche (heute St. Remigius),86) den Kirchen in Küdinghoven (Nr. 421), Lessenich (Nrn. 138, 162), Oberkassel (Nr. 382) und der Klosterkirche in Graurheindorf (Nr. 314) und den Stiftskirchen in Schwarzrheindorf87) und Vilich88) erhalten bzw. überliefert. Ihre Lage auf dem Kirchenboden hat in vielen Fällen zu einer erheblichen Abnutzung der Oberfläche und damit zu Schriftverlusten geführt.

Die ältesten überlieferten Grabplatten entstanden Ende des 14. Jahrhunderts,89) einige weitere im 15.90) oder 16. Jahrhundert,91) doch liegt auch hier der Schwerpunkt der Überlieferung im 17. Jahrhundert. Als Material wurde (bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts) am häufigsten Trachyt verwendet, daneben aber auch Schiefer,92) Basaltlava,93) Kalkstein (Nrn. 231, 322) oder Latit bzw. Andesit.94) Nur einmal ist die Verarbeitung von Sandstein, in diesem Falle von Rotsandstein, belegt (Nr. 51), der im Bonner Material insgesamt kaum eine Rolle spielt. Bis weit ins 17. Jahrhundert hinein wurde die Grabinschrift am Rand zwischen Linien umlaufend angebracht. Erst eine Grabplatte von 1624 (Nr. 141) trägt – wie die ganz überwiegende Zahl von Grabplatten der Folgezeit – eine zeilenweise im Mittelfeld angeordnete Inschrift. Der Vorteil dieser Disposition liegt auf der Hand: Das größere Schriftfeld bietet der im 17. Jahrhundert feststellbaren Vorliebe für ausführliche Texte mehr Raum.95) Neben der Grabinschrift trugen die Grabplatten ornamentale, heraldische und bildliche Darstellungen. Figürliche Darstellungen des Verstorbenen finden sich nur auf zwei der älteren Platten des späten 14. bzw. des 15. Jahrhunderts (Nrn. 36, 56), wobei in beiden Fällen einzelne Teile der jeweiligen Figur als Einlegearbeit gefertigt waren. Mehrere Grabplatten tragen Kelch und Hostie im Mittelfeld als Zeichen der priesterlichen Würde des Verstorbenen.96) Beliebt war im 16. und 17. Jahrhundert vor allem die Präsentation des Familienwappens im Mittelfeld. Das meist durch ein Medaillon oder eine Kartusche eingefaßte Wappen wurde somit zum optischen Anziehungspunkt. Die Grabplatten der Vilicher und Schwarzrheindorfer Stiftsdamen, die vor ihrer Aufnahme in den Konvent zum Nachweis ihrer adeligen Herkunft eine Aufschwörung vorlegen mußten, tragen in den Ecken oder an den Langseiten der Grabplatte eine Ahnenprobe.97) Diese ist auf vier Wappen (Vater, Mutter, beide Großmütter) beschränkt, lediglich die Grabplatte für die Schwarzrheindorfer Äbtissin Magdalena von Brempt (Nr. 231) trägt 16 Ahnenwappen. Vergänglichkeitssymbole fehlen noch auf den Grabplatten des 16. Jahrhunderts, werden aber im Laufe des 17. Jahrhunderts beliebt: Totenschädel mit gekreuzten Knochen,98) Sanduhr,99) gekreuzte Fackeln (Nr. 160) und Ölkännchen (Nrn. 161, 231). Insgesamt wird die Ornamentik der Grabplatten im 17. Jahrhundert reichhaltiger: Vorhangartig geraffte Stoffbahnen rahmen Kartuschen und Schriftfelder ein,100) Roll-, Knorpel- und Beschlagwerk,101) geflügelte Engelsköpfe102) und Fratzen (Nr. 208) füllen [Druckseite XXIV] die freien Flächen des Mittelfeldes. Heraldische, ornamentale und figürliche Elemente drängen schließlich in nicht wenigen Fällen die Grabinschrift optisch in den Hintergrund, die auf den schlichteren Platten des 14. bis 16. Jahrhunderts noch den Gesamteindruck bestimmt hatte.

Ebenfalls im Kircheninnenraum befinden sich Epitaphien, die im Unterschied zur Grabplatte nicht der Markierung der Grabstätte, sondern – unabhängig vom Begräbnisplatz – der Sicherung des Totengedenkens dienen. Die Trennung des Epitaphs vom Grab schafft einen breiten Spielraum für seine Größe, Material und Gestaltung. Während die meist senkrecht an der Kircheninnenwand angebrachten Epitaphien vielerorts eine zahlenmäßig bedeutende Trägergruppe ausmachen, sind für Bonn nur vier Stücke aus dem Münster überliefert, von denen drei erhalten sind.103) Die Zahl an Epitaphien im Münster und in anderen Bonner Kirchen mag ursprünglich viel höher gewesen und ihr Verlust auf die Zerstörungen im 16. und 17. Jahrhundert zurückzuführen sein. Allerdings findet auch in der kopialen Überlieferung lediglich ein Epitaph Erwähnung, nämlich das für den Propst des Cassiusstiftes Jakob von Croy († 1516, Nr. 63), so daß letztendlich über den tatsächlich einmal vorhandenen Bestand keinerlei zuverlässige Aussagen gemacht werden können. Über das Epitaph für Croy wissen wir nur, daß es (z. T.?) aus einer Metallplatte mit einer Inschrift bestand. Metallepitaphien, die aus einer bildlichen Darstellung und einer Tafel mit Inschrift zusammengesetzt waren, sind für das 15. und 16. Jahrhundert vielfach überliefert.104) Die erhaltenen Epitaphien wurden für Kanoniker des Cassiusstiftes bzw. für ihre Familie angefertigt. Das Epitaph für die Familie Grewel, das über der Inschrift Christus als Salvator und vor ihm kniend den betenden Stifter zeigt, wurde aus dem recht preiswerten „Steinersatz“ Stuck hergestellt (Nr. 143). Die beiden anderen Epitaphien haben im Zentrum ein in Öl gemaltes Porträt des Verstorbenen. Ihre Rahmung jedoch ist in einem Fall aus Holz gefertigt und schlicht gestaltet (Nr. 211, Epitaph für Servatius Eick), im anderen aus kostbarem Marmor gearbeitet und aufwendig ausgestattet (Nr. 241, Epitaph für Reiner Rham).

Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert wurden für den begüterten städtischen und dörflichen Mittelstand steinerne Grabkreuze errichtet, die das Grab auf dem Friedhof dauerhaft kennzeichneten. 244 Grabkreuze aus dem Bearbeitungszeitraum lassen sich heute noch feststellen, überwiegend in den Ortsteilen am Rande des heutigen Stadtgebietes: in Dottendorf (37)105), Kessenich (8)106), Küdinghoven (11)107), Lengsdorf (9)108), Muffendorf (12), Oberkassel (37), Plittersdorf (9)109), Rüngsdorf (23)110) und vor allem in Vilich (68)111). In diesen Dörfern blieben die Kirchhöfe über Jahrhunderte hinweg ungestört bestehen, bis – meist im Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen im 19. und 20. Jahrhundert – die Grabkreuze an bestimmten Stellen gesammelt und aufgestellt wurden.112) Dies geschah im allgemeinen in unmittelbarer Nähe der noch genutzten Kirche (so in Küdinghoven, Lengsdorf, Oberkassel und Plittersdorf), aber auch im Sinne eines Denkmälerensembles bei dem alten, nicht [Druckseite XXV] mehr genutzten Kirchenbau (Kessenich, Rüngsdorf), auf einem gesonderten Friedhof (Dottendorf) oder als Bestandteil der Friedhofsmauer (Vilich). Dennoch kam es noch in den vergangenen Jahrzehnten zu einem teilweise erheblichen Schwund. Von den 1945 durch den damaligen Pfarrer Horney in einer Liste notierten 47 Grabkreuzen in Rüngsdorf fand bereits Zuppke (1975) nur noch 32 vor.113) Freckmann und Bölling bemerken im Vorwort zu ihrer Bestandsaufnahme der alten Grabkreuze im Siebengebirge und an der unteren Sieg, daß sich von den 1976 in Vilich registrierten 242 Steinkreuzen 145 aufgrund von Verwitterungsschäden in so schlechtem Zustand befanden, daß ihre Inschriften nicht erkennbar waren.114) Der rapide Verfall der Vilicher Kreuze geht vor allem auf ihre Einfügung in die Umfassungsmauer des Friedhofs um 1850 zurück, die zu einer einseitigen Belastung der Steine durch Feuchtigkeit und in der Luft enthaltene Substanzen und in ihrer Folge zum Abplatzen der Steinoberfläche führt.115) Seit Freckmanns und Böllings Inventarisierung ist wiederum eine Reihe von ihnen noch publizierter Steine derart verwittert, daß sie nicht mehr zu identifizieren sind.

Während in den genannten Ortsteilen insgesamt aber eine stattliche Anzahl von Kreuzen erhalten ist, bietet der alte Bonner Stadtbereich selbst ein anderes Bild. Dort wurden 1787 die innerstädtischen Pfarrfriedhöfe von St. Remigius, St. Gangolph und St. Martin geschlossen und durch den neugegründeten Alten Friedhof ersetzt.116) Der Verbleib der auf diesen Friedhöfen zweifellos in großer Zahl vorhandenen Grabkreuze war unbekannt, bis 1975 im Zuge von Kabelarbeiten der Post ein Teil der Umfassungsmauer des Friedhofes unterhalb des Bodenniveaus freigelegt wurde. Man fand Grabkreuze des 17. und 18. Jahrhunderts dicht an dicht in das elf Meter lange ausgegrabene Mauerstück eingefügt (siehe Abb. 87–88), überwiegend in gutem bis sehr gutem Zustand.117) 14 der freigelegten Grabkreuze entstanden im Bearbeitungszeitraum.118) Leider konnte das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege nur eine notdürftige fotografische Sicherung der Kreuze vornehmen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Umfassungsmauer des Alten Friedhofs eine sehr viel größere Anzahl alter Grabkreuze birgt, von denen wir jedoch auf absehbare Zeit keine Kenntnis haben werden.119)

Die ältesten erhaltenen Grabkreuze stammen von 1575 (Nrn. 78, 79), ein verlorenes Kreuz aus Rüngsdorf soll schon 1564 angefertigt worden sein (Nr. 73). Insgesamt sind nur sieben der überlieferten Grabkreuze noch ins 16. Jahrhundert zu datieren, 49 in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die übrigen 188 Kreuze entstanden in der zweiten Jahrhunderthälfte oder sind nur allgemein ins 17. Jahrhundert datierbar. Eine besondere Häufung von Grabkreuzen ist – wie nicht anders zu erwarten – in den Pestjahren 1666 (zwischen 15 und 17 Kreuze120)) und 1667 (11 Kreuze) festzustellen.

Die Grabkreuze wurden fast ausnahmslos aus Trachyt oder Latit bzw. Andesit gehauen.121) Die Wahl des Materials dürfte durch die Nähe der Abbaustätten bestimmt gewesen sein: Alle drei vulkanischen Gesteine wurden im Siebengebirge gebrochen, und zwar am Drachenfels (Trachyt), am Stenzelberg (Latit) und – allerdings erst in der zweiten Jahrhunderthälfte – auch an der Wolkenburg (Andesit).122) Während der Drachenfels-Trachyt anhand seiner oft sehr großen Sanidin-Einsprenglinge leicht zu erkennen ist, lassen sich der Stenzelberger Latit und der Wolkenburger Andesit mit bloßem Auge schwer voneinander scheiden123) und werden mineralogisch vor allem aufgrund ihres unterschiedlichen Anteils an Feldspäten differenziert.124) Die Kriterien für die Klassifikation von Latit und Andesit sind in den letzten Jahrzehnten neu festgesetzt worden, so daß Bezeichnungen in älteren Publikationen [Druckseite XXVI] von der heutigen Einordnung zum Teil abweichen.125) Die ohne Analysen feststellbaren Unterschiede zwischen Stenzelberger Latit und Wolkenburger Andesit erschließen sich nur dem Spezialisten. Deshalb werden bei den nach 1650 entstandenen Inschriftenträgern aus Latit oder Andesit im Katalog stets beide Gesteinsarten als mögliches Material angegeben. Während der Steinbruchbetrieb an der Wolkenburg, wie erwähnt, erst um 1650 in größerem Maße begann, kam der Trachyt-Abbau am Drachenfels zur gleichen Zeit weitgehend zum Erliegen.126) Dementsprechend wurde bis 1650 die überwiegende Anzahl der Grabkreuze aus Trachyt gearbeitet, nur zwei der erhaltenen Kreuze hingegen bestehen aus Latit (Nrn. 84, 159), vier weitere aus Basalt.127) Nach der Jahrhundertmitte hingegen setzt sich Latit/Andesit rasch durch, so daß vor allem auf den Friedhöfen mit etwas jüngerem Grabkreuzbestand (etwa in Oberkassel und Vilich) ganz überwiegend Latit- bzw. Andesitkreuze zu finden sind. In deutlich geringerem Maße wurde Trachyt jedoch auch in der zweiten Jahrhunderthälfte für Grabkreuze verwendet,128) so daß man davon ausgehen kann, daß eine gewisse Menge davon – ob frisch gebrochen oder in Zweitverwendung – weiterhin zur Verfügung stand. Hinsichtlich der Bearbeitung und der Lesbarkeit der Inschriften sind Latit und Andesit gegenüber dem Trachyt die geeigneteren Werksteine. Bei den Trachytkreuzen brechen die für dieses Gestein typischen länglichen Sanidin-Einsprenglinge beim Verwitterungsprozeß aus und hinterlassen balkenoder hastenförmige Lücken, die leicht mit Buchstabenbestandteilen verwechselt werden können. Der Stein ist gröber, einige der besonders stark von Sanidinen durchzogenen Kreuze wirken geradezu zerhackt.

Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts weisen die Kreuze ausnahmslos eine schlichte Form mit geraden Armenden und meist leicht konischem Schaft auf. Dieser einfache, schmucklose Kreuztyp wurde auch das ganze 17. Jahrhundert hindurch gelegentlich gewählt, er findet sich insgesamt einunddreißigmal im bearbeiteten Material. Seit dem frühen 17. Jahrhundert werden jedoch mehr oder weniger stark ornamentierte Grabkreuze bevorzugt. Das Volutenkreuz, dessen Winkel durch einseitig, zuweilen auch beidseitig eingerollte Voluten (schneckenförmige Elemente) gestützt werden, nimmt dabei mit 125 Exemplaren aus dem Bearbeitungszeitraum eine eindeutige Vorrangstellung ein, die es auch im 18. Jahrhundert behält. Daneben sind aus der zweiten Jahrhunderthälfte 23 nimbierte und 24 quadrierte Winkelscheibkreuze erhalten,129) deren Bezeichnung sich von der viertelkreisförmigen bzw. rechteckigen Form ihrer Winkelstützen ableitet.130) Wenn die ganz überwiegende Zahl der Kreuze auch gerade Arm- und Kopfenden aufweist, so finden wir doch auch eine Reihe von Beispielen für stumpfwinklig zulaufende,131) geschweifte,132) schulterbogenförmige133) oder abgerundete134) Abschlüsse. Auffällig sind die verspielt wirkenden, lilienförmigen Balken eines Kreuzes, das für ein Kind errichtet wurde (Nr. 433). In Oberkassel, wo im 17. Jahrhundert neben der katholischen eine reformierte Gemeinde bestand, war die Form der Grabdenkmäler Gegenstand von Auseinandersetzungen, da die Reformierten die von den Katholiken geforderte Kreuzform ablehnten: „In Obercassel will man kein andere Grabstein, als die eines Creuzes Gestalt haben, dulten und sind darum der Reformierten Grabstein durch die Päpstler theils ausgeworfen, theils zerschlagen.“135) Tatsächlich haben auch die nachweislich für Reformierte errichteten Steine, soweit sie erhalten sind, Kreuzform – vielleicht um Zerstörungen zu vermeiden.136)

In vielen Fällen umrahmt eine einfache oder gestufte, erhabene Randleiste das Mittelfeld der Kreuze mit der zeilenweise angeordneten Inschrift, über oder unter der sich Hausmarken, Vergänglichkeitssymbole und andere bildliche Darstellungen befinden können. Hausmarken sind im allgemeinen unter der Inschrift in den Schaft gehauen und häufig von Initialen begleitet. Sie dienten ursprünglich als Eigentums- und Besitzmarken und entwickelten sich im Laufe der Zeit zu genealogisch [Druckseite XXVII] vererbten persönlichen Zeichen, die seit dem 17. Jahrhundert zunehmend häufiger als Wappen geführt wurden.137) Auf Grabkreuzen bezeichnen die Hausmarken entweder den Verstorbenen selbst oder den Auftraggeber des Kreuzes. Bei Grabkreuzen für Frauen wird man im allgemeinen davon ausgehen müssen, daß die Hausmarke den Ehemann oder – bei unverheirateten Verstorbenen – den nächsten männlichen Verwandten bezeichnet, also etwa den Vater oder Bruder. Daß jedoch auch Frauen Hausmarken führten, darf man wohl dem Grabkreuz für Konrad Wollesheim entnehmen (Nr. 344, 1676), das neben der Hausmarke des Verstorbenen eine zweite, vermutlich die der Witwe, trägt.

Unter den Vergänglichkeitssymbolen erfreute sich vor allem der Totenschädel mit gekreuzten Knochen großer Beliebtheit, der als Relief oder in Umrissen eingehauen insgesamt 33 Kreuzschäfte ziert. An zwei Kreuzen erinnert eine Sanduhr an die zeitliche Begrenztheit des irdischen Lebens (Nrn. 348, 395). Weitere ornamentale oder figürliche Verzierungen von Kopfende oder Schaft sind Rosetten, Kreuze, Fratzen, Herzen und ein Engelskopf (Nr. 344). Große Verbreitung finden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kreisrunde Medaillons im Schnittpunkt der Kreuzarme mit einer Anrufung Jesu oder Mariens in gekürzter Form, oft von einem Herz mit drei Nägeln und einem Kreuz begleitet.138) Die Medaillons sind zuweilen in Umrissen eingehauen, meist aber von einer erhaben gearbeiteten Perlschnur gerahmt.139)

4.1.2. Form und Inhalt der Inschriften des Totengedenkens

Die Inschriften des Totengedenkens sind in Bonn bis zum Ende des 16. Jahrhunderts in lateinischer Sprache abgefaßt.140) Bei der Bewertung dieses Befundes ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Überlieferung vom 14. bis 16. Jahrhundert sehr dünn ist und nicht unbedingt als repräsentativ für den ursprünglich einmal vorhandenen Bestand betrachtet werden kann. Seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts wurde Deutsch in der Hälfte der überlieferten Fälle für Inschriften auf Grabplatten gewählt,141) nie jedoch für Kanoniker des Cassiusstiftes. Auch die Memorialinschriften auf deren Epitaphien sind lateinisch. Die Grabkreuze hingegen, die für weniger gebildete Bevölkerungsschichten angefertigt wurden, tragen mit drei Ausnahmen142) ausschließlich deutsche Inschriften.

Aus hochmittelalterlicher Zeit sind – neben den unten zu behandelnden sog. Memoriensteinen – mehrere Grab- und Memorialinschriften überliefert. Die älteste ist die nur abschriftlich übermittelte Grabinschrift für die Gründer des Kanonissenstifts Vilich. Der Text bestand zunächst aus acht Versen (vier reimlosen elegischen Distichen), die zu einem nicht sicher faßbaren späteren Zeitpunkt um weitere acht Verse ergänzt wurden. Die kürzere Version der Grabinschrift verbindet die Grabbezeugung und die Angabe des Todestages mit einem poetisch formulierten Lob der Verstorbenen. Der Verfasser bedient sich ausgiebig des Formelguts der spätantiken und mittelalterlichen Dichtung und weist sich somit als Kenner der Literatur seiner Zeit aus. Ebenfalls nicht mehr im originalen Zusammenhang faßbar sind drei Steinplatten mit zeilenweise angeordneter Inschrift, die im Münster bzw. in Dottendorf als Spolie verbaut gefunden wurden. Die älteste, aus dem Münster stammende Platte überliefert Teile einer nicht mehr rekonstruierbaren, sechszeiligen Inschrift wohl aus dem 11., vielleicht sogar aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts (Nr. 11). Der Zustand des Steines läßt keine sicheren Rückschlüsse auf seine Funktion und den Inhalt der Inschrift zu. Einzelne erschließbare Wortverbindungen sprechen aber dafür, daß es sich ebenfalls um eine Grab- oder Memorialinschrift handelt. Wohl im 12. Jahrhundert wurde die verlorene Grabplatte für den Goldschmied Heinrich angefertigt (Nr. 23). Die hexametrische Inschrift überliefert nicht das Todesdatum, wohl aber eine Grabbezeugung und ein ausführliches Lob des Verstorbenen, das sich vorwiegend auf seine künstlerischen Fähigkeiten bezieht. In der abschließenden Bitte um Fürbitte wird der Leser direkt angesprochen. Mit einer Leseranrede beginnt auch die Memorialinschrift für eine Gerlint wohl aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts (Nr. 14). In einsilbig gereimten elegischen Distichen wird das Lob [Druckseite XXVIII] der Verstorbenen mit einem Memento mori verbunden. Der Todestag wird mitgeteilt, und die unvollständig erhaltene Inschrift endet wiederum mit einer Bitte um Fürbitte. Der Text, der Anklänge an Ovid enthält, beweist einen ausgeprägten Formwillen und entspricht in dieser Hinsicht der Schrift und dem aufwendig gearbeiteten Rand, die großes Bemühen um ein ornamentales Gesamtbild verraten.

Für den Propst des Cassiusstiftes Gerhard von Are wurden vier Inschriften angefertigt (Nrn. 1720), die mit Ausnahme der Inschrift auf seiner Tumbendeckplatte (Nr. 19) vor allem seine Verdienste um die bauliche Erneuerung der Cassiuskirche und der Stiftsgebäude hervorheben.143) Die beiden in Hexameter (Nr. 17) bzw. elegische Distichen (Nr. 20) gefaßten Gedenkinschriften, die an sichtbarer Stelle in der Kirche bzw. im Kreuzgang angebracht waren, verbinden das Lob des Verstorbenen als Bauherrn mit einer Fürbitte. Die Prosainschrift auf der Bleitafel, die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in Gerhards Sarg verschlossen lag (Nr. 18), betont gleichermaßen seine Bautätigkeit und die unter ihm erfolgte Erhebung der Gebeine der Stiftspatrone. Anders als die beiden Gedenkinschriften war sie nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt, sondern richtete sich an Gott selbst und diente daher in besonderer Weise der Jenseitsfürsorge.

Vier Kölner Erzbischöfe wurden im Bonner Münster beigesetzt, doch für den Erzbischof Heinrich von Virneburg ist keine Grabinschrift überliefert. Die Inschriften auf den Tumbendeckplatten für Siegfried von Westerburg († 1297, Nr. 31) und Engelbert von Falkenburg († 1274, Nr. 39) sind metrisch. Erstere thematisiert in leoninischen Hexametern den Verstorbenen und seine Amtszeit als Erzbischof. Die erst viele Jahre nach seinem Tod für Engelbert von Falkenburg ausgeführte Inschrift hingegen stellt die Rolle Bonns in Abgrenzung zu Köln in den Vordergrund, während der Verstorbene lediglich namentlich genannt wird. Die viel jüngere Prosainschrift auf der Tumba für Ruprecht von der Pfalz (Nr. 50) entspricht in ihrer Beschränkung auf den Todestag, Namen und Amt des Verstorbenen sowie eine Fürbittformel dem schlichten Formular der Inschriften auf Grabplatten.

Auch diese nämlich überliefern im allgemeinen das Sterbedatum144) und den Namen des Verstorbenen sowie gegebenenfalls Stand und Ämter und enden mit einer Fürbitte. Die ganz überwiegende Anzahl überlieferter spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Grabplatten (mindestens 25 von 35) wurde für männliche und weibliche Angehörige der Geistlichkeit angefertigt. Bei Klerikern wird zwischen Welt- und Ordensgeistlichen und oft auch zwischen verschiedenen Weihegraden unterschieden. Auch Ämter in der Leitung und Selbstverwaltung von Stiften und Klöstern oder in der erzbischöflichen Verwaltung werden im 17. Jahrhundert mit zunehmender Ausführlichkeit aufgezählt. Gelegentlich wird auch ein akademischer Grad erwähnt.145) Die Geistlichen werden mit den Epitheta venerabilis (Nrn. 74, 89), reverendus,146) reverendissimus (Nr. 392) oder venerandus (Nrn. 83, 261) belegt, zuweilen mit einem Zusatz wie et nobilissima (Nr. 127), et eximius (Nr. 141), et perillustris (Nr. 392) oder et clarissimus (Nr. 469). Die Grabinschriften für die Äbtissinnen und Kanonissen der adligen Stifte Schwarzrheindorf und Vilich sowie des Klosters Graurheindorf sind mit einer Ausnahme in deutscher Sprache abgefaßt. Die gewählten Epitheta zeigen, daß vor allem Wert auf die vornehme Herkunft der Verstorbenen gelegt wurde, die als hochwohlgeboren (Nr. 102), hochwohledelgeboren (Nr. 231), wohledel (Nr. 153) oder wohlgeboren (Nr. 218) bezeichnet werden. Die Auswahl der den geistlichen Frauen beigegebenen Adjektive ergänzt also den durch die Präsentation der Ahnenwappen147) geführten Nachweis der geforderten adligen Herkunft. Bei weltlichen Verstorbenen werden gegebenenfalls öffentliche Ämter angeführt, etwa das des Schöffen (Nrn. 161, 421) oder Ratsmitglieds (Nr. 161). Die Grabplatte für den recht begüterten Heinrich Knipping, scheffen und rathsverwanter der stat Bonn, und seine Frau ist die einzige bürgerliche Grabplatte, die aus dem Bereich der alten Stadt Bonn erhalten ist (Nr. 161). Heinrich Knipping wird ungeachtet seiner bürgerlichen Herkunft als ehrnhaft und vornem bezeichnet – eine Formulierung, die sicherlich als Ausdruck bürgerlichen Selbstbewußtseins zu deuten ist. Das Alter des Verstorbenen wird nur in zwei Fällen genannt (Nrn. 314, 392), ein anderes Mal der Tote als adolescens, also als Jüngling bezeichnet (Nr. 138). Die Todesursache bleibt stets unerwähnt. Die lateinischen Inschriften enden mit der Fürbittformel cuius anima requiescat in pace,148) cuius anima aeterna fruatur pace149) oder requiescat in pace (Nr. 208). Die Bitte um Fürbitte cuius anima sancta [Druckseite XXIX] pace ut conquiescat precare bildet zugleich ein Chronogramm, das auf das Sterbejahr verweist (Nr. 138). In deutschsprachigen Inschriften wird die auch auf Grabkreuzen übliche Fürbitte Gott gnade der Seele / der Seele Gott gnade bevorzugt.150) Ungewöhnlich endet eine fragmentarisch erhaltene Grabinschrift aus dem ausgehenden 14. Jahrhundert, in der offenbar gebeten wird, ein Vaterunser und ein Ave Maria für den Verstorbenen zu sprechen (Nr. 37). Die Jahreszahl wird bis zum ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in römischen Ziffern,151) danach im allgemeinen in arabischen Ziffern wiedergegeben. Als bewußte Aufnahme antiker Datierungsformen ist die Angabe des Todestages in der Grabinschrift für den Dechanten Johannes Hartmann zu werten (Nr. 141), die das Sterbejahr in römischen Ziffern und das Tagesdatum nach der römischen Datierungsform (XII kalendas octobris) bietet. Nur einmal wird eine Datierung nach dem Heiligentag gewählt (Nr. 51). Außer der eigentlichen Grabinschrift trägt die Grabplatte für den Kanoniker Johannes Grewel im Mittelfeld ein Gebet und das Horaz-Zitat Pulvis et umbra sumus, das sich als Memento mori-Spruch großer Beliebtheit erfreute (Nr. 160). Bereits einige Jahre vor seinem Tod ließ Grewel ein Epitaph für seine Familie anfertigen, dessen Inschrift in jambischen Trimetern die Vergänglichkeit des irdischen Lebens und vor allem das Aussterben der Familie Grewel beklagt (Nr. 143). An diesem Beispiel wird deutlich, daß die Inschriften auf Epitaphien, die unabhängig von der Grabstätte das Andenken des Toten bewahren sollen, andere Informationen überliefern als die häufig auf die persönlichen Daten begrenzten Inschriften auf Grabplatten. Die Epitaphinschrift für den Propst des Cassiusstiftes Jakob von Croy (Nr. 63) führte nicht nur den Todestag und die Titel und Ämter des Verstorbenen auf, sondern erinnerte vor allem auch an seine Meßstiftung am Hochaltar, um die regelmäßige Feier der gestifteten Messe zu gewährleisten. Die beiden anderen Epitaphien, die ebenfalls für Kanoniker des Cassiusstiftes angefertigt wurden, wurden von den jeweiligen Erben in Auftrag gegeben (Nrn. 211, 241). Die Prosainschriften beinhalten neben der Angabe des Todestages und der Fürbitte eine Auflistung der wichtigsten Ämter, die die Verstorbenen innehatten, teilweise mit einer Angabe der Dauer der jeweiligen Amtsführung (Nr. 241). Das Lob der Verstorbenen ist allerdings in beiden Fällen auf einige wenige Epitheta beschränkt, die aus dem üblichen Formelgut schöpfen.

Anders als Grabplatten fanden Grabkreuze erst seit dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts Verbreitung, und zwar, wie erwähnt, als Grabdenkmäler des städtischen und ländlichen Mittelstandes. Ihrer Entstehungszeit und der sozialen und bildungsmäßigen Zusammensetzung ihres Auftraggeberkreises entsprechend sind die Inschriften auf Grabkreuzen von drei Ausnahmen abgesehen in deutscher Sprache abgefaßt.152) Nur die Inschriften für Sybille und Johanna Leieians von 1575 (Nrn. 78, 79) und diejenige für Servatius Nolden von 1666 (Nr. 273) sind lateinisch. In diesen Fällen entspricht die Wahl der Sprache sicherlich einem gewissen gehobenen Anspruch, der auch in der Ausführung der jeweiligen Inschriften zum Ausdruck kommt.153) Nur eine Grabkreuzinschrift ist in gebundener Sprache, nämlich in deutschen Reimversen, abgefaßt (Nr. 278). Der Verfasser hat sich dabei augenscheinlich in der Formulierung des ersten Verses (Hinrich Berger bin ich genandt) und in der ungewöhnlichen Plazierung des Sterbedatums am Schluß an Glockensprüchen orientiert (vgl. dazu unten, S. XXXV).

Die Inschriften auf den Grabkreuzen überliefern in erster Linie den Namen des oder der Verstorbenen und das Sterbedatum. Vor allem bei den älteren Kreuzen wird auf die Angabe des genauen Todestages oft verzichtet und nur das Jahr genannt.154) Ab etwa 1620 setzt sich die Angabe des Tagesdatums jedoch rasch durch. In einigen Fällen wird nur der Monat, nicht jedoch der Tag erwähnt,155) zuweilen fehlt selbst die Jahresangabe.156) Datum und Name werden in den ersten Jahrzehnten nur gelegentlich, später fast regelmäßig um eine Fürbittformel ergänzt, die 1612 erstmals in der für das ganze weitere 17. Jahrhundert typischen abgekürzten Form ausgeführt wird: die Wörter werden auf ihren Anfangsbuchstaben reduziert. Die mit großem Abstand am häufigsten verwendete Fürbittformel ist Gott gnade der Seele (GGDS),157) doch sind auch der Seele Gott gnade (DSGG)158) und Gott sei der Seele [Druckseite XXX] gnädig (GSDSG)159) mehrfach belegt. Die lateinischen Inschriften enthalten die Fürbittformel Requiescat in pace (RIP), in einem Fall jedoch um das deutsche GGDS ergänzt (Nr. 273). Die Angaben zur Person des Verstorbenen werden zuweilen um den Wohnort erweitert. Das ist vor allem feststellbar, wenn dieser nicht identisch mit dem Pfarrort und somit mit dem Bestattungsort ist. Auf dem Vilicher Friedhof finden wir daher Verstorbene aus Schwarzrheindorf,160) Geislar (Nrn. 281, 458) und Kohlkaul (Nr. 227), in Oberkassel aus Berghoven (Nr. 226), in Rüngsdorf aus Pech (Nr. 266) und Godesberg (Nr. 177), in Lengsdorf aus Duisdorf (Nr. 350). Oft wurde für ein Ehepaar ein gemeinsames Grabkreuz errichtet, das zwei individuelle Inschriften oder eine gemeinsame Grabinschrift tragen konnte. Der letztgenannte Fall ist zu beobachten, wenn beide Eheleute fast gleichzeitig verstarben oder ihr Grabkreuz noch zu Lebzeiten anfertigen ließen. Oft überliefern Inschriften für beide Ehepartner nur ein Sterbedatum.161) Das muß nicht zwangsläufig bedeuten, daß sie tatsächlich am selben Tag verstarben; vielmehr kann das Kreuz aus Anlaß des Todes eines Ehepartners angefertigt worden sein und bereits beide Namen aufgenommen haben. So trägt das Grabkreuz für Roderich Schmitz und seine Frau Katharina in Küdinghoven eine Inschrift, die wohl beim Tode des Ehemannes ausgeführt wurde: Anno 1620 starf Reurrich Smitz auf der Streffen und Tringen sein hausfraw (Nr. 131). Auf der Rückseite wurde eine Inschrift für die Ehefrau nachgetragen: Anno 1621 ist Tringen Roerich Schmitz fraw gestorfen. Vermutlich hat Katharina 1620 die Grabinschrift für ihren Mann und sich selbst in Auftrag gegeben, wie bis heute hinterbliebene Ehepartner zuweilen ihren eigenen Namen schon zu Lebzeiten mit auf den Grabstein setzen lassen. Ein Dottendorfer Grabkreuz trägt die Inschrift: Ano 1645 den 26 mai starf de frome Maria Lentzen Kerstgen Hogeschurz elut (Nr. 206). Auch hier wird man sich fragen, ob die Sterbenachricht sich auf beide Eheleute bezieht. Tatsächlich aber schloß Christian Hochgeschurz 1647 eine zweite Ehe, starb mithin viel später als seine erste Ehefrau. In solchen gemeinsamen Inschriften werden die Partner zumeist als Eheleute (eleud, elut, ehelut, eheleut u. ä.) bezeichnet. Bei verheirateten Frauen ist die Nennung des Ehemannes in Form des Zusatzes „N. N.s Hausfrau“ verbreitet, ohne allerdings zur Regel zu werden. 24 von insgesamt 65 Inschriften für Frauen162) erwähnen den Ehemann. Von den übrigen 41 Frauen sind allerdings nur 20 mit Sicherheit als verheiratet nachweisbar.163) In einigen Fällen wird, den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend, dem Geburtsnamen der Ehename angehängt nach dem Muster „X genannt Y“.164) Die Bezugnahme auf den Ehemann entspricht einem Prinzip, das sich in den Grabkreuzinschriften auch an anderen Beispielen nachweisen läßt: Der Abhängige wird dem Familienoberhaupt zugeordnet. Das betrifft – neben der Ehefrau – im allgemeinen Kinder, die als Sohn,165) Tochter (Nr. 150) oder Stiefsohn (Nr. 288) des Vaters, aber nur in einem Fall als Kinder beider Elternteile bezeichnet werden (Nr. 234). Das kann aber auch die älteste Generation betreffen, etwa den Schwiegervater (Nr. 273) oder die Schwiegermutter (Nr. 95). Nur in Einzelfällen wird der Beruf des Verstorbenen angegeben. 1624 wird ein Glöckner bestattet (Nr. 144), 1626 ein Hufschmied (Nr. 150), in zwei Fällen ein Halfmann (Halfe, Halbwinner), also ein Pächter, der die Hälfte seines Ertrages abzuliefern hatte (Nrn. 237, 288). Die Näherin Gudula Stals ist die einzige Frau, deren Beruf genannt wird (Nr. 292). Häufiger wird hervorgehoben, daß der Verstorbene als Schöffe166) oder Schultheiß167) ein Amt der lokalen Verwaltung bekleidete. Drei Verstorbene hatten als Kellner in Muffendorf bzw. Schwarzrheindorf Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung übernommen (Nrn. 209, 299, 348). Es ist bemerkenswert, daß beide Schwarzrheindorfer Kellner zugleich Schultheißen waren und der Familie Pohl angehörten. Rückschlüsse auf eine regelmäßige Verbindung beider Ämter und auf ihre Vererbbarkeit dürfen daraus ohne eine Bestätigung aus anderer Quelle allerdings nicht gezogen werden.

Lobende Epitheta werden, von zwei Ausnahmen abgesehen,168) den Verstorbenen erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts gelegentlich beigegeben. Männer werden als ehrsam,169) ehrbar (Nrn. 168, 222), ehrenfest (Nrn. 299, 337), ehrengeachtet (Nr. 366) und fromm170) bezeichnet, Frauen als tugendsam (Nrn. 369, [Druckseite XXXI] 372) oder ehrsam.171) Eine besonders häufige Verwendung derartiger Epitheta für Inhaber öffentlicher Ämter ist nicht festzustellen. Nur in zwei Fällen gibt die Grabinschrift Aufschluß über das Alter des bzw. der Verstorbenen (Nrn. 391, 461),172) die Todesursache wird in keinem Fall erwähnt. Das gilt auch für die Pest, die sich bei den Bonner Grabinschriften nur in Form einer auffälligen Häufung in den Jahren der Epidemie bemerkbar macht.

Neben den eigentlichen Sterbeinschriften tragen die Grabkreuze in vielen Fällen Initialen, die entweder dem Verstorbenen oder einem Hinterbliebenen als Auftraggeber des Kreuzes zuzuordnen sind. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts findet die Aufnahme einer gekürzten Anrufung Jesu in Form der drei Buchstaben IHS starke Verbreitung. Die Buchstaben stehen entweder über der Sterbeinschrift auf dem Kopfbalken oder im Schnittpunkt der Kreuzarme in einem Rundmedaillon, das sie vom übrigen Text abgrenzt. Spätestens in karolingischer Zeit entstand aus dem griechischen IHC XPC durch eine Vermischung griechischer und lateinischer Buchstaben die Kürzung IHS XPS für den Namen Jesu Christi.173) Seit dem Spätmittelalter gewann IHS zunehmend einen symbolischen Charakter, der durch die Hinzufügung eines Kreuzes über dem Balken des H und eines Herzens mit drei Nägeln unter den Buchstaben betont wurde. Mit wachsender Verbreitung erfuhr es weitere lateinische und deutsche Deutungen, etwa „Iesus Hominum Salvator“, „Jesus Heiland Seligmacher“, „In hoc signo“ oder als jesuitische Devise „Iesum habemus socium“. Man wird häufig nicht feststellen können, welche der möglichen Auflösungen vom Auftraggeber einer Inschrift gemeint war. Hinsichtlich der Inschriften auf Grabkreuzen liegen jedoch zwei Annahmen nahe: Angesichts der sozialen und bildungsmäßigen Voraussetzungen der Auftraggeber wird man eine volksetymologische Deutung oder die Auflösung IH(ESV)S anderen Interpretationen im Zweifel vorziehen. Noch wahrscheinlicher ist jedoch, daß tatsächlich gar keine bestimmte Lesung intendiert war, sondern daß die oft mit Bildelementen (Herz, Kreuz, Medaillon) kombinierte Buchstabenverbindung als Symbol verstanden wurde und daher keiner Auflösung bedurfte.

4.1.3. Memoriensteine

Eine frühe, in äußerer Gestaltung und Formular homogene Gruppe von Gedenksteinen bilden die sogenannten Memoriensteine aus dem 10. bis 12. Jahrhundert. 15 dieser Steine sind in Bonn überliefert, elf davon sind ganz oder fragmentarisch erhalten und befinden sich heute im Kreuzgang des Münsters oder im Rheinischen Landesmuseum. Sie wurden in ihrer Mehrzahl im Münster174) aufgefunden, einige aber auch in der Pfarrkirche St. Martin (Nrn. 12, 13), in der Dietkirche (Nr. 27) und in Dottendorf.175) Die Größe dieser Kalk- oder Sandsteinplatten schwankt zwischen 45 × 30 cm (Nr. 16) und 116 × 50 cm (Nr. 27) und bleibt damit immer deutlich unter der der mindestens körpergroßen Grabplatten. Ihre äußere Gestaltung ist typprägend: Innerhalb eines unterschiedlich aufwendig profilierten Rahmens ist über die ganze Fläche ein lateinisches Kreuz in Umrissen eingehauen, dessen Balken die Inschrift tragen. In einem Fall läuft eine zweite Inschrift am Rand der Platte um (Nr. 3). Die Zwickel des Kreuzes und/oder die Ecken des Steines sind häufig durch Palmetten, Muschel-, Akanthus- oder Fächerblattornamente ausgefüllt. Ein Stein trägt in den beiden Feldern oberhalb des waagerechten Kreuzbalkens halbfigurige Personifikationen von Sol und Luna (Nr. 3). Das Formular ihrer Inschriften ist stereotyp: Der Querbalken des Kreuzes trägt den Todestag in der römischen Datierungsweise nach Kalenden, Nonen und Iden, der Längsbalken den Vermerk obiit mit dem Namen des oder der Toten. In einigen Fällen kennzeichnet ein Zusatz die Verstorbenen als diaconus (Nr. 2), laicus/laica176) oder puerulus (Nr. 7). Angesichts des schlechten Erhaltungszustands vieler Steine läßt sich nur in einem Fall sicher ausschließen, daß dem Namen eine entsprechende Einordnung folgte (Nr. 4, Inschrift B). Das Todesjahr wird nicht überliefert.

Die Funktion dieser Platten wird in der Forschung unterschiedlich eingeschätzt. Ernst aus’m Weerth (1862) schließt aus dem Inhalt der Inschriften, der nur aus dem Namen und dem Todestag des Verstorbenen besteht, daß es sich nicht um Grabsteine, sondern um Gedenksteine zur Sicherung [Druckseite XXXII] des Totengedenkens handelt.177) Dieselbe Auffassung impliziert Kraus (1890–94) durch die Verwendung des Begriffs ‚Memoriensteine‘.178) Conrad (1931) spricht sich dafür aus, darin vom Grab unabhängige „Erinnerungsmale für fromme Stifter“ zu sehen.179) Alle drei lehnen also eine Deutung als Grabsteine ab. Binding hingegen vermutet, daß die Steine auf das Grab gelegt oder am Grab an in den Boden gesteckten Holzpfosten befestigt wurden.180) Nisters-Weisbecker schließt sich ihm hinsichtlich der Funktion der Steine an und formuliert die These: „Es gibt ... keine Anzeichen dafür, daß durch diese Kreuz- und Inschriftsteine ein Totengedächtnis ohne Bezug zur Grabstätte gesichert werden sollte: auch ‚Memoriensteine‘ sind Grabsteine.“181) Gleichzeitig weist sie aber darauf hin, daß keiner der erhaltenen Steine (in Bonn oder andernorts) in seiner originalen Aufstellung überliefert ist.182) Ein örtlicher Bezug zum Grab kann somit in keinem Fall nachgewiesen werden.

Sicher ist, daß die Steine nicht in den Boden der Kirche eingefügt waren.183) Sie zeigen keine Trittspuren, und die bei den Grabungen 1928/29 festgestellten Befunde zum Estrich der alten Cassiuskirche schließen eine Lage im Kirchenboden aus.184) Eine Verwendung als Grabplatte auf dem Friedhof, wie Binding sie vermutet, wird auch von Nisters-Weisbecker in Betracht gezogen.185) Sie behandelt neben den beschrifteten Platten eine Reihe unbeschrifteter, aber ebenfalls mit Kreuz versehener Steine.186) Man wird davon ausgehen können, daß diese Steine in der Tat als Grabsteine das Grab selbst markiert haben. Eine Schlußfolgerung für die Verwendung der beschrifteten Steine kann daraus jedoch nicht gezogen werden.

Ein auf Sterbetag (ohne Jahr), Name und Standesangabe reduziertes Formular läßt sich seit dem 10. Jahrhundert auf Trägern verschiedener Art nachweisen.187) Diese Inschriften liefern damit ausschließlich die für die Feier des Jahrgedächtnisses benötigten Informationen. Nicht nur die Art der Angaben, sondern auch ihre Anordnung, das Formular der Inschriften, entspricht den Eintragungen in den hochmittelalterlichen Necrologien.188) Diese Feststellung legt die Annahme nahe, daß die Inschriften auch dieselbe Funktion erfüllten, daß auch sie der Sicherung des liturgischen Totengedenkens dienten.189) Auch der Zusatz laicus/laica, diaconus etc. ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, denn der Stand des Toten entschied über seinen Platz in der Gruppe der Verstorbenen, derer an einem bestimmten Tag gedacht werden sollte.190) Keiner der bekannten sogenannten Memoriensteine entstand – dem heutigen Kenntnisstand zufolge – nach dem 12. Jahrhundert. Im Bonner Münster wurde eine Reihe von Memoriensteinen beim Bau der Krypta um 1060/70 als Baumaterial wiederverwendet, obwohl sie dem paläographischen Befund nach frühestens in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, vielleicht erst in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstanden sind.191) Demnach wurden sie verhältnismäßig kurze Zeit nach ihrer Anfertigung bereits für überflüssig gehalten. Das spricht gegen Bindings und Nisters-Weisbeckers These, daß es sich bei den Platten um Grabsteine handelt, die an die Grabstätte gebunden waren. Unwahrscheinlich ist ebenfalls, daß die Verpflichtung des Totengedenkens so rasch ausdrücklich mißachtet wurde. Handelt es sich jedoch um Memoriensteine, so erscheint es durchaus plausibel, daß die Feier des Jahrgedächtnisses von der Mitte des 11. Jahrhunderts an auf andere Weise gesichert wurde – etwa durch ein handschriftliches Necrolog.192) Leider besitzen wir keine Informationen über den mittelalterlichen Besitz des Cassiusstifts an liturgischen Büchern.193) Aus dem Kölner St. Gereonstift – ebenfalls einem Thebäerstift – ist ein [Druckseite XXXIII] Memorienkalender überliefert, der in den Jahren 1131 bis 1137 angelegt wurde und bis ins 8. Jahrhundert zurückgreifende Einträge enthält, die hinsichtlich ihres Formulars völlig mit den Inschriften auf den Memoriensteinen übereinstimmen.194) Daß auch das Cassiusstift ein solches Verzeichnis besaß, ist naheliegend, wenn auch nicht nachweisbar.

Wenn die Steinplatten tatsächlich keine Grabstätten markierten, sondern vom Grab unabhängig der Sicherung der Memoria galten, so werden sie, wie aus’m Weerth und Conrad vermuteten, in der Kirche, wohl in der Nähe eines Altars, an der Wand angebracht gewesen sein. Dann ist auch eine Verbindung zu materiellen Stiftungen anzunehmen, die die Anbringung oder Aufstellung einer Inschriftplatte an einem hervorragenden Platz in der Kirche rechtfertigte. Ein enger – auch räumlicher – Zusammenhang zwischen materieller Stiftung und Gebetsgedenken ist zwar aufgrund der Quellenlage erst für das Spätmittelalter in großem Umfang nachweisbar,195) bestand aber offenbar bereits in früheren Jahrhunderten.196) Gerade die begrenzte Zahl von Memoriensteinen und ihre recht aufwendige und platzraubende Gestaltung sprechen dafür, daß sie nur für eine bestimmte Personengruppe hergestellt wurden, wobei am ehesten an großzügige Stifter oder ihre Angehörigen zu denken ist. Die Größe der eigens zur Aufnahme der Inschriften angefertigten Träger unterscheidet sie von anderen – zumeist allerdings frühmittelalterlichen – inschriftlichen Necrologeinträgen, die weitaus weniger Raum in Anspruch nehmen, denkt man etwa an die Nameneinträge an der Apsiswand der Kathedrale von Parenzo in Istrien (6.–9. Jahrhundert), an die Altarplatte in Minerve mit Einträgen aus merowingischer und karolingischer Zeit oder an die Reichenauer Altarplatte.197) In diesen Fällen wurden Bauglieder bzw. Ausstattungsstücke der Kirchen als Inschriftenträger verwendet. Die Anbringung der Memoriensteine an der Kirchenwand hingegen brauchte nicht nur viel Platz, sondern war auch arbeitstechnisch aufwendig.

Der epigraphische Befund fügt sich in die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen am Bonner Münster und der Memorialforschung ein und spricht dafür, daß die sogenannten Memoriensteine tatsächlich im Kircheninnenraum angebracht waren, um das liturgische Totengedenken zu sichern. Angesichts der Überlieferungsprobleme wird man auf der Basis des bislang bekannten Materials allerdings nicht zweifelsfrei entscheiden können, ob es sich bei den fraglichen Trägern um Grab- oder um reine Gedenksteine handelt.

4.2. Glocken

Wie bei den Grabdenkmälern, so muß man auch bei den Glocken davon ausgehen, daß nur ein kleiner Teil des tatsächlich einmal vorhandenen Bestandes noch erhalten oder zumindest kopial überliefert ist. Der vorliegende Katalog enthält 20 inschrifttragende Glocken, die zwischen 1444 und 1687 gegossen wurden. Allein die Anzahl der Pfarr-, Kloster- und Stiftskirchen im Bearbeitungsgebiet, die alle mindestens eine, meist aber mehrere Glocken besaßen, läßt die Überlieferungsverluste erahnen, und in einer Reihe von Fällen haben wir konkrete Nachrichten über heute verlorene Glocken, deren Inschriften nicht aufgezeichnet wurden. So schmolzen die acht Glocken des Geläuts der Münsterkirche, als der Turm am 6. August 1689 von einer Kanonenkugel getroffen wurde und in Brand geriet.198) Ihre Inschriften sind nicht überliefert. Andere Glocken wurden aufgrund von Beschädigungen umgeschmolzen: 1653 wurde für die Dottendorfer Pfarrkirche eine Glocke gegossen, nachdem ihre Vorgängerin „durch zu starkes Läuten“ gesprungen war.199) Die Glockenablieferung im 2. Weltkrieg hingegen hat nicht zu Verlusten geführt.200) Bei Bombenangriffen wurden allerdings Glocken zerstört, etwa die Vilicher Petrus- und Adelheidisglocke von 1643 (Nr. 205).

[Druckseite XXXIV] Nur zwei der im Katalog bearbeiteten Glocken befinden sich heute im Bereich der alten Stadt Bonn (Nrn. 65, 405). In beiden Fällen ist die Herkunft ungeklärt. Alle anderen Glocken hängen bzw. hingen in Ortsteilen, die sich früher außerhalb der Stadtgrenzen befanden: in Dottendorf (Nrn. 43, 220), Endenich (Nr. 47), Graurheindorf,201) Kessenich (Nr. 113), Küdinghoven (Nr. 328), Mehlem (Nr. 57), Muffendorf,202) Oberkassel (Nrn. 46, 52), Schwarzrheindorf (Nr. 185) und Vilich.203) Dies ist ein weiteres Indiz dafür, daß die Verluste im früheren Stadtbereich besonders hoch sind, und zwar sowohl durch kriegerische Zerstörungen als auch aufgrund baulicher Veränderungen an Kirchen.

Technische Verbesserungen beim Glockenguß und daraus resultierende erhebliche Klangverbesserungen haben „zu einer weitgehenden Erneuerung des Glockenbestandes“ im 15. Jahrhundert geführt.204) Auch für Bonn ist im 15. Jahrhundert eine erste kleine „Welle“ von Glockengüssen erkennbar.205) Am Anfang steht eine verlorene, 1444 für die Dottendorfer Pfarrkirche gegossene Glocke, deren Gestaltung und Gießer nicht bekannt sind (Nr. 43). Ihre vermutlich in gotischen Majuskeln ausgeführte Inschrift bestand aus der schon auf älteren Glocken häufig nachweisbaren apotropäischen Anrufung der Evangelisten, dem Hosianna-Jubelruf und dem Gußjahr. 1464 und 1465 arbeitete Sifart Duisterwalt im Bonner Raum. 1464 goß er eine signierte Glocke für Oberkassel (Nr. 46), und aufgrund von Modelvergleichen kann ihm wohl auch eine im Folgejahr gegossene Glocke in Endenich zugeschrieben werden (Nr. 47). 1500 goß Clais Richart die erste Glocke des heutigen Bonner Stadtgebietes mit (Blatt) Fries, ebenfalls für die Kirche in Oberkassel (Nr. 52). Die sprachliche Gestaltung der Inschrift ist fehlerhaft, ihr Guß schlecht gelungen, obwohl Clais Richart mit qualitätvollen Modeln gearbeitet hat. Aus dem 16. Jahrhundert sind nur zwei Glocken erhalten. Sie sind nicht signiert, können jedoch anhand ihrer Ornamentik, vor allem der Zierfriese und der Worttrenner, mit großer Wahrscheinlichkeit den Gießern Johann von Andernach (Nr. 62 von 1514, Muffendorf) bzw. Johann von Collen (Nr. 65 von 1535, Namen-Jesu-Kirche) zugewiesen werden. Eine verlorene, weder signierte noch datierte Glocke könnte ebenfalls noch dem 16. Jahrhundert, vielleicht aber auch dem Beginn des 17. Jahrhunderts angehören und wegen des Formulars ihrer Inschrift Johann IV. von Trier zuzuweisen sein (Nr. 113, 1574–1613?, Kessenich). Im 17. Jahrhundert läßt sich dann wieder eine deutlich verstärkte Glockenproduktion feststellen, wobei im ersten Jahrhundertviertel kölnische, danach lothringische Gießer dominieren. Der aus Mainz stammende und 30 Jahre lang in Köln als Artillerie- und Rüstmeister tätige Johann von Reutter goß 1607 (Nr. 103, Muffendorf) und 1623 (Nrn. 139, 140, Graurheindorf) drei signierte Glocken. Die ältere unterscheidet sich von den beiden jüngeren Glocken durch die Verwendung anderer Friese, Reliefs, Worttrenner und Buchstabenmodel. Die Gießer der fünf zwischen 1631 und 1643 gegossenen, unsignierten Glocken können wiederum nur erschlossen werden. Vermutlich handelt es sich um Arbeiten Claudius Michelins (Nrn. 165, 170), der Gießergemeinschaft Peter Dron/Claudius Poincaret (Nrn. 185, 186) und des Johannes Paris (Nr. 205). Die Zuweisung der Glocken in Vilich (Nr. 165) und Muffendorf (Nr. 170) an Michelin muß allerdings als unsicher betrachtet werden, da beide Glocken verloren sind und ihr Aussehen nicht überliefert ist. Aussagen zum Gießer lassen sich daher nur anhand des Wortlauts der Inschrift und durch einen Vergleich mit der übrigen Glockenproduktion des betreffenden Jahres machen. Ähnliches gilt für die Vilicher Glocke von 1643 (Nr. 205), während Dron und Poincaret wegen ihrer auffälligen Glockenzier mit großer Wahrscheinlichkeit als Gießer zweier Glocken für die Stiftskirche in Schwarzrheindorf (Nr. 185) und die Vilicher Pfarrkirche St. Paul (Nr. 186) festgestellt werden können. Neben Cordt von Stommel (Nr. 279 von 1666, Graurheindorf) sind zwei weitere lothringische Gießer nachgewiesen, nämlich Claudius Lamiral (Nr. 220 von 1653, Dottendorf) und der in Jülich ansässige Johannes Bourlet (Nrn. 328 von 1673, Küdinghoven; 405 von 1687, Münster).206)

Von den 20 Bonner Glocken tragen nur fünf Inschriften in lateinischer Sprache.207) Die lateinische Fürbitte in Form einer Anrufung Mariens auf einer Glocke in der Kapelle zu den Sieben Schmerzen Mariens in Mehlem (Nr. 57, 15. Jahrhundert?) ist in anderen Trägerzusammenhängen vielfach inschriftlich überliefert. Der Text ist ebenso wenig typisch für eine Glockeninschrift wie der lateinische Renovierungsvermerk auf einer Glocke, die heute im Turm der Namen-Jesu-Kirche hängt (Nr. 65, 1535). Zwei Glocken tragen lateinische Meisterinschriften (Nrn. 220, 328), eine weitere eine lateinische Stiftungsinschrift (Nr. 186). Drei Viertel der Bonner Glocken sind jedoch mit deutschen [Druckseite XXXV] Inschriften versehen, die in der Mehrzahl in Form von Glockensprüchen in gereimten Versen abgefaßt sind.208) Die Glocke nennt als Sprecherin ihren Namen (sancta secilie heisen ich), ihre Aufgabe (zo gotz deinst luden ich), den Gießer (sifart duisterwalt gois mich) und das Gußjahr (anno d[omi]ni mcccclxiiii) (vgl. Nr. 46). Dabei spielt die unheilabwendende Wirkung der Glocke eine Rolle, die in der Reichweite des Glockenklangs zum Tragen kommt. De gewalt des duvels verdriven ich heißt es auf einer Glocke in Muffendorf (Nr. 62), fur ungewitter bewahr ich auf einer Kessenicher Glocke (Nr. 113). Im 17. Jahrhundert werden die Inschriften ausführlicher und widmen den Umständen der Anschaffung einer Glocke mehr Aufmerksamkeit, vor allem den Stiftern. Die Inschrift einer 1636 für Schwarzrheindorf gegossenen Glocke nennt das stiftende Ehepaar namentlich und führt alle Ämter und Titel des Ehemannes auf (Nr. 185). Auch auf zwei verlorenen Vilicher Glocken waren die drei Stifter mit ihrem jeweiligen Amt verzeichnet (Nrn. 186, 205). Eine Glocke aus dem Pestjahr 1666 in Graurheindorf wurde laut Inschrift vom Pastor befurdert und von der Gemeinde contendiert (Nr. 279). Die Inschrift der Johannesglocke in Küdinghoven bezeichnet schließlich genau den Anteil aller an ihrer Entstehung Beteiligten (Nr. 328): den Guß durch Johannes Bourlet, die Weihe durch den Abt von Siegburg, die Taufe durch den Amtmann von Löwenburg als Vertreter des Herzogs von Berg und die Veranlassung (und Finanzierung) des Gusses durch die Abtissin von Vilich als Inhaberin des Zehnt- und Kollationsrechts.

4.3. Inschriften zur Baugeschichte

Eine beachtliche Zahl von Inschriften liefert Informationen über die Baugeschichte von Kirchen, öffentlichen Gebäuden oder Privathäusern. Häufig beschränken sich die Inschriften auf Datierungen, die auf den Bau, den Umbau oder eine Restaurierung Bezug nehmen. Sie können an unterschiedlichen Stellen des Gebäudes angebracht sein, etwa an einem Fenster-209) oder Türsturz,210) an einem Bogen,211) auf einem Balken,212) am Giebel (Nr. 216), an einem Pfeiler (Nr. 105), einer Wand (Nr. 203) oder auf einer Wetterfahne.213) Einige dieser Datierungen sind um einen Namen, offensichtlich den des Besitzers bzw. der Besitzer, ergänzt.214) Je nach Dichte der Überlieferung können auch diese knappen Inschriften interessante Aufschlüsse über die bauliche Entwicklung nicht nur eines einzelnen Gebäudes, sondern eines ganzen Ortes geben. Dies ist vor allem in Oberkassel215) und Vilich216) der Fall, wo eine vergleichsweise große Zahl von Gebäudeinschriften aus dem 16. und 17. Jahrhundert erhalten bzw. überliefert ist. Aufschlußreicher sind allerdings die ausführlicheren Inschriften, die überwiegend an kirchlichen oder öffentlichen Gebäuden angebracht sind. Das älteste und zugleich herausragendste inschriftliche Dokument dieser Art ist die Weiheinschrift, die in der Schwarzrheindorfer Doppelkirche unter dem Apsisfenster in eine Steinplatte eingehauen ist (Nr. 21). Die sehr ausführliche Inschrift überliefert nicht nur das Weihedatum der Kapelle und ihrer Altäre, sondern zudem ihre Grundausstattung mit Besitz und Einkünften sowie die Namen der anwesenden Zeugen, unter ihnen die hervorragendsten weltlichen und vor allem kirchlichen Persönlichkeiten der Zeit. Die Schwarzrheindorfer Inschrift ist ein Beispiel dafür, welch ausgeprägt repräsentative Bedeutung Weiheinschriften über ihre kirchlichreligiöse Funktion hinaus erhalten konnten. Über den Fortgang der Bauarbeiten an einem Gebäude geben Weiheinschriften allerdings nur sehr bedingt Auskunft, da die Weihe häufig lange vor der Fertigstellung des Baus erfolgte.217)

Auch für die im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts nach langer Bauzeit geweihte Minoritenkirche ist eine Bau- und Weiheinschrift überliefert (Nr. 32). Anbringungsort und Ausführung dieser Inschrift sind nicht bekannt, da sie 1689 mit der Kirche zerstört wurde. Sie berichtet in reimlosen Hexametern von der Errichtung der Kirche in der Regierungszeit Erzbischof Siegfrieds von Westerburg und ihre Weihe zu Ehren des hl. Ludwig von Anjou und preist die Schönheit des Kirchenbaus. Anders als gemeinhin üblich wird das Weihedatum nicht genannt. Im Vordergrund steht vielmehr [Druckseite XXXVI] die Wahl des Patrons, der, obwohl selbst Minorit, aufgrund seiner Neigung zu den Spiritualen innerhalb des Minoritenordens umstritten war. Die Erinnerung an eine allerdings unhistorische Kirchweihe, die im Jahre 96 n. Chr. durch den ersten Kölner Bischof Maternus erfolgt sein soll, bewahrte eine heute verlorene Inschrift in der Dietkirche, die aus Anlaß einer Restaurierung der Kirche 1653 angefertigt wurde (Nr. 219). Offensichtlich wurde die Betonung der vorgeblich besonders langen Tradition auch und gerade in den schwierigen Zeiten des 17. Jahrhunderts als wichtig erachtet. In mehreren Inschriften werden die Verdienste Gerhards von Are, von 1126 bis 1169 Propst des Cassiusstiftes, um die Erneuerung der Kirchen- und Stiftsgebäude gewürdigt.218) In sehr allgemeiner Form hebt eine verlorene Inschrift Gerhards Verdienste hervor, der hoc satis in melius struxit et auxit opus („dieses Werk ziemlich zum Besseren erbaut und vermehrt hat“) (Nr. 20). Die Hexameter auf einem Gedenkstein für Gerhard berichten, er habe die atria claustri menia templi plena decore („die Atrien des Klosters, die Mauern der Kirche voller Zierat“) erbaut (Nr. 17). Unter den atria claustri sind hier wohl die Klostergebäude zu verstehen,219) die menia templi dürften sich auf den Hochchor beziehen. Auch die Inschrift auf einer Bleitafel aus dem Sarg Gerhards lobt seine Verdienste um die bauliche Erneuerung und Ausstattung der Kirche (Nr. 18).220) Die Inschriften beinhalten keine detaillierten Aussagen zur Baugeschichte, bestätigen aber die Erkenntnisse der bauhistorischen Forschung, wonach um die Mitte des 12. Jahrhunderts Chor und Ostkrypta nach Osten verlängert, die beiden Chortürme errichtet, der Kreuzgang und das Kapitelhaus gebaut wurden.221)

Häufig gab schon die Grundsteinlegung zu einem Gebäude Anlaß zur Herstellung einer Inschrift. Eine heute im Rheinischen Landesmuseum aufbewahrte Steintafel bezeugt die Grundsteinlegung zur Godesburg durch Erzbischof Dietrich von Heimbach am 15. Oktober 1210 (Nr. 29). Als die Burg 1583 Zersprengt unnd mit stürmeter Hand eingenommen wurde, wurde der als Fundamentstain angesehene Stein als historisches Dokument von den bayerischen Siegern mitgenommen. Seine Rückseite wurde mit einer ausführlichen Inschrift versehen, die an die Eroberung durch Kurfürst Ernst und seinen Bruder, Herzog Ferdinand von Bayern, erinnert. So sind Anfang und Ende der Godesburg durch Inschriften dokumentiert.

Im 17. Jahrhundert wurden Klosterneugründungen durch die in Bonn residierenden Kölner Kurfürsten gefördert. 1625 legten Kurfürst Ferdinand und Weihbischof Otto Gereon von Gutmann den Grundstein zur Kirche der damals bereits seit wenigen Jahren in der Stadt ansässigen Kapuziner (Nrn. 145 f.). Diese erzbischöfliche Initiative zum Kirchen- und Klosterbau der Kapuziner wurde auch in einer Inschrift über dem Klostereingang hervorgehoben (Nr. 148). Die Grundsteinlegung zur Kirche und zu den Klostergebäuden der Franziskaner erfolgte 1641 ebenfalls durch Kurfürst Ferdinand (Nr. 199), und 1686 folgte sein Nachfolger Maximilian Heinrich seinem Beispiel mit dem Bau der Jesuitenkirche (Nr. 396). Alle bislang genannten Grundsteinlegungen sind durch kurz gehaltene Inschriften belegt, die das jeweilige Tagesdatum und die beteiligte(n) Person(en) nennen. Aus Anlaß der Grundsteinlegung zur Jesuitenkirche wurden zudem zwei Medaillen geprägt, die im Grundstein verschlossen wurden (Nrn. 397 f.). Eine von ihnen trägt eine auffallend lange Inschrift, die die wundersame Vorgeschichte des Kirchenbaus überliefert (Nr. 398). Ihr zufolge fand man 1681 ein Stück Buchenholz, das eine Maserung in Form des Namen Jesu trug. Dieser Fund bewog den Kurfürsten, zu Ehren des Namen Jesu eine Kirche errichten zu lassen. Die legendenbildende Wirkung dieser Inschrift konnte sich allerdings nicht voll entfalten, da die Inschrift mit der Medaille im Grundstein verborgen wurde und ihr Text nur in der Jesuitenchronik überliefert wird.222)

Einen Eindruck von der Heftigkeit der kriegerischen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts im Bonner Raum vermittelt eine Inschrift an einem ehemaligen Vilicher Stiftsgebäude (Nr. 91). Sie erinnert an die Zerstörung des Stifts durch Feuer im Jahre 1583 und den Wiederaufbau, der erst 13 Jahre später unter Äbtissin Lucia von Broich erfolgen konnte.

4.4. Kirchliche Ausstattungsgegenstände und Geräte, Wandmalereien

Der größte Teil der alten liturgischen Gerätschaften und Gewänder aus dem Besitz Bonner Kirchen ist verloren. Nur drei Hostienmonstranzen223) und eine Kasel mit Bildbeischriften (Nr. 58 in Vilich) aus dem Bearbeitungszeitraum sind im gesamten Bonner Stadtgebiet noch erhalten. Zu den beklagenswerten Verlusten zählt fast der gesamte alte Kirchenschatz des Münsters, der im Truchsessischen Krieg in den Jahren 1583 und 1587 zerstört und geplündert wurde.224) Darunter befanden sich neben Kelchen, Monstranzen und Gewändern vor allem wertvolle Reliquiare, allen voran die drei hochmittelalterlichen Schreine für die Reliquien der Stiftspatrone Cassius, Florentius und Mallusius. Sie waren einer Beschreibung zufolge „admirando artificio factis gemmisque plurimis exornatis ...“ und trugen neben bildlichem und ornamentalem Schmuck auch Inschriften („tituli“), deren Wortlaut jedoch nicht überliefert ist. Kirchliche Würdenträger und private Spender aus dem Rheinland und aus Westfalen schenkten dem Münster noch Ende des 16. Jahrhunderts eine große Zahl liturgischer Gewänder und Geräte. Aus der minutiösen Auflistung der Schenkungen225) geht hervor, daß etliche der Objekte mit den Wappen und gelegentlich auch mit den Namen der Stifter versehen waren.226) Auch diese Ausstattung des ausgehenden 16. Jahrhunderts ist heute jedoch fast gänzlich verloren. Von den Inschriften tragenden Objekten im Kirchenschatz des Münsters ist lediglich eine Hostienmonstranz erhalten geblieben, die der Mainzer Stiftsklerus 1589 spendete (Nr. 86). Es handelt sich um eine Monstranz aus dem 15. Jahrhundert, die anläßlich der Schenkung mit einer Stiftungsinschrift versehen wurde. Auch auf der Hostienmonstranz der Rüngsdorfer Pfarrkirche St. Andreas (Nr. 81) wurden die Namen der Stifter eingraviert, allerdings in Form von Initialen mit Hausmarken. Auf dem Fuß wurden zudem eine Datierung und Heiligennamen – wohl in der Funktion von Widmungsinschriften – angebracht, über dem Schaubehälter die Sentenz soli Deo gloria, die sich im 16. und 17. Jahrhundert in ganz unterschiedlichen inschriftlichen Zusammenhängen großer Beliebtheit erfreute.227) Die Monstranz in Kessenich hingegen trägt lediglich einen Kreuztitulus.

Auch der Bestand an alten Altären, Bildern und sonstigen größeren, zur kirchlichen Ausstattung gehörigen Gegenständen ist nicht zahlreich. Immerhin sind im Münster drei Altarretabel mit Inschriften aus der Zeit bis 1689 erhalten;228) weitere Altäre bzw. Altaraufsätze oder Predellen mit Inschriften befinden sich im Rheinischen Landesmuseum (Nr. 34), in St. Remigius (Nr. 132) und in der Kapelle zu den Sieben Schmerzen Mariens in Mehlem (Nr. 379). Verloren ist die Predella des Sippenaltars aus der Muffendorfer Pfarrkirche St. Martin (Nr. 204). Alle genannten Objekte sind bzw. waren jeweils mit einer Stiftungsinschrift versehen, die die Erinnerung an die frommen Stifter sicherte und somit der Jenseitsfürsorge diente. Gerne wurden die Beweggründe für die frommen Stiftungen inschriftlich erläutert, die ex singulari pietatis affectu (Nr. 132), ex pia voluntate (Nr. 133), zu ewiger gedechtnisse (Nr. 204) oder einfach pie (Nr. 379) erfolgten. Neben den Stifterinschriften trugen einige der Altäre Memorialinschriften (Nrn. 94, 126) oder Bildbeischriften.229)

Beischriften ergänzen und erläutern bildliche Darstellungen nicht nur an Altären bzw. auf Altarretabeln, sondern auch in anderen Zusammenhängen, etwa auf Gemälden (Nr. 201), an Chorgestühl (Nr. 435) und natürlich bei Wand- und Gewölbemalereien.230) Die Beischriften zu bildlichen Darstellungen dienen nicht nur der Identifizierung der abgebildeten Personen und Szenen (vgl. etwa Nr. 33 B), sondern geben zuweilen auch Deutungen unter Berücksichtigung der Lehre vom mehrfachen Schriftsinn (vgl. etwa Nr. 33 A). Inschriften auf Spruchbändern sind ins Bild integriert und übermitteln wörtliche Rede aus dem Munde der abgebildeten Figur, der sie zugeordnet sind (vgl. etwa Nr. 33 C), oft in Form von Bibelzitaten. Im Unterschied zur Bildbeischrift sind sie als Bildinschriften Bestandteil der Ikonographie.231)

[Druckseite XXXVIII] Die erhaltenen bzw. überlieferten Wand- und Gewölbemalereien bilden nur einen kleinen Teil der ursprünglich einmal vorhandenen malerischen Ausstattung der Kirchen. Die Freilegung mittelalterlicher Wandmalereien im Münster im 19. Jahrhundert hat bedauerlicherweise nicht zu ihrer Erhaltung geführt, sondern zur Entscheidung für eine neue Ausmalung der Kirche in Anlehnung an die vorgefundenen Motive.232) Die heute sichtbaren Beischriften zu den Wandmalereien beruhen nicht auf gesicherten Vorlagen, sondern sind frei ergänzt und können somit in keiner Weise als nicht-originale Überlieferung verlorener Inschriften verstanden werden. Die Wand- und Gewölbemalereien in Schwarzrheindorf haben bekanntlich die Jahrhunderte nur überstanden, weil sie seit dem 17. Jahrhundert übertüncht waren.233) Auch ihre Überlieferung hat unter der Vorgehensweise des ersten Restaurators gelitten, der in künstlerischer Freiheit ergänzt und verändert hat. Dennoch vermitteln die Schwarzrheindorfer Malereien auf besonders beeindruckende Weise die großartige Wirkung eines komplett ausgemalten Kirchenraumes. Die Wandmalereien der Bonner Kirchen befanden sich bereits zum Zeitpunkt ihrer Aufdeckung und Dokumentation allesamt in einem schlechten, zuweilen sogar katastrophalen Zustand. In der Unterkirche in Schwarzrheindorf können überwiegend nur noch Wortfragmente oder gar einzelne Buchstaben mit annähernder Sicherheit festgestellt werden (Nr. 15). Das betrifft besonders die Inschriften, die über oder unter den Darstellungen auf Schriftstreifen ausgeführt waren und wohl identifizierende und auch interpretierende Funktion gehabt haben dürften. Doch auch die noch erhaltenen Inschriften zu den Malereien in der Oberkirche (Nr. 22) und in der Helenenkapelle (Nr. 54) sowie die verlorenen Beischriften aus der Ramersdorfer Deutschordenskapelle (Nr. 33) sind nur unvollständig und teilweise unsicher überliefert. Während die Inschriften des 12. Jahrhunderts in Schwarzrheindorf in romanischer Majuskel ausgeführt sind, wurde für die jüngeren Inschriften ab dem 14. Jahrhundert die gotische Minuskel bevorzugt. Ganz ungewöhnlich auch für Beischriften zu Wandmalereien, die der Buch- und Urkundenschrift technisch näher stehen als etwa Inschriften in Stein oder Metall, ist die Buchminuskel, in der die Beischriften zu einer Reihe von Heiligendarstellungen in der Oberkirche in Schwarzrheindorf ausgeführt sind (Nr. 22 C – K).

4.5. Religiöse Kleindenkmäler

Im 17. Jahrhundert wurden vor allem im ländlichen Bereich zahlreiche religiöse Kleindenkmäler als Ausdruck katholischer Frömmigkeit errichtet, von denen viele mit Inschriften versehen sind. Während sich die Überlieferung von Inschriften an Bildstöcken und Heiligenhäuschen im Bonner Bestand allerdings auf jeweils nur zwei Träger beschränkt,234) sind immerhin 28 Wegekreuze mit Inschriften bekannt, die in den umliegenden (heute zu Bonn gehörenden) Dörfern aufgestellt waren. Das älteste von ihnen wurde 1626 in Mehlem errichtet (Nr. 151). Es folgen Wegekreuze in Plittersdorf (Nrn. 155, 175), Endenich (Nr. 198), Friesdorf (Nr. 202), Lannesdorf (Nr. 215), Beuel (Nrn. 302, 352), Pützchen (Nr. 359), Oberkassel (Nr. 387), Godesberg (Nrn. 393, 399), Ramersdorf (Nr. 417), Ippendorf (Nr. 418), Dottendorf (Nr. 446), Kessenich (Nr. 447), Lessenich (Nrn. 475 f.) sowie in Rüngsdorf235) und Vilich.236) Diese bemerkenswerte Dichte an Wegekreuzen setzt sich auch nach 1689 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fort.237) Aus dem Bereich der alten Stadt Bonn hingegen ist kein Wegekreuz aus der Zeit bis 1689 überliefert.238) Das scheinbar plötzliche Auftauchen von Wegekreuzen, Bildstöcken und Heiligenhäuschen im 17. Jahrhundert hat seine Ursachen in den politischen und religiösen Entwicklungen des 16. Jahrhunderts. Die Territorialisierung von Fragen der Religionsausübung führte dazu, daß auch das Wallfahrtswesen regionalisiert und zugleich seitens der Obrigkeit gelenkt wurde.239) Wallfahrten wurden zunehmend in nahegelegene Wallfahrtsorte unternommen.240) Das damit verbundene (Wieder)Aufblühen lokaler oder regionaler Wallfahrten ging mit der Ausstattung der Wallfahrtswege mit neuen Wegedenkmälern einher. Zum anderen war ein großer [Druckseite XXXIX] Anteil der älteren Bildstöcke und Wegekreuze in den religiösen Wirren des 16. Jahrhunderts zerstört worden und wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts ersetzt.241) Diese Entwicklung spiegelt sich im Bonner Befund wider.

Bildstöcke tragen im über dem Sockel und dem Schaft befindlichen Aufsatz meist Reliefdarstellungen von Heiligen oder Szenen aus der Passion Christi.242) Das Heiligenhäuschen unterscheidet sich davon durch seine Hausform, die die Unterbringung einer halb- oder vollplastischen Darstellung in einer überdachten Nische ermöglicht. Die Aufstellung von Bildstöcken an verschiedenen Wegen, die zum Kreuzberg hinaufführen, in den Jahren um 1616 (Nrn. 119, 123) hängt mit dem Wiederaufleben der Wallfahrten zum Kreuzberg zusammen.243) Die Bildstöcke am Poppelsdorfer Wallfahrtsweg (Nr. 123) ersetzten ältere Denkmäler, die sich offenbar (aufgrund von Vernachlässigung oder Zerstörung?) in schlechtem Zustand befunden hatten. Ihre Darstellung der Schmerzen Mariens und der lateinische Mariengruß lassen eine direkte Verbindung zu den Prozessionen erkennen, die an den Festen Compassio Mariae (am Freitag nach Jubilate) und Kreuzerhöhung (14. September) stattfanden. Dasselbe gilt für den Bildstock am Stationsweg mit einer Kreuzigungsdarstellung und einem Zitat aus den alttestamentlichen Lamentationes, das typologisch auf die Leiden Mariens bezogen wird (Nr. 119). Ähnlich konkrete Zusammenhänge lassen sich für das Heiligenhäuschen in Graurheindorf nicht feststellen (Nr. 217), obwohl auch seine vollplastische Pietà und die Widmung zu Ehren Gottes und der schmerzensreichen Mutter auf die Leiden Mariens Bezug nehmen. In einer Inschrift am verlorenen Heiligenhäuschen in Duisdorf wird der heilige Rochus um Hilfe gegen Pest, Hunger und Krieg gebeten (Nr. 284). Dieses Gebet gibt den Ängsten und Nöten der Bevölkerung im 17. Jahrhundert Ausdruck. Bei den Inschriften an Bildstöcken und Heiligenhäuschen steht also das religiöse Anliegen im Vordergrund.

Die Bonner Wegekreuze sind bis in die 60er Jahre des 17. Jahrhunderts ausschließlich aus Trachyt,244) danach zunehmend häufig aus Latit bzw. Andesit gehauen.245) In wenigen Fällen wurde Basaltlava verwendet (Nrn. 417, 475). Der Form nach entsprechen sie überwiegend dem „barocken Gliederkreuz“,246) das im 17. Jahrhundert nur im Rheinland und am weitaus häufigsten im Bonner Raum verbreitet war. Es setzt sich von unten nach oben aus folgenden Teilen zusammen: Basis, Sockelteil, Zwischenplatte, Mittelteil, Abdeckhaube und Kreuz. Die höheren, vertikal bestimmten Teile (Sockel, Mittelteil, Kreuz), die durch flachere, eher horizontal ausgerichtete Teile (Basis, Zwischenplatte und Abdeckhaube) voneinander getrennt werden, treten stärker in den Vordergrund. Optischer Anziehungspunkt ist der Mittelteil; er wird bei den meisten Kreuzen durch eine Muschelnische aufgelockert, die für die Aufstellung von Kerzen oder Blumen auf der Zwischenplatte mehr Raum gibt. Fast alle Wegekreuze tragen eine Stifterinschrift, die sich im allgemeinen am Sockel befindet.247) Diese Stifterinschrift ist an zwei Vilicher Kreuzen in lateinischer Sprache formuliert (Nrn. 238, 361), ansonsten in Deutsch. Eine nur fragmentarisch erhaltene Inschrift ist teilweise lateinisch, teilweise deutsch ausgeführt.248) Einige Inschriften beinhalten Widmungen zur Ehre Gottes,249) zu ehren der heiligen dreyfaltigkeit (Nr. 359) oder zu ehren Iesus Maria Ioseph (Nr. 447). Der Anlaß für die Stiftung wird in keinem Fall genannt. Den Inschriften zufolge wurden die Wegekreuze häufig von Ehepaaren gestiftet.250) Vielleicht darf man in diesen Fällen auf private Gründe für die Stiftung schließen, die aber nicht unbedingt mit einem bestimmten äußeren Anlaß (etwa einem Todesfall in der Familie) verbunden gewesen sein müssen, sondern auch allgemein in der persönlichen Religiosität der Stifter liegen können – vielleicht verbunden mit dem Wunsch nach dem Nachweis einer gewissen Wohlhabenheit. An einen konkreten Stiftungsanlaß wird man allerdings in den Fällen denken, in denen das Tagesdatum der Errichtung des Kreuzes überliefert wird.251) Auf einem Kreuz in Bad Godesberg werden die Stifter als gewessene eheleutt bezeichnet (Nr. 393). Mindestens ein Ehepartner wird also zum Zeitpunkt der Errichung des Kreuzes [Druckseite XL] bereits verstorben gewesen sein; die Stiftung mag daher – vielleicht aufgrund einer testamentarischen Verfügung – aus Anlaß des Todes erfolgt sein. Die Stifter mehrerer Wegekreuze bekleideten Ämter in der dörflichen Selbstverwaltung oder im kirchlichen Bereich, waren Schöffen (Nrn. 198, 249) oder Schultheiß (Nrn. 238, 249), Kellner (Nr. 238) oder Stiftsoffermann (Nr. 243). Zwei Schöffen der Propstei Endenich sind als gemeinsame Stifter eines Kreuzes bezeugt (Nr. 198), und 1663 ließen der Schultheiß und drei Schöffen des Vilicher Gerichts gemeinsam ein Kreuz errichten (Nr. 249). In beiden Fällen kann man wohl einen Zusammenhang zwischen der Stiftung und dem Amt annehmen. Eine ähnliche Verbindung zwischen den sechs Stiftern eines Rüngsdorfer Kreuzes von 1684 (Nr. 390) ist nicht nachweisbar, nur zwei der Stifter sind als Schöffen belegt. Ungewöhnlich ist, daß die Inschrift offenbar auch Auskunft über die Finanzierung des Kreuzes gibt: Die beiden erstgenannten Personen haben zwei Drittel, die übrigen vier ein Drittel der Kosten für das Kreuz übernommen. Eine Gruppe von vier Personen stiftete ein Kreuz auf dem Bad Godesberger Burgfriedhof und ließ ihre Initialen und Hausmarken darauf anbringen. Die meisten Kreuze wurden also von ortsansässigen Bürgern errichtet, und zwar von Ehepaaren oder kleineren Personengruppen, die sich dann die Kosten teilen konnten. Eine Ausnahme bildet ein Wegekreuz in Lessenich, das von einer Einzelperson, und zwar von einer Frau, gestiftet wurde (Nr. 476). Stifter aus dem adeligen oder klerikalen Umfeld sind der Deutschordenskomtur Edmund Gottfried von Bocholz (Nr. 417), die Vilicher Äbtissin Elisabeth Helena von Haeften (Nr. 247) und der Vilicher Pastor und Kanoniker Johannes Unckelbach (Nr. 361). Neben den Stifterinschriften tragen die Wegekreuze selten mehr als einen Kreuztitulus oder eine Datierung. Auf einem heute verlorenen Kreuz aus Plittersdorf war ein Bibelzitat angebracht (Nr. 155), eine religiöse Sentenz ziert ein grabkreuzförmiges Wegekreuz in Oberkassel (Nr. 387).

4.6. Inschriften zur Verehrung der Thebäischen Märtyrer

Eine kleinere Gruppe von Inschriften thematisiert die Verehrung der Märtyrer der Thebäischen Legion, zu denen auch die Patrone des Cassiusstiftes zählen, Cassius, Florentius und Mallusius. Durch die wohl im 10. Jahrhundert abgefaßte Passio Gereonis des sog. Helinandus wurde die Legende verbreitet, nach der die Thebäischen Märtyrer Cassius und Florentius in Bonn den Tod gefunden hatten.252) Als man beim Neubau der Cassiuskirche im 11. Jahrhundert unter dem Altarraum der Vorgängerkirche auf Gräber stieß, vermutete man in ihnen offenbar die Gräber der Stiftspatrone und weiterer Thebäischer Märtyrer. Die Särge wurden freigelegt, geöffnet und die Gebeine entnommen, die Gräber beim Bau der Krypta geschützt.253) Aus dieser Zeit stammen zwei heute verlorene Sarkophage, die im nördlichen Querarm bzw. am nördlichen Vierungspfeiler des Langschiffes aufgestellt waren (Nr. 6). Ihre metrischen Inschriften bezeichnen die im Sarkophag verschlossenen Überreste als die Gebeine von Angehörigen („socii“) der Thebäischen Legion und erinnern an deren Märtyrertod. Am 2. Mai 1166 erhob der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel mit Propst Gerhard von Are die Gebeine der Märtyrer Cassius, Florentius und Mallusius.254) Eine undatierte, sicher nach 1166 ausgeführte Inschrift im Chor des Münsters erinnert nicht nur an den Translationsakt, sondern auch daran, daß die Thebäer unter Kaiser Maximin das Martyrium erlitten und ihre Gebeine (der Legende nach) von der heiligen Helena aufgefunden wurden (Nr. 80). Auch die Inschrift auf der Bleitafel in Gerhards Sarg hält fest, daß der Verstorbene corpora sanctorum martyrum trantulit (!) eisque ornamenta multa contulit (Nr. 18). Unter den ornamenta multa kann man sich vielleicht (unter anderem?) die Reliquienschreine vorstellen, die bis zum Truchsessischen Krieg die Gebeine der Stiftspatrone verschlossen hielten. Auch eine verlorene Erinnerungsinschrift aus dem Münster betont, daß Gerhard zum Lob der heiligen Thebäer solvit tot vota laborum („so viele Gelübde erfüllt hat“) (Nr. 20). Die Verehrung der Thebäischen Märtyrer erfuhr also auch nach Ausweis der inschriftlichen Quellen durch Gerhard von Are eine entscheidende Förderung.

Die Reliquienschreine mit den Gebeinen der Stiftspatrone wurden auf dem Hauptaltar aufgestellt. Balken zu beiden Seiten des Altars trugen Inschriften, die auf diese Reliquien Bezug nahmen (Nr. 60). Erstmals wird einer der Patrone – Cassius – namentlich genannt und als „Hoffnung“, „Heil“ und als „Segen spendend“ gepriesen. Florentius und Mallusius hingegen werden lediglich umschreibend erwähnt. Auch das Gewölbe über dem Altar trug eine zwar nicht ausdrücklich, wohl aber durch [Druckseite XLI] ihren Anbringungsort auf die Märtyrer bezogene Inschrift, ein in drei Verse gefaßtes poetisches Märtyrerlob (Nr. 61). Die befruchtende Wirkung des Blutes der christlichen Märtyrer streicht auch ein Vers des in der Nähe der Propstei angebrachten Städtelobs „Bonna solum felix ...“ heraus: Florida martyrio, terra sacrata Deo („blühend durch das Martyrium als Gott geweihte Erde“) (Nr. 71). Auffallend ist, daß nur eine der Inschriften, die die Verehrung der Thebäischen Märtyrer zum Gegenstand haben, einen von ihnen – Cassius – mit Namen nennt.255) In allen anderen Inschriften hingegen werden sie als Gruppe behandelt, werden noch nicht einmal die Stiftspatrone Cassius, Florentius und Mallusius aus der Schar der „socii“ herausgehoben.

Zitationshinweis:

DI 50, Bonn, Einleitung, 4. Inschriften und Inschriftenträger (Helga Giersiepen), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di050d004e002.

  1. Dieser hohe Anteil wird zwar etwa in Worms noch übertroffen (DI 29, S. XLI), übersteigt jedoch deutlich den Anteil an Inschriften des Totengedenkens in anderen Städten, etwa Minden (75 von 211 Trägern, DI 46, S. XX) oder Wiener Neustadt (175 von 363 Trägern, DI 48, S. LII). »
  2. Nrn. 1, 18, 23, 31, 392»
  3. Es handelt sich um drei Epitaphien und ein Altarretabel (Nrn. 94, 143, 211, 241). »
  4. Vgl. dazu unten, S. XXVII. »
  5. Daneben gibt es eine Gruppe von Steinen mit kreuzförmig angeordneten Inschriften. Zu diesen sog. Memoriensteinen vgl. unten Kap. 4.1.3. »
  6. Die Inschrift an seinem Grabdenkmal ist nicht überliefert. »
  7. Zur Ergrabung der Gruft für Siegfried von Westerburg siehe Oelmann, in: BJbb. 149, 1949, S. 359. »
  8. Zum Begriff siehe Körner, Grabmonumente, S. 24. »
  9. Vgl. etwa PfA St. Remigius I Nr. 20. »
  10. Nrn. 37, 51, 55, 56, 158»
  11. Bonner Zeitung 1869, Nr. 174. »
  12. Nrn. 36, 64, 74, 83, 89, 108, 141, 160, 167, 191a, 208, 469»
  13. Lehner/Bader, S. 12, 104, 111, 127. »
  14. Ebd., S. 134. »
  15. Nrn. 161, 322, 394.  »
  16. Nrn. 102, 127, 231»
  17. Nrn. 153, 218, dazu eine Platte aus der untergegangenen Pfarrkirche St. Paul (Nr. 158). »
  18. Nrn. 36, 37. Aus der Betrachtung ausgenommen werden zwei im 12. Jahrhundert entstandene kleinere Platten mit zeilenweise angeordneter Inschrift, deren Funktion als Grabplatte nicht gesichert ist (Nrn. 14, 23). »
  19. Nrn. 51, 53, 55, 56, 59»
  20. Nrn. 64, 74, 83, 89»
  21. Nrn. 37, 55, 56, 218»
  22. Nrn. 83, 89, 108, 160»
  23. Nrn. 59, 102, 161, 162, 301, 314, 421»
  24. Siehe dazu unten, S. XXVIII f. »
  25. Nrn. 51, 141, 158, 167, 191 a»
  26. Nrn. 102, 127, 218, 231»
  27. Nrn. 160, 191 a, 231, 322, 394»
  28. Nrn. 161, 231, 394.  »
  29. Nrn. 208, 231, 322»
  30. Nrn. 108, 191 a, 208, 231»
  31. Nrn. 89, 141, 191 a, 208»
  32. Nrn. 143, 211, 241»
  33. Vgl. etwa das Epitaph für denselben Jakob von Croy im Kölner Dom (P. Clemen, Der Dom zu Köln [Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 6, Abt. 3], Düsseldorf 1938, S. 362); DI 31 (Aachen Dom), Nrn. 72, 94, 107, 109»
  34. Nach dem Abriß der romanischen Kirche wurden die Grabkreuze vom Kirchhof auf einen separaten Friedhof verbracht (Müller-Hengstenberg, Grabkreuze, S. 47). »
  35. Die Kessenicher Kreuze wurden zu Beginn der 1980er Jahre gereinigt, gehärtet und hydrophobiert (JRD 30/31, 1985, S. 421). »
  36. Die Kreuze stammen vom 1845 aufgegebenen alten Kirchhof, wurden um 1950 in der Grünanlage neben der Kirche aufgestellt und 1988 gereinigt (Stadt Bonn, Untere Denkmalbehörde, Akte Küdinghoven Friedhof). »
  37. In Lengsdorf waren Grabkreuze bis zum Beginn der 1950er Jahre als Treppenstufen verbaut (General-Anzeiger vom 1. 8. 1983), wurden dann an der Mauer des Kirchengeländes und nach ihrer Restaurierung 1981 an der Kirche aufgestellt (General-Anzeiger vom 11. 11. 1983; Müller-Hengstenberg, Grabkreuze, S. 42). »
  38. Plittersdorf ist erst seit 1863 selbständige Pfarrei. Die dort aufgestellten Grabkreuze des 17. Jahrhunderts stammen von der 1871 abgerissenen St. Georgskapelle, bei der ungeachtet des fehlenden Pfarrechts Bestattungen stattfanden (Wiedemann, S. 248). »
  39. In Rüngsdorf wurde 1890 der alte Friedhof für Beerdigungen geschlossen. Die Grabkreuze wurden auf der Umfassungsmauer des Friedhofs angebracht (Wiedemann, S. 467). Durch einen Brand des alten Kirchturms und die darauf folgenden Bauarbeiten nahmen einige der Grabkreuze Schaden (GodHbll. 1, 1963, S. 71). 1970–1972 wurden die „vielfach aus dem Boden gerissenen und beschädigten Steine“ ausgebessert und um den alten Kirchturm herum aufgestellt (Zuppke, Grabsteine, S. 139). »
  40. In Vilich wurden die Grabkreuze um 1850 in die Umfassungsmauer des Friedhofs eingefügt. Eine kleinere Anzahl von Kreuzen wurde später wieder aus der Mauer entfernt und davor aufgestellt. Etwa 35 Kreuze wurden 1978 gereinigt und gehärtet (Bachem, Rettung, S. 4, 14). »
  41. Auch in anderen Dörfern bestanden solche Friedhöfe, die jedoch nicht immer bewahrt wurden. So wurde der Friesdorfer Friedhof 1888 abgeräumt, die Grabkreuze überwiegend als Straßenbaumaterial verwendet (Berchem, Friesdorfer Kreuze, S. 73). In Mehlem wurden die Grabkreuze beim Neubau der Kirche 1861 zerschlagen und in den Fundamenten vermauert (Müller-Hengstenberg, GodHbll. 24, S. 56). 1969 beklagt Herbert Weffer, auf dem Endenicher Friedhof seien „ein paar Kreuze, die noch vor einem guten Jahrzehnt vollauf zu lesen waren, so tief in den Boden versenkt worden, so daß der größte Teil der Schrift verdeckt und schon verdorben ist.“ (Bestimmung und Pflege von alten Steinkreuzen in Bonn, in: Die Laterne 15, 1969, S. 34). »
  42. Zuppke, Grabsteine, S. 139. »
  43. Freckmann/Bölling, S. 8. »
  44. Siehe hierzu auch Bachem, Rettung. Besser geschützt und dementsprechend gut, z. T. sogar hervorragend erhalten sind die unterhalb des Bodenniveaus in die Mauer eingefügten Kreuzteile. Aus diesem Grunde läßt sich bei einer erheblichen Anzahl Vilicher Kreuze nur der (im Boden verborgene) Schluß der Inschrift erkennen. »
  45. Geschichte der Stadt Bonn, Bd. 3, S. 334. »
  46. Siehe dazu A. Jürgens, Zweitverwendung barocker Grabkreuze am Alten Friedhof in Bonn, in: Rheinische Ausgrabungen ’75. Sonderheft Januar 1976, S. 91 f. »
  47. Vgl. Nrn. 97, 149, 229, 240, 295, 362, 364, 406, 422, 428, 440442, 470»
  48. Nicht alle Grabkreuze der Pfarrkirchhöfe gelangten zum Alten Friedhof. Wenigstens vereinzelt entschlossen sich die Nachkommen der Verstorbenen, die Kreuze im privaten Bereich aufzubewahren. So beherbergt der Keller des Hauses Sternstraße 13 ein Grabkreuz des 18. Jahrhunderts, das für ein Mitglied der Familie angefertigt worden war, die sich als Hauseigentümer nachweisen läßt. »
  49. Zwei Kreuze sind nicht mit Sicherheit ins Jahr 1666 zu datieren (Nrn. 282, 283). »
  50. Die Ausnahme bilden sieben Kreuze aus Basalt bzw. Basaltlava (Nrn. 87, 97, 104, 105, 190, 306, 409). »
  51. I. Grigo-Wahle, Drachenfelser Trachyt, Abbau und Verwendung, in: GodHbll. 10, 1972, S. 97–100; H. Leven, Beiträge zur Geschichte der Steinbruch- und Steinmetzbetriebe im Siebengebirge, in: BGbll. 8, 1954, S. 135–165. »
  52. Auch Leven weist darauf hin, daß das Stenzelberger und das Wolkenburger Gestein große Ähnlichkeiten aufweisen (a. a. O., S. 153). »
  53. S. Matthes, Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde, Berlin/ Heidelberg/New York/Tokyo 1983, S. 164, Abb. 81. »
  54. Grimm, Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine, S. 19. »
  55. Leven, a. a. O., S. 143 f. »
  56. Nrn. 87, 97, 104, 105»
  57. Im Bearbeitungszeitraum zuletzt 1687 für ein Kreuz in Plittersdorf (Nr. 401). »
  58. Ein nimbiertes Winkelscheibkreuz von 1620 bildet die Ausnahme (Nr. 129). »
  59. Glossarium Artis, hrsg. v. R. Huber u. R. Rieth, Bd. 2, München/London/New York/Paris 31992, S. 146. »
  60. Nrn. 137, 272, 303, 344, 364, 367, 369, 370, 383, 411, 444, 459, 462, 465467, 482.  »
  61. Nrn. 166, 181»
  62. Nrn. 259, 271, 274, 307, 357»
  63. Nrn. 209, 224, 311, 317, 326, 333, 340, 341, 357, 372, 377, 378, 384, 400, 414, 415, 436»
  64. A. Rosenkranz, Sitzungsberichte der Convente der reformierten Düsseldorfer Classis von 1673 bis 1700 (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte, Bd. 37), Düsseldorf 1970, S. 62; E. Hörning, Alltag und Konfession in Oberkassel (1670–1810) (Schriftenreihe des Heimatvereins Bonn-Oberkassel e. V., Nr. 13), Bonn-Oberkassel 1998, S. 43. »
  65. Vgl. die Nrn. 224, 232, 358, 367. Für die in Holzlar bestattete Maria Linders, die ebenfalls der reformierten Gemeinde angehörte, wurde hingegen ein hochrechteckiger Grabstein gesetzt (Nr. 225). »
  66. Vgl. R. Schmitz-Wiegand, Art. „Hausmarken“, LexMA 4, Sp. 1973 f.; A. Erler, Art. „Hausmarken“, HRG I, Sp. 2034 f. »
  67. Zur Inschrift vgl. unten S. XXXI. »
  68. Diese Art Medaillon wird in der Literatur gelegentlich als Rosenkranzmedaillon bezeichnet. Ein sachlicher Zusammenhang mit dem aus sechs großen und 53 kleinen Perlen bestehenden Rosenkranz ist jedoch nicht feststellbar. »
  69. Eine Ausnahme bildet möglicherweise die Inschrift auf einem Grabplattenfragment aus dem späten 14. Jahrhundert, dessen Text allerdings nicht mit Sicherheit als deutsch identifiziert werden kann (Nr. 37). »
  70. Nrn. 102, 153, 161, 162, 218, 231, 301, 314, 382, 394, 421»
  71. Nrn. 78, 79, 273»
  72. Siehe dazu unten, S. XXXVI. »
  73. Dieses fehlt in den Grabinschriften für die Schwarzrheindorfer Äbtissin Magdalena von Brempt (Nr. 231) und für Michael Krahe und seine Frau Anna Nolden (Nr. 421). Das Ehepaar ließ seine Grabplatte allerdings bereits zu Lebzeiten anfertigen und hatte offenbar keinen Datumsnachtrag vorgesehen. »
  74. Theologiae licentiatus (Nr. 74); sanctae theologiae doctor (Nr. 141); iuris utriusque licentiatus (Nr. 208). »
  75. Nrn. 74, 127, 141, 167, 469»
  76. Vgl. oben, S. XXIII. »
  77. Nrn. 51, 56, 64, 74A, 127, 160, 261, 392»
  78. Nrn. 83, 89, 167, 191a»
  79. Nrn. 108, 153, 161, 162, 301, 314»
  80. Nrn. 36, 51, 64»
  81. Zu den Möglichkeiten einer sprachgeschichtlichen Auswertung der Inschriften vgl. J. Macha, Inschriften als Quelle sprachhistorischer Forschung. Ein Versuch am Beispiel rheinischer Grabkreuze des 16.–18. Jahrhunderts, in: RhVjbll. 49, 1985, S. 190–206, und W. Hoffmann, Inschriften und Sprachgeschichte: Auswertungsperspektiven der „Deutschen Inschriften“, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 119, 2000, S. 1–29. »
  82. Vgl. dazu unten, S. XLV. »
  83. Nrn. 73, 84, 88, 97, 98, 104, 105, 110, 114, 116, 117, 121, 129, 131, 144, 149, 150. Das genaue Tagesdatum bieten bereits die Nrn. 78, 79, 100, 122»
  84. Nrn. 182, 196, 213, 403, 414, 415»
  85. Nrn. 400, 423, 427, 443, 445, 449, 450»
  86. Insgesamt hundertzwölfmal. »
  87. Insgesamt vierzehnmal. »
  88. Insgesamt achtmal. Folgende gekürzte Fürbittformeln sind weiterhin belegt: DGGS = dem/der Gott gnädig sei (Nrn. 329, 349); DGG = dem/der Gott gnade (Nr. 372); GGSS/GGIS = Gott gnade seiner/ihrer Seele (Nrn. 228, 237, 255, 431); GDSG = Gott der Seele gnade (Nr. 214); DSGGS = der Seele Gott gnädig sei (Nr. 368). »
  89. Nrn. 214, 326, 341, 427, 456»
  90. Nrn. 129, 194, 213, 269, 282, 325, 338, 362, 401, 428»
  91. Ausgenommen sind in dieser Zählung die Inschriften, die ausdrücklich auf ein Ehepaar Bezug nehmen. »
  92. Andererseits wird lediglich eine Frau als iungfraw bezeichnet (Nr. 407). »
  93. Nrn. 239, 307, 333, 369, 384, 406, 425, 470»
  94. Nrn. 122, 183, 271, 277, 350, 433, 453»
  95. Nrn. 135, 221, 294, 297299, 310, 366, 383, 401, 465»
  96. Nrn. 299, 311a, 348»
  97. Nrn. 135 (1623, ehrsam), 168 (1633, fromm und ehrbar). »
  98. Nrn. 135, 334, 348, 383, 411»
  99. Nrn. 168, 206, 221»
  100. Nrn. 370, 406, 478.  »
  101. Die Grabinschrift für Johannes Velt und seine Frau (Nr. 391) gehört zu den Inschriften, die über die bloßen Namen und Daten hinaus eindrucksvolle Spuren vergangenen Lebens hinterlassen: Johannes Velt und Catharina Klein waren – für das 17. Jahrhundert sehr ungewöhnlich – über fünfzig Jahre verheiratet gewesen; nur einen Tag nach dem Tod seiner Frau starb auch Velt im hohen Alter von 79 Jahren. »
  102. M. Woelk, Art. „Christusmonogramm“, LThK 2, Sp. 1178 f. »
  103. Nrn. 2, 3, 4, 5, 8, 10, 16a, 24»
  104. Nrn. 7, 9, 16»
  105. Nrn. 3, 12, 16, 24»
  106. aus’m Weerth, Altchristl. Inschriftsteine, S. 119 f. »
  107. Kraus II, Nrn. 502, 504, 505, 507–509. »
  108. Conrad, Niederrhein. Epigraphik, S. 45. »
  109. Binding, „Memoriensteine“ am unteren Niederrhein, S. 60. »
  110. Nisters-Weisbecker, S. 178. »
  111. Ebd.; Binding, „Memoriensteine“ am unteren Niederrhein, S. 59. »
  112. Ebd.; Binding, „Memoriensteine“ am unteren Niederrhein, S. 59. »
  113. Lehner/Bader, S. 101. »
  114. Nisters-Weisbecker, S. 180. »
  115. Ebd., S. 243–263. »
  116. Scholz, Totengedenken, S. 43. »
  117. Vgl. etwa Heusgen, Memorienbuch, S. 1–28. »
  118. So auch Scholz, Totengedenken, S. 43. »
  119. Vgl. dazu E. Freise in: Das Martyrolog-Necrolog von St. Emmeram zu Regensburg, hrsg. von E. Freise, D. Geuenich, J. Wollasch (MGH Libri Memoriales et Necrologia N. S. III), Hannover 1986, S. 71 ff. »
  120. Nrn. 3, 4, 5»
  121. Das vermutet auch aus’m Weerth, Altchristl. Inschriftsteine, S. 120. Nur einer der im Bereich des Münsters gefundenen Memoriensteine ist aus paläographischen Gründen später zu datieren (Nr. 24). Allerdings handelt es sich um ein verlorenes Stück, das nur in einer Nachzeichnung Laporteries aus dem späten 18. Jahrhundert überliefert ist. Laporterie gibt Buchstabenformen wieder, die eindeutig ins 12. Jahrhundert weisen. Ob er vorlagengetreu gearbeitet oder sich künstlerische Freiheiten gestattet hat, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. »
  122. Höroldt, St. Cassius, S. 28. »
  123. Heusgen, Memorienbuch, S. 1–28; A. D. von den Brincken, Die Totenbücher der stadtkölnischen Stifte, Klöster und Pfarreien, in: JbKGV 42, 1968, S. 157 (zu Kölner Dombibliothek, Hs. Nr. 241). »
  124. Vgl. J. Oepen, Die Totenbücher von St. Maria im Kapitol zu Köln. Edition und personengeschichtlicher Kommentar (Studien zur Kölner Kirchengeschichte 32), Siegburg 1999, S. 24, 60. »
  125. O. G. Oexle, Art. „Memoria, Memorialüberlieferung“ [4], LexMA 6, Sp. 512. »
  126. O. G. Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, in: FMASt 10, 1976, S. 70–95 (74). Zur Letztgenannten siehe Die Altarplatte von Reichenau-Niederzell, hrsg. von D. Geuenich, R. Neumüllers-Klauser und K. Schmid (MGH Libri Memoriales et Necrologia N. S. I. Supplementum), Hannover 1983. »
  127. F. Hauptmann, Der Brand der Münsterkirche am 6. August 1689, in: Bonner Archiv 4, 1892, S. 49 ff.; Geschichte der Stadt Bonn, Bd. 3, S. 175. »
  128. Pick, Overrath, S. 204; vgl. Nr. 220. »
  129. Vgl. die Nrn. 47, 405. Zur Glockenabgabe siehe E. Sauermann, Die deutsche Glocke und ihr Schicksal im Krieg, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 10, 1952, S. 14–32. Bislang nicht inventarisierte Unterlagen über die Glockenabgabe im Rheinland liegen im Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland, Abtei Brauweiler. »
  130. Nrn. 139, 140, 279»
  131. Nrn. 62, 103, 170»
  132. Nrn. 165, 186, 205»
  133. Poettgen, Glocken der Spätgotik, S. 6. »
  134. Vgl. die Nrn. 43, 46, 47, 52, 57. »
  135. Zu ihm siehe Nellessen, Glockenguß, und ders., Leben und Wirken. »
  136. Vgl. die Nrn. 57, 65, 186, 220, 328»
  137. Vgl. die Nrn. 46, 52, 62, 103, 113, 139, 140, 165, 170, 205, 279, 328»
  138. Vgl. Nr. 174»
  139. Vgl. die Nrn. 44, 111, 125, 313, 371»
  140. Vgl. die Nrn. 75, 76, 107, 115, 120, 210, 380»
  141. Vgl. die Nrn. 72, 191, 236, 356, 402»
  142. Vgl. die Nrn. 85, 90, 99, 207, 223»
  143. Vgl. die Nrn. 111, 125, 402»
  144. Vgl. die Nrn. 72, 75, 76, 107, 191»
  145. Vgl. die Nrn. 101, 120, 203, 210, 236»
  146. G. Binding, Art. „Kirchweihe“ [2], LexMA 5, Sp. 1187 f. »
  147. Nrn. 17, 18, 20»
  148. Mittellat. Wörterbuch I, Sp. 1135, Art. „atrium“ II a 1. »
  149. ... qui eclesiam multis edificiis et luminibus decoravit et prediis ditavit. »
  150. Siehe dazu Lehner/Bader, S. 105; Clemen, Roman. Monumentalmalerei, S. 434 f.; Achter, Westchor, S. 246 mit weiteren Literaturhinweisen. Der Chorneubau dürfte 1153 geweiht worden sein (vgl. dazu Achter, Westchor, S. 247, Anm. 16). »
  151. StA Bonn, Ku 102/1, Ortus et progressus Collegii Bonnensis conscriptus anno 1709, S. 36 f. »
  152. Nrn. 81 (Rüngsdorf), 86 (Münster), 96 (Kessenich). »
  153. Ennen/Höroldt, S. 108;  »
  154. HStAD, Cassiusstift, A. 16. »
  155. So stiftete der Dechant Johannes Campius „unam vitream fenestram satis magnam cum suis nomine et armis“ (HStAD Cassiusstift, A. 16, Bl. 17r). Ältere Glasfenster mit Stifternamen wurden vermutlich 1583/1587 zerstört (vgl. Nr. 41). »
  156. Walther, Proverbia 9, Nr. 42883b. »
  157. Nrn. 94, 126, 133»
  158. Nrn. 34, 126, 133»
  159. Nrn. 15, 22, 33, 38, 54»
  160. Siehe dazu C. M. M. Bayer, Essai sur la disposition des inscriptions par rapport à l’image. Proposition d’une typologie basée sur des pièces de l’orfèvrerie rhéno-mosane, in: Épigraphie et iconographie. Actes du Colloque tenu à Poitiers les 5–8 octobre 1995 (Civilisation Médiévale II, collection dirigée par G. Bianciotto, R. Favreau, P. Skubiszewski), Poitiers 1996, S. 1–25 (8–14). »
  161. Siehe dazu Clemen, Roman. Monumentalmalerei, S. 437 f.; ders., KDM, S. 92–96. Die jüngst in Angriff genommene Aufarbeitung von Grabungsfunden aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts hat ergeben, daß bereits der karolingische Vorgängerbau des Münsters ausgemalt war (vgl. Nr. 4a). »
  162. Vgl. Nr. 15»
  163. Nrn. 119, 123, 217, 284.  »
  164. Nrn. 385, 389, 390»
  165. Nrn. 189, 238, 243, 247, 249, 361»
  166. Hacker-de Graaff, S. 2. »
  167. Ebd., S. 34. »
  168. R. van Dülmen, Volksfrömmigkeit und konfessionelles Christentum im 16. und 17. Jahrhundert, in: W. Schieder (Hrsg.), Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte, Göttingen 1986, S. 14–30 (29). »
  169. L. A. Veit/L. Lenhart, Kirche und Volksfrömmigkeit im Zeitalter des Barock, Freiburg 1956, S. 63. »
  170. Ebd., S. 130. »
  171. E. Wimmer, Art. „Bildstock“, LThK 2, Sp. 450 f. »
  172. Schulten, Hl. Stiege, S. 10–15. »
  173. Nrn. 151, 175, 189, 198, 202, 215, 243, 247, 249, 361, 388, 476»
  174. Nrn. 302, 352, 385, 387, 389, 390, 393, 399, 418, 446, 447»
  175. Hacker-de Graaff, S. 19. »
  176. Vgl. Nrn. 189, 198, 202, 215, 243, 247, 302, 352, 359, 361, 385, 390, 393, 399, 417, 446, 447, 476. Ausnahmen bilden die Nr. 249, wo die Stifterinschrift beiderseits der Muschelnische angebracht ist, und die Nr. 418 mit Inschriften auf dem Längsbalken des Kreuzes, am Kreuzfuß und über der Muschelnische. Nr. 175 (mit Stiftername auf dem Querbalken des Kreuzes) unterscheidet sich auch hinsichtlich der Form von den anderen Wegekreuzen. »
  177. [- - -] seine hausfrw (!) posuerunt (Nr. 475). »
  178. Vgl. Nrn. 189, 202, 302, 385»
  179. Vgl. Nrn. 175, 189, 202, 238, 243, 302, 352, 359, 385, 393, 446, 447, 475»
  180. Nrn. 189, 239, 243, 359, 385»
  181. Migne, PL 212, Sp. 759–772; siehe dazu Kentenich, Kult, S. 339–350; Höroldt, St. Cassius, S. 36. »
  182. Lehner/Bader, S. 10 f., 19, 24 f., 70–75, 87, 94. »
  183. REK II 834; Chronica regia Coloniensis, ed. G. Waitz, MGH SS rer. Germ. in usum schol. [18], Hannover 1880 (ND Hannover 1978), S. 116. Mallusius wird in diesem Zusammenhang erstmals unter den Patronen des Cassiusstifts genannt (Höroldt, St. Cassius, S. 200). »
  184. Eine Ausnahme bilden die Beischriften zu den Heiligendarstellungen in der Oberkirche in Schwarzrheindorf (Nr. 22 G-I). »